Päpstliche Schneider der nun sechsten Generation: Das Erbe der Gammarellis

Gewaender_des_neuen_ PPROM – Für fünf Generationen haben die Gammarellis den Stellverterter Christi gekleidet. Nun, nach dem Tod von Annibale Gammarelli, geht der Familienbetrieb über an die sechste Generation.

Gegründet im Jahr 1798 durch Giovanni Antonio Gammarelli, begann diese „Ditta“ (Firma) unter Papst Pius VI. als Schneiderei für den Klerus. Nach dem Tod Giovannis ging das Geschäft an seinen Sohn Filippo, und dann an dessen Sohn, Annibale.

Im Jahr 1874 verlegte Annibale den Laden an seine jetzige Adresse in der Via Santa Chiara 34, nur wenige Schritte vom Pantheon entfernt. Das Geschäft befindet sich im Gebäude der Päpstlichen Diplomatenakademie.

Als Annibale starb, entschieden sich seine Söhne Bonaventure und Giuseppe den Namen „Ditta Annibale Gammarelli“ beizubehalten, als Homage an den Vater – heute ist der Name dem Klerus in Italien und der ganzen Welt ein Begriff.

Bonaventura Gammarelli nannte auch seinen Sohn nach seinem Vater: Der „zweite“ Annibale übernahm das Geschäft und führte es viele Jahre.

Als er nun am 12. Juli in Rom verstarb, hinterließ er das Geschäft seinem Sohn Stefano Paolo und seinen Neffen Maximilian und Lorenzo. Diese bilden nun die sechste Generation der Gammarellis, die für den Papst Gewänder fertigt.

Während jeder Konklave werden die Gammarellis beauftragt, drei weiße Soutanen zu liefern – in den Größen klein, medium und groß – die dann bereit stehen für den neuen Nachfolger Petri.

Und auch wenn Franziskus diese nicht verwendet: Die weißten Soutanen werden komplimentiert durch eine rote Mozzetta (ein über dem Chorhemd getragener Schulterkragen) sowie eine weiße Pellegrina (der knopflose, vorne offene Schulterumhang), das weiße Zingulum (der Gürtel) und der weiße Pileolus (das Scheitelkäppchen).

Übrigens tauschen die Päpste meistens alle zwei Monate ihre Soutane aus, denn das silbere Kreuz, das sie tragen, hinterläßt Spuren im weißen Gewand.

Im Jahr 2000 wurde die Ditta Annnibale Gammarelli in die Liste historischer Geschäfte Roms aufgenommen, und der Laden ist der wahrscheinlich älteste, der immer noch von den direkten Nachfahren seines Gründers geleitet wird.

Tausende Priester und hunderte Bischöfe und Kardinäle haben sich bei Gammarelli einkleiden lassen seit der Zeit des seligen Pius IX., der 1846 Bischof von Rom wurde.

An den Wänden in der Werkstatt hängen Bilder der letzten neun Päpste – und werden sie weiter hängen, während eine neue Generation von Gammarellis weitere Päpste bekleidet. (CNA Deutsch)

Facebook schließt Non-Profit-Seite, die Leben und Familie verteidigt

FacebookMEXIKO-STADT – Facebook hat – ohne jegliche vorherige Ankündigung – die Seite „Sexo Seguro“ (Sicherer Sex) A.C. geschlossen. „Sexo Seguro A.C.“ ist ein sozialer Non-Profit-Verband, der die Ehe, das Leben und die Familie verteidigt und aus Ärzten besteht, die Experten auf dem Gebiet Sexualität und Bioethik sind und wissenschaftliche Informationen zu diesen und anderen Themen, wie Verhütung und Abtreibung, verbreiten.

Die Seite hatte mehr als 110.000 Likes und betonte die Wichtigkeit, das Leben von seiner Empfängnis bis zum natürlichen Tod zu verteidigen.

Rosario Laris, Generaldirektorin von Sexo Seguro A.C. und Doktor in Bioethik erklärt gegenüber CNA, dass Facebook am 24. Juni eine Benachrichtigung geschickt habe, in der es heißt, sie würden dessen Normen verletzen: „Es wurde uns jedoch nicht gesagt, welche Norm oder welche Veröffentlichung die Schließung ausgelöst habe. Vielleicht, weil Links zu anderen Seiten gepostet wurden? Das machen wir seit dem Moment, in dem die Seite erstellt wurde, also seit fünf Jahren.

In Mexiko wurde vor drei Monaten der Vorschlag der „gleichgestellten“ Ehe unterbreitet und wir haben uns auf Facebook klar dagegen ausgesprochen. Aber wir haben auf proaktive Weise widersprochen, indem wir von der natürlichen Ehe zwischen Mann und Frau geredet haben“ fügte die Chirurgin hinzu.

