Lombardi: „Assisi als Ausgangspunkt“

Gemeinsam für den Frieden: So fasst Vatikansprecher Federico Lombardi die Stimmung vom Friedenstreffen von Assisi zusammen. In seinem wöchentlichen Editorial für Radio Vatikan sagt der Jesuitenpater, dass der Papst zusammen mit anderen Religionsvertretern ein starkes Zeichen gesetzt habe. Herausgekommen sei die Botschaft, dass man nicht im Namen Gottes töten oder jemand hassen könne. Denn Gott bedeute für alle Glaubenden Liebe, so Pater Lombardi.

„Doch der Menschheit, die aus alten und neuen Gründen nie im Frieden lebt, haben die Pilger von Assisi diesmal eine bescheidene und gleichzeitig offene Botschaft übermittelt. Der Friede kann nur gemeinsam durch alle Suchenden nach Wahrheit erreicht werden. Dies hat der Papst gesagt, weil Gott nicht im Besitz einer Religion ist und weil Religionen sogar oft den Blick auf den wahren Gott verstellen. Der wahre Gott kann nicht von Terroristen hervorgerufen werden und kann auch nicht aus dem menschlichen Blickwinkel verschwinden."

Vatikansprecher Lombardi erinnert weiter an das Charisma des heiligen Franziskus, der durch seine Einfachheit und Liebe gegenüber allen Wesen ein Vorbild für uns sei. Des weiteren geht Lombardi auf die Rede der Vertreterin der Nicht-Glaubenden ein, Julia Kristeva, die von Assisi als Beispiel des friedlichen Zusammenlebens gesprochen hatte.

„Das ist keine Hypothese, sondern eine gemeinsame Pflicht. Assisi wird nochmals ein Ausgangspunkt für den Frieden." (rv)

Assisi-Treffen geht mit Friedensappell zu Ende

„Nie wieder Gewalt! Nie wieder Krieg!" Mit diesem Appell ist am Donnerstagabend das Friedenstreffen der Religionen zu Ende gegangen. In Assisi, der Stadt des heiligen Franziskus, verurteilten die rund 300 Vertreter von zwölf Religionen und 31 christlichen Kirchen jede Form von Terror und Gewalt. Freiheit und Frieden könnten nur durch gegenseitiges Vertrauen garantiert werden. Eingeladen zu dem Friedensgipfel, an dem auch einige Nichtglaubende teilnahmen, hatte Papst Benedikt XVI. Er empfing an diesem Freitagmittag seine Gäste aus aller Welt zu einer Schlussbegegnung im Vatikan.

Kardinal Kasper: „Wirklich ein Zeugnis für den Frieden!"

„Sehr interessant, sehr positiv – und wirklich ein Zeugnis für den Frieden!" So sieht Kardinal Walter Kasper den Gipfel von Assisi. Der frühere Ökumene-Verantwortliche des Vatikans ist einer von vielen, die beeindruckt sind von den Bildern dieses Nachmittags: Papst und Religionsführer, wie sie mit Kerzen in der Hand den Weltfrieden beschwören, dazu der malerische Sonnenuntergang über der Basilika San Francesco. Ein Münchner, angereist mit seiner kleinen Tochter, ist besonders angetan von der Szene, wie Benedikt XVI. in einem weißen Minibus durch Assisi rollt, gemeinsam mit anderen Gipfelteilnehmern. „Das war natürlich ein unglaubliches Bild: Normalerweise fährt der Papst in einem gesicherten Auto, und hier saß er in einem normalen Bus mit allen Vertretern aller Religionen zusammen auf dem vorderen Platz. Ein unglaubliches Bild! Man hat gewissermaßen auf die Sicherheit fast schon verzichtet, damit dieses Bild der Einheit entstehen kann. Das war wirklich erschütternd, ergreifend. Ich hätte mir das nicht vorstellen können!"

„Nie wieder Gewalt! Nie wieder Krieg! Nie wieder Terrorismus!", ruft Benedikt XVI. den rund 2.000 Gästen auf dem Vorplatz von San Francesco zu. Jede Religion müsse „im Namen Gottes Gerechtigkeit, Frieden, Vergebung, Leben und Liebe" auf der Erde verbreiten. Diese Worte hatte schon Papst Johannes Paul II. bei einem früheren Assisi-Friedensgebet ausgerufen. Der polnische Papst hatte vor exakt 25 Jahren, 1986, zum ersten Mal Religionsführer in das Franziskus-Städtchen eingeladen; dieses Jubiläum hatte Benedikt XVI. zum Einberufen des neuerlichen Friedensgebets bewegt.

Religionen verpflichten sich zu Gewaltlosigkeit

Die Feier am Donnerstagabend erinnert manchmal etwas an die kirchlichen Weltjugendtage; das liegt daran, dass viele junge Italiener unter den Gästen auf dem Platz sind und dass die Begleitmusik eher ihrem Stil entspricht als dem der Religionsvertreter auf dem Podium. Feierlich wird es, als einige Teilnehmer stellvertretend für alle die Erklärung von Assisi proklamieren, eine leicht erweiterte Fassung des Friedensdekalogs von 2002. Ausdrücklich verurteilen die Religionsvertreter in der Erklärung jeden Rückgriff auf die Religion zur Rechtfertigung von Gewalt und Terrorismus.

