Heiligkeit, Sakrileg – und der richtige Umgang mit der konsekrierten Hostie

cna_HostieEin Gespräch mit dem renommierten Kirchenrechtler und Salesianer Monsignore Markus Graulich.

VATIKANSTADT – Es geschieht immer wieder — zuletzt war ein Fall auf eBay Ende Januar in den Schlagzeilen: Eine dem Verkäufer nach „vom Papst gesegnete Hostie“ wurde dort angeboten und am Folgetag für 101 Euro versteigert.

Ob die Hostie nun in einer Messe konsekriert worden war – und damit der Leib Christi und keine Hostie mehr wäre – oder nur „gesegnet“, das kann nicht nachvollzogen oder bewiesen werden, jedenfalls stellt sich die Frage, was die katholische Kirche in einem solchen Fall zu tun hat und ob sich solches vermeiden ließe.

Der Verkäufer schien seriös, er hat 91,9 Prozent positive Bewertungen seiner Geschäfte und er gab an, die Hostie „gut behandelt und sehr gut gepflegt zu haben“. Die Beschreibung des Artikels ließ vermuten, dass die Hostie wohl während einer Weihnachtszelebration mit Papst Franziskus mitgenommen wurde. Offenbar ist das Verständnis der Bedeutung von Eucharistie und Kommunion zwar sogar unter Katholiken problematisch; dass es sich bei der Hostie, dem Leib Christi, um etwas Heiliges handelt, beschäftigt aber dennoch die populäre Kultur.

Jan Bentz sprach darüber mit dem Professor und Monsignore Markus Graulich SDB, Untersekretär des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte im Vatikan.

Warum ist der Verkauf einer konsekrierten Hostie ein so großer Skandal und gilt als Sakrileg?

Die konsekrierte Hostie ist der Leib Christi. „Die eucharistische Gegenwart beginnt zum Zeitpunkt der Konsekration und dauert so lange, wie die eucharistischen Gestalten bestehen. In jeder der Gestalten [Brot und Wein] und in jedem ihrer Teile ist der ganze Christus enthalten“ (Katechismus der Katholischen Kirche, 1377). Die Gegenwart Christi in der Eucharistie ist das Höchste, was die Kirche hat; deshalb sprechen wir auch vom Allerheiligsten und zeigen gegenüber den im Tabernakel der Kirche aufbewahrten eucharistischen Gestalten durch die Kniebeuge Verehrung. Eine konsekrierte Hostie zum Verkauf anzubieten, ist daher ein Akt, der den Glauben der Kirche im Innersten trifft.

Zum einen ist der Handel mit den eucharistischen Gestalten schon in sich ein verabscheuungswürdiges Verhalten, hinzu kommt noch die Tatsache, dass ein sakrilegischer Gebrauch der Gestalten nicht ausgeschlossen werden kann. Oft geht werden diese für sogenannte „schwarze Messen“ oder andere satanische Kulte verwendet. Selbst wenn es dem Verkäufer nur um den finanziellen Gewinn gehen sollte, stellt seine Tat eine notwendige Mitwirkung dar und führt zu kirchlichen Strafen. Durch die Strafe soll die Gerechtigkeit wieder hergestellt und Genugtuung geleistet werden.

Das Recht der Kirche sieht in einem solchen Vorgehen eine Straftat gegen die Religion und die Einheit der Kirche: „Wer die eucharistischen Gestalten wegwirft oder in sakrilegischer Absicht entwendet oder zurückbehält, zieht sich die dem Apostolischen Stuhl vorbehaltene Exkommunikation zu“ (can. 1367 CIC). Es handelt sich also um ein Vergehen, durch das jemand sich selber außerhalb der Gemeinschaft der Kirche stellt, weil das Allerheiligste, Jesus Christus unter den Gestalten von Brot und Wein, geschändet wird.

Welche Strafe sieht die Kirche für ein solches Handeln vor?

Wie bereits gesagt tritt mit der Verunehrung der Eucharistie die so genannte Tatstrafe der Exkommunikation ein, die nur vom Heiligen Stuhl aufgehoben werden kann. Diese Strafe muss nicht eigens festgestellt werden. Um wieder mit der Kirche versöhnt zu werden, muss sich der Täter über seinen Beichtvater einer Prüfung bei der Apostolischen Pönitentiarie unterziehen (Forum internum), sollte der Fall öffentlich bekannt geworden sein bei der Glaubenskongregation (Forum externum), die dann das weitere Vorgehen bestimmen. Momentan reicht es, ein solches Vergehen bei den sogenannten Missionaren der Barmherzigkeit zu beichten, denen Papst Franziskus die Vollmacht verliehen hat, auch in diesem Fall die Lossprechung zu erteilen.

Kann man da rein zivilrechtlich etwas unternehmen? Etwa mit Blick auf Artikel 4 des Grundgesetzes, der die Religionsfreiheit sichert, oder Paragraph 166 des Strafgesetzbuches (StGB) über die „Beschimpfung von Bekenntnissen“?

Artikel 4 des Grundgesetzes schützt die Glaubensfreiheit und die ungestörte Religionsausübung, während § 166 des Strafgesetzbuches festlegt:

„(1) Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) eine im Inland bestehende Kirche oder andere Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsvereinigung, ihre Einrichtungen oder Gebräuche in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.“

Der Verkauf einer konsekrierten Hostie stellt zwar für die Kirche eine Straftat dar, ist aber nach zivilem Recht keine Störung des öffentlichen Frieden (zumindest ist mir keine außergewöhnliche Reaktion auf den Hostienverkauf bekannt geworden). Von daher wird das zivile Strafrecht nicht greifen. Leider ist es in der Gesellschaft heute so, dass schon kleine Verunglimpfungen anderer Religionsgemeinschaften oft große Empörungen hervorrufen, während von der katholischen Kirche selbst gegenüber grober Beleidigungen Toleranz eingefordert wird.

Ist die Mundkommunion eine Möglichkeit, solchen Schändungen vorzubeugen?

In einer Instruktion der Gottesdienstkongregation vom 25. März 2004 heißt es: „Man soll … sorgfältig darauf achten, dass der Kommunikant die Hostie sofort vor dem Spender konsumiert, damit niemand mit den eucharistischen Gestalten in der Hand weggeht. Wenn eine Gefahr der Profanierung besteht, darf die heilige Kommunion den Gläubigen nicht auf die Hand gegeben werden.“ Von daher ist die Mundkommunion schon ein gewisser Schutz gegen die Verunehrung der eucharistischen Gestalten. Jeder Priester, der die Kommunion austeilt, muss darauf achten, dass sie würdig empfangen wird und vor allem, dass niemand die konsekrierte Hoste mitnimmt, um eine Verunehrung zu verhindern. Außerdem ist sicherzustellen, dass der Tabernakel nicht von Unbefugten geöffnet werden kann.

Was wäre eine Strategie, diese Art der Desakralisierung zu vermeiden?