Laris betonte, dass die Veröffentlichungen ihren Followern immer gefielen und weiß wirklich nicht, warum diese Schließung erfolgt sei. „Wir wissen immer noch nicht, ob diese Zensur aufgrund von Gruppen, die Druck gemacht haben, erfolgt ist. Es ist kein klarer Grund ersichtlich; es hätte uns gefallen, dass Facebook ihn uns mitgeteilt hätte, zusammen mit der Möglichkeit Korrekturen vorzunehmen. Bis heute haben wir nicht mal eine Email erhalten.“

Vor Kurzem startete eine Kampagne auf Twitter, mit Kopie an Facebook, die versucht, die Seite „Sexo Seguro“ wieder herzustellen.

„Es ist wichtig, diese Kampagne weiterzuführen, damit die Leute diese Ungerechtigkeit wahrnehmen. Immerhin ist Facebook eine soziales Netzwerk, das alle einschließen und verschiedene Sichtweisen zulassen muss. Wir haben nie jemanden direkt beleidigt, wir waren nicht aggressiv, sondern haben nur unseren Standpunkt zu Sexualität und Ehe dargelegt“ sagt sie zu CNA.

Und fügt hinzu, dass dieser Standpunkt ihrer Vereinigung geachtet werden müsse, denn es sei „ein personalistischer Ansatz, der die Würde der Person vom Beginn ihrer Empfängnis bis hin zum natürlichen berücksichtigt.“

„Es ist notwendig, dass die sozialen Netzwerke erkennen, dass es nicht so leicht ist, einigen Seiten redaktionelle Richtlinien vorzugeben, wenn ihnen viele Personen folgen. Wir fühlen uns als Gruppe, die die natürliche Familie verteidigt, diskriminiert. Die einzige Form, um zu erreichen, dass man in den Netzwerken unsere Nichtzustimmung wahrnimmt, ist, dass die Gesellschaft aufsteht, sich organisiert, Unterschriften sammelt und ihre Stimme hören lässt“ endet Dr. Laris. (CNA Deutsch)

Buchtipp: Politik und Religion bei Dante

DanteDante Alighieri (1265-1321) gehört zu den Säulen der italienischen Literatur und gleichzeitig bieten seine Werke – nicht nur die berühmte „Göttliche Komödie“ – einen tiefen Einblick in das Glaubensleben der Menschen im 13. Jahrhundert. Im vergangenen Jahr feierte Italien seinen 750. Geburtstag, Würdigungen gab es sogar von Papst Franziskus. Trotz der langen Zeit, die seit ihrer Abfassung vergangen ist, haben Dantes Werke heute noch sehr viel zu sagen und zwar sowohl im politischen als auch im religiösen Bereich. Das kann man im neuen Buch des italienischen Politikwissenschaftlers Pietro Luca Azzaro nachlesen. Das Werk mit dem Titel „Politik und Religion bei Dante“ ist nun im Herder-Verlag auf Deutsch erschienen. Der italienische Autor zeigt auf, dass die heutigen Herausforderungen im Hinblick auf das, was Europa ausmacht, bereits zu Dantes Zeiten aktuell waren. Das führt dazu, dass auch die Lösungen, die in Dantes Werken aufgezeigt werden, zukunftsweisend sein könnten und auf das vorausweisen, was auf uns in den nächsten Jahrzehnten zukommen wird. Religion und Politik werden nicht als Gegensätze, sondern als gegenseitige Bereicherungen betrachtet. Das, so die These des Autors, sei ein großes Anliegen Dantes gewesen.

Als „Propheten der Hoffnung“ hatte Papst Franziskus vor einem Jahr Dante Alighieri beschrieben und dazu ermuntert, die Werke des italienischen Autors zu lesen. Franziskus verwies auf die große Hochachtung, die seine Vorgänger Dante entgegengebracht hätten. Zum Beispiel widmete Benedikt XV. (1914-1922) dem Dichter aus Florenz zum 600. Todestag eine eigene Enzyklika. Paul VI. veröffentlichte vor 50 Jahren ein Apostolisches Schreiben über Dante. Und auch Franziskus selbst zitierte Dante in seiner ersten Enzyklika „Lumen fidei“. Übrigens: Der emeritierte Papst Benedikt XVI. habe Azzaro, so berichtet der Herder-Verlag, zu seinem Werk über Dante Alighieri gratuliert.

Zum Mitschreiben: Pietro Luca Azzaro, Politik und Religion bei Dante. Herder-Verlag, ca. 25 Euro. (rv)

Eine menschlichere Welt bauen: Erster Humanitärer Weltgipfel in Istanbul

WHS_IstanbulISTANBUL – Ende Mai versammelte der erste Humanitäre Weltgipfel in Istanbul 9.000 Teilnehmer aus 173 UN- Mitgliedsstaaten: Vertreter aus der Privatwirtschaft, Zivilgesellschaft und Nichtregierungsorganisationen. Das Ziel des Gipfels war, Strategien zur Eindämmung der weltweiten humanitären Krisen zu finden.

Es ist der erste Gipfel in diesem Umfang und seiner Art in der 70-jährigen Geschichte der Weltorganisation.

Ban Ki-Moon, Generalsekretär der Vereinten Nationen, will die Staatenlenker verpflichten, die Humanität in das Zentrum ihrer Politik zu stellen. Sie sollen alles Notwendige tun, bestehende Konflikte zu beenden und neue nicht entstehen zu lassen.

