Interview mit Franziskus: In Idealisierung versteckt sich auch Aggression

Corriere della Sera„Ich erzähle euch von meinem ersten Jahr als Papst“: Unter dieser Überschrift ist an diesem Mittwoch im „Corriere della Sera“ ein langes Interview mit Papst Franziskus erschienen. Hier einige Auszüge daraus in unserer eigenen Übersetzung.

Heiliger Vater, Sie telefonieren manchmal mit Leuten, die Sie um Hilfe bitten…

„Ja, als Priester in Buenos Aires war das einfacher für mich. Die Gewohnheit ist mir geblieben. Ein Dienst. Das fühle ich in mir. Natürlich ist das jetzt nicht mehr so leicht, weil mir jetzt so viele Leute schreiben.“

Begegnungen mit dem Papst

Gab es auch mal einen Kontakt, eine Begegnung, an die Sie besonders gerne denken?

„Eine Witwe von achtzig Jahren, die ihren Sohn verloren hatte. Sie schrieb mir. Und jetzt rufe ich sie einmal im Monat an. Sie ist glücklich. Ich mache den Pfarrer. Das gefällt mir.“

Wie sind Ihre Beziehungen zu Ihrem Vorgänger? Haben Sie ihn schon mal um Rat gefragt?

„Ja. Der emeritierte Papst ist keine Statue in einem Museum. Er ist eine Institution. Wir waren das nicht gewöhnt. Vor sechzig oder siebzig Jahren gab es keinen emeritierten Bischof. Das kam nach dem Konzil. Heute ist das eine Institution. Dasselbe muss mit dem emeritierten Papst geschehen. Benedikt ist der erste, und vielleicht wird es noch weitere geben. Das wissen wir nicht. Er ist diskret, demütig, will nicht stören. Wir haben darüber geredet und zusammen entschieden, dass es besser ist, wenn er Leute sieht, herausgeht und am Leben der Kirche teilnimmt… Seine Weisheit ist ein Geschenk Gottes…“

Ist der Papst ein einsamer Mensch?

„Ja und nein. Ich verstehe, was Sie sagen wollen. Der Papst ist bei seiner Arbeit nicht allein, weil viele ihn begleiten und beraten. Er wäre allein, wenn er entscheiden würde, ohne andere anzuhören… Aber es gibt einen Moment, wenn es um die Entscheidung geht, … dann ist er allein mit seinem Sinn für Verantwortung.“

Sie haben Neuerungen eingeführt, … die Kurie in Bewegung versetzt… Hat sich die Kirche schon so verändert, wie Sie das vor einem Jahr gewünscht haben?

„Ich hatte im letzten März keinerlei Projekt für eine Änderung der Kirche. Sagen wir so: Ich habe nicht mit diesem Übergang von einem Bistum ins andere gerechnet. Als ich anfing zu regieren, versuchte ich, das in die Praxis umzusetzen, was in der Debatte der Kardinäle bei den verschiedenen Kongregationen (vor dem Konklave) aufgetaucht war. In meinem Handeln warte ich darauf, dass mir der Herr die Inspiration gibt…“

Zärtlichkeit und Barmherzigkeit sind die Essenz Ihrer spirituellen Botschaft…

„Das kommt aus dem Evangelium. Das ist das Zentrum des Evangeliums…“

In jeder Idealisierung versteckt sich auch eine Aggression

Aber ist diese Botschaft verstanden worden? Sie haben gesagt, dass dieser Franziskus-Hype nicht lange dauern wird. Gibt es etwas an Ihrem Bild in der Öffentlichkeit, das Ihnen nicht gefällt?

„Ich bin gern unter Leuten, zusammen mit Leidenden, gehe gerne in Pfarreien. Mir gefallen die ideologischen Interpretationen nicht, ein gewisser Papst-Franziskus-Mythos. Wenn man zum Beispiel sagt, er gehe nachts aus dem Vatikan, um den Obdachlosen in der Via Ottaviano zu essen zu bringen. Das ist mir nie in den Sinn gekommen. Sigmund Freud sagte einmal, wenn ich mich nicht täusche: In jeder Idealisierung versteckt sich auch eine Aggression. Den Papst als eine Art Superman zu zeichnen, eine Art Star, scheint mir beleidigend. Der Papst ist ein Mensch, der lacht, weint, ruhig schläft und Freunde hat wie alle. Ein normaler Mensch.“

Haben Sie Sehnsucht nach Argentinien?