Der Präsident des Lutherischen Weltbundes, Bischof Mounib Younan, trägt den ersten Punkt vor: „Indem wir jede Gewaltanwendung und den Krieg im Namen Gottes oder der Religion verurteilen, verpflichten wir uns, alles Mögliche zu tun, um die Ursachen des Terrorismus zu beseitigen." Danach ist es ein Vertreter des Islam, Mulana Mohammed Zubair Abid, Präsident einer islamischen Organisation in Pakistan, der die Verpflichtung zu einem „aufrichtigen und geduldigen Dialog" zwischen den Religionen verliest. Bei diesem Dialog dürfe es nicht darum gehen, was die Religionen „wie eine unüberwindbare Mauer" trenne, sondern er müsse zu einem besseren gegenseitigen Verständnis durch Anerkennung der Unterschiede führen. Weiter erklären die Teilnehmer des Friedenstreffens, „einander Irrtümer und Vorurteile in Vergangenheit und Gegenwart zu verzeihen".

Rabbi Schreier: Signal an die politischen Führer

Zum Abschluss der Zeremonie dankt der Papst allen Teilnehmern und Organisatoren: „Das heutige Ereignis ist ein Bild für die Schlüsselfunktion der geistigen Dimension für die Schaffung von Frieden." Diese einzigartige Pilgerfahrt habe einen brüderlichen Dialog ermöglicht, die Freundschaft vertieft und die Teilnehmer im Schweigen und Gebet zusammengeführt. Vor allem aber – das betont im Gespräch mit uns der New Yorker Rabbiner Arthur Schreier, ein langjähriger Freund des Papstes – haben die Anwesenden ein wichtiges Signal der Gemeinsamkeit gegeben, das die Welt von heute braucht. „Es gibt so viele Änderungen in der Welt heute. Die leitenden Religionsführer müssen ihre Verantwortung erkennen, um diese verschiedenen Probleme auch zu lösen. Wir müssen zusammenarbeiten und sogar den politischen Führern zeigen, dass wir bereit sind, zu kooperieren, um Lösungen zu finden für die Probleme, die die Menschen heute haben." Dass Benedikt zu diesem Tag der „Pilgerschaft für den Frieden und die Wahrheit" auch Nichtglaubende eingeladen hat, ist für den Rabbiner kein Problem: „Die Realität ist: Da gibt es Gläubige und Nichtgläubige! Wir sind alle Kinder des Ewigen, und darum ist es nach meiner Meinung eine gute Idee." (rv)

Religionen rufen in Assisi zu religiöser Toleranz auf

Der erste Weg des Pilgerreise für den Frieden führte die Delegationen in die Kirche Santa Maria degli Angeli in der Unterstadt von Assisi, dort, wo vor 800 Jahren der Franziskanerorden um eine kleine Kirche herum entstand.

„Wir wollen Zeugnis ablegen für die Kraft der Religionen, ihren Beitrag für den Frieden zu leisten." So begann Kardinal Peter Turkson den Reigen der Wortmeldungen. Und er gab den Ton vor, dem die übrigen Sprecher folgten.

Bartholomaios I., ökumenischer Patriarch von Konstantinopel, sprach vom Keim der Verwandlung, den jede Religion in sich trage. Die Rolle von Religion in der Welt sei aber unsicher, gerade auch mit Blick auf den „arabischen Frühling"; ein weiteres an den Rand gedrängt werden zum Beispiel im Nahen Osten sei eine Gefahr, die Religionen träfen sich in Assisi in einer Position der Schwäche, nicht der Stärke.

Der anglikanische Erzbischof von Canterbury, Rowan Williams, betonte, dass man nicht hergekommen sei, um den kleinsten gemeinsamen Nenner festzustellen. Man wolle in aller Verschiedenheit aus der Tiefe des eigenen Glaubens sprechen; die Welt solle erkennen, wie viel Weisheit die Religionen im Angesicht der Unkenntnis und des Misstrauens der Welt zu bieten hätten.

Olav Fykse Tveit – Generalsekretär des Weltkirchenrates – richtete seinen Blick auf die nachfolgenden Generationen: Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit seinen Gefahren für den Frieden, man dürfe mit der Zukunft der Jugend nicht spielen.

Der Vertreter des israelischen Großrabbinats, David Rosen, betonte, Frieden stelle mehr als nur eine pragmatische Notwendigkeit dar. Glaubende strebten nach einem höheren, göttlichen Frieden. Rosen dankte Benedikt XVI. für seine Initiative zu einem weiteren Weltfriedenstreffen 25 Jahre nach der ersten Zusammenkunft, zu der Johannes Paul II. im Jahr 1986 eingeladen hatte.