Der UN Chef zeigte sich entäuscht darüber, dass viele Regierungsvertreter nicht gekommen waren, besonders die der G7 Mitgliedstaaten, mit Ausnahme der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Auch der Heilige Stuhl und der Souveräne Malteserorden nahmen zusammen mit Führungspersönlichkeiten anderer religiöser Gemeinschaften und Repräsentanten unterschiedlicher Glaubensrichtungen am Gipfel teil.

Der “Aussenminister” des Vatikans, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin sagte: „Der Heilige Stuhl möchte mit seiner Anwesenheit die Wichtigkeit von Humanitärer Arbeit unterstreichen…und zum Ausdruck bringen, dass dabei immer der Mensch im Vordergrund stehen muss”.

Der früherer Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, António Guterres, sagte, dass die glaubensbasierten Organisationen immer an vorderster Front kämpfen – mit enormer Großherzigkeit und enormem Mut. “Sie verkörpern einen sehr wichtigen Teil des humanitären Geschehens rund um die Welt. Darüber hinaus wirken sie bewusstseinsbildend, prägen die öffentliche Meinung, damit die Regierungen ihre Verantwortung wahrnehmen, und humanitäre Arbeit besser unterstützen.“

Die Botschafterin des Malteserordens bei den Vereinten Nationen in Genf, Marie Therese Pictet-Althann unterstrich die Hoffnung, dass der Gipfel die Bedeutung religiöser Gemeinschaften und glaubensbasierter Organisationen in der humanitären Arbeit anerkenne und dass betont werde, wie wichtig sie sind.

Beobachter stellten fest, dass sich die Medien größtenteils auf politische Aspekte konzentrierten und den einfallsreichen, bunten Darbietungen einiger Hollywood-Berühmtheiten und -aktivisten, wie dem “James Bond”-Darsteller Daniel Craig und Schauspieler Forrest Whitaker. Weniger beachtet wurde so, dass in Nebenveranstaltungen und einer eigenen Sondersitzung der große Beitrag aufgezeigt wurde, den Religionen im Dienst der Menschheit leisten.

In seiner Rede unterstrich Albrecht Freiherr von Boeselager, Großkanzler des Malteserordens, dass es nun um Ergebnisse gehe. „Damit dieser Gipfel zu einem produktiven Ergebnis führt, müssen wir sicherstellen, dass die Ausführungen und Verpflichtungen, von denen wir gehört haben, in konkretes Handeln umgesetzt werden – im Namen all der Menschen, die Schutz und Hilfe von uns erwarten“.

Von Boeselager weiter: „Weil wir eine zunehmende Missachtung eindeutiger humanitärer Rechtsvorschriften beobachten, ist es wichtiger geworden, sich in Sachen Menschlichkeit auf die Werte zu verlassen, die in den verschiedenen Religionen grundgelegt sind. Wir hoffen, dass die Ergebnisse dieses Gipfels die Aufmerksamkeit der humanitären Liga auf diese Tatsache lenken.“

Michel Veuthy, Stellvertretender ständiger Vertreter des Malteserordens bei den Vereinten Nationen in Genf, hieb die Rolle des Ordens hervor: „Der Orden als Ganzes kann tatsächlich nicht nur als religiöse Organisation und humanitär Agierender, sondern auch aufgrund seines diplomatischen Status und internationalen Ansehens Regierungen, internationale Organisationen und religiöse Gemeinschaften zusammenbringen.“

Erzbischof Silvano M. Tomasi, Sekretär des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden, war Mitglied der Delegation des Heiligen Stuhls in Istanbul. „Diese Konferenz beschäftigt sich umfassend mit der Tatsache, dass wir eine große Menschheitsfamilie sind, die eine neue Agenda für humanitäres Handeln braucht. Dieses neue Verständnis muss auf gegenseitiger Unterstützung und Toleranz aufbauen, vor allem aber auf Solidarität.“

Wie Kardinal Luis Antonio Gokim Tagle, President von Caritas Internationalis, betonte, „genügt [es] nicht, auf Katastrophen zu reagieren. Wir sollten unser Bestes tun, um zu verhindern, dass von Menschen verursachte Katastrophen das Leben und die Träume anderer Menschen zerstören.“

Am Dreifaltigkeitssonntag hatte Papst Franziskus eingeladen, für den Erfolg des Welthumanitätsgipfels zu beten und in seiner an den Gipfel gerichteten Botschaft sagte er: „Wenn wir von den Opfern und Leidenden lernen, werden wir eine menschlichere Welt bauen können.“

Dieser Bericht wurde von unserem Genfer Korrespondenten Christian Peschken, Pax Press Agency, verfasst. Der Bericht wird auch bei EWTN – Katholisches Fernsehen zu sehen sein im Rahmen des Magazins ‚Vatikano‘. Weitere Informationen zu Pax Press Agency, Genf unter www.paxpressagency.com (CNA Deutsch)

Italien: Verbeugung oder nicht Verbeugung vor dem Mafiaboss?

La RepubblicaAusgerechnet Corleone! Da müht sich die sizilianische Kleinstadt seit Jahren, ihr Image als Mafia-Nest loszuwerden. Und jetzt das: Eine Heiligenprozession zieht letzte Woche feierlich durch eine Straße der Stadt – und bleibt vor dem Haus von Totò Riina stehen. Riina war von 1982 bis zu seiner Verhaftung 1993 Boss der „Cosa Nostra“, der berühmteste und gefürchtetste Mafiaboss Italiens. Seine Frau, Ninetta Bagarella, steht zur Prozession auf dem Balkon des Hauses, wartend. Von einem „Inchino“, einer Verbeugung der feierlich herumgeführten Heiligenstatue, vor der Frau des Mafiabosses spricht die Tageszeitung „La Repubblica“.

Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft in Palermo. Und auch der Bischof von Monreale, Michele Pennisi, hat eine eigene Untersuchungskommission eingerichtet. „Ich bin am Sonntag gegen 22 Uhr informiert worden, dass es – nein, keinen „Inchino“, sondern einen unplanmäßigen Halt der Prozession in der Straße gegeben hat, wo die Frau von Totò Riina wohnt. Um 23 Uhr habe ich mit dem Pfarrer gesprochen und ihn um einen detaillierten Bericht geben, den er mir am nächsten Tag geschickt hat. Er beteuert, der Prozessionsweg sei derselbe wie immer und sei auch ordnungsgemäß mit der Polizei und den Carabinieri abgesprochen worden. Es gab einen Halt, der eigentlich nicht vorgesehen war, aber es gab keinerlei Verbeugung des Heiligenbildes (von Johannes dem Täufer). Das haben mir auch die Carabinieri bestätigt.“

Allerdings waren die Carabinieri aufgebracht über den Stopp vor dem Mafia-Haus. Wer sich diesen Stopp ausgedacht hat, wird im Moment untersucht. Im Verdacht steht ein Mitglied der Bruderschaft, die die Prozession alljährlich organisiert; er ist ein Cousin von Totò Riinas Frau.

Bischof Pennisi will, dass künftig keine Prozession mehr durch die betreffende Straße führt. Ansonsten wartet er die Ergebnisse seiner Untersuchungskommission ab. „Dann werde ich entscheiden. Wenn die Bruderschaft die Verantwortung trägt, dann wird sie entweder unter Aufsicht gestellt, oder die Mitglieder, die sich regelwidrig verhalten haben, werden bestraft. Ich habe schon vor zwei Jahren ein Dekret veröffentlicht, das festlegt: Wer Mitglied in einer Mafia ist, kann nicht gleichzeitig zu einer katholischen Bruderschaft gehören, denn Christus und gleichzeitig der Mafia zu dienen, ist unvereinbar. Mir wäre am liebsten, man würde es im ganzen Bistum machen wie hier in Monreale: Wir sprechen mit den Ordnungskräften nicht nur ab, welchen Weg unsere Kreuzprozession nimmt, sondern auch, wo Pausen eingelegt werden. Auf diese Weise kommt es zu keinerlei Missverständnissen.“

Firmpaten und Mafia-Paten

Bruderschaften – auf Italienisch „Confraternità“ – spielen eine große Rolle im sizilianischen Brauchtum. Umso strenger will die Kirche darüber wachen, dass ihre Mitglieder nichts mit der Mafia zu tun haben. Die Bürgermeisterin von Corleone, Leoluchina Savona, ist aufgebracht über die neuen Negativ-Schlagzeilen: Da werde der alte üble Ruf der Stadt wieder einmal von den Medien instrumentalisiert, und das beschädige alles bisher Erreichte im Einsatz für die „legalità“. Bischof Pennisi: „Sie ist auch deshalb verärgert, weil das Innenministerium gerade über eine mögliche Auflösung des Stadtrates (wegen mafiöser Unterwanderung) nachdenkt. Und sie hat das Gefühl, dass da jemand die Politiker in dieser Richtung beeinflussen will. Was jedenfalls die Kirche betrifft, kann ich nur sagen: Die Bruderschaften müssen Orte der „legalità“ sein, und es ist absolut nicht hinnehmbar, dass eine Prozession vor Personen, die mit der Mafia verbunden sind, einen Halt einlegt!“

In Pfarreien und Schulen sei in den letzten Jahren viel getan worden, um Kinder und Jugendliche gegen die Mafia zu sensibilisieren. „Jedesmal, wenn ich Firmungen spende – nicht nur in Corleone –, sage ich: Wir sollen die Freiheit der Kinder Gottes haben und uns keiner Mafia-Macht unterwerfen. Und ich sage immer: Es gibt einen großen Unterschied zwischen dem christlichen Paten, der den Firmling auf seinem Glaubensweg begleitet, und dem Mafia-Paten, der seinem Schützling dabei hilft, eine mehr oder weniger kriminelle Karriere zu machen. Diese Unterscheidung muss klar sein!“ (rv)

Olympische Spiele: Brasilianische Sorgen über das Danach

Rio 2016Rio de Janeiro liefert sich einen Wettlauf mit der Zeit. Am 5. August fällt der Startschuss für die Olympischen Spiele, bis dahin muss noch gebaut werden. Und weil das unter Druck passiert, kostet es mehr als vorgesehen. Das Ergebnis: Die Gesellschaft ist gespalten darüber, ob sie sich über den Sportevent freuen soll oder klagen. Pater Leandro Lenin Tavares ist Olympiapfarrer von Rio de Janeiro und er zeichnet ein eher düsteres Bild von der Situation im Land heute.

„Einerseits freuen sich die Menschen über die Spiele, andererseits sind sie besorgt, was die Ausgaben angeht“, sagt Pater Leandro. „Die Bevölkerung ist auch besorgt, dass sie selber nach den Spielen nicht viel davon hat. Natürlich ist es gut, dass investiert wird, andererseits muss die Bevölkerung aber auch davon etwas haben. Und was die Menschen ganz besonders beschäftigt, über die Spiele hinaus, ist natürlich die politische Krise in Brasilien.“

Mitte Mai hatte der Senat des Landes Präsidentin Dilma Rousseff suspendiert, aus dem Folgekabinett mussten aber bereits ebenfalls Minister wegen Korruption zurücktreten, das Land kommt nicht zur Ruhe. Hinzu kamen vor einigen Tagen Massenproteste gegen Gewalt an Frauen. Anlass war die Vergewaltigung eines jungen Mädchens durch wahrscheinlich mehr als zehn Männer. Drittes Problemfeld ist die Gesundheitsfrage, zum Zika-Virus gehen derzeit sich widersprechende Meldungen über Ansteckungsgefahr und Gefährlichkeit um die Welt.

„Das sind beides sehr brasilianische Themen“, sagt Pater Leandro, sie würden nur unterschiedlich angegangen. Zum Virus etwa sei die Bevölkerung gut informiert, es gab Kampagnen gegen den Virus, alles sei unter Kontrolle. Was die Gewalt in den Städten angehe, sei die Situation anders. Während der Olympischen und Para-Olympischen Spiele sei die Stadt sicher, davon könne man ausgehen. „Was uns als Brasilianer und als Bewohner von Rio de Janeiro aber mehr interessiert und Sorge macht ist die Frage, was nach den Spielen ist. Wird es diese Sicherheit weiter geben? Wir wissen ja nun, dass wir es können, und wir brauchen Sicherheit in der Stadt.“

Von außen sehe es so aus, dass nach Weltjugendtag und Fußballweltmeisterschaft Brasilien mittlerweile Routine habe bei der Ausrichtung solcher Events. Dabei werde gern übersehem, wie komplex das alles sei und vor allem wie viele Ressourcen das benötige. Das Land habe gelernt, bewertet der Olympiapfarrer den Fortschritt, die Organisation liefe besser und man übernehme von den Vorgängerevents viel Know-How. „Die Touristen und die Athleten werden ein Rio de Janeiro sehen, das sie begeistert, aber sie sollen auch Hause fahren und unsere Probleme gesehen haben. Wir möchten ihnen eine wundervolle Stadt zeigen, aber wir werden unsere Probleme nicht verstecken. Wir möchten, dass sie hinter die Kulisse schauen.“

Hintergrund

Pater Leandro Lenin Tavares ist als Olympia-Kaplan Teil der offiziellen Organisation. Zu seinen Aufgaben gehört der interreligiöse Dialog vor Ort, im Olympiapark wird es ein Zentrum zu diesem Thema geben, beteiligt sind Christen, Juden, Muslime, Buddhisten und Hinduisten. (rv)

Papst ehrt George Clooney und andere Schauspieler

cna_Fanziskus im VatikanFranziskus: „Ich habe nie daran gedacht, als Papst aufzuhören, oder zurückzutreten wegen der vielen Verantwortungen“

VATIKANSTADT – Papst Franziskus hat am gestrigen Sonntag die Hollywoodschauspieler George Clooney, Salma Hayek und Richard Gere gelobt, im Rahmen einer Konferenz der „Scholas Occurentes“ Erziehungsinitiative für arme Gemeinden. Und angekündigt, nicht vom Papstamt jemals zurücktreten zu wollen.

Die Prominenten sollten „der Welt helfen, die Sprache der Gesten zurückzugewinnen“, so Franziskus in der Audienzhalle Paul VI. Im Rahmen der Veranstaltung erhielten die Schauspieler die „Olivenmedaille“ des Friedens.

Im Rahmen der Veranstaltung kündigte Franziskus überraschend an, er habe nicht vor, vom Amt des Papstes jemals zurück zu treten, wie Papst Benedikt XVI. „Ich habe nie daran gedacht, als Papst aufzuhören, oder zurückzutreten wegen der vielen Verantwortungen“, sagte Franziskus.

„Scholas Occurentes“

Die im Heimatland des Papstes gegründete Stiftung „Scholas Occurentes“ hat sich zum Ziel gesetzt, „Gemeinden zu integrieren“, vor allem arme, durch „Technologien, Sport, und künstlerische Vorschläge“, so der Web-Auftritt. Sie ist in 82 Ländern vertreten. Die Konferenz vom 27. bis 29. Mai stellte auch das jüngste Projekt von „Scholas“ vor: Eine neue Website, auf der Fragen an den Papst gestellt werden können“.

Franziskus lobte die Konferenz für ihr Kommunikationsklima in einer Welt, die riskiere, „fragmentiert“ zu werden. Er ermutigte die Teilnehmer, sich kleine Gesten anzugewöhnen wie jemandem in die Augen zu schauen, geduldig und tolerant zu sein. Die Welt dagegen sei „grausam“, so der Papst weiter, und „um eine neue Welt aufzubauen, müssen wir alle Formen von Grausamkeit verbannen. Und Krieg ist grausam“. Des weiteren sagte Franziskus, dass die Trennung von Menschen, Familien und Freunden Animosität und Hass schaffe, wogegen „soziale Freundschaft“ gegen „jede Art der Wegwerfkultur“ verteidige. (CNA Deutsch)

Diakonissen, Diakonat, Deutungshoheiten: Ein Kommentar zur Aufregung

Papst FranziskusROM/MÜNCHEN ,- „Papst Franziskus erwägt Zulassung zum Diakonat: Kann eine Frau bald Papst werden?“ – die Boulevardpresse brachte gewohnt deutlich auf den Punkt, was nun begeisterte oder entrüstete Stimmen seit 24 Stunden deuten – aber der Papst gar nicht sagte. Ja, nicht einmal andeutete.

Was diese Frage betrifft: Die Internationale Theologische Kommission hat 2003 schon eine Untersuchung des Diakonats vorgelegt, die auch die Hinweise auf Zeiten der Frühkirche analysiert, in der es phasenweise wohl Diakonissen gab. Unter anderem steht hier zu lesen:

Das Vorbild ist die Diakonie Christi, der seinen Jüngern die Füße gewaschen hat (DA III, 13, 1–7). Es gibt allerdings zwischen den beiden Zweigen des Diakonats hinsichtlich der ausgeübten Funktionen keinen strikten Parallelismus. Die Diakone werden vom Bischof ausgewählt, damit sie „viele notwendige Aufgaben verrichten“, die Diakonissen nur „zum Dienst an den Frauen“ (DA III, 12, 1). (…) Die Diakonisse soll die Salbung des Körpers der Frauen anlässlich der Taufe vornehmen, die neu getauften Frauen belehren, die gläubigen Frauen und vor allem die Kranken zu Hause besuchen. Es ist ihr verboten, selbst zu taufen oder bei der Darbringung der Eucharistie eine Rolle zu spielen (DA III, 12, 1–4). (Quelle)

Andere Fälle und Quellen werden dort ebenfalls untersucht. Mit den meisten vollmundigen Aussagen, die nun zu lesen und hören sind, hat all das wenig zu tun.

Unabhängig von der wichtigen Frage, ob und wie ein Diakonat der Frau wirklich im Gespräch ist, oder gar sein sollte: Mindestens genauso wichtig wäre es, einmal ein Licht darauf zu werfen, was in einem solchen Fall eigentlich rhetorisch wie medial abläuft.

Die regelrechte Deutungs-Hysterie um angebliche Aussagen des Papstes ist kein Einzelfall. Dahinter steckt sowohl ein tief menschliches als auch ein technologisches Problem. Und es zeigt sich schnell: Vorschnelle Medienschelte ist zu kurz gegriffen.

Egal, ob es um Karnickelvergleiche, Interkommunion, geschiedene Wiederverheiratete, Homosexuelle oder das Frauendiakonat geht: Es zeichnet sich ein Muster ab, das wie folgt abläuft.

1. Zuerst sagt Papst Franziskus etwas – oder, siehe Amoris Laetitia, schreibt er etwas. Nicht immer ist es klar und deutlich; manchmal mag es bewusst vage oder einfach nur spontan sein.

2. Ist die Aussage des Heiligen Vaters eine Bestätigung der Lehre der Kirche oder anderweitig unbequem, wird sie ignoriert oder bestenfalls kurz gemeldet. Beispiele gibt es genug: Etwa, dass die Ehe notwendiger Weise aus Mann und Frau besteht und Kinder einen Vater und eine Mutter brauchen. Oder Franziskus‘ wiederholte Verurteilung der Gender-Ideologie. Ganz zu schweigen von seinem Tadel an der Lage des Glaubens und der Kirche in Deutschland.

3. Ist die Aussage potentiell so interpretierbar, als würde der Papst die Kirche und ihre Lehre ändern wollen, rauscht ein tausendfaches Echo auf. Journalisten, aber auch einige Bischöfe, Funktionäre, Theologinnen, neuerdings sogar Politiker interpretieren mehr oder weniger gelungen, was das alles aus ihrer Sicht bedeutet, und was der Papst „wirklich“ meinte. Nicht selten widersprechen sie sich dabei völlig (und manchmal auf offensichtlich dem, was der Papst sagte). Ein paar besonders ideologisierte Akteure nutzen das dann politisch, um Steine auf Menschen anderer Meinung zu werfen.

4. Irgendwann kommt eine Reaktion vom Presse-Amt des Heiligen Stuhls, manchmal dem Heiligen Vater selbst; oft in Form vorsichtiger Klarstellungen. Diese Korrekturen werden zwar gelegentlich berichtet, aber im Vergleich zu den großen Aufregern gehen sie völlig unter. So auch gestern in der Aufregung um angebliche Diakoninnen; heute, einen Tag nach der Klarstellung, melden öffentlich-rechtliche Sender das gleiche wie am Tag davor.

Dieses Muster mag im säkularen Zeitalter digitaler Medien unvermeidbar erscheinen, oder system-immanent. Ist es aber nicht, zumindest, was seinen inhaltlichen Ablauf und die darin eingebauten Entscheidungen betrifft. Technisch ist eine sofortige Weitergabe einer Papst-Aussage natürlich heute normal, und wird immer einfacher. Aber was – und wie etwas – gesagt wird: Das ist steuerbar und selten Zufall, sondern meistens die Folge eines zutiefst menschlichen Phänomens: Recht haben zu wollen, und die Dinge nach dem eigenen Urteil zu ändern, ja prägen. Mit einer Nachfolge Christi freilich hat dies selten zu tun – wie auch Franziskus mit seiner Warnung vor Feminismus und Klerikalismus in diesem Fall gewarnt hat.

Wie dies geschieht, in der Kirche, den Medien, der Öffentlichkeit, und was dabei verhandelt wird: Das sind unterschätzte Fragen, die einer sachlichen Klärung und Analyse harren; auch und gerade mit Blick auf die Wirkung und Folgen des Pontifikats von Papst Franziskus. Nicht erst wer die heutigen „Diakoninnen-Kommentare“ in der deutschsprachigen Medienlandschaft liest, weiß sofort, warum. (CNA Deutsch)

Vatikansprecher ordnet Papstaussagen zu Diakoninnen ein

Pater Lombardi PressekonferenzVatikansprecher Lombardi hat davor gewarnt, falsche Schlüsse aus den Aussagen von Papst Franziskus zum Thema Frauendiakonat zu ziehen. „Wir müssen ehrlich sein: Der Papst hat nicht gesagt, er habe die Absicht, eine Diakonenweihe für die Frauen einzuführen, erst recht nicht hat er von einer Priesterweihe für Frauen gesprochen“, sagte Lombardi als Reaktion auf die große Aufmerksamkeit für das Thema. Franziskus hatte laut darüber nachgedacht, eine Studienkommission einzurichten, die den Diakonat der Frau in der frühen Kirche untersucht. Er äußerte sich bei einer Audienz im Frage-Antwort-Modus vor 900 Ordensoberinnen, die unter anderem vom Papst wissen wollten, ob ein Zugang zum ständigen Diakonat für Frauen denkbar sei. Die Diakonenweihe kann – so wie die Priester- und Bischofsweihe – in der katholischen Kirche nur Männern gespendet werden, allerdings wird in letzter Zeit vermehrt über eine mögliche Form des Diakonats ohne Weihe diskutiert. (rv)

Übergriffe auf Christen in Deutschland: „Macht die Dinge aktenkundig“

OpenDoorsSie werden beleidigt, bedroht, gedemütigt und erfahren körperliche Gewalt. Christliche Flüchtlinge berichten immer wieder von hässlichen Auseinandersetzungen mit Muslimen in deutschen Flüchtlingsunterkünften. Die Organisation Open Doors hat diese Woche erstmals eine Studie veröffentlicht, in der religiös motivierte Übergriffe gegen christliche Flüchtlinge dokumentiert werden. Radio Vatikan sprach darüber mit dem Migrationsbeauftragten der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Klaus Barwig.

Von den 231 Flüchtlingen, die bis zum 15. April 2016 von Open Doors zu ihrer Situation in den Unterkünften befragt wurden, waren 86 Prozent Konvertiten, die vom Islam zum christlichen Glauben übergetreten waren. Die meisten von ihnen stammen aus dem Iran, Afghanistan und Syrien. Sie berichten von Morddrohungen, weil sie „Ungläubige“ seien; teils wurden ihnen die Kreuzanhänger vom Hals gerissen. Sie wurden bespuckt, geschlagen, Frauen sexuell bedrängt. Besonders dramatisch ist der Bericht eines Flüchtlings aus einer Unterkunft in Berlin-Steglitz. Dieser wurde so lange mit Korangesängen beschallt, bis er schließlich versuchte, sich das Leben zu nehmen. Besonders alarmierend: Unter den Tätern war auch muslimisches Wachpersonal. „Schaut endlich auf die Christen“, titelte diese Woche deshalb ein Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu diesem Thema.

Klaus Barwig ist Referent für Migration der Katholischen Akademie der Diözese Rottenburg Stuttgart. Er warnt davor, überstürzt von Christenverfolgung in Deutschland zu sprechen und eine allgemeine Panikstimmung gegenüber muslimischen Flüchtlingen zu verbreiten. Vielmehr plädiert er für Aufklärung: Wenn derartige Übergriffe passierten, müssten die Christen sich wehren, indem sie sich an kirchliche und staatliche Stellen wendeten. Trotz ihres bereits außerordentlich hohen Engagements müssten kirchliche Helfer dann auch noch stärker in den Unterkünften präsent sein, um als Vertrauenspersonen für die Christen da zu sein:

„Wenn wir da als Kirche etwas tun wollen, sollten wir, wenn uns so etwas gesagt wird, dem erstens auf den Grund gehen und das zweitens bis zur Klärung verfolgen. Um wirklich zu zeigen: Bei uns gilt Religionsfreiheit und das Grundgesetz für alle. Und wer hierher kommt, hat sich dem zu unterwerfen. Das muss unsere Antwort auf solche Dinge sein. Den orientalischen Christen sagen wir immer wieder: Macht die Dinge aktenkundig. Gebt euch auch nicht damit zufrieden, dass ihr es bedauert und bejammert und dann verschweigt, sondern geht die Sache offensiv an und wir helfen euch auch dabei.“

Laut dem Open-Doors-Bericht aber haben viele christliche Flüchtlinge Angst und ziehen es vor, über die Vorfälle zu schweigen. Insbesondere Frauen schämten sich oft, über sexuelle Belästigung zu sprechen. Viele entsprechende traumatische Erlebnisse tragen orientalische Christen bereits aus der Zeit in ihrer alten Heimat mit sich. Umso mehr schockt es sie, wenn sie auch in Deutschland, dem vermeintlichen sicheren Hafen, keine Sicherheit erfahren. Zudem fürchten viele orientalische Christen einen zu starken Einfluss der Muslime auch in Deutschland und haben Angst, von ihnen dauerhaft unterdrückt zu werden – ähnlich wie in ihrer Heimat, weiß Klaus Barwig als Beauftragter des Bischofs für die chaldäischen Christen in Deutschland:

„Da besteht natürlich eine Angst und eine Sorge der Christen, dass die Muslime hier, je mehr sie auch durch die Zuwanderung zahlenmäßig werden, auch hier die Gesellschaft verändern. Und das trifft sich mit den Sorgen, die die AfD in ihrem jüngsten Parteiprogramm auch anspricht. Unsere Aufgabe wird es sein, dass wir die geflüchteten Christen und Muslime mit ihren Erfahrungen aus der Vergangenheit und einem rückwärts gerichteten Blick nicht sich selbst überlassen. Das kann nicht im Interesse unserer Gesellschaft sein. Wir speziell als Kirche müssen unseren Glaubensbrüdern helfen, ihren Blick nach vorne zu wenden, und zu verstehen, dass wir eine plurale Gesellschaft sind die Religionsfreiheit garantiert. Und diese Religionsfreiheit ist keine Schwäche, sondern die Stärke unserer Gesellschaft. Die Achtung vor dem Anderen ist das höchste Maß, was durch unsere Verfassung garantiert ist.“

Die Religionsfreiheit aushalten, auch wenn man sich bedrängt fühlt. Auf keinen Fall dürften sich die Christen, seien es Flüchtlinge wie deutsche Katholiken, von antiislamischen Positionen der AfD vereinnahmen lassen, findet Barwig. Vielmehr müsse die Kirche sich der Realität stellen und einen Mittelweg finden. Auch die muslimischen Flüchtlinge seien jetzt nun einmal da.

„Wir müssen unseren neuen Mitbürgern, die absehbar wohl auf Dauer hier leben werden, klar machen, dass unser Zusammenleben durch Respekt vor dem Anderen und auch vor dessen Glauben geprägt ist und das Wegwünschen des Anderen keine Lösung darstellt.“

Gerade für Christen sei es viel zu unsicher, in ihre alte Heimat, etwa den Irak, zurückzukehren. Abgesehen von den tiefen Zerstörungen, die beispielsweise in Syrien angerichtet wurden – man denke nur an Aleppo. Auch wenn ein Exodus der Christen aus Nahost zu beklagen ist, auch wenn Konflikte zwischen geflohenen Christen und Muslimen in Deutschland vorerst stellenweise fortbestehen: Der Neuanfang der orientalischen Christen in Deutschland ist eine große Chance – auch für das europäische Christentum selbst, findet Barwig.

„Unsere Diözese hat den neu angekommenen Chaldäern eine eigene Kirche zur Verfügung gestellt. Der Bischof hat gesagt, dass das ganz bewusst geschieht, um ihnen das Ankommen zu erleichtern. Aufgrund ihres anderen Ritus und ihrer aramäischen Sprache und auch durch die Ausstattung dieser Kirche. Es sollte ein Ort werden, wo sie sich treffen und austauschen können und wir gezielt Beratungen anbieten können – als erste Geste der Beheimatung. Auch um sie nicht auf Gemeinden zu verstreuen, die nicht wissen, wer da unter ihnen ist. Inzwischen ist diese Kirche in Stuttgart, wenn man mal von der Domkirche St. Eberhard absieht, sonntags die Kirche mit dem höchsten Gottesdienstbesuch. Jeden Sonntag kommen 400 bis 500 Menschen hier in dieser Kirche zusammen. Das zeigt, dass unsere Kirche durch die Zuwanderung nicht nur ein Mehr an Mitgliedern bekommt, sondern auch ein Mehr an Spiritualität und Substanz.“ (rv)