Dazu gehören sicher die gerade erwähnten „Vorsichtsmaßnahmen“. Aber, ich würde noch weiter gehen: es geht um eine Erziehung zum Heiligen, es bräuchte eine neue Ehrfurcht vor dem Heiligen. Wenn der Wert der Eucharistie heute vielen nicht mehr klar ist, muss er neu vermittelt werden. Das fängt mit der Art und Weise der Feier der Heiligen Messe an, die in gebotener Achtung vor sich gehen soll. Auch Hinweise zum Kommunionempfang sind gerade bei Eucharistiefeiern mit zahlreichen Gläubigen angebracht. Sodann Aufmerksamkeit und Vorsicht bei der Kommunionverteilung.

Es werden oft auch Reliquien versteigert oder verkauft; ist dies auch kirchenrechtlicher Perspektive erlaubt? Warum nicht?

Auch der Handel mit Reliquien ist nicht erlaubt. Das Kirchenrecht ist da sehr klar: „Es ist verboten, heilige Reliquien zu verkaufen“ (can. 1190 CIC). Reliquien haben zwar bei Weitem nicht den Stellenwert der Eucharistie. Dennoch gehört ihre Verehrung zur Praxis des Glaubens und der Frömmigkeit. Damit darf kein Handel getrieben werden. Das gilt übrigens auch für Rosenkränze, Medaillen, usw., die vorher gesegnet wurden. (CNA Deutsch)

Bestätigt: Papstreisen in den Kaukasus

ArmenienPapst Franziskus wird Ende Juni nach Armenien reisen. Das kündigte der Vatikan an diesem Samstag offiziell an. Die Visite vom 24. bis 26. Juni komme auf Einladung des orthodoxen Patriarchen Karekin II., der Staatsspitze und der katholischen Kirche zustande. Bei einem Gottesdienst in Rom hatte der Papst im vergangenen Jahr die Armenier-Verfolgung vor hundert Jahren als „Völkermord“ bezeichnet; das hatte zeitweise zu einer Belastung der Beziehungen zwischen dem Vatikan und der Türkei geführt.

Auch eine weitere Reise von Franziskus in frühere Sowjetrepubliken im Kaukasus wurde an diesem Samstag offiziell angekündigt. Sie wird den Papst vom 30. September bis zum 2. Oktober nach Georgien und Aserbaidschan führen. Auch im Fall von Georgien und Aserbaidschan liegen Einladungen des orthodoxen Patriarchen, der staatlichen Führung und der katholischen Kirche vor.

Alle drei Kaukasus-Republiken sind nach dem Fall des Eisernen Vorhangs bereits von Papst Johannes Paul II. besucht worden. Die Ortskirchen in Armenien und Georgien gehören zu den ältesten und traditionsreichsten der Welt. (rv)

Amoris Laetitia: Kommentiertes Inhaltsverzeichnis

CNA_FranziskusWas den Aufbau des Dokumentes angeht, empfiehlt es sich, den Papst selber zu Wort kommen zu lassen, die direkten Zitate stammen alle aus AL 6: „Beim Aufbau des Textes werde ich mit einer von der Heiligen Schrift inspirierten Eröffnung beginnen, die ihm eine angemessene Einstimmung verleiht“. Der Papst meditiert zuerst Psalm 128, um im Licht des Wortes Gottes auf die Familie zu schauen. Schon dort wird die Vielgestaltigkeit und Vieldimensionalität des Themas deutlich.

Bodenhaftung

„Von da ausgehend werde ich die aktuelle Situation der Familien betrachten, um „Bodenhaftung“ zu bewahren“, so Papst Franziskus weiter: Nach einer Hinführung, weswegen die Betrachtung der Wirklichkeit entscheidend ist, schaut der Papst auf Situationen und Herausforderungen.

„Danach werde ich an einige Grundfragen der Lehre der Kirche über Ehe und Familie erinnern, um so zu den beiden zentralen Kapiteln zu führen, die der Liebe gewidmet sind“. Hier geht es zunächst um das, was die Kirche lehrt, aber immer auch um den Blick auf die geeignete Pastoral. Dann greift der Papst im ersten der beiden Zentral-Kapitel noch einmal auf die Bibel zurück, und zwar auf das Hohelied der Liebe im 1. Korintherbrief. Damit legt er die Liebe in all ihren Dimensionen aus, auch unter Zuhilfenahme von etwa Martin Luther King. Weil mit der Barmherzigkeit ein Schlüssel zum Verstehen der christlichen Botschaft gegeben ist, ist dieses Kapitel aber mehr als nur ein Sprechen über die Liebe, es handelt auch davon, mit welcher Haltung an die Themen von Ehe und Familie heran zu gehen hat. Über die Bibel hinaus geht es auch um das Altern, die Verliebtheit und um die erotische und die emotionale Seite der Liebe. Anschließend geht es um die Weitergabe des Lebens und um verantwortete Elternschaft.

Pastorale Wege

„In der Folge werde ich einige pastorale Wege vorzeichnen, die uns Orientierung geben sollen, um stabile und fruchtbare Familien nach Gottes Plan aufzubauen“, es geht um ganz Praktisches, aber auch um Reflexionen zur geistlichen Dimension der Feier der Trauung, zur Begleitung in Krisen und komplexen Situationen bis hin zur Frage des Todes eines geliebten Menschen.

„In einem weiteren Kapitel werde ich mich mit der Erziehung der Kinder beschäftigen,“ ein Thema, das bei den Synodenversammlungen kaum zur Sprache kam, das aber dem Papst sehr wichtig ist.

„Danach geht es mir darum, zur Barmherzigkeit und zur pastoralen Unterscheidung einzuladen angesichts von Situationen, die nicht gänzlich dem entsprechen, was der Herr uns aufträgt“. Hier werden diejenigen Themen angesprochen, die im Vorfeld und während des synodalen Prozesses für die meisten Kontroversen gesorgt haben, der Papst tut das unter der Überschrift ‚Begleiten, unterscheiden und eingliedern“.

„Und zum Schluss werde ich kurze Leitlinien für eine Spiritualität der Familie entwerfen,“ den Abschluss der Exhortation bildet ein Gebet. (rv)

Amoris Laetitia: Die sechs zentralen Punkte

Papst FranziskusIch „empfehle nicht, es hastig ganz durchzulesen“: Papst Franziskus legt dem schnellen Interesse Zügel an, gleich zu Beginn des Dokumentes Amoris Laetitia (7) erklärt er, warum der Text so umfangreich geworden ist, und warnt vor einem zu schnellen Suchen und Lesen. Um sich aber in diesem, wie der Papst sagt, umfangreichen Text orientieren zu können, geben wir hier einen Überblick über die wichtigsten Punkte der Apostolischen Exhortation.

1. Nicht immer nur Rom

„Nicht alle doktrinellen, moralischen oder pastoralen Diskussionen (müssen) durch ein lehramtliches Eingreifen entschieden werden“ (AL 3). Gleich zu Beginn gibt der Papst einen der Schlüssel für den Umgang mit der Wirklichkeit an: Lösungen kommen nicht ausschließlich ‚von oben’. Dahinter steht die Idee der Inkulturation, das heißt, vor Ort können Lösungen anders aussehen als im Nachbarland oder in einem anderen Kulturkreis, weil die Umstände andere sind.

2. Realismus

Es sind „Urteile zu vermeiden, welche die Komplexität der verschiedenen Situationen nicht berücksichtigen“. Dem Papst geht es um den Blick auf die Wirklichkeit, nicht auf das Ideal. Ohne Aufmerksamkeit für die Realität kann man weder die Bedürfnisse der Gegenwart noch den Ruf des Heiligen Geistes verstehen, heißt es im Text. Realismus helfe dabei, „ein allzu abstraktes theologisches Ideal der Ehe (…), das fast künstlich konstruiert und weit von der konkreten Situation und den tatsächlichen Möglichkeiten der realen Familien entfernt ist“, zu vermeiden (AL 36). Idealismus führt dazu, dass die Ehe nicht als das gesehen wird, was sie ist, nämlich ein „dynamischer Weg der Entwicklung und Verwirklichung“ (AL 37).

3. Es geht um Liebe

Das zentrale Kapitel – wie der Papst es bezeichnet – ist das Kapitel über die Liebe, wobei der Papst das Wort „amor“ benutzt, nicht das der Nächstenliebe nähere Wort „caritas“. Es geht um alle Aspekte der Liebe, von Verlässlichkeit und Hingabe über Leidenschaft und Erotik bis zum Wandel im Alter und zum Tod. Sexualität zum Beispiel wird „als eine Teilhabe an der Fülle des Lebens in seiner (Christi) Auferstehung erlebt“, es herrscht ein positiver Grundton vor. Der Papst betont, dass „im Wesen der ehelichen Liebe selbst die Öffnung auf die Endgültigkeit hin vorhanden ist“ (AL 123), und zwar in der ganzen Weite der Ehe, im „Miteinander von Wonnen und Mühen, von Spannungen und Erholung, von Leiden und Befreiung, von Befriedigung und Streben, von Missbehagen und Vergnügen“ (AL 126).

4. Eingliederung aller

„Es geht darum, alle einzugliedern; man muss jedem Einzelnen helfen, seinen eigenen Weg zu finden, an der kirchlichen Gemeinschaft teilzuhaben, damit er sich als Empfänger einer unverdienten, bedingungslosen und gegenleistungsfreien Barmherzigkeit empfindet“ (AL 297). Pastoral ist nicht einfach die Umsetzung von Regeln in die Praxis, sie muss vom Einzelnen in seiner jeweiligen Situation ausgehen. Die Perspektive dazu ist die, alle – dieses Wort betont der Papst – zu integrieren.

5. Das Gewissen

„Wir sind berufen, die Gewissen zu bilden, nicht aber dazu, den Anspruch zu erheben, sie zu ersetzen“ (AL 37). Zu einer Erwägung im Gewissen gehören der Blick auf die Lehren Christi und auf die Tradition der Kirche, zu leichte und zu harte Lösungen gleichermaßen sind Verrat an der konkreten Lebenssituation. Außerdem ist aber der Einzelne zu respektieren, im Gewissen ist er allein mit Gott. Das erklärt auch, weshalb das Dokument keine neuen Regeln vorgibt: „Wenn man die zahllosen Unterschiede der konkreten Situationen (…) berücksichtigt, kann man verstehen, dass man von der Synode oder von diesem Schreiben keine neue, auf alle Fälle anzuwendende generelle gesetzliche Regelung kanonischer Art erwarten durfte. Es ist nur möglich, eine neue Ermutigung auszudrücken zu einer verantwortungsvollen persönlichen und pastoralen Unterscheidung der je spezifischen Fälle“ (AL 300).

6. Wider das öffentliche Gezerre

„Die Debatten, wie sie in den Medien oder in Veröffentlichungen und auch unter kirchlichen Amtsträgern geführt werden, reichen von einem ungezügelten Verlangen, ohne ausreichende Reflexion oder Begründung alles zu verändern, bis zu der Einstellung, alles durch die Anwendung genereller Regelungen oder durch die Herleitung übertriebener Schlussfolgerungen aus einigen theologischen Überlegungen lösen zu wollen“ (AL 2). Dem Papst ist bewusst, was für einen Begleitlärm die Synode hatte, innerkirchlich und auch medial. Bereits in seinen beiden Abschlussreden hatte er das kritisiert, in Amoris Laetitia benennt er diesen Umstand noch einmal deutlich. Hinter der Kritik steckt auch eine Aufforderung: nicht hektisch zu lesen, nicht die Debatte zu überspitzen, sondern ruhig und betrachtend die einzelnen Themen und Teile des Textes durchzugehen. (rv)

Schönborn: „Es geht um die Freude an der Familie“

Kardinal SchönbornDer Wiener Kardinal Christoph Schönborn hat am Freitag das Nachsynodale Apostolische Schreiben „Amoris Laetitia“ von Papst Franziskus vorgestellt. Es ist der Schlusspunkt eines Prozesses, den Papst Franziskus mit einem Kardinalskonsistorium begonnen hat, darauf folgten zwei Versammlungen der Bischofssynode. Schönborn hat den gesamten Prozess begleitet, war Leiter des deutschsprachigen Zirkels bei der Synode. Mit unserem Redaktionsleiter Pater Bernd Hagenkord sprach Schönborn über das Schreiben von Franziskus und die Schlüsse, die man daraus ziehen kann.

RV: Kardinal Schönborn, Sie waren bei beiden Synoden dabei, haben das Dokument studiert, vorgestellt. Was ist das eine Ergebnis, das man über das Dokument und damit auch über den Ausgang des synodalen Prozesses wissen muss?

Schönborn: „Die Freude an der Familie, die Freude an der Ehe. Ein grundpositives Wort, ein grundpositives Dokument über die unaufgebbar und unzerstörbar positive Kraft von Ehe und Familie. Das ist glaube ich die Kernbotschaft. Es ist ein großes Ja zur Liebe, wie sie gelebt wird in Ehe und Familie. Und es ist ein großes Ja zur Hoffnung, dass dieses Ideal möglich ist, auch wenn es im Alltag über viele Schwierigkeiten und Mühen geht – aber noch wichtiger, das ist für mich die Kernbotschaft dieses Schreibens, ist die Freude daran.“

RV: Ich vermute, ich liege nicht ganz falsch, wenn ich sage, die meisten Menschen erwarten sich dann doch etwas anderes. Es sind ja viele Diskussionen geführt worden über wiederverheiratete Geschiedene und ihr Zugang zur Kommunion. Das ist glaube ich das Stichwort dafür, und dazu steht nichts im Dokument. Da wird es Enttäuschung geben. Was sagen Sie diesen Menschen?

Schönborn: „Lest das Dokument. Manche Enttäuschungen entstehen dadurch, dass wir auf einen bestimmten Punkt hinschauen und völlig fixiert sind und nicht das Wunderbare sehen, was rund herum ist. Und was eigentlich auch die Antwort auf diesen einen Punkt gibt. Ich denke, eine vor allem in unserem Sprachraum, aber auch unter vielen Theologen viel zu einseitig auf eine Frage hin konzentrierte Aufmerksamkeit bei diesen Synoden und jetzt bei diesem abschließenden Dokument des Papstes birgt in sich die Gefahr, dass man blind wird für den ganzen Reichtum des Themas. Ich denke, dem wollte Papst Franziskus entgegenwirken, indem er zuerst einmal von der Schönheit und Lebendigkeit von Ehe und Familie gesprochen hat. Ich kann nur daran erinnern und darum bitten, lest das Kapitel 2,3,4 und 5, die zentralen Kapitel des Textes. Ich weiß schon, die meisten stürzen sich sofort auf das 8. Kapitel.

Ich gestehe, ich habe auch gleich einmal dort hingeschaut, ja, das gebe ich zu. Weil das die kontroversen und diskutierten Themen sind. Aber das ist eine alte Regel für den Umgang mit Problemen. Man kann auch in eine Problemtrance geraten, indem man dann so fokussiert ist auf einen Punkt, dass man das Ganze nicht mehr sieht. Mir hat Papst Franziskus einmal in einem Gespräch gesagt: Es ist eine Falle – diese Verengung auf die Frage, ob sie zur Kommunion gehen dürfen oder nicht, ist eine Falle. Wir können gerne dann über das sprechen, was der Papst und die Synode dazu zu sagen haben, aber ich lade wirklich ganz herzlich dazu ein, lesen Sie besonders das 4. Kapitel über die Freude an der Liebe, wo Papst Franziskus das große Kapitel 13 des 1. Korintherbriefs auf Ehe und Familie hin auslegt. Und das ist die christliche Kernbotschaft. Natürlich muss man das ernst nehmen, diese Fragen stehen im Raum: ‚Wie steht das mit denen, deren Beziehung gescheitert ist?‘ Und Papst Franziskus macht klar: In gewisser Weise zeigt sich an diesen Fragen, wie weit es der Kirche gelingt, die Botschaft der Barmherzigkeit glaubwürdig zu leben. Und darum hat Papst Franziskus etwas gemacht, was die Synode bereits vorbereitet hat. Und was er sehr viel deutlicher herausarbeitet: Das sogenannte ‚discernimento‘, die Unterscheidung. Seine Einladung ist: Hinschauen, konkret auf die Lebenssituation der Betroffenen eingehen, sie begleiten. Und sehen, wo es Positives gibt, wo es gutes Bemühen gibt. Wo es Ansätze eines Wachstums, eines Fortschritts im Guten gibt. Und nicht von vorne herein nur zu urteilen, oder gar zu verurteilen.“

RV: Ist das das, was einige als geöffnete Tür in Richtung Reform oder Modernisierung bezeichnen würden?

Schönborn: „Ich glaube, diese Tür war nie geschlossen, aber manche haben sie so interpretiert, als wäre sie geschlossen. Es gab und gibt immer wieder die Versuchung, die Papst Franziskus ‚Bianco o nero‘, Schwarz oder Weiß nennt. Nach dem Motto: Es gibt nur zwei Möglichkeiten, alles oder nichts. Er als guter Jesuit ist bei Ignatius in die Schule gegangen. Der Heilige Ignatius führt in seinen Exerzitien dort hin, hinzuschauen und zu –horchen: Was ist der Wille Gottes in dieser Situation. Was sagt mir Gott in dieser konkreten Situation? Wie wirkt er? Wohin zieht er und führt er mich? Und deshalb sagt er ganz klar – das ist sicher ein Schlüsselsatz dieses Dokumentes – man darf weder von den beiden Synoden noch von diesem Dokument eine neue kirchenrechtliche Norm erwarten, die für alle Fälle passt.

Manche haben sich eine solche Norm erwartet, eine Art Generalregelung. Da hat er ein klares Nein gesagt. Fügt aber dann gleich hinzu: aber es geht um ein behutsames, aufmerksames Hinschauen und Begleiten in einzelnen Fällen. Das ist sehr viel anspruchsvoller. Er sagt ja auch, manche hätten am liebsten eine genaue Regel, die sie genau anwenden können. Da brauchen sie gar nicht hinzuschauen, wie es den Menschen wirklich geht. Auf der anderen Seite sagt er, manche machen es sich zu leicht, indem sie einfach überall Ausnahmen sehen und genehmigen und durchgehen lassen, ohne sich die Mühe zu machen, genauer hinzuschauen.

Und da darf ich schon mit einer gewissen Freude und Dankbarkeit sagen, dass unsere Arbeit im deutschsprachigen Zirkel bei der zweiten Synode vom Schlussdokument der Synode ganz übernommen worden ist. Und jetzt von Papst Franziskus noch einmal bestätigt, übernommen und vertieft worden ist. Nämlich Kriterien der Unterscheidung. Wie kommen wir als Seelsorger, aber auch als Betroffene zu einer wirklichen Gewissensentscheidung. Dazu braucht es Kriterien. Im deutschsprachigen Zirkel haben wir eine Reihe solcher Kriterien genannt. Die finden Sie jetzt auch im Schlussdokument des Heiligen Vaters. Damit die Seelsorger mit den Betroffenen gemeinsam einen Weg der Unterscheidung, der Umkehr, der Bekehrung und der Integration in das Leben der Kirche gehen.

Das ist ein Schlüsselwort wiederum des päpstlichen Schreibens: Integration. Nicht Exklusion, nicht Ausschluss, sondern Einschluss. Und wie dieser Einschluss aussehen kann, das ist nicht von vorne herein am ersten Tag schon alles klar auf dem Tisch. Dazu gibt es auch nicht eine Generalnorm, sondern das ist ein Weg. Und auf diesem Weg braucht es Etappen und auf diesen Weg muss man sich einlassen. Und ich nenne nur eine dieser Etappen, die vielleicht am meisten vergessene, aber für das Leben oft am schmerzlichsten spürbare, das ist die Frage an Menschen, die in neuen Partnerschaften leben, die eine Ehe verlassen haben oder deren Ehe zerbrochen ist, die Frage: ‚Wie seid ihr mit euren Kindern umgegangen?‘ Papst Franziskus hat darüber zwei wunderbare, rührende Katechesen gehalten. ‚Schaut auf die Kinder. Wie geht es den Kindern? Habt ihr euren Rosenkrieg, euren Konflikt auf dem Rücken eurer Kinder ausgetragen? Habt ihr sie zu Geiseln in eurer Feindschaft gemacht? Haben die Kinder das austragen müssen?‘ Das ist das erste Unterscheidungskriterium, das wir im deutschsprachigen Zirkel genannt haben, das jetzt im päpstlichen Dokument steht und dann eine ganze Reihe anderer Kriterien, an denen man messen kann, wo Menschen, deren Partnerschaft oder Ehe zerbrochen ist, die in einer neuen Beziehung leben, wo sie wirklich stehen.

RV: Das Dokument ist das Ende eines synodalen Prozesses, den Papst Franziskus mit einem Kardinalskonsistorium begonnen hat und dann zwei Versammlungen der Bischofssynode. Sie waren überall dabei, von Anfang bis zum Schluss. Wie bewerten Sie in der Rückschau diesen Prozess. War das ein Paradebeispiel für Synodalität? Oder war das eher noch eine Experimentierphase?

Schönborn: „Ich glaube Papst Franziskus hat hier etwas gezeigt, was zum Wesen der Kirche gehört: ihre Synodalität. Er hat das ja ausführlich dargelegt bei der Gedenkfeier 50 Jahre Bischofssynode am 17. Oktober 2015. Und er hat es mit einem spanischen Wort bezeichnet in Evangelii Gaudium: ‚primerear‘. Das kommt aus dem Argentinischen und bedeutet so viel wie ‚Prozesse in Gang setzen‘. Er hat ein ganz großes Vertrauen darauf, dass der Heilige Geist die Kirche leitet und dass das in einem Prozess geschieht, in Etappen. Darum wollte er erstens, dass es auf diesem Weg mehrere Etappen auf diesem Weg gibt, zweitens hat er immer wieder eingeladen zur offenen Diskussion. ‚Sprecht mit Freimut und hört mit Demut zu‘, hat er uns mehrmals gesagt.

Ich kenne kein postsynodales Schreiben seit es die Synode gibt, das so ausführlich die Arbeit der Bischöfe, der Synodenväter integriert hat wie dieses Dokument. Und immer wieder sagt Papst Franziskus in seinem Schreiben: Ich mache mir zu eigen, was die Synodenväter gesagt haben. Die Synodenväter haben Folgendes beraten und mir vorgeschlafen und ich nehme es auf und an. Das ist ein gelebter synodaler Prozess, in dem der Papst ganz klar seine Rolle spielt. Er hat das letzte Wort, er hat das Wort des obersten Hirten. Aber er spricht dieses Wort im Hören auf das, was in der Kirche sich getan hat und von der Kirche gesagt worden ist.“ (rv)

Synode: Was ist nun mit den wiederverheiratet Geschiedenen?

Bischofssynode„Nach der Liebe, die uns mit Gott vereint, ist die eheliche Liebe die größte Freundschaft“ (AL 123): Der lange erwartete Text ist veröffentlicht, mit Amoris Laetitia legt der Papst seine eigenen Gedanken zum Thema Familie vor. Und alle wollen jetzt nur das eine wissen: wie verhält es sich nun mit Wiederverheirateten Geschiedenen und der Kommunion? Pater Bernd Hagenkord hat genau nachgesehen.

Die Versuchung ist groß, den gesamten Text oder auch nur Kapitel acht nach Hinweisen durchzulesen, wie es sich denn nun mit der so dominanten Frage während des synodalen Prozessen verhält, aber schon der Autor warnt ausdrücklich davor: „Darum empfehle ich nicht, es hastig ganz durchzulesen“ (AL 6), vermutlich um genau das zu vermeiden, nämlich die Suche nach dem Eigenen im Fremden.

Trotzdem ist das eine Frage, um die die öffentliche und innerkirchliche Debatte nicht herum kommt. Wenden wir uns dieser Frage also in einem eigenen Abschnitt zu, um uns dann hoffentlich auch auf dem ganzen Text angemessen zuwenden zu können.

Keine Entscheidung

Vorweg: der Papst trifft keine Entscheidung. Wer vermutet, verlangt oder erwartet hatte, dass dieses Problem nun final und römisch gelöst werde, der wird nicht fündig werden.

Heißt das also, dass nach zwei Jahren Debatte der synodale Prozess als Tiger gesprungen und als Vorleger gelandet ist? Ganz und gar nicht. Mit den Anregungen von Kardinal Walter Kasper, der das Thema ja mit Einwilligung des Papstes in die Debatte eingebracht hatte, war das Thema auf dem Schirm. Das heißt aber nicht, dass sich die nun vorgelegten Gedanken nach zwei Jahren exakt auf dieses Thema beziehen lassen oder sogar eine definitive Antwort darauf geben.

Trotzdem kann man beim Papst ein Vorgehen lernen, das uns in dieser Frage weiter bringt.

Erstens: man muss Urteile vermeiden, die Einzelsituationen nicht berücksichtigen. So steigt der Papst ein. Also: die Realität ist zu komplex, als das man sie über einen Kamm scheren kann. Oder direkt zitiert „Wir wissen, dass es keine Patentrezepte gibt.“

Es gibt weder von der Synode noch von ihm neue, auf alle Fälle anzuwendende generelle gesetzliche Regelungen. Und zwar, weil es die gar nicht geben kann.

Im Gewissen allein mit Gott

Zweitens: eine Norm kann in unterschiedlichen Situationen unterschiedliche Ergebnisse haben. Wir dürfen uns also von der einen Lehre nicht nur ein Ergebnis im Leben erwarten, die Ergebnisse sind so unterschiedlich, wie es die Leben auch sind.

Das Gewissen, also die Mitte und das Heiligtum des Menschen, wo er alleine ist mit Gott, wie der Papst sagt, ist der Ort für die Unterscheidung. Ein gebildetes Gewissen, also eines um das man sich gekümmert hat und das nicht nur Wunsch und Wille ist. Dieses Gewissen ist kein Erfüllungsgehilfe. Wenn wir also das eben Gesagte anwenden bedeutet das, dass nicht schon vorher klar ist, was bei einer solchen Unterscheidung heraus kommen muss. Das Gewissen ist keine Entscheidungsmaschine. „Die Situation ist kirchlich gesehen so, also kann das Gewissen gar nicht anders als ….“ Dieser Schluss gilt nicht.

Der Papst geht noch einen Schritt weiter: Wir können im Gewissen auch erkennen, dass eine Antwort vorerst die einzige ist, die wir in einer bestimmten Situation geben können, auch wenn diese Antwort nicht dem Ideal entspricht. Soll heißen: Auch wenn die Aussagen Jesu klar und deutlich sind und bleiben, gibt es eine graduelle Verwirklichung. Es gibt Lebenssituationen, in denen es nicht die perfekte, saubere, lehrmäßig eindeutige Lösung geben kann oder mag.

Noch einmal: es ist „kleinlich“, wie der Papst sagt, das Handeln nur an der Norm zu messen.

Nicht das Leben an der Norm messen

Drittens: Was der Papst nicht macht, ist einen Weg anzubieten. Das ist ja mit dem Vorschlag von Kardinal Walter Kasper im Vorfeld, eigentlich seit Beginn des synodalen Weges debattiert worden. Das findet sich hier nicht. Das „Wie“ der Unterscheidung bleibt offen. Der Papst stellt nur die Grundsätze fest, nach denen so eine Unterscheidung laufen soll. Was heißt „nur“, er verlangt den Blick auf die Einzelsituationen, auf das konkrete menschliche Leben. Auf der anderen Seite spricht er lange vorher schon und über weite Strecken – und auch nachher zum Abschluss – über das, was Jesus uns für unsere Leben aufgetragen und versprochen hat. Die Unterscheidung, auch wenn sie nicht beim Ideal ankommt, verdunkelt dieses nicht.

Und wie immer bei Papst Franziskus: mit Leben füllen muss das nun jeder Christ und jede Christin, jede einzelne Gemeinde. Franziskus wäre nicht Franziskus, wenn es anders wäre.

Wer nun die wichtigsten Stellen selber nachlesen möchte, dem empfehle ich die beiden Abschnitte ‚Die Normen und die Unterscheidung‘ und ‚Die Logik der pastoralen Barmherzigkeit‘ (AL 304-312). (rv)

Franziskus reist am 16. April nach Lesbos

GriechenlandPapst Franziskus wird am 16. April auf die griechische Insel Lesbos reisen. Das teilte der Vatikan an diesem Donnerstag mit. Dort wird der Papst gemeinsam mit dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomaios I., und dem griechisch-orthodoxen Erzbischof von Athen, Hieronimus II., Flüchtlinge treffen. Die Einladung auf die griechische Insel sei durch Bartholomaios und den griechischen Präsidenten erfolgt. Die Insel ist Haupt-Anlaufpunkt bei der Überfahrt der Flüchtlinge von der Türkei nach Griechenland und Brennpunkt des erst kürzlich in Kraft getretenen Rückführungsabkommen zwischen EU und Türkei. In seiner Mitteilung betonte der Vatikan auch den ökumenischen Charakter des Besuches von Papst Franziskus und den Vertretern der orthodoxen Kirche.

Vatikansprecher Federico Lombardi sagte dazu auf Anfrage von Radio Vatikan:

„Wie wir wissen, verfolgt der Papst immer mit großer Aufmerksamkeit alle großen Krisen auf der Welt und insbesondere, wenn es dabei Menschen gibt, die leiden und unserer Solidarität und Hilfe bedürfen. … Weil es sich bei der griechischen Insel um ein Gebiet handelt, das vorwiegend von orthodoxen Christen bewohnt ist, stattet er diesen Besuch zusammen mit Vertretern der orthodoxen Kirche ab. Was der Papst dort tut, hat nicht unbedingt einen direkten politischen Charakter sondern es hat menschliche, moralische und religiöse Bedeutung, weil er jeden von uns dazu aufruft, Verantwortung für die Mitmenschen zu tragen.“ (rv)

Pressekonferenz zu Amoris Laetitia – live bei Radio Vatikan

Kardinal BaldisseriWas steht in der Apostolischen Exhortation Amoris Laetitia? Und was bedeutet das, was Papst Franziskus schreibt, für die Kirche und den synodalen Prozess zum Thema Familie? Fragen, die an diesem Freitag bei der Vorstellung des Textes beantwortet werden. Kardinal Christoph Schönborn und der Generalsekretär der Synode, Kardinal Lorenzo Baldisseri, werden neben einem italienischen Ehe- und Spezialistenpaar den Text bei einer Pressekonferenz vorstellen.

Sie können diese Pressekonferenz online live verfolgen, ab 11.30 Uhr entweder über Radio Vatikan Player oder über Youtube. (rv)

Katar: Fußball-WM auf dem Rücken Ausgebeuteter

FußballWer an Fußball denkt, denkt an Sport, Fair Play, Tore, Teamgeist und Fans. Internationale Turniere werden durch alle Gesellschaftsschichten mit Begeisterung verfolgt und stiften auch so etwas wie ein nationales Selbstbewusstsein. Doch für Fußballspiele braucht man Stadien, und die müssen in der Regel vor Weltmeisterschaften erst einmal gebaut werden. So in Katar, das die Fußball-WM 2022 ausrichten wird. Die menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen der Bauarbeiter auf diesen Baustellen werden in einem kürzlich erschienen Bericht von Amnesty International dokumentiert und angeprangert. Was genau sind die Vorwürfe, die Amnesty erhebt? Das haben wir Regina Spöttl gefragt, sie ist Länderbeauftragte der Menschenrechtsorganisation Amnesty Deutschland für Katar.

„Die Vorwürfe fangen eigentlich schon in den Heimatländern der Arbeitsmigranten in den armen südostasiatischen Staaten an. Dort machen skrupellose Vermittlungsagenturen den Menschen falsche Versprechungen und bringen diese nach der Erhebung von erheblichen Vermittlungsgebühren nach Katar. Dort angekommen, nimmt man ihnen die Pässe ab und oft bekommen sie auch nur den halben Lohn gegenüber dem, der ihnen versprochen worden ist. Sie müssen lange Arbeitszeiten hinnehmen, sechs Tage die Woche bis zu 14 Stunden täglich bei glühender Hitze und werden dann abends in menschenunwürdige Quartiere gebracht, wo teilweise nicht mal Strom und Wasser zur Verfügung stehen. Die Lohnfortzahlungen lassen oft bis zu sieben Monate auf sich warten! Wer sich beschwert, der wird bedroht und eingeschüchtert, ihm droht die Abschiebung. Einer der Manager hat kürzlich zu einem Arbeiter gesagt, wenn du in Katar bleiben willst, dann sei still und arbeite weiter. Das ist ein Kriterium für Zwangsarbeit!“

RV: Wie reagiert denn die Fifa auf diese schlimmen Bedingungen, denen die Arbeiter ausgesetzt sind, die auch im Vorfeld so absehbar gewesen sind, und die jetzt nochmals durch den Amnesty-Bericht dokumentiert worden sind?

„Die Fifa ist erstaunlich gleichgültig. Sie beteuern zwar immer wieder, dass etwas geschehen muss, dass sie natürlich auch möchten, dass etwas geschehen sollte, aber die Fifa geht nicht konsequent genug an die katarische Regierung heran und fordert explizit eine Verbesserung der Lage für Arbeitsmigranten. Insofern verletzt die Fifa ihre Sorgfaltspflicht als Veranstalter und wenn jetzt nicht bald etwas passiert, wenn die Fifa nicht wirklich aktiv wird, dann wird sie mitverantwortlich dafür, dass die WM 2022 auf dem Rücken zehntausender ausgebeuteter Arbeitsmigranten stattfinden wird. Das wollen wir als Fans ganz bestimmt nicht.“

RV: Sie haben die Fans angesprochen. Was kann denn der einzelne Fan tun, um die Fifa in diesem Sinne zu beeinflussen?

„Wir haben seit gestern auf unseren Homepages amnesty.org und amnesty.de eine Petition geschaltet. Diese Petition geht an die Fifa und dort können sich alle Fans und alle Interessierten eintragen und fordern, dass etwas geschieht. Die Fans können aber natürlich auch an ihre Vereine gehen, gerade auch an die großen Vereine, die in Katar ja auch Wintertraining abhalten. Auch sie können sich engagieren und beteiligen und der Fifa endlich einmal klar machen, dass man dahinter nicht steht. Die Arbeitsbedingungen für die Arbeiter dort müssen menschenwürdig und respektvoll sein!“ (rv)

Gegen Weltlichkeit und „Spiritualität light“: Franziskus‘ Predigt in Chrisammesse

cna_Chrisam_FranziskusVATIKANSTADT – Ein starker Kontrast zwischen der „Scham und Würde“ des Christen auf der einen Seite und der Weltlichkeit auf der anderen: „Begegegnung und Vergebung“ waren Thema der Predigt von Papst Franziskus in der Chrisammesse am heutigen Gründonnerstag im Petersdom. Der Heilige Vater sagte, dass Gott die Barmherzigkeit sei, nicht komplizierte Theologien.

CNA dokumentiert den vollen Wortlaut der Predigt der Chrisammesse:

Als nach der Lektüre einer Prophetie des Jesaja aus dem Munde Jesu die Worte zu hören waren: „Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt“ (Lk 4,21), hätte in der Synagoge von Nazareth eigentlich ein Beifall losbrechen müssen. Und dann hätten sie vor Freude weinen können, wie das Volk weinte, als Nehemia und der Priester Esra das Buch des Gesetzes vorlasen, das sie beim Wiederaufbau der Mauern entdeckt hatten (vgl. Neh 8,9). Doch die Evangelien berichten uns, dass unter den Landsleuten Jesu ganz andere Gefühle aufkamen: Sie trieben ihn fort und verschlossen ihm ihr Herz. Anfangs hatte „seine Rede bei allen Beifall [gefunden]; sie staunten darüber, wie begnadet er redete“ (Lk 4,22), doch dann verbreitete sich eine heimtückische Frage: „Ist das nicht der Sohn Josefs, [des Zimmermanns]? “ (ebd.) Und schließlich „gerieten sie alle in Wut“ (Lk 4,28). Sie wollten ihn vom Felsen hinabstürzen… So erfüllte sich, was der greise Simeon der Mutter Jesu geweissagt hatte: „Er wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird“ (Lk 2,34). Jesus bewirkt mit seinen Worten und seinen Gesten, dass offenbar wird, was jeder Mensch in seinem Herzen trägt.

Und dort, wo der Herr das Evangelium der bedingungslosen Barmherzigkeit des Vaters gegenüber den Ärmsten, den am weitesten Entfernten und den am meisten Unterdrückten verkündet, genau dort sind wir aufgerufen, uns zu entscheiden, „den guten Kampf des Glaubens“ (1Tim 6,12) zu kämpfen. Der Kampf des Herrn richtet sich nicht gegen die Menschen, sondern gegen den Dämon (vgl. Eph 6,12), den Feind der Menschheit. Aber der Herr geht „mitten durch die Menge [derer] hindurch“ (Lk 4,30), die ihn aufhalten wollen und setzt seinen Weg fort. Jesus kämpft nicht, um einen Raum der Macht zu festigen. Wenn er Umzäunungen niederreißt und Sicherheiten zur Diskussion stellt, dann tut er das, um eine Bresche zu öffnen für den Strom der Barmherzigkeit, den er gemeinsam mit dem Vater und dem Heiligen Geist auf die Erde gießen möchte. Eine Barmherzigkeit, die vom Guten zum Besseren fortschreitet, die etwas Neues verkündet und bringt, die heilt, befreit und ein Gnadenjahr des Herrn ausruft.

Die Barmherzigkeit unseres Gottes ist grenzenlos und unsagbar erhaben. Und die Dynamik dieses Geheimnisses drücken wir aus als eine „immer noch größere“ Barmherzigkeit, als eine Barmherzigkeit auf dem Weg, eine Barmherzigkeit, die jeden Tag nach der Möglichkeit sucht, einen Schritt voranzukommen, einen kleinen Schritt durch das Niemandsland dorthin, wo Gleichgültigkeit und Gewalt herrschten.

Das war die Dynamik des Samariters, der „barmherzig […] gehandelt hat“ (Lk 10,37): Er hatte Mitleid, ging zu dem Verletzten hin, verband seine Wunden, brachte ihn in die Herberge, blieb in der Nacht dort und versprach, bei seiner Rückkehr eventuell noch anfallende Mehrkosten zu begleichen. Das ist die Dynamik der Barmherzigkeit, die eine kleine Geste mit der anderen verbindet und, ohne irgendeine Schwachheit zu beleidigen, sich in ihrer Hilfe und ihrer Liebe immer ein bisschen weiter ausstreckt. Jeder von uns kann, wenn er mit dem gütigen Blick Gottes das eigene Leben betrachtet, eine Gedächtnisübung machen und entdecken, wie der Herr uns gegenüber Barmherzigkeit hat walten lassen, wie er viel barmherziger war, als wir glaubten. Und so können wir Mut fassen ihn zu bitten, noch einen weiteren kleinen Schritt zu tun, dass er sich in Zukunft als noch viel barmherziger erweisen möge. „Erweise uns, Herr, deine Huld“ (Ps 85,8). Diese in sich widersprüchliche Art, zu einem immer noch barmherzigeren Gott zu beten, hilft, jene engen Schablonen zu durchbrechen, in die wir den Überfluss seines Herzens so oft einzwängen. Es tut uns gut, aus unseren Einzäunungen hinauszutreten, denn es ist dem Herzen Gottes eigen, von Erbarmen überzulaufen, im Ausgießen seiner Zärtlichkeit überzuströmen, so dass immer etwas übrig bleibt. Denn es ist dem Herrn lieber, dass etwas verloren geht, als dass ein Tropfen fehlt; es ist ihm lieber, dass viele Samen von den Vögeln gefressen werden, als dass bei der Aussaat auch nur ein einziges Samenkorn fehlt, da alle die Fähigkeit haben, reiche Frucht zu tragen: dreißigfach, sechzigfach und bis zu hundertfach.

Als Priester sind wir Zeugen und Ausspender dieser immer noch größeren Barmherzigkeit unseres Vaters; wir haben die sanfte und Trost bringende Aufgabe, sie zu verkörpern – wie Jesus, der „umherzog, Gutes tat und alle heilte“ (Apg 10,38) –, und dies in tausenderlei Art, damit sie alle erreiche. Wir können dazu beitragen, sie zu „inkulturieren“, damit jeder Mensch sie in seinem eigenen Leben empfängt und persönlich erfährt, so dass er sie verstehen und kreativ so in die Praxis umsetzen kann, wie es der besonderen Eigenart seines Volkes und seiner Familie und auch seiner Person entspricht.

Heute, an diesem Gründonnerstag des Jubiläumsjahres der Barmherzigkeit, möchte ich über zwei Bereiche sprechen, in denen der Herr sein Erbarmen im Übermaß walten lässt. Da er es ist, der uns das Beispiel gibt, müssen auch wir keine Angst haben zu übertreiben. Ein Bereich ist der der Begegnung; der andere ist der seiner Vergebung, die uns beschämt und uns Würde verleiht.

Der erste Bereich, in dem wir sehen, dass Gott eine immer noch größere Barmherzigkeit im Übermaß walten lässt, ist der Bereich der Begegnung. Er schenkt sich ganz und gar und zwar so, dass er in jeder Begegnung unmittelbar dazu übergeht, ein Fest zu feiern. Im Gleichnis vom barmherzigen Vater verblüfft uns dieser Mann, der tief bewegt seinem Sohn entgegenläuft, um ihm um den Hals zu fallen; wir sind verblüfft, wenn wir sehen, wie er ihn umarmt, ihn küsst und dafür sorgt, dass ihm der Ring an den Finger gesteckt wird, der ihm das Gefühl der Ebenbürtigkeit vermittelt, und die Sandalen angezogen werden, die ihn als Sohn kennzeichnen und nicht als Untergebenen; wenn wir dann sehen, wie er alle in Bewegung bringt und beauftragt, ein Fest zu organisieren. Wenn wir – immer neu staunend – dieses Übermaß der Freude des Vaters betrachten, dem die Rückkehr seines Sohnes erlaubt, rückhaltlos und ohne auf Distanz zu bleiben seiner Liebe freien Lauf zu lassen, dann dürfen wir keine Angst haben, in unserer Danksagung zu übertreiben. Die richtige Haltung können wir von jenem armen Aussätzigen übernehmen: Als er sieht, dass er geheilt ist, verlässt er seine neun Gefährten, die gehen, um den Auftrag Jesu zu erfüllen, und kehrt zurück, um sich dem Herrn zu Füßen zu werfen und mit lauter Stimme Gott zu loben und ihm zu danken.