Den besonderen Beitrag der Ur-Religionen betonte Wande Abimbola Awise Agbaye, Sprecher der afrikanischen Religionen der Ifu und der Yoruba. Gemäß seiner religiösen Tradition sang er Teile seines Beitrages. Zusammenarbeit und das Erkunden der eigenen Wurzeln müsse zusammen geschehen, so Abimbola, ebenso der Respekt sowohl für den Menschen als auch für die Natur, unsere Mutter.

Der Vertreter der Hindu, Scharia Shri Shrisvatsa Goswami, betonte den inneren Weg des Pilgerns. Rein äußerlich ließen sich die obersten Werte der Menschen nicht erreichen. Friede sei dieser Weg. Die vergangenen 25 Jahre seit dem ersten Treffen hätten aber gezeigt, dass auf diesem inneren Weg noch viel zu tun sei.

Dem fügte der Vertreter des Buddhismus Ja-Seung hinzu, dass das nur gemeinsam zu schaffen sei. Menschen seien nicht getrennte Individuen, sie seien in ihrem Menschsein miteinander verbunden, es brauche „Bruderschaften des Lebens", „Bruderschaften für Frieden", „Bruderschaften des Teilens". Bei allen kulturellen Unterschieden sei Wahrheit nur gemeinsam zu finden.

Dass Menschen des Glaubens oft Teil der Problems und nicht Teil der Lösung sind betonte der Vertreter des Islam, Kyai Haji Hasym Muzadi, wohl auch im Blick auf den Terrorismus. Umso wichtiger sei es, den jeweils eigenen Glauben richtig verstehen zu wollen. Jede Religion besitze ihre eigene Identität, zwischen den Religionen gebe es Gemeinsamkeiten und Verschiedenheiten, das alles gelte es als Reichtum zu erkennen und nicht als Gefahr.

Das Friedenstreffen von Assisi ist nicht einfach nur eine Weiterführung einer Idee, es ist eine Weiterentwicklung. Durch die Einladung an Nichtglaubende hat Benedikt XVI. dem Treffen eine eigene Prägung hinzugefügt. So interpretierte die Philosophin Julia Kristeva die Worte Johannes Pauls II. „Habt keine Angst" als nicht nur an Gläubige gerichtet, weil sie dazu aufforderten, dem Totalitarismus zu widerstehen. Zum ersten Mal sei die Menschheit in der Lage, sich selbst zu zerstören. Aber dieses Treffen in Assisi sei Zeugnis dafür, dass die Annahme der Zerstörung nicht die einzig mögliche Annahme sei. „Wir müssen auf die Fähigkeit von Männern und Frauen setzen, gemeinsam zu glauben und zu erkennen". So würde der Humanismus auch in Zukunft seine kreativen Fähigkeiten erhalten, so Kristeva.

Der Präsident des Päpstlichen Rates „Iustitia et Pax", Kardinal Peter Kodwo Appiah Turkson, würdigte die Fortschritte im interreligiösen Dialog seit dem ersten Weltfriedenstreffen. In dieser Zeit sei das Gefühl der Brüderlichkeit und Solidarität zwischen den Religionen gestärkt worden, sagte Turkson. (rv)

Kardinal Turkson: Ora et… cammina

Wer hätte das gedacht: Kardinal Peter Turkson, der heutige Präsident des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden, war schon beim ersten Assisi-Treffen 1986 dabei. Der Ghanese war damals ein einfacher Priester von 38 Jahren. Im Gespräch mit uns erinnert er sich zurück:

„Ich kam von Ghana und war von meinem Bischof gebeten worden, den Religionsführer einer Naturreligion zu begleiten, der nach Assisi eingeladen war. Er kam erstmals nach Europa und nach Italien. Und er brauchte ganz einfach jemanden als Übersetzer und Reiseführer."

„Großartig und erhellend" fand der afrikanische Priester die Erfahrungen, die er da machte, mittendrin in Assisi an der Seite eines nicht-christlichen Religionsführers.

„Da ich als Begleiter dort war, konnte ich leider nicht mich zu den verschiedenen Gebetsgruppen gesellen. Das fehlte mir. Jedenfalls, ich bin damals nicht auf die Idee gekommen, dass einige denken könnten, das Treffen sei synkretistisch, weil verschiedene Menschen gleichzeitig beteten. Ich war sicher, dass der Mann, den ich da begleitete, nicht in irgendeiner Weise dachte, er sei dazu aufgerufen, zu beten wie ein Christ. Als dann später diese Sichtweise aufkam, wurde uns klar, dass wir die Empfindlichkeiten dieser wenigen Leute schon auch respektieren mussten. Es ist Teil unserer Sorge, in diesem Punkt sensibel zu sein. Nicht indem wir einfach sagen, nun, sie hatten recht, indem sie dieses Treffen all dieser unterschiedlichen Menschen als Problem sahen. Aber ich erinnere an die Stelle aus der Schrift: Wenn du etwas tust, von dem du denkst, es kann für deinen Bruder ein Skandal sein, versuche es nicht zu tun. Darum geht es."

Nicht umsonst bemühte sich der Vatikan, das Assisi-Treffen 2011 eher als Pilgerreise zu beschreiben denn als Gebetstreffen. