Vatikan richtet Frauenkongress aus

VatikanplatzEin Kongress über die Frau in der katholischen Kirche hat an diesem Donnerstag im Vatikan begonnen. Anlass ist der 25. Jahrestag des Apostolischen Schreibens „Mulieris Dignitatem" von Johannes Paul II., auf Deutsch: „Die Würde der Frau". Papst Franziskus hat jüngst eine „neue Theologie der Frau" angeregt. Wie diese aussehen könnte, darüber werden nun zwei Tage lang Fachleute der Theologie, Philosophie, Erziehungs- und Geschichtswissenschaft, des Journalismus und der Medizin aus 25 Ländern wohl auch debattieren. Organisiert hat den Frauenkongress der päpstliche Laienrat. Die Leiterin der dort angesiedelten Abteilung Frau, Ana Cristina Villa Betancourt, sagte uns:

„Mulieris Dignitatem" ist nicht nur das erste Dokument des ganzen päpstlichen Lehramtes, das sich ausschließlich der Frage der Frau widmet. Es ist auch deshalb so wertvoll, weil es die christliche Anthropologie – die Lehre vom Menschen – auf besonders nachvollziehbare Weise darstellt. Eine Art Leuchtturm, der Licht auf immer dringender auftauchende Fragen wirft."

Es gibt noch viel zu tun, um die Analysen des Dokuments umzusetzen, sagt die Kolumbianerin und erwähnt die kontinuierlichen Hinweise des Papstes. Mehrmals hat Franziskus die Kirche als „Mutter" dargestellt, und zu Maria Himmelfahrt hat er seiner Hoffnung Ausdruck gegeben, die Kirche möge die wichtige Rolle der Frau besser verstehen lernen.

„In ,Mulieris dignitatem‘ hat Johannes Paul II. festgehalten, dass Gott den Menschen in besonderer Weise der Frau anvertraut, und zwar wegen ihrer besonderen Fähigkeit zur Liebe und zur Mütterlichkeit. Die Mütterlichkeit ist eine weibliche Dimension, die in allen Feldern zum Ausdruck kommen soll, in denen die Frau überhaupt präsent ist."

Ana Cristina Villa Betancourt nennt ein Beispiel:

„In den zurückliegenden 25 Jahren seit Erscheinen des Schreibens ist die Präsenz von Frauen in allen Dimensionen der Gesellschaft gestiegen. Das ist ein Reichtum, ein Schritt nach vorn, und sehr zu begrüßen. Wir wollen aber darauf drängen, dass die Frau dort mit ihrer spezifischen Rolle als Frau akzeptiert wird. Vielleicht hat uns die Gesellschaft zu sehr abverlangt, auf unsere Weiblichkeit zu verzichten, um besser in eine bestimmte Wettbewerbsmentalität zu passen."

In seinem Interview mit der Jesuitenzeitschrift hatte Papst Franziskus gesagt, es sei mehr weiblicher Genius an jenen Stellen der Kirche nötig, wo wichtige Entscheidungen fallen. Hier nochmals der ganze betreffende Passus in offizieller Übersetzung:

„Die Räume für eine wirkungsvollere weibliche Präsenz in der Kirche müssen weiter werden. Ich fürchte mich aber vor einem ›Machismo im Rock‹, denn Frauen sind anders strukturiert als Männer. Die Reden, die ich über die Rolle der Frau in der Kirche höre, sind oft von einer Männlichkeits- Ideologie inspiriert. Die Frauen stellen tiefe Fragen, denen wir uns stellen müssen. Die Kirche kann nicht sie selbst sein ohne Frauen und deren Rolle. Die Frau ist für die Kirche unabdingbar. Maria – eine Frau – ist wichtiger als die Bischöfe. Ich sage das, denn man darf Funktion und Würde nicht verwechseln. Man muss daher die Vorstellung der Frau in der Kirche vertiefen. Man muss noch mehr über eine gründliche Theologie der Frau arbeiten. Nur wenn man diesen Weg geht, kann man besser über die Funktion der Frau im Inneren der Kirche nachdenken. Der weibliche Genius ist nötig an den Stellen, wo wichtige Entscheidungen getroffen werden. Die Herausforderung heute ist: reflektieren über den spezifischen Platz der Frau gerade auch dort, wo in den verschiedenen Bereichen der Kirche Autorität ausgeübt wird."

„Solche Äußerungen sorgen für Unruhe", merkt Ana Cristina Villa Betancourt an.

„Es fehlt vielleicht an Dialog an den Stellen, an denen die Entscheidungen fallen. Es fehlt auch an Dialog zwischen Männern und Frauen, obwohl dieser in den Dokumenten der Kirche ja immer angeregt wird."

Johannes Paul betonte in seinem Schreiben die Gleichheit der Würde von Mann und Frau aus christlicher Sicht und vertiefte eine anthropologische Grundwahrheit: Der Mensch „existiert immer nur als Frau oder als Mann", heißt es in „Mulieris Dignitatem". Die heute verbreitete so genannte Gender-Mentalität stellt diese Grundwahrheit in Frage. Aus ihrer Sicht ist Mannsein oder Frausein ein rein gesellschaftliches Konstrukt. Auch darum wird es in dem vatikanischen Kongress gehen, ebenso wie um das Selbst- und das Fremdbild von Frauen 45 Jahre nach der „sexuellen Revolution".

Vor fünf Jahren veranstaltete der Päpstliche Laienrat bereits einmal einen Kongress über die Rolle der Frau in der Kirche; es war der 20. Jahrestag von „Mulieris dignitatem". Einige Teilnehmerinnen zeigten sich damals im Anschluss enttäuscht über den Grundton der Veranstaltung. Der Neuaufbruch mit Papst Franziskus lässt auch sie hoffen. Franziskus empfängt die Teilnehmerinnen des Kongresses am Samstag in Audienz. (rv)

Vatikan: Papst traf US-Bischöfe

Papst Franziskus hat sich am Montag über die Herausforderungen der US-amerikanischen Kirche informiert. Bei einer Audienz für die Mitglieder der US-amerikanischen katholischen Bischofskonferenz sei es unter anderem um Fragen der katholischen Schulen, um Priesterberufungen und um die lateinamerikanischen Gläubigen in den USA gegangen. Dies berichtete Kardinal Timothy Dolan nach dem Treffen im Interview mit Radio Vatikan. Bei der herzlichen Begegnung, die etwa eine halbe Stunde dauerte, habe der Papst eine „gesunde Neugier" auf Belange der US-amerikanischen Kirche gezeigt, so der New Yorker Erzbischof. Auch das jüngste Flüchtlingsdrama von Lampedusa sei Thema gewesen, Papst Franziskus sei deshalb „den Tränen nahe" gewesen, so Dolan.

Insgesamt werde der Papst aus Lateinamerika in den USA sehr positiv aufgenommen, fügte der Kardinal an: Franziskus erhalte von allen Seiten große Zustimmung, ob von praktizierenden Katholiken, anderen Religionen oder Nicht-Gläubigen, referierte der Geistliche. (rv)

Kardinal Marx: „Wir sind auf einem gemeinsamen Weg“

„Das ist nicht eine Sache, die ein Bistum alleine regeln kann, das sind Dinge, die wir gemeinsam tun wollen. Und wir sind in der Bischofskonferenz auf einem gemeinsamen Weg."

Dies betont der Münchner Kardinal Reinhard Marx mit Blick auf den Freiburger Vorstoß zum Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen. Das Seelsorgeamt Freiburg hatte Anfang der Woche ein neues Papier zum Thema vorgestellt, das in der deutschen Kirche hohe Wellen schlägt – Wellen auch bis nach Rom: So hatte Vatikansprecher Federico Lombardi am Dienstag vor Sonderwegen bei der Familienpastoral gewarnt und ein einheitliches Vorgehen der Kirche angemahnt. Marx sieht das Papier von Freiburg als „work in progress":

„Ich denke, dass viele Überlegungen da richtig und gut sind, die wir weiter diskutieren werden. Ich sehe das als einen Diskussionsbeitrag, der jetzt in einem Prozess ist, der auch mit Rom natürlich weiter besprochen werden muss und in der Bischofskonferenz."

Deshalb werde es ja auch im Januar einen Bericht der deutschen Bischöfe zum Thema geben, so der Kardinal im Gespräch mit den Münchner Kirchennachrichten. „Ich glaube, dass wir Wege finden können", so Marx auch mit Verweis auf die Synode zur Familienpastoral, die in einem Jahr im Vatikan stattfinden soll. Bis dahin müsse man gründlich diskutieren und – ja – auch ein wenig Vertrauen haben, ist aus Marx’ Kommentar herauszuhören. Die Freiburger Handreichung sei schließlich „noch keine Veränderung des kirchlichen Gesetzes":

„Ich glaube, dass wir hier auf einem guten Weg sind, und auch, dass die Pfarrer die pastorale Situation vor Ort sehr gut beurteilen können. Es wird keine generellen Regelungen geben, indem man sagt: ,alle’, sondern es muss auch die pastorale Beziehung zum einzelnen Fall sein. Dazu gehört – das steht übrigens in dem Freiburger Papier – nicht nur einfach die Zulassung, sondern da stehen Kriterien drin: die Aufarbeitung der Lebensgeschichte, die Versöhnung mit dem Partner vorher, eine ganze Reihe von Elementen, die ja immer wieder diskutiert werden, und die auch wichtig sind."

Marx spielt hier auf den Ausschluss von wiederverheirateten Geschiedenen vom Sakrament der Kommunion an. Auch Papst Franziskus hatte in einem Interview mit der Jesuitenzeitschrift „La Civiltà Cattolica" jüngst betont, dass man den Umgang mit den Geschiedenen in der katholischen Kirche mitnichten nur auf die Frage der Kommunion verengen dürfe. (rv)

Kard. Maradiaga: „Jetzt ist die Zeit für Kollegialität“

 Rodriguez Kardinal Maradiaga„Synodalität" ist das Stichwort der Reform, die Papst Franziskus der Kirche verordnet. Das sagt Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga aus Honduras nach den Sitzungen des Kardinalsrates, der vergangene Woche erstmals im vatikanischen Gästehaus Santa Marta tagte. Synodalität bezieht sich auf Synode, also Bischofsversammlung, und der Papst ist als Bischof von Rom Erster unter Gleichen. Kardinal Maradiaga erklärt, wie Franziskus seine Autorität als Bischof von Rom begreift:

„Um Autorität zu haben, braucht es keinen Zentralismus. Autorität ist ein Dienst in Liebe, der beim Wachsen hilft. Die Autorität des Heiligen Vaters in der Kirche ist keine absolute Monarchie, kein „Hier kommandiere ich". Der Papst ist ein Autor: ein Autor, der jeden Tag eine neue Seite jenes Buchs des Lebens schreibt und Seite um Seite einer lebendigen Kirche hinzufügt."

Der Kardinalsrat der acht Purpurträger aus allen Kontinenten, die den Papst bei der Reform beraten, wird sich bereits Anfang Dezember ein weiteres Mal in Rom treffen. Franziskus hat verfügt, dass der Rat eine ständige Einrichtung werden soll. Es gibt viel zu tun. Denn die Kurienreform ist nicht bloß eine innere Angelegenheit. Der Papst wünscht sich die Kurie als Einheit des Dienstes an den Ortskirchen. Aus diesem Grund muss eine Reform vor allen Dingen bei Anliegen aus den Ortskirchen ansetzen. Maradiaga:

„Die Methode, die der Papst wünscht, ist eine Erhebung auf breiter Basis, unter allen Kardinälen, unter Bischöfen, Priestern und Laien, überall, um möglichst viele Vorschläge für eine Reform zu sammeln."

Der damalige argentinische Kardinal Bergoglio hatte schon 2007 bei der Konferenz der lateinamerikanischen Bischöfe CELAM in Aparecida betont, die Kirche dürfe keine Angst haben, aus sich selbst herauszugehen, um ihre müde Selbstbezogenheit zu überwinden. Kardinal Maradiaga aus Honduras – er ist Präsident von Caritas Internationalis und galt im übrigens beim letzten Konklave selbst als „papabile" – war bei der Versammlung in Aparecida dabei, die nicht zuletzt auch eine neue Erfahrung der Kollegialität für die Bischöfe war. An sich hatte bereits das II. Vatikanische Konzil zu einer solchen neuen Kollegialität ermutigt. Maradiaga:

„Vielleicht gab es nicht die Möglichkeit, sie zu entwickeln, weil das Interesse stark auf anderen Anliegen wie etwa der Liturgiereform oder der sozialen Seelsorge lag. Jetzt, so denken wir, ist der richtige Moment [für Kollegialität] gekommen."

Die Kirche ist keine Demokratie. Doch der Papst kann und muss sich beraten lassen in der Ausführung seines Amtes. Franziskus, der Papst, der aus der Ferne kam, denkt diese Binsenweisheit neu. (rv)

D: Handreichung zu wiederverheirateten Geschieden sorgt für Diskussion

EB_Freiburg_LogoEine Handreichung des Seelsorgeamts der Erzdiözese Freiburg sorgt für Aufsehen: Unter dem Titel „Menschen begleiten – auch beim Scheitern von Ehen" geht das Papier auf den kirchlichen Umgang mit Katholiken ein, die nach einer zivil geschiedenen Ehe ein zweites Mal geheiratet haben. Die Handreichung zeigt auf, unter welchen Voraussetzungen Seelsorger solche Menschen zu den Sakramenten und kirchlichen Ämtern zulassen können. „Das Sakrament der Ehe bleibt jedoch unangetastet", erklärte Bistumssprecher Robert Eberle am Montag.

Reaktion aus dem Vatikan
Vatikansprecher Federico Lombardi warnte indes vor Sonderwegen bei der Familienpastoral. In dieser Frage sei ein einheitliches Vorgehen der Kirche notwendig, betonte Lombardi auf Anfrage an diesem Dienstag. Wörtlich sagte er: „Sonderlösungen vonseiten einzelner Personen oder örtlichen Stellen laufen Gefahr, Verwirrung zu stiften." Bei der Freiburger Initiative für wiederverheiratete Geschiedene handle sich nicht um eine Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz oder des Freiburger Erzbischofs. Eine Sonderbischofssynode zur Familienpastoral werde sich im Oktober 2014 im Vatikan mit diesem Thema befassen, hob der Sprecher hervor

Erläuterungen aus Freiburg
Wie der Rektor des Seelsorgeamtes, Domdekan Andreas Möhrle, in Freiburg betonte, hatten an der Handreichung auch Theologen mitgearbeitet.

„Ich denke, die Sakramentenpastoral wollen wir gerade nicht verändern. Uns geht es darum, mit diesen Menschen Wege gehen zu können. Selbstverständlich haben wir uns im Pastoralrat in verschiedenen Formen auch beraten lassen durch die wissenschaftliche Seite. Was aber jetzt speziell die Handreichung will, ist dies, für die konkrete Pastoral Wege aufzuzeigen."

Eine Aufweichung geltender theologischer Grundsätze will der der Seelsorger mit der pastoralen Handreichung nicht verbunden sehen.

„Ganz wichtig ist natürlich, dass wir die Theologie nicht verändern, dass es sozusagen grundsätzlich nicht möglich ist, aber in der konkreten Situation, nach Prüfung auch der verschiedenen Faktoren durchaus möglich sein kann, dass jemand eine Gewissensentscheidung fällt, die Sakramente zu empfangen. Und dies ist dann auch zu respektieren."

Das Papier benennt unter anderem Voraussetzungen, damit Wiederverheiratete künftig an den Sakramenten teilnehmen können. Wie das im Alltag der Seelsorge aussehen könnte, schildert Domdekan Möhrle so:

„Iich könnte mir vorstellen, dass ein wiederverheiratetes Paar in einer gewissen Versöhntheit auch mit der bisherigen Lebensgeschichte leben kann, also dass es wirklich der ganz tiefe Wunsch ist, sein eigenes Leben, das Leben miteinander aus dem Glauben zu gestalten, und dass von daher nach Abwägung aller Umstände auch in einem Gespräch mit dem zuständigen Seelsorger beziehungsweise Pfarrer die Erkenntnis reift, dass in dieser konkreten Situation ein Zugang zu den Sakramenten stimmig ist." (rv)

Kardinal Monsengwo zum Kardinalsrat: „Wir machen keine Show“

Die acht Kardinäle, die den Papst bei der Kurienreform beraten, repräsentieren nicht ihre Länder oder Kontinente. Das betont gegenüber Radio Vatikan einer der acht Papstberater, der Erzbischof von Kinshasa, Kardinal Laurent Monsengwo Pasinya. Er fühle sich geehrt, dieser Gruppe anzugehören.

„Ich möchte unbedingt betonen, dass ich in der Beratergruppe nicht Afrika repräsentiere. Sicher, ich kenne die Kirche in Afrika besser als anderswo. Doch der Heilige Vater hat uns gebeten, darüber hinweg zu schauen, woher wir kommen. Das ist eine große Verantwortung für uns. Die Kirche ist ein Hoffnungszeichen und sie ist immer auf die Zukunft ausgerichtet. Deshalb gehört es zum Wesen der Kirche, dass sie ständig reformiert werden muss. Wir acht Kardinäle und der Papst verstehen uns als Werkzeug des Heiligen Geistes und hoffen, dass wir dessen Willen ausführen."

Es sei noch zu früh, um über konkrete Schritte zu sprechen, so Kardinal Monsengwo weiter. Wichtig sei hingegen gewesen, dass jeder Kardinal Ideen und Vorschläge vorgestellt habe. Er selber sei beeindruckt von der Kompetenz seiner sieben Kollegen. Monsengwo Pasinya selber spricht beispielsweise 14 Sprachen.

„Aber es geht nicht darum, dass wir eine Show vorspielen. Es geht nicht um uns acht Kardinäle bei der Kurienreform. Ach, wir sind eigentlich niemand. Die Kirche wird vom Herrn geführt, nicht von uns. Wir möchten das tun, was der Herr vom heiligen Franziskus erbat: eine neue Kirche aufzubauen. Das wollen wir tun." (rv)

Kirche stellt Vier-Punkte-Plan für Syrien vor

CCEEDie katholische Kirche im Heiligen Land hat einen konkreten Fahrplan für einen Frieden in Syrien erarbeitet. Bei der Vollversammlung des Rates der europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) in Bratislava, die an diesem Sonntag zu Ende ging, stellte der Weihbischof des Lateinischen Patriarchats von Jerusalem, William Shomali, einen Vier-Punkte-Plan vor, den er unserem Korrespondenten vor Ort, Mario Galgano, gegenüber erläuterte:
„Die Frage, wie es in Syrien weiter gehen soll, ist eine sehr wichtige Frage für uns Christen im Heiligen Land. Eine rasche Lösung ist ein Muss. Falls wir die Gewalt weiter zulassen, wird es keinen Ausweg mehr geben. Noch können wir das Schicksal der Syrer in eine positive Richtung lenken. Es wurde vor Jahren gesagt, dass in Syrien binnen kurzer Zeit eine Lösung gefunden wird. Doch wie wir sehen, herrscht weiterhin Leid und Gewalt in dem Land."
Was schlagen Sie also konkret vor?
„Man sagte vor drei Jahren, dass Assad nach wenigen Wochen abdanken werde und dann die Demokratie in dem Land die Oberhand gewinnen könne. Das hat sich in den vergangenen Jahren nicht bewahrheitet – und von diesem Faktum müssen wir ausgehen! Zweieinhalb Jahre sind vergangen. Ich schlage deshalb einen von der internationalen Gemeinschaft durchzusetzenden Friedensplan vor. In einem ersten Punkt soll es darum gehen, dass die Gewalt sofort gestoppt werden muss. Hier kann und muss in erster Linie Russland helfen. Aber auch die USA und der Iran müssen hier einlenken."
Was sind die weiteren Schritte?
„Der zweite Punkt betrifft die Waffen. Hier muss eine Strategie erarbeitet werden, damit die Waffenlieferungen gestoppt werden. Jeder Machtstaat muss die eigene Seite dazu bringen, keine Waffen mehr in Syrien einzuführen. Der dritte Punkt betrifft die Gespräche zwischen den Streitparteien. Niemand darf davon ausgeschlossen werden! Alle müssen an einem Tisch sitzen. Man darf nicht vergessen, dass auf Seiten der Opposition keine Einheit besteht, deshalb werden an einem solchen Dialog mehrere Parteien teilnehmen müssen."
Wer soll die Gespräche zwischen den verschiedenen Parteien moderieren?
„Das kann und muss die internationale Gemeinschaft tun. Falls dann alle drei bisher genannten Punkte erfüllt sind, müssen alle Flüchtlinge sofort wieder zu ihren Häusern zurückkehren dürfen. Was wir in Palästina erlebt haben, darf nicht in Syrien geschehen! Der Versöhnungsprozess kann nur dann Sinn haben, wenn die Syrer zuhause sind."
Und was wäre der vierte und letzte Punkt?
„Nachdem alle Voraussetzungen erfüllt sind, müssen freie und demokratische Wahlen durchgeführt werden. Auch dieser Schritt muss von der internationalen Gemeinschaft gesichert werden. Was dann herauskommt, muss von allen Seiten akzeptiert werden."
Was würde geschehen, falls Ihre vier Punkte nicht erfüllt werden?
„Dann glaube ich, dass Syrien in mindestens drei oder sogar vier Staaten aufgeteilt wird. Da wird es dann einen Staat der Alewiten, einen der Sunniten, einen weiteren der Kurden usw. geben. Das wäre nicht die beste Lösung. Aber auch dieser Weg wäre begehbar, solange die Gewaltwelle gestoppt wird." (rv)

Vatikan/Schweiz: Rücktritt von Abt Werlen angenommen

Papst Franziskus hat den Rücktritt des Abtes von Einsiedeln, Martin Werlen, mit Auslaufen von dessen Amtszeit angenommen. Das teilte das vatikanische Presseamt an diesem Freitag mit. Der Benediktiner leitete zwölf Jahre lang das Kloster, das als Territorialtabtei auch Mitglied der Schweizer Bischofskonferenz ist. Die Wahl des neuen Abtes wird am 23. November stattfinden, teilte das Kloster mit. Werlen ist 51 Jahre alt. Im Januar 2012 prallte er beim Badmintonspiel mit dem Kopf gegen eine Wand und erlitt eine Hirnblutung. Nach zwei Monaten und 160 Therapiesitzungen kehrte er ins Kloster Einsiedeln zurück. Seit Mai 2012 fühlt sich Werlen wieder geheilt. (rv)

Europas Bischöfe trauern um Opfer von Lampedusa

Kardinal ErdöEuropas Bischöfe trauern um die Opfer des Bootsunglückes vor der Mittelmeerinsel Lampedusa. Der Präsident des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE), Kardinal Peter Erdö, sicherte im Namen aller Bischöfe Anteilnahme zu und rief Europas Politiker auf, konkrete Maßnahmen zu erarbeiten, damit solche Tragödien in Zukunft nicht mehr geschehen werden. Erdö sprach anlässlich der CCEE-Vollversammlung, die derzeit in Bratislava stattfindet. Der maronitische Bischof von Zypern, Youssef Soueif, der ebenfalls bei der Sitzung dabei ist, sagte gegenüber Radio Vatikan, Europas Einwanderungspolitik trage „große Schuld" an der Tragödie auf dem Mittelmeer. Der maltesische Bischof von Gozo, Mario Grech, betonte Europa müsse „eine neue Kultur der Gastfreundschaft" schaffen. Bei dem Bootsunglück am Donnerstag kamen über 130 Flüchtlinge vor der Küste Lampedusas ums Leben. (rv)

Der Text der Papstpredigt in Assisi

B_Franziskus3.Pastoralbesuch in Assisi: Predigt von Papst Franziskus während der Eucharistiefeier auf der Piazza San Francesco

»Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du all das den Weisen und Klugen verborgen, den Unmündigen aber offenbart hast« (Mt 11,25).

Friede und Heil euch allen! Mit diesem franziskanischen Gruß danke ich euch, dass ihr hier auf diesen geschichtsträchtigen und vom Glauben geprägten Platz gekommen seid, um gemeinsam zu beten.

Heute bin auch ich wie viele Pilger gekommen, um den himmlischen Vater für all das zu preisen, was er einem dieser „Kleinen", von denen das Evangelium spricht, hat offenbaren wollen: Franziskus, dem Sohn eines reichen Kaufmanns aus Assisi. Die Begegnung mit Jesus brachte ihn dazu, ein gut situiertes, sorgenfreies Leben aufzugeben, um sich mit der „Herrin Armut" zu vermählen und als wahrer Sohn des Vaters im Himmel zu leben. Diese Wahl des heiligen Franziskus war eine radikale Weise, Christus nachzuahmen, sich mit dem zu „bekleiden", der reich war und arm wurde, um uns durch seine Armut reich zu machen (vgl. 2 Kor 8,9). Im ganzen Leben des Franziskus sind die Liebe zu den Armen und die Nachahmung des armen Christus zwei untrennbar miteinander verbundene Elemente, die beiden Seiten ein und derselben Medaille.

Was bezeugt uns der heilige Franziskus heute? Was sagt er uns, nicht mit Worten – das ist einfach –, sondern mit dem Leben?

Das Erste, Grundlegende, was er uns bezeugt, ist dies: Christsein ist eine lebendige Beziehung zur Person Jesu, ist ein Sich-Bekleiden mit ihm, ein Ihm-ähnlich-Werden.

Wo nimmt der Weg des heiligen Franziskus zu Christus seinen Anfang? Beim Blick des gekreuzigten Jesus. Sich von ihm anschauen lassen in dem Moment, in dem er sein Leben für uns hingibt und uns zu sich zieht. Franziskus hat diese Erfahrung in besonderer Weise in der kleinen Kirche von San Damiano gemacht, als er vor dem Kruzifix betete, das auch ich heute noch verehren werde. Auf diesem Kreuz erscheint Jesus nicht tot, sondern lebend! Das Blut fließt aus den Wunden der Hände, der Füße und der Seite herab, doch dieses Blut drückt Leben aus. Jesus hat die Augen nicht geschlossen, sondern geöffnet, weit offen: ein Blick, der zum Herzen spricht. Und der Gekreuzigte spricht uns nicht von Niederlage, von Scheitern. Paradoxerweise spricht er uns von einem Tod, der Leben ist, der Leben hervorbringt, denn er spricht uns von Liebe, weil er die Mensch gewordene Liebe Gottes ist. Und die Liebe stirbt nicht, nein, sie besiegt das Böse und den Tod. Wer sich vom gekreuzigten Jesus anschauen lässt, wird gleichsam neu erschaffen, wird eine »neue Schöpfung«. Das ist der Ausgangspunkt von allem: Es ist die Erfahrung der verwandelnden Gnade, unverdient geliebt zu sein, obwohl man Sünder ist. Darum kann Franziskus wie der heilige Paulus sagen: »Ich aber will mich allein des Kreuzes Jesu Christi, unseres Herrn, rühmen« (Gal 6,14).

Wir wenden uns an dich, heiliger Franziskus, und bitten dich: Lehre uns, vor dem Gekreuzigten zu verweilen, uns von ihm anschauen zu lassen, uns von seiner Liebe vergeben und neu erschaffen zu lassen.

Im Evangelium haben wir diese Worte gehört: »Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig« (Mt 11,28-29).

Das ist das Zweite, was Franziskus uns bezeugt: Wer Christus nachfolgt, empfängt den wahren Frieden, den nur er uns geben kann und nicht die Welt. Der heilige Franziskus wird von vielen mit dem Frieden verbunden, und das ist recht so, doch wenige gehen in die Tiefe. Welches ist der Friede, den Franziskus empfangen und gelebt hat und den er an uns weitergibt? Es ist der Friede Christi, der den Weg über die größte Liebe, die des Kreuzes, genommen hat. Es ist der Friede, den der auferstandene Jesus den Jüngern schenkte, als er in ihrer Mitte erschien und zu ihnen sagte: »Friede sei mit euch!« und ihnen dabei seine verwundeten Hände und seine durchbohrte Seite zeigte (vgl. Joh 20,19.20).

Der franziskanische Friede ist keine Gefühlsduselei. Bitte, diesen heiligen Franziskus gibt es nicht! Und er ist auch nicht eine Art pantheistischer Harmonie mit den Energien des Kosmos… Auch das ist nicht franziskanisch, sondern eine Idee, die einige entwickelt haben! Der Friede des heiligen Franziskus ist der Friede Christi, und diesen Frieden findet, wer Christi „Joch auf sich nimmt", nämlich sein Gebot: Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe (vgl. Joh 13,34; 15,12). Und dieses Joch kann man nicht mit Arroganz, mit Überheblichkeit, mit Hochmut tragen, sondern nur mit Gütigkeit und Herzensdemut.

Wir wenden uns an dich, heiliger Franziskus, und bitten dich: Lehre uns, „Werkzeuge des Friedens" zu sein, jenes Friedens, der seine Quelle in Gott hat, des Friedens, den Jesus, der Herr, uns gebracht hat.

„Höchster, allmächtiger, guter Herr … gelobt seist du … mit allen deinen Geschöpfen" (FF, 1820, in: Franziskus-Quellen, Kevelaer 2009, S. 40). So beginnt der Sonnengesang des heiligen Franziskus. Die Liebe zur gesamten Schöpfung, zu ihrer Harmonie. Der Heilige von Assisi bezeugt die Achtung gegenüber allem, was Gott erschaffen hat und was der Mensch zu bewahren und zu schützen berufen ist. vor allem aber bezeugt er die Achtung und die Liebe gegenüber jedem Menschen. Gott hat die Welt erschaffen, damit sie ein Ort des Wachsens in Harmonie und Frieden sei, nicht dem Dienst an den Götzen unterworfen.

Harmonie und Frieden! Franziskus war ein Mensch der Harmonie und des Friedens. Von dieser „Stadt des Friedens" aus wiederhole ich mit der Kraft und der Sanftheit der Liebe: Achten wir die Schöpfung, seien wir nicht Werkzeuge der Zerstörung! Achten wir jeden Menschen: Mögen die bewaffneten Konflikte, die die Erde mit Blut durchtränken, aufhören, mögen die Waffen schweigen und überall der Hass der Liebe weichen, die Beleidigung der Vergebung und die Zwietracht der Einheit! Hören wir den Schrei derer, die weinen, leiden und sterben aufgrund der Gewalt, des Terrorismus oder des Krieges – im Heiligen Land, das der heilige Franziskus so sehr liebte, in Syrien, im ganzen Nahen Osten, in der Welt.

Wir wenden uns an dich, heiliger Franziskus, und bitten dich: Erwirke uns von Gott die Gabe, dass in dieser unserer Welt Harmonie und Frieden herrsche!

Schließlich darf ich nicht vergessen, dass heute Italien den heiligen Franziskus als seinen Patron feiert. Das drückt sich auch in der traditionellen Geste der Spende des Öls für die Votivlampe aus, die gerade in diesem Jahr der Region Umbrien zufällt. Beten wir für die italienische Nation, dass jeder immer für das Gemeinwohl arbeite und dabei mehr auf das Einende als auf das Trennende schaue.

So übernehme ich das Gebet des heiligen Franziskus für Assisi, für Italien und für die Welt: »Daher bitte ich dich, Herr Jesus Christus, Vater der Erbarmungen, schau nicht auf unsere Undankbarkeit, sondern gedenke stets deiner reichlich überströmenden Güte, die du in [dieser Stadt] gezeigt hast, damit sie immer Ort und Wohnstätte jener sei, die dich wahrhaft erkennen und deinen gebenedeiten und glorreichsten Namen verherrlichen wollen von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen« (Spiegel der Vollkommenheit, 124: FF, 1824, in: Franziskus-Quellen, Kevelaer 2009, S. 1331). (rv)