Die Barmherzigkeit stellt alles wieder her und versetzt die Menschen in ihre ursprüngliche Würde zurück. Darum ist die überströmende Danksagung die richtige Antwort: Man muss sofort zum Fest schreiten, das entsprechende Gewand anziehen, den Groll des älteren Sohnes hinter sich lassen, sich freuen und feiern… Denn nur so, wenn man sich voll und ganz in diese Feststimmung begibt, kann man sich danach gründlich besinnen, kann man um Vergebung bitten und deutlicher sehen, wie man das angerichtete Übel wiedergutmachen kann. Es kann uns gut tun, uns zu fragen: Nachdem ich gebeichtet habe, feiere ich da? Oder gehe ich schnell zu anderen Dingen über – wie wenn wir nach dem Arztbesuch sehen, dass die Analysen nicht allzu schlecht ausgefallen sind, diese in ihren Umschlag zurückstecken und uns anderen Dingen zuwenden? Und wenn ich ein Almosen gebe, lasse ich dem, der es empfängt, die Zeit, seinen Dank auszudrücken, feiere ich sein Lächeln und jenen Segen, den die Armen uns spenden, oder fahre ich eilig mit meinen Angelegenheiten fort, nachdem ich „eine Münze habe fallen lassen“?

Der andere Bereich, in dem wir sehen, dass Gott eine immer noch größere Barmherzigkeit im Übermaß walten lässt, ist die Vergebung selbst. Er erlässt nicht nur unermessliche Schulden – wie dem Diener, der ihn anfleht und sich dann seinem Gefährten gegenüber als kleinlich erweist –, sondern er lässt uns von der zutiefst beschämenden Schande unmittelbar zur größten Würde übergehen, ohne Zwischenstufen. Der Herr lässt zu, dass die Sünderin, der vergeben wurde, ihm in einer familiären Vertrautheit mit ihren Tränen die Füße wäscht. Kaum gesteht Simon Petrus ihm seine Sünde und bittet ihn, auf Abstand von ihm zu gehen, schon erhebt Jesus ihn zum Menschenfischer. Wir hingegen neigen dazu, die beiden Haltungen voneinander zu trennen: Wenn wir uns der Sünde schämen, verbergen wir uns und lassen den Kopf hängen wie Adam und Eva, und wenn wir zu irgendeiner Würde erhoben worden sind, versuchen wir, die Sünden zu verbergen, und es gefällt uns, uns sehen zu lassen, uns gleichsam ins Rampenlicht zu stellen.

Unsere Antwort auf die überreiche Vergebung des Herrn müsste darin bestehen, immer in jener heilsamen Spannung zu bleiben zwischen einer würdevollen Beschämung und einer Würde, die sich zu schämen weiß – der Haltung dessen, der von sich aus danach trachtet, sich zu demütigen und zu erniedrigen, der aber fähig ist anzunehmen, dass der Herr ihn zum Wohl seiner Aufgabe erhöht, ohne deswegen persönliche Genugtuung zu empfinden. Das Vorbild, das vom Evangelium gewürdigt wird und das uns dienlich sein kann, wenn wir beichten, ist das des Petrus: Er lässt sich ausführlich über seine Liebe befragen und bekräftigt zugleich seine Bereitschaft zu dem Dienst, die Schafe zu weiden, die der Herr ihm anvertraut.

Um tiefer einzudringen in diese „Würde, die sich zu schämen weiß“ und die uns davor bewahrt, uns für mehr oder für weniger zu halten als das, was wir aus Gnade sind, kann es uns helfen zu sehen, wie der Abschnitt aus dem Buch Jesaja weitergeht, den der Herr heute in seiner Synagoge von Nazareth vorliest. Der Prophet sagt dort: „Ihr alle aber werdet „Priester des Herrn“ genannt, man sagt zu euch „Diener unseres Gottes“ (61,6). Das arme, hungrige Volk in Kriegsgefangenschaft, ohne Zukunft, ein ausgesonderter Rest – dieses Volk ist es, das der Herr in ein priesterliches Volk verwandelt.

Als Priester identifizieren wir uns mit jenem ausgesonderten Volk, das der Herr rettet, und wir erinnern uns daran, dass es unzählige Mengen armer, ungebildeter, gefangener Menschen gibt, die sich in jener Situation befinden, weil andere sie unterdrücken. Aber wir erinnern auch daran, dass jeder von uns weiß, in welchem Maß wir oft blind sind und ohne das schöne Licht des Glaubens – nicht etwa weil wir nicht das Evangelium zur Hand hätten, sondern wegen eines Übermaßes an komplizierten Theologien. Wir spüren, dass unsere Seele dahinschwindet vor Durst nach Spiritualität, aber nicht aus Mangel an „lebendigem Wasser“ – das wir nur schlückchenweise trinken –, sondern aus einem Übermaß an Formen „prickelnder“ Spiritualität, an Spiritualitäten mit dem Prädikat „light“. Wir fühlen uns auch als Gefangene, nicht – wie viele Völker – umgeben von unübersteigbaren Mauern aus Stein oder von Drahtzäunen aus Stahl, sondern von einer virtuellen Weltlichkeit, die man mit einem einfachen „mouse click“ öffnen und schließen kann. Wir sind unterdrückt, aber nicht von Drohungen und Fußtritten wie viele arme Menschen, sondern vom Reiz tausender Konsumangebote, die wir nicht abschütteln können, um frei auf den Wegen zu gehen, die uns zur Liebe führen – Liebe zu unseren Brüdern und Schwestern, zur Herde des Herrn, zu den Schafen, die auf die Stimme ihres Hirten warten.

Und Jesus kommt, um uns zu befreien, uns herauszuholen, um uns von Armen und Blinden, von Gefangenen und Unterdrückten zu verwandeln in Ausspender von Barmherzigkeit und Trost. Und mit den Worten des Propheten Ezechiel an das Volk, das sich zur Dirne gemacht und seinen Herrn schwer verraten hatte, sagt er uns: „Ich will meines Bundes gedenken, den ich mit dir in deiner Jugend geschlossen habe […] Du sollst dich an dein Verhalten erinnern und dich schämen, wenn ich deine älteren und jüngeren Schwestern nehme und sie dir zu Töchtern gebe, aber nicht deshalb, weil du den Bund gehalten hättest. Ich selbst gehe einen Bund mit dir ein, damit du erkennst, dass ich der Herr bin. Dann sollst du dich erinnern, sollst dich schämen und vor Scham nicht mehr wagen, den Mund zu öffnen, weil ich dir alles vergebe, was du getan hast – Spruch Gottes, des Herrn.“ (Ez 16, 60-63).

In diesem Jubiläumsjahr feiern wir mit all der Dankbarkeit, zu der unser Herz fähig ist, unseren himmlischen Vater und bitten ihn, dass er „immer an sein Erbarmen denke“. Mit der Würde, die sich zu schämen weiß, nehmen wir die Barmherzigkeit im verwundeten Leib unseres Herrn Jesus Christus an und bitten ihn, uns von jeder Sünde reinzuwaschen und von allem Bösen zu befreien. Und mit der Gnade des Heiligen Geistes setzen wir uns ein, die Barmherzigkeit Gottes an alle Menschen weiterzugeben, indem wir die Werke tun, die der Geist in jedem Einzelnen anregt, zum gemeinsamen Wohl des gesamten gläubigen Gottesvolkes. (CNA Deutsch)