Legionäre Christi: Nach den Skandalen die Wiederentdeckung des eigenen Charismas

Legionäre ChristiUm die Legionäre Christi ist es etwas ruhiger geworden. In den vergangenen Jahren waren die Skandale um deren Gründer, den mexikanischen Priester Marcial Marciel Degollado, um Doppelleben und Veruntreuung, um Missbrauch und Verdunkelung immer wieder Gesprächsstoff. Eine apostolische Visitation durch den Vatikan bestätigte Missbrauch und andere Vorwürfe. Am 1. Mai 2010 veröffentlichte der Vatikan eine Stellungnahme: „Die Apostolische Visitation hat ergeben, dass die Lebensführung von Pater Marcial Maciel Degollado ernste Folgen im Leben und in der Struktur der Kongregation der Legionäre Christi verursacht hat, und zwar dermaßen, dass ein Weg tiefgehender Revision erforderlich sein wird." Diesen Weg ist die Legion in den vergangenen Jahren gegangen, ein Delegat – Kardinal Velasio de Paolis – hat sie im Namen des Vatikans geleitet und im kommenden Januar will man in einem Generalkapitel die zu erneuernden Strukturen beraten, diese verabschieden und eine neue Leitung wählen.

Aber Struktur ist ja nicht alles, dahinter liegt immer auch ein geistlicher Weg, ein Kern, eine Spiritualität. Wie es damit aussieht, darüber unterhalten wir uns heute mit Pater Sylvester Heeremann LC. Er ist Generalvikar der Legionäre Christi und amtierender Generaldirektor und spricht über den Weg, den die Legion genommen hat…

„Ein Weg, der sicher auch noch nicht abgeschlossen ist. Der Heilige Vater hat 2010 nach der Visitation durch fünf Bischöfe und einer gründlichen Auseinandersetzung mit unserer Realität uns im Wesentlichen zwei Aufgaben gegeben. Die erste ‚Hausaufgabe’ bezieht sich auf das Verständnis des Charismas und der Strukturen, die dieses Charisma schützen oder auch ausdrücken sollen. Das ist mehr der theoretische Bereich. Und dann die Revision unseres Lebens.

Zum ersten Punkt würde ich sagen, dass es ein sehr fruchtbarer Weg war, uns damit auseinander zu setzen, was der Kern ist, der die Legionäre Christi ausmacht, was ist das Charisma, also was wollte der Heilige Geist der Kirche durch unsere Gemeinschaft nahe bringen. Es war wichtig, dass wir uns damit auseinander setzen, weil wir immer in der Versuchung standen und wohl auch in sie gefallen sind, fast jede Meinungsäußerung des Gründers auf Charisma-Ebene zu heben. Dinge sind mit dem Wert von Charisma belegt worden und deswegen nicht hinterfragbar gemacht worden, die hinterfragbar sind. Die waren in der Mehrheit vielleicht gute und nützliche Sachen, aber vielleicht für die 1950er Jahre oder für Mexiko, nicht für Deutschland oder für das Jahr 2010.

Das war ein sehr fruchtbarer Prozess, der nicht einfach war, weil wir eben anerkennen mussten, dass viele Dinge, die wir für nicht hinterfragbar hielten, doch hinterfragbar sind. Das war das wichtigste Umdenken."

Umdenken, neu denken, neu aufschreiben: Nun hat die Legion aber eine Geschichte, und sie hat Mitglieder, die das alles miterlebt haben.

„Ich glaube, dass die Einberufung des Kapitels für uns oder für die Mehrheit auch ein Einbiegen in die Zielgerade ist und dass die große Mehrheit der Mitbrüder mit Vertrauen und einer großen Gelassenheit jetzt heute dasteht und auf das Kapitel schaut, nach drei auch schwierigen Jahren, in denen wir auch intern auch unsere Höhen und Tiefen hatten und interne Spannungen, weil jeder die Tatsachen um den Gründer auf seine Weise aufarbeiten und erleben musste. Diese grundsätzlich Positive Diagnose schließt natürlich nicht aus, dass es weiterhin Spannungsfelder gibt und dass es auch weiterhin Positionen unter den Mitbrüdern gibt, wo nicht alle gleich in wichtigen Fragen einer Meinung sind."

„Es ist sicher spannungsreich. Wandel ist immer etwas Schweres und verursacht auch Ängste und dann gibt es die einen, die vorpreschen und die anderen, die auf der Bremse stehen. Heute ist es glaube ich so, dass Gott sei Dank nicht nur Vertrauen da ist, sondern auch ein Verständnis dafür, was in den letzten Jahren geschehen ist. Dadurch, dass alle mitmachen konnten, mitreden konnten, fühlen sich auch alle mitgenommen. Und wie gesagt: Heute, auch wenn es für einige sehr schwer war, zu lernen, dass nicht alles gut aber auch nicht alles schlecht war, also das Gleichgewicht zu finden, was zu bewahren und was zu ändern ist, hat die große Mehrheit es geschafft, sich darauf einzuschwingen und wir haben auch untereinander einen neuen Einklang gefunden, der uns die Kraft gibt, weiter zu gehen und weiter zu bauen."

Das Generalkapitel wird Anfang Januar zusammen treten, um den Prozess abzuschließen, der mit der Visitation von 2010 begonnen wurde.

„Das Generalkapitel hat im Wesentlichen drei Aufgaben. Die erste Aufgabe ist die der Konstitutionen, das noch einmal in aller Freiheit zu diskutieren, wobei natürlich dieser ganze Weg ein brauchbares Produkt hervorgebracht hat. Das wird ein wichtiger Teil sein. Dann wird es aber auch darum gehen, die letzten drei Jahre abzuschließen und alles, was wir in den Jahren gelernt haben ins Wort zu fassen, sich noch einmal über die Geschichte zu äußern und zu versuchen, als Gemeinschaft noch einmal die Aufarbeitung auf eine fruchtbare Weise abzuschließen. Welche Themen da hinein kommen, das wird das Generalkapitel selber entscheiden müssen. Das ist die zweite große Aufgabe. Die wichtigste Aufgabe ist natürlich die Wahl eines neuen Generaldirektors und eines neuen Generalrates."

Aber was heißt das geistlich? Wie setzen die Legionäre Christi die Vorgaben aus dem Vatikan um und was wird sich ändern? Immerhin reagiert das alles auf eine Vorgabe des Papstes, der nach einer „tiefgreifenden Revision".

„Nach der Visitation der fünf Bischöfe hat er drei Bereiche aufgegeben, über die wir nachzudenken hatten. Das eine war die Gefahr, in das zu fallen, was er ‚Effizientismus’ nannte. Das zweite: Dass wir uns über die Ausbildung unserer Mitbrüder Gedanken machen sollen und drittens die Ausübung der Autorität.

In diesen drei Bereichen haben wir eine Gewissenserforschung gemacht. Der Bereich Effizientismus ist positiv formuliert sozusagen die Aufforderung, im apostolischen Einsatz den Vorrang der Gnade und der Freiheit der Person wirklich zu würdigen. Wir sind ein sehr apostolischer Orden, ein sehr aktiver Orden, und diesen aktiven Aspekt haben wir in der Vergangenheit vielleicht manchmal übertrieben. Der Gründer hat uns etwas hinterlassen, was zwar etwas Positives ist, was man aber leicht übertreiben kann: Den Wunsch, etwas zu erreichen, etwas zu bewegen, Einfluss auf die Welt zu haben im positiven Sinn. Wenn man da zu sehr auf die Ergebnisse aus ist und zu sehr greifbare Resultate erreichen will, ist das aus der Sicht des Evangeliums heraus eine zweischneidige Sache. In dem Bereich sehen wir, dass wir uns da reinigen mussten und nicht so sehr auf unsere Fähigkeiten zu vertrauen und mit aller Kraft sozusagen versuchen, etwas zu erreichen.

In den beiden anderen Bereichen haben wir gesehen, dass wir da wirklich Bedarf hatten, uns mit den kritischen Fragen auseinanderzusetzen. Wir haben in den Jahren viel über den Bereich Ausübung der Autorität nachgedacht, wie wichtig es ist, die Teilnahme der betroffenen Ordensmitglieder an Entscheidungen zu stärken. Wir hatten eine sehr vertikale Struktur wo die Autorität sehr personal war. Im Grunde hat der Generalobere also in der Vergangenheit der Gründer vieles selber entschieden, auch ohne dass er seinen Rat hinreichend einbezogen hat. Das Moderieren der persönlichen Autorität durch die Räte war etwas, was wir bei uns nachholen mussten und was nicht gut entwickelt war. Da versuchen wir jetzt eine neue Brüderlichkeit und vor allem die Einbindung der Einzelnen und der Gemeinschaft in die Entscheidungsprozesse.

Das mag abstrakt klingen, führt aber zu einem echten Kulturwandel." (rv)

Kardinalsernennungen am 22. Februar 2014

BirettPapst Franziskus hat für den 22. Februar 2014 Kardinalsernennungen angekündigt. Bis zu diesem Tag wird das Kardinalskollegium nur noch 106 wahlberechtigte Kardinäle für ein künftiges Konklave haben. Die Forderung der Apostolischen Konstitution „Universi Dominici Gregis „ von 120 Wahlberechtigten ist zu diesem Zeitpunkt deutlich unterschritten. Derzeit warten 36 Kandidaten auf eine Erhebung in den Kardinalsstand. Mit Sicherheit werden nur wenige mit der hohen Würde des Kardinalats ausgezeichnet werden. Gemäß der üblichen Praxis darf man wohl davon ausgehen, dass etwa um den 22.-25. Januar 2014 der Papst die Namen der Nominierten bekannt geben wird. Die Zahl der Ernennungen ist bei Papst Franziskus schwer einzuschätzen, zumal er bereits jetzt mit einigen Traditionen seiner Vorgänger gebrochen hat. Realistisch sollte eine Anzahl um die 20 Purpurträger sein, zumal bis Jahresende 2014 aus Altersgründen weitere zehn Kardinäle aus dem Gremium der Papstwähler ausscheiden. Alternativ könnte er aber auch deutlich weniger Erhebungen im Februar durchführen und dafür im Herbst ein erneutes Kardinalskonsistorium vollziehen. Andernfalls ist auch eine Modifizierung der „Universi Dominici Gregis“, in Bezug auf die Wählerschaft von 120 Kardinälen, bei diesem Papst nicht undenkbar. Die nachfolgende Tabelle zeigt die möglichen Kandidaten, welche in der Tradition der Kardinalswürde stehen.

Herkunfts-land Name Vorname Amt
Kurie
Italien Parolin Pietro Staatssekretär des Staatssekretariats
Deutschland Müller Gerhard Ludwig Kongregation für die Glaubenslehre
Italien Stella Beniamino Kongregation für den Klerus
Italien Paglia Vincenzo Päpstlicher Rat für die Familie
Polen Zimowski Zygmunt Päpstlicher Rat für die Pastorale im Krankendienst
Italien Fisichella Salvatore Päpstlicher Rat für die Förderung der Neuevangelisierung
Frankreich Brugués O.P. Jean-Louis Bibliothekar und Archivar der Hl. Römischen Kirche
Patriarchen und Großerzbischöfe
Irak Sako Louis Raphaël I Patriarch von Babylon
Ägypten Sidrak Ibrahim Isaac Patriarch von Alexandrien
Syrien Younan Ignatius Joseph Patriarch von Antiochien für Syrien
Ukraine Shevchuk Sviatoslav Großerzbischof von Kiew und Halytsch
Erzbistümer Afrika
Madagaskar Razanakolona Odon Marie Arséne Erzbischof von Antananarivo
Erzbistümer Asien
Japan Okada Peter Takeo Erzbischof von Tokio
Vietnam Nguyén Van Nhon Pierre Erzbischof von Hanoi
Erzbistümer Europa
Belgien Léonard André-Joseph Erzbischof von Mecheln-Brüssel
Frankreich Pontier Georges Paul Erzbischof von Marseille
Groß-britannien Nichols Vincent Erzbischof von Westminster
Italien Nosiglia Cesare Erzbischof von Turin
Italien Moraglia Francesco Erzbischof von Venedig
Portugal Macário do Nascimento Clemente Manuel Patriarch von Lissabon
Spanien Asenjo Pelegrina Juan Jóse Erzbischof von Sevilla
Spanien Rodriguez Plaza Braulio Erzbischof von Toledo
Spanien Osoro Sierra Carlos Erzbischof von Valencia
Polen Kupny Józef Piotr Erzbischof von Breslau
Polen Mokrzycki Mieczylaw Erzbischof von Lviv
Erzbistümer Lateinamerika
Argentinien Poli Mario Aurelio Erzbischof von Buenos Aires
Brasilien Tempesta O.Cist. Orani João Erzbischof von Rio de Janeiro
Brasilien Krieger S.C.I. Murilo Sebastião Ramos Erzbischof von San Salvador da Bahia
Chile Andrello S.D.B. Ricardo Ezzati Erzbischof von Santiago de Chile
Ekuador Trávez Trávez O.F.M. Fausto Gabriel Erzbischof von Quito
Erzbistümer Nordamerika
USA Lori William Edward Erzbischof von Baltimore
USA Vigneron Allen Henry Erzbischof von Detroit
Mexiko Gómez Jóse Horacio Erzbischof von Los Angeles
USA Chaput O.F.M.Cap. Charles Joseph Erzbischof von Philadelphia
Kanada Lépine Christian Erzbischof von Montréal
Erzbistümer Ozeanien
Neuseeland Dew John Atcherley Erzbischof von Wellington

Wer von den oben genannten Anwärtern den Kardinalshut empfangen wird, bleibt wie immer abzuwarten. (vh)

Konsistorium, Kardinalsrat und Synodenrat: Ein voller Februar

KardinalserhebungDer Kardinalsrat, ein Konsistorium und die Versammlung des Rates der Bischofssynode: Der Februar 2014 wird ein Monat mit wichtigen Terminen. Vor Journalisten gab Vatikansprecher Pater Federico Lombardi an diesem Donnerstag den Zeitplan für die Ereignisse bekannt. So werden voraussichtlich am 17. und 18. Februar zum dritten Mal die acht Kardinäle, die zum Kardinalsrat gehören, mit Papst Franziskus ihre Versammlung abhalten. Am Fest der Kathedra Petri am 22. Februar werde der Papst ein Konsistorium zur Erhebung neuer Kardinäle einberufen, davor wird – wie es schon Tradition ist – eine allgemeine Kardinalsversammlung stattfinden. Diesen Termin hatte Franziskus schon anlässlich der ersten Kardinalsversammlung den Teilnehmern genannt. (rv)

Kardinal Koch in Korea: „Papst will Zusammenarbeit mit ÖRK vertiefen“

Kardinal KochPapst Franziskus will die Zusammenarbeit mit dem Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) vertiefen. Das kündigt der vatikanische Ökumene-Verantwortliche, Kurienkardinal Kurt Koch, bei der Vollversammlung des ÖRK in Südkorea an. Die katholische Kirche ist nicht Mitglied in dem Rat, ist aber seit Jahren bei den Versammlungen durch Papstgesandte vertreten. Im Gespräch mit Radio Vatikan sagt Kardinal Koch, was sich bei der Zusammenarbeit zwischen der katholische Kirche und dem Kirchenrat ändern könnte.

„Der Heilige Vater hat betont, dass wir eine neue Vision der Ökumene – also der Einheit – brauchen. Er hat sich auch auf das Thema dieser Vollversammlung hier in Korea Bezug genommen: ,Gott des Lebens, leite uns zu Frieden und Gerechtigkeit´. Einen besonderen Wert legte Papst Franziskus auf die Würde des Menschen und zwar vom christlichen Glauben her. Dem Papst ist wichtig, dass wir uns alle für das Leben der Menschen einsetzen, insbesondere für jene, die am schwächsten, ärmsten oder krank sind. Dazu zählen auch die jüngsten und die ältesten sowie Migranten."

Die Gespräche zwischen den verschiedenen christlichen Konfessionen sind nicht überall auf der Welt gleich, räumt Kardinal Koch ein.

„Ich glaube, wir finden in allen Kirchen und Orten Leute, die sich für die Ökumene einsetzen aber auch solche, gleichgültig gegenüber der Ökumene sind. Hier in Korea war ich einen ganzen Tag lang in Seoul und dort habe ich eine große Sehnsucht und Hoffnung gespürt nach mehr Einheit. Sicher, hier muss man beachten, dass das koreanische Volk an sich auf Einheit in ihrem Land hofft. Diese Hoffnung der Einheit zwischen Nord- und Südkorea ist sehr groß. Da hoffen dann auch viele, dass die christliche Einheit vielleicht eine Hilfe diesbezüglich sein kann."

Eine Vollmitgliedschaft der katholischen Kirche im ÖRK ist zwar weiterhin kein Thema, doch der Austausch sei schon bisher sehr ergiebig, so der Schweizer Kurienkardinal.

„Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg. Seit langer Zeit haben wir zwei Wege eingeschlagen, wie beispielsweise die Zusammenarbeit in der Kommission ,Faith and Order´, die sich vor allem mit Theologie, Glaube und Kirchenverfassung auseinandersetzt. Wir arbeiten aber auch in der Gruppe ,Joint Working´ zusammen. Das sind intensive Kooperationen zwischen dem Weltkirchenrat und der katholischen Kirche. Wir haben des Weiteren mit dem ÖRK-Generalsekretär gute und herzliche Beziehungen und ich hoffe, dass wir dies auch weiter vertiefen können."

Offizielle Vertreterin der katholischen Kirche beim ÖRK – mit Sitz in Genf – ist die Theologin Annemarie Mayer. Sie ist Professorin an der belgischen Universität von Löwen. Die Vollversammlung im koreanischen Busan zeige, dass sich niemand eine „Super-Kirche" sondern eine Zusammenarbeit zwischen den Kirchen wünsche, so Mayer gegenüber Radio Vatikan.

„Es war der Wunsch, ein möglichst breit angelegtes Thema zu finden und trotzdem nicht nur ,wischi-waschi´ zu sagen. Die Mitgliedskirchen des ÖRK wollen etwas aussagen, was für die heutige Situation vieler Kirchen in der Welt existentiell ist. Herauszufinden, in welcher Weise der ÖRK in diesen zum Teil sehr prekären Situationen – denken wir an Syrien und die dortigen orthodoxen Kirchen, die zum ÖRK gehören – zu unterstützen."

Bedrängten und bedrohten Christen zu helfen ist ein sichtbares Zeichen der Ökumene, so Mayer weiter.

„Ohne Praxis würde die theologische Suche nach Einheit hölzern bleiben und sich überhaupt nirgends im Leben der Kirchen niederschlagen. Andererseits wäre es aber gefährlich, nur in reinem Aktivismus zu verbleiben. Das würde dann vermutlich dazu führen, dass praktische Initiativen bei den ersten kritischen Gegenfragen sich im nichts auflösen würden, weil sie oft keinen theologischen standfähigen Fundament standhalten."

Die Präsenz der katholischen Kirche bei der Vollversammlung des ÖRK sei wichtig, so die Theologin Annemarie Mayer. (rv)

Kardinal Hummes: „Amazonien steht am Scheideweg“

Gegen Entwicklungspläne der brasilianischen Regierung über die Köpfe der Völker im Amazonasgebiet hinweg stemmen sich die katholischen Bischöfe in der Region, die auch als „grüne Lunge" des Planeten bekannt ist. Bei Brasiliens Plänen, etwa durch Staudämme im Amazonasgebiet Energie aus Wasserkraft zu gewinnen, dürften Umwelt und Mensch nicht vergessen werden, mahnt der Vorsitzende der Bischofskommission für Amazonien, Kardinal Cláudio Hummes. Radio Vatikan traf ihn im brasilianischen Manaus, wo an diesem Montag eine Konferenz der katholischen Bischofskonferenz Brasiliens (CNBB) startet. Auf dem bis Donnerstag dauernden Treffen kommen zum ersten Mal Bischöfe, Laien und Verantwortliche von Institutionen aus sechs Regionen zusammen, um über Amazoniens Zukunft zu beraten.

„Entwicklung ist auch für die Volksgruppen wichtig, die entlang der Flüsse im Amazonasgebiet leben. Die Frage ist jedoch die: Wie kann man es anstellen, dass diese Entwicklung nicht zerstörerisch für Kultur und Geschichte ist? Es stimmt, dass Brasilien elektrische Energie benötigt; es stimmt, dass Wasserenergie sauberer ist als andere Formen der Energiegewinnung. Doch all das muss zunächst mit allen Menschen besprochen und geteilt werden, die in der Region leben. Und dies muss auf intelligente Weise geschehen, denn der Mensch muss immer ins Zentrum großer Entwicklungsziele gestellt werden."

Vor Entscheidungen über Köpfe hinweg brauche es also eine breite Debatte, so der Kardinal, wie sich das für eine Demokratie gehört. Tatsächlich aber ist es schon lange Realität, dass Streiter für die Rechte der Menschen im Amazonasgebiet und Umweltschützer immer wieder Probleme bekommen. Viele Kirchenvertreter dort müssen auch heute noch um ihr Leben fürchten, bestätigt Kardinal Hummes im Gespräch mit Radio Vatikan:

„Es war immer schon so, dass besondere Interessen von Unternehmen oder von anderer Seite Bischöfe, Priester, Schwestern und engagierte Laien bedroht haben, die Anführer der Indigenen wie auch der übrigen Bevölkerung Amazoniens, die das Recht der Region einfordern, als solche geschützt, gepflegt und nicht zerstört zu werden."

Eben für diesen Schutz der ökologischen und ethnologischen Vielfalt in der Region tritt die katholische Kirche ein – Papst Franziskus hatte Amazonien bei seinem Brasilienbesuch im Rahmen des Weltjugendtages als „Bewährungsprobe" für Brasiliens Kirche bezeichnet und daran erinnert, dass es hier um die Bewahrung gesamten Schöpfung gehe: die Arbeit der Kirche in dieser weiten Region müsse intensiviert und gefördert werden, so Franziskus. Angesichts der Entwicklungspläne der Regierung und privater Unternehmen für Amazonien befinde sich die Region aktuell am Scheideweg, so Kardinal Hummes. Um Mensch und Umwelt zu schützen müsse jetzt gehandelt werden. Hummes denkt da besonders an die Indios und die Ureinwohner, die chronisch diskriminiert werden:

„Es stimmt, dass in den letzten Jahren Fortschritte zu ihren Gunsten gemacht wurden, doch sie sind immer noch verstoßen. Die Kirche stellt deshalb die Frage ihrer Mission dort, sie war ist in der Geschichte Amazoniens von Anfang an präsent. Das bedeutet, dass sie hier eine Geschichte, Erfahrung und Wissen hat. Es ist auch wahr, dass Missionare und Bischöfe von anderen Orten herkommen, viele von ihnen haben nicht diese lange historische Erfahrung. Auch für sie ist es wichtig, an unserem Treffen teilzunehmen, um gemeinsam zu lernen und nachzudenken."

Man wolle in Manaus die „großen gemeinsamen Aktionslinien" festlegen und eine Perspektive für das Amazonasgebiet entwickeln, gibt der emeritierter Erzbischof von Sao Paulo das Anliegen des Bischofstreffens wider. Hier fühle man sich auch durch Papst Franziskus’ Aufmerksamkeit für die Region ermutigt und nehme seine Anregungen auf:

„Wir haben die Verantwortung, der Kirche in Amazonien ein ,amazonisches Gesicht‘ zu geben, wie es der Papst sagte. Das meint eine Inkulturation, deren Zentrum die Indios sind."

Franziskus hatte bei seinem Brasilienbesuch nicht nur die ökologischen Forderungen des Grundsatzpapiers der Bischofsversammlung von Aparecida aufgegriffen, an dem er selbst maßgeblich mitgewirkt hatte. Das Dokument, das 2007 entstand, geißelte damals schon den „zunehmend aggressiven Umgang" mit der Artenvielfalt und den Ressourcen des größten Ökosystems der Welt – unter anderem durch internationale Konzerne. Der Papst hatte auf seiner ersten apostolischen Auslandsreise auch dazu aufgerufen, dass die Kirche in Brasilien einen einheimischen Klerus heranbilden müsse, der der spezifischen Kultur der Region gerecht werden könne. (rv)

Papst gratuliert seinem Fernsehen

CTVPapst Franziskus hat sich bei den Familien von Vatikan-Mitarbeitern bedankt, die Sonntags für ihn arbeiten müssen. „Ich kann mir vorstellen, das ist keine geringe Sache", sagte der Franziskus an diesem Montag vor den Angestellten und freien Mitarbeiter des Vatikan-Fernsehens CTV, die er zum 30. Gründungstag des Senders in Audienz empfing. „Der Papst will euer Familienleben nicht durcheinander bringen, aber er dankt euch für eure Geduld." Franziskus bat die vatikanischen Fernseh-Journalisten und Techniker um Teamarbeit und um die Wahrung eines kirchlichen Blickwinkels in ihrer Arbeit. „Beim Dreh, in der Regie, in den redaktionellen Entscheidungen, in der Verwaltung: Alles kann mit einer kirchlichen Perspektive gemacht werden", so der Papst. Er wünsche sich, dass das Vatikan-Fernsehen bei den Gläubigen wie bei den Fernstehenden „das Parfum und die Hoffnung der Frohen Botschaft" verbreite. Techniker überreichten dem Papst bei der Audienz einige Kameras als Geschenk. (rv)

Vatikanbotschaft an Hindus: Kultur der Beziehung fördern

Kardinal TauranDer Vatikan hofft auf bessere Beziehungen zwischen Christen und Hindus. Das steht in einer Grußbotschaft des Päpstlichen Dialogrates zum Hindu-Lichterfest Diwali vom kommenden 3. November. „Beziehungen sind fundamental für die menschliche Existenz", so die am Montag veröffentlichte Botschaft. „Sicherheit und Frieden auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene hängen wesentlich von der Qualität unseres menschlichen Miteinanders ab." Je tiefer die Beziehungen zwischen Christen und Hindus seien, desto besser ließen sich Frieden und Solidarität herstellen. Beide Religionen seien mit einer „Kultur des Ausschlusses", einer „Wegwerfgesellschaft" und einer „Globalisierung der Gleichgültigkeit" konfrontiert, so die Botschaft unter Verweis auf Worte von Papst Franziskus. Dem sollten sie eine „Kultur der Beziehung und der Solidarität" gegenüberstellen. Unterzeichnet ist der Vatikangruß von Kardinal Jean-Louis Tauran und Pater Miguel Ángel Ayuso Guixot, respektive Präsident beziehungsweise Sekretär des Päpstlichen Rates für den Interreligiösen Dialog. (rv)

Parolin aus dem Krankenhaus entlassen

EB Pietro ParolinDer neue Staatssekretär des Vatikan ist an diesem Freitag in Padua aus dem Krankenhaus entlassen worden. Erzbischof Pietro Parolin gehe es gut; er wolle sich noch ein paar Tage im Veneto von einer Operation erholen, um dann im Vatikan sein Amt anzutreten, so Vatikansprecher Federico Lombardi am Freitag. Papst Franziskus hat unlängst Parolins Vorgänger, Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone, feierlich in den Ruhestand verabschiedet. (rv)

„Ein Bischof, der nicht betet, wird mondän“

Franzsikus200Bischöfe sollten in erster Linie Diener sein. Das sagte Papst Franziskus am Donnerstagabend bei einer Bischofsweihe im Petersdom. Es gehe beim Bischofsamt „nicht um eine Ehre, sondern um einen Dienst", so der Papst wörtlich. Er riet den Neugeweihten auch, das Gebet nicht zu vernachlässigen.

„Denkt doch einmal an den ersten Streit in der Kirche von Jerusalem, als die Bischöfe so hart gearbeitet hatten, um Witwen und Waisen zu betreuen. Da haben sie beschlossen, Diakone einzusetzen. Und warum? Um selbst beten und das Wort verkünden zu können. Ein Bischof, der nicht betet, bleibt auf halbem Weg stehen. Und wenn er nicht zum Herrn betet, wird er schließlich mondän."

Bischöfe sollten sich um Liebe zu allen bemühen, die ihnen anvertraut seien, vor allem zu den Priestern und Diakonen:

„Das sind eure Mitarbeiter, die Nächsten der Nächsten für euch! Nie einen Priester warten lassen… er bittet um ein Gespräch? Sofort antworten! Seid ihnen nahe."

Bei den neuen Bischöfen handelt es sich um den Franzosen Jean-Marie Speich und den Italiener Giampiero Gloder. Speich ist neuer Nuntius des Papstes in Ghana, Gloder neuer Leiter der vatikanischen Diplomaten-Akademie in Rom. (rv)

Dem Verfahren eine Chance: Ein Kommentar zur Causa Limburg

Radio VatikanVon unserem Redaktionsleiter Pater Bernd Hagenkord SJ

Es ist nicht der von vielen gewünschte Befreiungsschlag geworden. Bischof Tebartz-van Elst bleibt Bischof von Limburg, wenn er sich jetzt auch eine Auszeit nimmt und die Geschäfte von jemand anderem geführt werden, von einem Generalvikar, also dem regulär eingesetzten ständigen Vertreter.

Was heißt das?

Erstens setzt der Vatikan damit sein Vertrauen in die von Erzbischof Robert Zollitsch eingesetzte Kommission, die herausfinden soll, was genau in Limburg passiert ist, wer Verantwortung trägt und was für Schlüsse daraus zu ziehen sind. Zollitsch hatte selbst ja vor einer Woche gesagt, eine gute Lösung sei ihm lieber als eine schnelle, vielleicht zu schnelle.

Zweitens betont der Vatikan, dass der Papst immer sehr gut informiert gewesen sei. Das mag sich gegen die Berichterstattung richten, die besonders in den letzten Wochen in einen Überdreh geraten ist, der viel von dem Frust und Ärger auch erst geschaffen hat. Es ist und bleibt eine Belastung für die Menschen in Limburg, dass es den Befreiungsschlag nicht gibt, aber seien wir ehrlich, keine schon jetzt getroffene schnelle Entscheidung hätte allen erst später herausgefundenen Tatsachen vollständig Rechnung tragen können. Und seien wir noch einmal ehrlich: Keine Entscheidung hätte den Dauerwiederholungen von „Protzbischof, Prunkbischof" gerecht werden können.

Viele Menschen richten jetzt ihren Zorn auch auf den Papst, weil sie sich den Schnitt gewünscht hätten, weil der Ärger zu groß ist. Aber mir persönlich ist ein Papst, der Verfahren achtet, lieber als eine Entscheidung, die nur auf die Person schaut.

Jetzt hat also das Verfahren eine Chance, Tatsachen festzustellen. In der Vergangenheit waren ja jede Menge Dinge in die Geschichte hineinphantasiert worden, da würde ein Bischof verfolgt, weil er konservativ sei, oder auch da würde ein Verschwender gedeckt. Die Kirche hat nun die Chance, herauszufinden, was genau passiert ist, und dann die Entscheidungen zu treffen, die notwendig sind. Damit lässt sich genau der Fehler vermeiden, der Bischof Tebartz-van Elst immer vorgeworfen wird: Er habe sich nicht an Verfahren gehalten. (rv)