D: Abschiebungshaft in der Kritik

JRsDer Jesuiten-Flüchtlingsdienst (JRS) ist optimistisch, dass in Deutschland Abschiebungshaft in normalen Gefängnissen bald Geschichte ist. Nachdem nun auch der Bundesgerichtshof gravierende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungshaft in Deutschland geäußert hat, liegt die Frage nun dem Europäischen Gerichtshof vor. Im Gespräch mit Radio Vatikan erklärt Heiko Habbe vom Jesuiten-Flüchtlingdienst:

In Abschiebungshaft fühlen die Menschen sich oft kriminalisiert, weil sie in vielen Bundesländern tatsächlich auch in ganz normalen Gefängnissen inhaftiert werden, neben oder sogar zusammen mit Strafgefangenen. Demnach fühlen sie sich wie Kriminelle behandelt. Sie werden auch den gleichen strengen Regeln unterworfen: Das betrifft die Kontaktmöglichkeiten zur Außenwelt, Besuchszeiten sind oft sehr begrenzt – das alles empfinden die Flüchtlinge als psychisch und teilweise auch physisch ungemein belastend."

Hinzukommt, dass es oft auch keine qualifizierte rechtliche Beratung gibt, da auch der Kontakt zu Anwälten häufig eingeschränkt ist, erklärt Habbe weiter. Isoliert und alleingelassen, so fühlen sich dann wohl viele, die eigentlich auf Hilfe in Deutschland hofften. Es gibt zwar keine offiziellen Statistiken dazu, wie viele Asylsuchende betroffen sind, aber nach 15 Jahren Erfahrung auf dem Gebiet schätzt der Jesuitenflüchtlingsdienst, dass etwa 60-80 Prozent derjenigen, die einen Asylantrag gestellt haben, in Abschiebungsgefängnissen landen – und das nur, weil geprüft werden müsse, ob Deutschland oder ein anderes europäisches Land für sie zuständig sei. Dass dabei häufig die gleichen Gefängnisse genutzt werden wie für Strafgefangene, kritisiert der Jesuitenflüchtlingsdienst schon lange:

„Wir halten das für rechtswidrig, weil es seit einigen Jahren eine europäische Richtlinie gibt, die festlegt, wie mit Menschen umgegangen werden soll, die abgeschoben werden müssen. Dort ist zum Beispiel die Frage der Haft geklärt, und da heißt es: Es ist nicht erlaubt, dass ein Staat Abschiebungsgefangene in einem normalen Gefängnis unterbringt, wenn er die Möglichkeit hat, sie auch in einer speziellen Hafteinrichtung unterzubringen."

Aktuell entscheide jedes Bundesland für sich selbst, ob es ein normales Gefängnis für die Abschiebehaft verwende oder eine spezielle Hafteinrichtung, so Habbe. Ob dieses Verhalten gegen Europarecht verstößt, darüber soll jetzt der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheiden. Habbe ist zuversichtlich, dass die Lage zu Gunsten der Flüchtlinge geklärt wird, denn das habe der Bundesgerichtshof, der die Frage dem EuGH vorgelegt hat, schon sehr deutlich zu erkennen gegeben.

„Wir gehen davon aus, dass alle, die jetzt in normalen Gefängnissen sitzen, dort freigelassen werden müssen, was nicht unbedingt heißt, dass es keine Abschiebungshaft mehr geben wird in Deutschland, nur wird sie hoffentlich sehr viel seltener angewendet werden – wir halten sie bei Flüchtlingen auch nicht für notwendig – und sie wird hoffentlich dann in Zukunft auch zu sehr viel menschlicheren Bedingungen erfolgen."

Hintergrund:
Der Bundesgerichtshof hat dem Europäischen Gerichtshof zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Die Luxemburger Richter werden nun darüber urteilen, ob die in vielen Bundesländern übliche Unterbringung von Abschiebungsgefangenen in normalen Gefängnissen mit europäischem Recht vereinbar ist. Das zweite Verfahren betrifft die Frage, ob Gefangene in eine gemeinsame Unterbringung mit Strafgefangenen einwilligen können. Dabei hat der Europäische Gerichtshof Bestimmungen der Rückführungsrichtlinie (Richtlinie 2008/115/EG vom 16.12.2008) auszulegen, die eine Unterbringung von Abschiebehäftlingen grundsätzlich in besonderen Hafteinrichtungen vorsehen. (rv)

Papst ernennt Generalsekretär des Governatorats

VatikanfahnePapst Franziskus hat an diesem Freitag Pater Fernando Vérgez Alzaga zum Generalsekretär des Governatorats des Vatikanstaates ernannt. Pater Vérgez, der zu den Legionären Christi gehört, ist seit 1972 für den Heiligen Stuhl tätig: Der heute 68-jährige Spanier arbeitete zunächst für die Ordenskongregation und später für den Päpstlichen Laienrat. Seit 2008 war Vérgez Alzaga Direktor des Telekommunikationszentrums im Vatikan, von dem aus er nun ins Governatorat wechselt. (rv)

Ratzinger-Schülerkreis: „Es geht um die Zukunft unserer Treffen“

Erstmals seit der Gründung des Ratzinger-Schülerkreises findet das Treffen ohne seinen Professor, den jetzt emeritierten Papst Benedikt XVI. statt. Für den Organisator des Schülerkreises und Verantwortlichen der dazugehörige Stiftung, den Salvatorianerpater Stephan Horn, geht es deshalb beim diesjährigen Treffen vor allem darum, über die Zukunft dieser Begegnungen zu sprechen. Am kommenden Freitag und Samstag treffen sich in Castelgandolfo die ehemaligen Studenten Joseph Ratzingers sowie im neuen Schülerkreis jene Wissenschaftler, die über die Theologie Ratzinger studiert haben. Horn sagte gegenüber Radio Vatikan:

„Papst Benedikt wird nicht mehr an dem Treffen selber teilnehmen. Das bedeutet vor allem, dass er nicht an den theologischen Diskussionen teilnimmt. Wir werden aber immerhin die Möglichkeit haben, mit ihm eine Heilige Messe zu feiern. Er wird uns dann auch begrüßen. Auf diese Weise ist die Verbindung mit ihm immer noch da. Auch werden wir weiterhin seinen Rat bei der Auswahl der Referenten und Themen haben. Auch sind wir weiterhin durch Korrespondenz und Besuche mit ihm verbunden."

Beim diesjährigen Treffen des Schülerkreises wird der französische Religionsphilosoph Rémi Brague sprechen. Er doziert in Paris und München. Papst Benedikt schätze ihn sehr, so P. Horn. Dass der emeritierte Papst nicht an dem Treffen persönlich teilnimmt, habe auch damit zu tun, dass Benedikt XVI. selber betonte, er wolle „der Welt verborgen bleiben".

„Ich finde das auch vollkommen richtig, dass er seine Grundentscheidung auch wirklich durchtragen will. Das wäre sonst der Anfang von anderen Auftritten gewesen, und er wäre dann irgendwie aus seinem kontemplativen Leben herausgerissen."

Beim diesjährigen Treffen wird über die „Gottesfrage im Hinblick der Säkularisierung" debattiert. Doch ein weiteres wichtiges Anliegen des Treffens, an dem auch die Kardinäle Christoph Schönborn und Kurt Koch teilnehmen, sei in diesem Jahr überhaupt die Zukunft des Schülerkreises, so Pater Horn.

„Denn wir müssen uns überlegen, ob wir die Schülertreffen weiterführen wollen. Ich glaube, dass dies der Fall sein sollte. Auch soll es darum gehen, ob wir mit dem neuen Schülerkreis verwachsen werden. Das sind die eigentlichen Fragen. Ich denke auch, dass wir in Castelgandolfo bleiben werden und dass wir, solange der Heilige Vater noch lebt, jeweils am Sonntag zu ihm kommen."

Der Ratzinger-Schülerkreis und die damit verbundene Stiftung sind ein Zusammenschluss von Doktoranden und Habilitanden aus den Jahren der Lehrtätigkeit Joseph Ratzingers an den Universitäten von Bonn, Münster, Tübingen und Regensburg. Erstmals trafen sie sich 1978, um die Weihe ihres Lehrers zum Erzbischof von München-Freising zu feiern. Seit 2008 gibt es auch einen neuen Schülerkreis. Dabei handelt es sich um eine Gruppe von Theologen, die sich durch Studium und Forschung in den verschiedenen theologischen Disziplinen auf besondere Weise der Theologie von Joseph Ratzinger verbunden und verpflichtet wissen. Sie tagen separat zum eigentlichen Schülerkreis. (rv)

Dem. Rep. Kongo: „In Goma herrscht Krieg“

KongoIn Goma, der Hauptstadt der Provinz Nord-Kivu in der Demokratischen Republik Kongo, sind bei Kämpfen in den vergangenen Tagen mindestens 80 Menschen ums Leben gekommen. Die Spannungen zwischen Rebellen der M23-Gruppe und Soldaten, die von einer UNO-Eingreiftruppe unterstützt werden, verschlechterten die humanitäre Lage in der Region. Die katholischen Hilfswerke gehörten mittlerweile zu den wenigen Organisationen, die vor Ort helfen, gab ein Seminarist des Priesterkollegs „Redemptoris Mater" von Goma an. Davide de Arcangelis sagte gegenüber Radio Vatikan:

„Goma ist ja schon immer eine Stadt gewesen, in der Strom oder fließendes Wasser oft fehlen; es gibt ja auch fast keine gepflasterten Straßen oder Wege mit so vielen Schlaglöchern… In einem solchen Kontext sind dann Notsituationen, wie wir sie jetzt erleben, besonders schlimm. Die Menschen hier brauchen eigentlich alles – es fehlen die grundlegendsten Dinge."

Die katholische Kirche vor Ort helfe so gut es eben gehe, gibt der angehende Priester an.

„Der Bischof von Goma, Théophile Kaboy, versucht auch zwischen den verschiedenen Gruppen zu vermitteln. Und die Kirche hilft nicht nur materiell über die Caritas Goma, sondern sie versucht auch, spirituell Hilfe anzubieten. Man muss bedenken, dass hier in Goma seit 1994 ständig Krieg oder kriegsähnliche Situationen herrschen. All das ist frustrierend für die Menschen hier."

Die Bevölkerung in der Region, die unter dem Konflikt leidet, sei selbst oftmals schon weiter, so der angehende Geistliche. Das zeige sich etwa in der Familienstruktur und an Eheschließungen zwischen verschiedenen Volksgruppen.

„Es gibt hier nämlich viele Ehen und Paare, die jeweils sowohl den Hutus als auch den Tutsis angehören. Es handelt sich meist um Paare, die eine tiefe – auch spirituelle – Verbindung vorweisen. Das ist ein schönes Zeichen des Friedens und der Versöhnung. Wir unterstützen sie, auch weil die meisten fliehen wollen. Diese gemischten Paare, die hier in Goma bleiben, sind ein starkes Friedenszeichen!"

Die Frontlinie des aktuellen bewaffneten Konfliktes verläuft 15 Kilometer nördlich der Stadt Goma im Osten der Demokratischen Republik Kongo. Rebellen der Gruppe M23 hatten den Ort Ende 2012 eingenommen, sich kurze Zeit später aber wieder aus Goma zurückgezogen. Friedensgespräche zwischen den Aufständischen und der Regierung kamen seitdem immer wieder zum Stillstand. (rv)

D/Syrien: „Christen haben Angst vor Militäreinsatz“

SyrienEin Militäreinsatz westlicher Kräfte gegen das Assad-Regime wird immer wahrscheinlicher: Nach den USA bereitet auch Großbritannien einen Einsatz in Syrien vor. Wie die britische Regierung bekannt gab, bereiten britische Streitkräfte Notfallpläne für einen Militäreinsatz als Antwort auf den Chemiewaffeneinsatz in Syrien vor, der mittlerweile kaum noch bezweifelt wird. David Cameron hat für Donnerstag eine Sitzung einberufen, in der über eine Antwort der Regierung auf den Giftgaseinsatz entschieden werden soll. Assads Außenminister stellte klar, dass Militäreinsätze um Damaskus dennoch nicht gestoppt würden.

Über die möglichen Folgen eines Militäreinsatzes der westlichen Kräfte in Syrien und welche Alternativen es vielleicht doch noch gibt – darüber hat Radio Vatikan mit dem Islamwissenschaftler und stellvertretenden Leiter der missio-Auslandsabteilung, Matthias Vogt gesprochen. Er sieht es als äußerst gefährlich an, wenn die Nato oder die US-Regierung, die Franzosen oder die Briten ohne UN-Mandat und gegen den erklärten Widerstand von Russland in Syrien militärisch eingreifen:

„Es macht mich selber auch hilflos und sprachlos: Jeder von uns hat das Gefühl, man muss doch jetzt etwas tun, man muss etwas unternehmen nach diesem Giftgaseinsatz. Aber man sollte jetzt auch nichts unternehmen, was den Konflikt nur anheizt und nicht zu einem schnellen Ende führt. Also jetzt einen Militärschlag zu führen, nur weil man sich unter Handlungsdruck sieht oder weil man eine rote Linie definiert hat, und jetzt sein Gesicht verlieren würde, das halte ich für sehr gefährlich und nicht verantwortbar. Weil so viele Leben und das Leiden so vieler unschuldiger Menschen der Zivilbevölkerung in Syrien damit verbunden sind. Zumal, aus meiner Sicht jedenfalls, kein politisches Konzept für eine Lösung des Syrienkonfliktes auf dem Tisch liegt."

Wie könnte denn eine friedliche Lösung aussehen?

„Auf syrischer Seite glaube ich, dass die beiden Konfliktparteien so lange kein Interesse an Dialog haben, so lange sie das Gefühl haben, dass sie von jeweils einer Seite der internationalen Mächte unterstützt werden. Assad wird von Russland unterstützt, die Opposition vom Westen. Beide haben das Gefühl, sie könnten ihre Schutzmächte in diesen Konflikt hineinziehen. Wenn jetzt die Gespräche, die eigentlich für morgen in Den Haag zwischen den Vertretern Russlands und der USA geplant waren, schon wieder abgesagt wurden, wenn die Konferenz Genf 2, auf die man im September gehofft hatte, damit wieder nicht vorbereitet wird, sehen beide Konfliktparteien, dass sie es offenbar schaffen können, dass die internationalen Partner auch kein Interesse am Dialog haben und glauben sich damit darin bestätigt zu sehen, dass sie ihre militärischen Anstrengungen fortsetzen müssen. Also es müssen sich erst Russland und der Westen einig werden und tatsächlich auch Dialog führen und dann kann man hoffen, dass man auch die beiden syrischen Konfliktparteien zu einem Dialog bewegen kann. Aber im Moment sind die Fronten sowohl auf internationaler als auch auf nationaler Ebene in Syrien tatsächlich verhärtet."

Wie geht es den Christen vor Ort?

„Die Berichte, die ich bekomme, sind von Schwestern aus Damaskus und Homs. Die haben vor einem internationalen Engreifen in Syrien große Angst, weil sie sehen, dass das das Chaos in Syrien noch vergrößern würde. Gerade die Christen leiden in besonderer Weise unter dem Chaos, was sich nicht nur die Rebellen, sondern auch Gruppen von Banditen zu Nutze machen, um Menschen zu entführen – das betrifft Christen, das betrifft aber auch Muslime – um Lösegeld zu erpressen, um straflos Morde und andere Straftaten, Plünderungen zu begehen. Die Christen haben, wie alle Syrer, ein großes Interesse, dass dieser Konflikt schnell zu Ende geht und es eine stabile Lösung für Syrien gibt. Ich glaube, den Menschen in Syrien ist im Moment fast egal, wer Gewinner dieser Auseinandersetzung ist, sie möchten nur, dass der Krieg möglichst schnell endet." (rv)

Libanon: „Wir brauchen Papst Franziskus“

Die maronitische Kirche im Libanon hat die Autobombenanschläge in der nordlibanesischen Stadt Tripoli verurteilt. Im Gespräch mit Radio Vatikan sagt der maronitische Patriarch von Antiochien, Kardinal Béchara Rai, dass die Christen im gesamten Nahen Osten in einer sehr prekären Lage stünden. Er sei pessimistisch, wie die Situation im Libanon sowie in den übrigen arabischen Ländern sich entwickeln werde.

Die Zahl der Toten bei zwei Bombenanschlägen stieg derweil auf 47. Das teilte die Polizei in der Stadt Tripoli am Samstag mit. Zwei Autobomben waren am Freitag vor zwei sunnitischen Moscheen in Tripoli explodiert. Patriarch Rai:

„Was wir in Ägypten, Syrien oder im Irak erleben, sind Kriegshandlungen mit einer doppelten Dimension: im Irak und in Syrien geht es um Konflikte zwischen Schiiten und Sunniten, in Ägypten handelt es sich um eine Auseinandersetzung zwischen Fundamentalisten der Muslimbrüder und den sogenannten Moderaten. Es gibt aber ausländische Kräfte – sei es im Westen aber auch im Nahen Osten selber – die diese Konflikte schüren. Jetzt geht es also darum, diese Probleme zu lösen."

Wenn man die Nachrichten im Nahen Osten lese, dann habe man den Eindruck, dass es darum gehe, interne Konflikte zu verstärken, fügt der maronitische Patriarch an. Dagegen könnten namhafte Persönlichkeiten, die von allen Konfliktparteien respektiert würden, dazu beitragen, die Situation zu beruhigen, so Rai weiter.

„Normalerweise ist es leider so, dass bei chaotischen und gewalttätigen Situation im Nahen Osten, die Muslime zuerst auf die Christen los gehen. Das jetzt auch der Fall, wie wir in Ägypten gesehen haben. Das muss also gestoppt werden. Ich habe mehrmals dem Heiligen Vater geschrieben und ihm Zahlen und Fakten genannt. Allein den Irak haben mehr als eine Million Christen verlassen. Doch keine einzige Stimme der internationalen Staatengemeinschaft hat etwas dazu gesagt. Wir brauchen also Papst Franziskus, einen Mann des Friedens, der von allen hier bei uns respektiert wird. Eine andere Lösung sehe ich nicht, denn sonst werden alle Christen im Nahen Osten das Ganze teuer bezahlen."

Die Opferzahl bei den Bombenanschlägen im libanesischen Tripoli könnte übrigens weiter steigen, denn rund 300 Personen befinden sich gemäß den Angaben der Behörden noch in Krankenhäusern, 65 von ihnen sind in einem kritischen Zustand. Die Detonationen ereigneten sich zur Gebetszeit im Abstand von nur fünf Minuten. (rv)

Vor 35 Jahren: Wahl Johannes Paul I.

An diesem Montag vor 35 Jahren wurde der Patriarch von Venedig, Albino Luciani, zum Papst gewählt. Er sollte nur 33 Tage auf dem Papstthron bleiben, bevor er an Herzversagen starb. Als der „lächelnde Papst" – „Papa del sorriso" – bleibt er im Gedächtnis. Er sei zur Wahl in die Sixtinische Kapelle gegangen, ohne sich vorstellen zu können, was passieren würde, gestand er bei einer Ansprache an die Kardinäle am Tag nach der Wahl – eine Ansprache, die der Papst frei hielt, was vorher noch nie vorgekommen war.

„Es ging dann darum, einen Namen zu wählen. Darüber hatte ich gar nicht nachgedacht. Ich habe mir deswegen folgendes gedacht: Papst Johannes hat mich geweiht, hier in Sankt Peter. Außerdem komme ich vom Bischofsstuhl von Venedig hierher, und Venedig ist immer noch voll von Papst Johannes (…). Papst Paul dagegen hat mich nicht nur zum Kardinal erhoben, sondern mich vor einigen Monaten auf dem Markusplatz erröten lassen, vor 20.000 Menschen. Er hat seine Stola genommen und sie mir umgelegt. Nie war ich so rot wie da. Außerdem hat dieser Papst in fünfzehn Jahren Pontifikat der Welt gezeigt, wie man liebt, wie man dient und wie man arbeitet für die Kirche Christi. Deswegen habe ich gesagt: Ich nenne mich Johannes Paul."

Er habe weder die Weisheit des Herzens Papst Johannes‘ noch die Vorbereitung oder Bildung Papst Pauls, sei aber nun an ihre Stelle gewählt worden, so Luciani; er bat um Gebet und die Hilfe aller. Bei der Ansprache nannte er sechs Schwerpunkte seines Pontifikates: die kontinuierliche Umsetzung der Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils, die Bewahrung der „großen Disziplin der Kirche für das Leben der Priester und der Gläubigen", die Evangelisierung als erste Pflicht der Kirche, die Fortsetzung der ökumenischen Bestrebungen, die Weiterführung des von seinem Vorgänger zum Prinzip des pastoralen Wirkens erhobenen Dialogs und die Unterstützung aller aufrichtigen Initiativen zur Erhaltung und Förderung des Friedens in der Welt.

In seinem Geburtsort Canale d'Agordo in den Dolomiten finden aktuell am 25./26. August, aus Anlass des Wahltags-Jubiläums, große Gedenkfeiern mit einem Konzert, einer Buchpräsentation und einem Pontifikalamt statt. Den Gottesdienst am Wahltag, 26. August, auf der zentralen Piazza leitet der Diözesanbischof von Vicenza, Beniamino Pizziol.

Hintergrund

Albino Luciani wurde 1912 in einer armen Familie in Forno di Canale (heute Canale d'Agordo) in der Provinz Belluno geboren; sein Vater war ein überzeugter Sozialist. Von Kindheit an war Albino kränklich. Im Alter von elf Jahren trat er 1923 in das Knabenseminar in Feltre ein. Schon 1935 wurde Albino Luciani zum Priester geweiht. Er promovierte 1947 mit einer Arbeit über den Philosophen und Ordensgründer Antonio Rosmini (1797-1855), der inzwischen selig gesprochen worden ist. Obwohl er keine Ämter anstrebte, wurde er bald mit verantwortungsvollen Funktionen betraut. U.a. war er in seiner Heimatdiözese stellvertretender Regens des Priesterseminars, Direktor des Katechetischen Büros und Generalvikar. Am 27. Dezember 1958 wurde Luciani von Johannes XXIII. zum Bischof von Vittorio Veneto ernannt. Paul VI. ernannte ihn 1969 zum Patriarchen von Venedig und nahm ihn 1973 in das Kardinalskollegium auf. 1971 machte der Patriarch Schlagzeilen, als er den reichen Kirchen des „Westens" vorschlug, ein Prozent ihrer Einkünfte an die mittellosen Kirchen im „Süden" abzuführen.

Italienweit bekannt wurde Luciani durch seine humorvollen und tiefgehenden fiktiven Briefe an historische Gestalten, die in der Zeitschrift „Messaggero di Sant'Antonio" erschienen. 1976 kamen sie unter dem Titel „Illustrissimi" in Buchform heraus, auf Deutsch 1978 unter dem Titel „Ihr ergebener…Albino Luciani".

Nach dem Tod von Paul VI. wurde Albino Luciani am 26. August 1978 nach einem nur eintägigen Konklave, an dem 111 Kardinäle teilnahmen, zum Papst gewählt. Dieses Konklave war das erste, an dem die Kardinäle über 80 nicht mehr teilnehmen durften. Die Wahl Lucianis stellte für die Weltöffentlichkeit und vermutlich auch für ihn selbst eine Überraschung dar. Joseph Ratzinger, der spätere Papst, sage in einem „Trenta giorni"-Interview in den 1980er-Jahren, der Name Lucianis sei bei einer Begegnung von brasilianischen und deutschsprachigen Kardinälen – unter ihnen auch Kardinal König – beim Konklave „ins Gespräch" gekommen.

Am 3. September 1978 wurde der neue Papst feierlich in sein Amt eingeführt. Auf die traditionelle prunkvolle Krönung mit der Tiara verzichtete er, stattdessen fand seine Amtseinführung bei einer Messfeier auf dem Petersplatz statt.

Nach einem Pontifikat von nur 33 Tagen starb Johannes Paul I. in der Nacht vom 28. zum 29. September 1978 und wurde in der Krypta des Petersdoms bestattet. (rv)

Vatikan: Neues Amt in der Apostolischen Signatur

Kurienerzbischof Giuseppe Sciacca ist von Papst Franziskus an die Apostolische Signatur versetzt worden. Das gab der Vatikan am Samstag bekannt. Zuvor war der sizilianische Fachmann für Kirchenrecht Sekretär des Governatorats der Vatikanstadt, das wegen Unregelmäßigkeiten ins Gerede gekommen war, die sein Vorgänger Carlo Maria Viganò in vertraulichen Briefen an den Papst beklagt hatte. Sciacca wurde zum „beigeordneten Sekretär" ernannt, ein Amt das es vorher nicht gab. Geleitet wird das oberste Kirchengericht von dem amerikanischen Kardinal Raymond Leo Burke. (rv)

Papst: Eindringlicher Syrienappell

B_Franziskus3.Papst Franziskus hat erneut eindringlich zum Frieden in Syrien aufgerufen. In dem vom Bürgerkrieg zerrissenen Land soll zuletzt Giftgas zum Einsatz gekommen sein. Am Sonntag sagte er nach dem Angelusgebet auf dem Petersplatz:

„Mit großem Schmerz und Sorge verfolge ich weiterhin die Lage in Syrien. Die Zunahme der Gewalt in einem Krieg unter Brüdern und die vielen Blutbäder und schrecklichen Massaker, deren Bilder wir alle in diesen tagen sehen konnten, treiben mich an, noch einmal laut meine Stimme zu erheben, damit die Waffen schweigen. Nicht die Konfrontation eröffnet Perspektiven für Hoffnung und Problemlösungen, sondern die Fähigkeit zur Begegnung und zum Dialog.

Aus dem Tiefsten meines Herzens möchte ich meine Nähe im Gebet und in der Solidarität mit allen Opfern dieses Konflikts ausdrücken, mit allen die leiden, besonders mit den Kindern, und dazu einladen, die Hoffnung auf Frieden niemals aufzugeben. Ich appelliere an die Internationale Gemeinschaft, dieser tragischen Situation eine größere Aufmerksamkeit zu schenken und alles dafür zu tun, um diesem geliebten Land zu helfen und eine Lösung zu finden für diesen Krieg, der Zerstörung und Tod sät. Beten wir gemeinsam zur Gottesmutter: Maria Königin des Friedens, bitte für uns!"

Der Vatikan hatte angesichts der Videofilme von angeblichen Opfern eines Giftsgasangriffs vor einer vorschnellen Schuldzuweisung an die syrische Regierung gewarnt und eine unabhängige Untersuchung der Vorwürfe gefordert, die syrische Regimegegner erhoben hatten. (rv)

Italien: Dem Menschenhandel nicht gleichgültig gegenüberstehen

ItalienSchon bevor Jorge Mario Bergoglio zum Papst gewählt wurde, war ihm der Kampf gegen den Menschenhandel wichtig: Als Erzbischof von Buenos Aires feierte er immer am 23. August, dem Tag zur Erinnerung an den Sklavenhandel, eine Messe in für die Opfer dieses grausigen Geschäfts. Dass er sein Engagement auf diesem Gebiet auch als Papst fortsetzt, wundert Schwester Eugenia Bonetti deshalb nicht. Die Consolata-Missionarin kämpft seit Jahren gegen den Handel mit Frauen. Im Gespräch mit Radio Vatikan sagt sie:

„Wir haben sofort gemerkt, dass ihm daran immer noch viel liegt. Schon in seiner Osterbotschaft hat er ja beispielsweise über den Menschenhandel als ,neue Form der Sklaverei in diesem Jahrhundert’ gesprochen. Das hat er zwei Mal wiederholt. Das war für uns ein erstes Signal, dass sich der Papst über diesen furchtbaren Handel bewusst ist, der das Leben vieler unschuldiger Menschen zerstört. Sie brauchen Hilfe, denn sie befinden sich im Netz dieser Händler."

Schwester Eugenia erinnert auch daran, dass Franziskus auch immer das große Geschäft, das mit dem Handel von Menschen gemacht wird, gesehen und kritisiert habe. So sagte er beispielsweise, jeder, der sich auf diese Art und Weise bereichere, solle vor sich selbst und vor Gott dieses Handeln prüfen. Dass Franziskus nun für diesen November ein Treffen im Vatikan geplant hat, bei dem Strategien im Kampf gegen den Menschenhandel erarbeitet werden sollen, ist für Schwester Eugenia ein deutliches Zeichen:

„Diese Nachricht hat unser Herz mit Freude erfüllt: Wir sehen darin einen großen Einsatz auf der Ebene der Kirche und im Vatikan, der sich in besonderer Weise konkretisiert. Es stimmt zwar, dass das Problem auch durch Gesetze gelöst werden muss, wichtig sind in diesem Zusammenhang aber auch die Sensibilisierung der Leute und Aufklärung. Das Problem des Menschenhandels muss unter verschiedenen Aspekten gesehen werden. Wir alle haben da eine große Verantwortung und wir sind alle in der Lage einige Ringe dieser Kette zu zerstören."

Vielleicht fragt sich nun der ein oder andere, was er selbst denn tun kann, um Sklaven- und Menschenhandel zu verhindern. Schwester Eugenia dazu:

„Ich sage immer: Durch unsere Gleichgültigkeit machen wir uns schon schuldig. Grade als Christen sind wir gefordert, die Gleichgültigkeit der anderen nicht zu akzeptieren. Es geht hier um Millionen von Menschen, die – auch hier bei uns in Italien – ausgenutzt werden, nicht nur im Bereich der Arbeit, sondern besonders beim Menschenhandel im Zusammenhang mit sexueller Ausbeutung. Hier sind vor allem Frauen betroffen und ein Großteil von ihnen, nämlich etwa 80 Prozent, ist auch noch minderjährig." (rv)