„Die Wahrheit ist, dass ich keine Sehnsucht habe. Ich würde gerne meine Schwester besuchen, weil sie krank ist, die Letzte von uns fünfen. Ich würde sie gerne sehen, aber das rechtfertigt nicht eine Reise nach Argentinien: Ich rufe sie an, das reicht. Ich plane nicht, vor 2016 dorthinzufahren, denn ich war schon in Lateinamerika, in Rio. Jetzt muss ich ins Heilige Land reisen, nach Asien und dann nach Afrika.“

Haben Ihnen diese Vorwürfe des Marxismus, vor allem aus Amerika, nach der Veröffentlichung von Evangelii Gaudium missfallen?

„Überhaupt nicht. Ich habe die marxistische Ideologie nie geteilt, weil sie nicht wahr ist, aber ich habe viele tapfere Leute kennengelernt, die sich zum Marxismus bekannt haben.“

Missbrauchsfälle und Armut

Die Skandale, die das Leben der Kirche getrübt haben, liegen zum Glück hinter uns…

„Ich will dazu zwei Dinge sagen. Die Missbrauchsfälle sind furchtbar, weil sie tiefe Wunden hinterlassen. Benedikt XVI. war sehr mutig und hat einen Weg geöffnet. Die Kirche hat auf diesem Weg viel getan. Vielleicht mehr als alle anderen. Die Statistiken zum Phänomen der Gewalt gegen Kinder sind beeindruckend, aber sie zeigen auch klar, dass die große Mehrheit der Missbräuche im Familien- und Nachbarschaftsumfeld geschehen. Die katholische Kirche ist vielleicht die einzige öffentliche Institution, die sich mit Transparenz und Verantwortung bewegt hat. Kein anderer hat mehr getan. Und doch ist die Kirche die einzige, die angegriffen wird.“

Sie nennen die Globalisierung, vor allem im Finanzbereich, eines der Übel, die die Menschheit angreifen. Aber die Globalisierung hat doch auch Millionen Menschen aus dem Elend befreit…

„Das stimmt, die Globalisierung hat viele Menschen aus der Armut gerettet, aber auch viele andere zum Hungertod verurteilt, weil sie mit diesem Wirtschaftssystem selektiv wird… Die derzeitige wirtschaftliche und vor allem finanzielle Globalisierung führt zu einem Einheitsdenken, zu einem schwachen Denken. Im Zentrum steht nicht mehr der Mensch, sondern das Geld.“

Im Bereich der Familie … werden große Neuerungen erwartet. Sie selbst haben über die Geschiedenen gesagt: Man sollte sie nicht verurteilen, sondern ihnen helfen.

„Das ist ein langer Weg, den die Kirche zurücklegen muss. Ein Prozess, den der Herr will… Die Familie macht eine sehr ernsthafte Krise durch. Es ist schwer, sie auch nur zu bilden. Die jungen Leute heiraten kaum. Es gibt viele getrennte Familien, deren Projekt eines gemeinsamen Lebens gescheitert ist. Die Kinder leiden sehr. Wir müssen eine Antwort geben. Aber darüber müssen wir tief nachdenken… Man muss vermeiden, an der Oberfläche zu bleiben…“

Das Fehlen einer Debatte hätte mich besorgt gemacht

Warum hat der Vortrag von Kardinal Kasper beim letzten Konsistorium unter den Kardinälen auch so viel Widerspruch hervorgerufen? Wie, glauben Sie, kann die Kirche in den nächsten zwei Jahren (bis zur Bischofssynode zum Thema Familie im Oktober 2015) den Weg so zurücklegen, dass sie zu einem breiten und guten Konsens kommt?

„Kardinal Kasper hat einen schönen und tiefgehenden Vortrag gehalten, der bald auf deutsch veröffentlicht wird, und fünf Punkte angesprochen, deren letzter die Wiederverheirateten waren. Ich wäre besorgt gewesen, wenn es im Konsistorium keine intensive Debatte gegeben hätte, das hätte nichts gebracht. Die Kardinäle wußten, dass sie sagen konnten, was sie wollten, und sie haben viele verschiedene Gesichtspunkte präsentiert, die bereichern. Der brüderliche und offene Austausch lässt das theologische und pastorale Denken wachsen. Davor habe ich keine Angst, im Gegenteil, das suche ich!“

In einer nicht allzu fernen Vergangenheit sprach man vor sogenannten „nicht verhandelbaren Werten“, vor allem in der Bioethik und der Sexualmoral. Sie haben diese Formel nicht mehr verwendet… Wollen Sie damit einen Stil anzeigen, der weniger auf Vorschriften setzt und mehr Respekt vor dem persönlichen Gewissen hat?

„Ich habe diesen Ausdruck von nicht verhandelbaren Werten nie verstanden. Werte sind Werte, Schluss. Ich kann doch auch nicht sagen, von den Fingern einer Hand wäre einer weniger nützlich als der andere. Darum verstehe ich nicht, in welchem Sinne es verhandelbare Werte geben könnte…“

Viele Länder treffen Regelungen zur bürgerlichen Eheschließung. Ist das ein Weg, den die Kirche verstehen kann? Und bis zu welchem Punkt?

„Die Ehe wird zwischen einem Mann und einer Frau geschlossen. Die weltlichen Staaten wollen bürgerliche Ehen rechtfertigen, um bestimmte Situationen des Zusammenlebens zu regeln. Dabei treibt sie die Notwendigkeit, wirtschaftliche Aspekte unter den Menschen, z.B. die Krankenversicherung, zu regeln. Es geht um Pakte des Zusammenlebens unterschiedlicher Art… Man muss die einzelnen Fälle sehen und in ihrer Verschiedenheit beurteilen.“

Wie kann man die Rolle der Frau in der Kirche fördern?

„Auch hier hilft Spitzfindigkeit nicht weiter… Die Kirche hat den weiblichen Artikel: die. Sie ist von Anfang an weiblich. Der große Theologe Hans Urs von Balthasar hat viel über dieses Thema gearbeitet: Das marianische Prinzip leitet die Kirche, zusammen mit dem Petrusprinzip. Die Jungfrau Maria ist wichtiger als jedweder Bischof und jedweder Apostel. Die theologische Vertiefung ist im Gang…“

Paul VI. hatte den Mut, sich gegen die Mehrheit zu stellen

Kann die Kirche ein halbes Jahrhundert nach der (Enzyklika) Humanae Vitae von Paul VI. das Thema der Geburtenkontrolle noch einmal aufgreifen?

„Alles hängt davon ab, wie man Humanae Vitae interpretiert. Paul VI. selbst riet am Schluss den Beichtvätern, viel Erbarmen und Aufmerksamkeit für die konkreten Lebenslagen walten zu lassen. Aber seine Genialität war prophetisch, er hatte den Mut, sich gegen die Mehrheit zu stellen, die moralische Disziplin zu verteidigen, eine kulturelle Bremse zu ziehen… Die Frage ist nicht, ob man die Lehre ändert, sondern, ob man in die Tiefe geht und dafür sorgt, dass die Pastoral die einzelnen Lebenslagen und das, wozu die Menschen jeweils imstande sind, berücksichtigt. Auch darüber wird auf dem Weg der Synode gesprochen werden.“

Hat es einen Sinn, Leben in vegetativem Zustand künstlich zu verlängern? Kann das biologische Testament eine Lösung sein?

„Ich bin kein Experte in bioethischen Fragen. Und ich fürchte, jeder Satz von mir könnte da missverstanden werden. Die traditionelle Lehre der Kirche sagt, dass keiner verpflichtet ist, außerordentliche Mittel zu gebrauchen, wenn man weiß, dass das eine terminale Phase ist. In meiner Pastoral habe ich in diesen Fällen immer Palliativbehandlung empfohlen. In spezifischeren Fällen sollte man, wenn nötig, den Rat der Spezialisten einholen.“

Wird Ihre bevorstehende Reise ins Heilige Land zu einem Abkommen über Kommunion-Gemeinschaft mit den Orthodoxen führen…?

„Wir sind alle ungeduldig, fertige Resultate zu erreichen. Aber der Weg der Einheit mit den Orthodoxen bedeutet vor allem: zusammen gehen und arbeiten… Die orthodoxe Theologie ist ausgesprochen reich, und ich glaube, sie haben in diesem Moment große Theologen. Ihr Bild von Kirche und Synodalität ist fantastisch.“

In ein paar Jahren wird China die größte Supermacht sein, und der Vatikan hat keine Beziehungen zu China…

„Wir sind China nahe. Ich habe dem Präsidenten Xi Jinping einen Brief geschrieben, als er gewählt wurde, drei Tage nach mir. Und er hat mir geantwortet. Es gibt einige Beziehungen. Es ist ein großes Volk, das ich liebe.“

Heiliger Vater, warum reden Sie nie von Europa?

„Erinnern Sie sich an den Tag, als ich von Asien gesprochen habe? Was habe ich denn gesagt? … Ich habe gar nicht von Asien gesprochen bisher, und auch nicht von Afrika, und eben auch nicht von Europa. Nur von Lateinamerika, als ich in Brasilien war und als ich die Kommission für Lateinamerika empfangen habe. Es gab einfach noch keine Gelegenheit, um von Europa zu reden. Das wird schon noch kommen.“

Waren Sie schon mal verliebt?

„… Als ich im Seminar war, hat mir ein Mädchen eine Woche lang den Kopf verdreht.“

Und wie ging die Sache aus…?

„Das waren Jugend-Angelegenheiten. Darüber habe ich mit meinem Beichtvater gesprochen.“ (Breites Lächeln).  (rv)

Vaticanhistory: Neue Seite „Variable Tabelle“

VH-LogoVH bietet eine neue Seite, mit der der Benutzer eine Tabelle nach eigenem Wunsch erstellen kann. Es stehen hierfür 21 verschiedene Tabellenspalten, 16 Sortiermöglichkeiten sowie drei Auswahlkriterien und eine Sortierreihenfolge (aufsteigend / absteigend) zur Verfügung.
Für den Benutzer steht somit eine hohe Anzahl von Variationsmöglichkeiten innerhalb der Tabelle bereit. Ein Vergrößern oder Verkleinern der Wunschtabelle ist problemlos möglich. Die angezeigten Daten beziehen sich auf das derzeitige Kardinalskollegium. Durch die Auswahlkriterien ist es möglich, sich nur die wahlberechtigten Kardinäle, die nichtwahlberechtigten Kardinäle oder das gesamte Kardinalskollegium anzeigen zu lassen. Die Tabelle finden sie unter : „Kardinäle – Varibale Tabelle“.(vh)
Zur Seite: >>>Variable Tabelle

Vietnam: Jean-Baptiste Kardinal Pham Minh Man feiert 80. Geburtstag

Kardinal Pham Minh ManDer aus Vietnam stammende Kardinal Pham Minh Man begeht heute seinen 80. Geburtstag. Er wurde 2003 durch Papst Johannes Paul II. in den Kardinalsstand erhoben und hat den Titel von „San Giustino“ inne. Mit seinem Geburtstag scheidet er als Mitglied der Kongregationen für die Evangelisierung der Völker und die Sakramentenordnung aus. Ebenso gehört er nicht mehr zum Päpstlichen Rat für die Pastorale im Krankendienst. Durch seinen Geburtstag hat das Kardinalskollegium noch 121 wahlberechtigte und 97 nichtwahlberechtigte Purpurträger für eine künftige Papstwahl. (vh)
 

Franziskus öffnet päpstliche Gärten in Castel Gandolfo

Castel GandolfoPapst Franziskus gibt die Gärten der Päpstlichen Sommerresidenz Castel Gandolfo für die Öffentlichkeit frei. Ab sofort können Besucher den 55 Hektar großen Park besichtigen, der zu den exterritorialen Besitzungen des Heiligen Stuhles in Italien zählt. Castel Gandolfo diente den Päpsten seit den Zeiten des Barberini-Papstes Urban VIII. (1623-1644) als Sommerresidenz. Franziskus ist der erste Papst seither, der sich entschlossen hat, die Villa nicht zu nutzen. Die Päpste vor ihm haben sich rund drei Monate im Jahr in Castel Gandolfo aufgehalten. Besuche in den päpstlichen Gärten sind über die Webseite der Vatikanischen Museen zu buchen. Die Eintrittskarte kostet 26 Euro, eine Führung ist obligatorisch.

Der schönste Abschnitt des Parks in Castel Gandolfo, und der erste, der nun zugänglich wird, ist der sogenannte Barberini-Garten. Er bietet einen Magnolien-Garten, einen Rosen- und einen Kräuterweg und mehrere Nymphäen, also architektonisch gestaltete Brunnen. Auch die Ruinen eines römischen Amphitheaters und etliche Antikenfragmente sind hier zu bewundern. Von den Gästen aus genießt man einen Blick auf das Latium und bei klarer Sicht bis zum Meer.

Allgemein lockt Castel Gandolfo mit übereinandergestaffelten Reizen: Die biscuitgelbe päpstliche Villa thront auf einem Hügel, überragt von den beiden aufklappbaren Metallkuppeln der vatikanischen Sternwarte, die hier 1936 eröffnet wurde. Zu Füßen der Anlage ruht der dunkelblaue Vulkansee von Albano. Kastanien- und Eichenwälder auf den umliegenden Bergen fächeln selbst an den heißesten Augusttagen gute Luft nach Castel Gandolfo, und der Wein, der hier wächst, zählt zu den besten der Gegend. Kurz: Der Barberini-Papst Urban VIII. wusste, was er tat, als er hier ab 1624 seine Sommervilla errichtete.

Freilich war er nicht der erste, dem es dieser köstliche Flecken Erde angetan hatte. Anderthalb Jahrtausende zuvor hatte der römische Kaiser Domitian über dem Albaner See einen Palast bauen lassen, von dem ein 120 Meter langer Bogengang erhalten ist. Weil Domitian ein besonders phantasievoller Verfolger der frühen Christen war, kann man in Castel Gandolfo einen späten, aber gelassenen Triumph der Päpste über die Antike erblicken.

Urban rief seinen bevorzugten Architekten, Carlo Maderno – jener, der gleichzeitig in Rom die Fassade des Petersdoms baute. Er sollte den antiken Kaiserpalast, der lange Jahrhunderte vornehmlich als Steinbruch gedient hatte, nicht vollends zerstören, sondern mit neuem Leben füllen. Ein Auftrag, der geradezu die heutige Denkmalschutzidee vorwegnimmt. Urbans Sensibilität für das alte Gemäuer erstaunt, da er in Rom ganz anderes befahl. Wie die Römer spöttelten: „Quod non fecerunt barbari fecerunt Barberini“ – Was nicht die Barbaren zerstörten, das zerstörten die Barberini. Maderno wurde dem päpstlichen Auftrag gerecht.

Das Wasser des Sommerresidenz kommt aus einem unterirdischen Leitungssystem, das Kaiser Domitian angelegt hatte. Auf dem Gelände der Papstvilla in den Albaner Bergen liegt ein Bauernhof, dessen glückliche Hühner und Kühe reichlich Milch und Eier für die päpstliche Tafel liefern. Was übrig bleibt, wandert in die Regale des Vatikan-Supermarktes. Der Sommersitz des Papstes ist mit 55 Hektar größer als der Vatikan, und der Pontifex hatte ihn bisher für sich allein, während die vatikanischen Gärten schon seit Paul VI. interessierten Besuchern offen standen. (rv)

„Unerschrockener Kämpfer”: Zollitsch würdigt Kardinal Meisner

Erzbischof Robert Zollitsch„Irgendwo wird er mir fehlen!“ Erzbischof Robert Zollitsch, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, hat im Gespräch mit Radio Vatikan Kardinal Meisner gewürdigt, dessen Rücktritt aus Altersgründen Papst Franziskus an diesem Freitag angenommen hat.

„Mit Kardinal Meisner verlässt das dienstälteste Mitglied unserer Konferenz die Bischofskonferenz, und das ist durchaus ein Einschnitt. Er ist einer der markanten deutschen Bischöfe, der den Mut hatte, seine Meinung zu sagen, der das auch gekonnt tat und Position bezog, der mit Leidenschaft für den Schutz des Lebens eintrat in all seinen Situationen, und der sicher eine Generation geprägt hat durch seine Predigten, durch das Einstehen für den katholischen Glauben. Da ist er ein unerschrockener Kämpfer. Wenn ich daran denke, dass er jetzt nicht mehr in der Konferenz sein wird, irgendwo wird er mir fehlen! Denn er ist ein überzeugender Bischof, der nun sagt, gut, mit 80 Jahren darf ich auch die Verantwortung in andere Hände legen. Ich bin überzeugt, er wird nun unsere Arbeit im Gebet weiterhin begleiten. Ich möchte ihm ein herzliches Vergeltsgott sagen, vielen Dank, Kardinal Meisner, für das, was er auch all die Jahre in der Bischofskonferenz getan hat, denn er gehörte zu den treuesten Besuchern unserer Konferenz und zu den engagiertesten in den Kommissionen, und das ist nicht selbstverständlich.“  (rv)

Papst nimmt Rücktritt von Kardinal Meisner an

Kardinal MeisnerJoachim Kardinal Meisner ist nicht mehr Erzbischof von Köln. An diesem Freitag nahm Papst Franziskus das Rücktrittsgesuch des 80jährigen an. Das gab der Vatikan am Mittag bekannt. Meisner war 25 Jahre lang Erzbischof in Köln, davor war er für neun Jahre Erzbischof von Berlin. Das vom Kirchenrecht vorgeschriebene Rücktrittsgesuch zum 75. Geburtstag hatte Papst Benedikt 2008 nicht angenommen. Meisner will weiterhin in Köln wohnen bleiben und sich in der Seelsorge vor allem für alte Priester und Ordensleute engagieren, hatte er wiederholt gesagt.

Joachim Meisner
Ursprünglich hatte Joachim Meisner eine Lehre zum Bankkaufmann gemacht. Danach, mit 18 Jahren, trat der gebürtige Breslauer ins Priesterseminar in Magdeburg ein, machte Abitur, studierte Philosophie und Theologie und empfing im Dezember 1962 die Priesterweihe. Das Priesteramt sollte Meisner später als „das Beste“ bezeichnen, was ihm je passiert sei.

Dreizehn Jahre später wurde er zum Weihbischof des Bischöflichen Amtes Erfurt-Meiningen geweiht, bevor Papst Johannes Paul II. ihn 1980 zum Bischof von Berlin ernannte. Die beiden kannten sich schon seit Jahren. Auch zu Papst Benedikt XVI. hatte er ein gutes und persönliches Verhältnis.

Joachim Kardinal Meisner
Nur drei Jahre nach der Ernennung zum Bischof von Berlin wurde Meisner in das Kardinalskollegium aufgenommen. 1989 – kurz vor der deutschen Einheit – kam er vom Papst ernannt nach Köln, was damals von Kontroversen begleitet war. Es war der Beginn einer Amtszeit, in der der Kardinal stets profiliert, streitbar und mit klarer Sprache auftrat. Kardinal Meisner scheidet die Geister. Er wusste Gegenwind zu erzeugen, wusste mit Gegenwind umzugehen und konnte auch selbst zum Sturm werden. „Herr, lass mich stehen, wo die Stürme wehen“, sei sein Jugendgebet gewesen, erklärte Meisner einmal. (rv)

Caritas internationalis nimmt an Expo 2015 teil

Kardinal Rodriguez MaradiagaAn der Expo 2015 in Mailand wird auch Caritas internationalis teilnehmen. Das kündigte der Präsident des katholischen Hilfswerkes, Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga, an. Damit will der Dachverband, der 164 nationale Caritasverbände bündelt, das Evangelium dort verkünden, wo man über Wirtschaft und Handel spricht, sagte der aus Honduras stammende Kardinal im Gespräch mit Radio Vatikan.

„An der Expo 2015 werden alle Länder der Welt teilnehmen. Deshalb haben wir gedacht, dass es sinnvoll ist, wenn auch wir dort vertreten sind, um die Frohe Botschaft in einem besonderen Kontext zu vermitteln. Es wäre sonst schade, wenn bei einer Weltausstellung nur Wirtschafts- und Handelsfragen behandelt werden.“

Das Motto der Ausstellung lautet „Den Planeten ernähren“. Dazu habe Caritas internationalis einiges zu sagen, findet Kardinal Maradiaga.

„Weil es auch darum geht, etwa die Bedeutung der Landwirtschaft hervorzuheben. Wir müssen leider feststellen, dass in diesem Bereich in den vergangenen Jahren viel Schaden gerichtet wurde. Aber denken wir doch mal darüber nach, welches Potential beispielsweise Afrika im Bereich der Landwirtschaft hätte! Positive Resultate können aber erst erreicht werden, wenn wir alle mithelfen.“

Caritas internationalis führt derzeit eine Kampagne gegen den Hunger durch, die just zum Start der Expo 2015 beendet sein soll. Maradiaga ist einer der engsten Berater von Papst Franziskus. Im Erzbistum Mailand hoffen viele auf einen Besuch des Papstes auf der Expo. (rv)

Vatikansprecher Lombardi: Rolle des IOR weiter ungeklärt

Pater Lombardi PressekonferenzDie Zukunft des vatikanischen Geldinstitutes IOR ist weiter ungewiss. Durch die Einrichtung eines neuen Wirtschaftssekretariats durch Franziskus am Montag ist die zukünftige Rolle des „Istituto per le Opere di Religione“ noch nicht geklärt worden. Das sagte Vatikansprecher Federico Lombardi am Montag im Interview mit Radio Vatikan.

„Das ,Istituto per le Opere di Religione‘ bleibt weiter ein Objekt der Analyse und der Reflektion, es wurde von dieser Reorganisation nicht berührt. Diese hat einen sehr viel weiteren Horizont – sie betrifft die wirtschaftlichen und administrativen Dimensionen des Heiligen Stuhles und des Vatikanstaates in ihrem Zusammenspiel. Das ist also ein sehr viel weiterer und komplexerer Rahmen, während das IOR eine einzelne Institution ist und eine spezifische Funktion hat – es ist ein kleiner Dübel in einer sehr viel breiteren Realität“.

Die von Franziskus am Montag mit einem Motu Proprio eingerichtete Aufsichtsbehörde beschreibt der Sprecher als „starke Institution“ mit zentralen Kompetenzen, die alle wirtschaftlichen Angelegenheiten des Heiligen Stuhles und des Vatikanstaates betreffen.

„Sie macht die Bilanzen, veröffentlicht sie und ist einem Rat für Wirtschaft aus 15 Mitgliedern verantwortlich (…), von denen acht Kleriker sind, Kardinäle oder Bischöfe, und sieben Laien, alles Finanz- und Wirtschaftsexperten. Der neue Rat für wirtschaftliche Angelegenheiten nimmt also den Platz des bisherigen Rates der 15 Kardinäle ein, der bislang die Finanzen des Heiligen Stuhles kontrollierte.“

Mit dem Motu Proprio habe der Papst die bisherige Rolle der vatikanischen Güterverwaltung (APSA) als Zentralbank des Vatikans „bestärkt“ und „präzisiert“, so Pater Lombardi. Auch die Finanzaufsichtsbehörde Aif werde ihre bisherige Rolle behalten, erklärte der Sprecher: Aufgrund ihrer Funktion im Kampf gegen Geldwäsche müsse sie eine Institution bleiben, „die völlig unabhängig von den anderen“ sein müsse, so Lombardi. Unabhängig sei im Übrigen auch der neue „Revisor“. Laut Motu Proprio soll er das Recht und die Aufgabe haben, jederzeit jede Institution des Heiligen Stuhles oder des Vatikanstaates zu kontrollieren. Lombardi:

„Natürlich ist der Revisor an sich unabhängig vom Wirtschaftssekretariat, weil er wirklich eine Aufgabe der Revision hat.“

Franziskus war mit der Schaffung eines neuen Sekretariates sowie eines Rates für Wirtschafts- und Verwaltungsangelegenheiten einer Empfehlung der Kardinalskommission zur Prüfung der wirtschaftlichen und administrativen Strukturen des Heiligen Stuhles gefolgt. Zum Präfekten des Wirtschaftssekretariats hat der Papst den australischen Kardinal George Pell ernannt. Der Rat soll aus 15 Mitgliedern bestehen, davon acht Kardinäle oder Bischöfe und sieben Laien-Experten unterschiedlicher Nationalität. Dass das vatikanische Finanz- und Wirtschaftsministerium den Titel Sekretariat erhält, rückt es sprachlich in die Nähe des vatikanischen Staatssekretariats, dem es einige Kompetenzen abnehmen wird. Franziskus` Entscheidung vom Montag ist die einschneidenste Kurienreform seit fast zwanzig Jahren. (rv)

Päpstlicher Familienrat: Familien gestalten mit

Erzbischof Vincenzo PagliaMit seinem Brief an die Familien will der Papst diese in den synodalen Weg miteinbeziehen. Das schreibt der Präsident des Päpstlichen Familienrates, Erzbischof Vincenzo Paglia, in einem Begleitschreiben zum Papstbrief an die Familien von diesem Dienstag. Das Gebet sei „die erste Art und Weise, an diesem gemeinsamen Weg teilzunehmen“, so Paglia wörtlich: „Die Familien – und das ist die Absicht von Papst Franziskus – sind nicht einfach das Objekt der Aufmerksamkeit. Sie sind auch Subjekt dieses Pilgerweges – sie stellen den überwiegenden Teil der Kirche.“ In der Liebe der Familie und ihrer Mitglieder verwirkliche sich das Werk Gottes, so der Präsident des Päpstlichen Familienrates weiter. Die heutige Zeit sei „verwirrend und unruhig“ – gerade deshalb brauche die Kirche das Zeugnis christlicher Familien, die das Wort Gottes und die Lehre der Kirche mit Leben füllten.

Die Ergebnisse der Vatikanumfrage zu Ehe und Familie dürften bereits in die Vorbereitung der Weltbischofssynode im Oktober 2014 mit einfließen. Das hat der Generalsekretär der Bischofsfamiliensynode, Kardinal Lorenzo Baldisseri, angedeutet. (rv)

Kardinal Müller, der Brückenbauer

Kardinal MüllerDie Deutsche Bischofskonferenz freut sich über die Kardinalserhebung von Erzbischof Gerhard Ludwig Müller. Der stellvertretende Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bischof Norbert Trelle, nannte Müller am Samstag einen Brückenbauer. Diese Qualität sei in seinem Amt als Präfekt der  vatikanischen Glaubenskongregation besonders wichtig, so Trelle auf einem Empfang nach dem Konsistorium. Und wörtlich: „Wir zählen dabei sehr auf Dich, auch und gerade die Kirche in Deutschland.“ Ausdrücklich würdigte Trelle auch Kardinal Müllers „Beitrag zum theologischen Gespräch mit den Kirchen der Reformation und mit der Orthodoxie in Deutschland“ während seiner früheren Zeit als Bischof von Regensburg. An dem Empfang nahmen auch die deutschen Kardinäle Joachim Meisner und Paul Josef Cordes, der Schriftsteller Martin Mosebach, der frühere Augsburger Bischof Walter Mixa und der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst teil. Der Letztgenannte nimmt derzeit auf Anweisung des Papstes eine Auszeit, bis Vorwürfe gegen ihn geklärt sind. (rv)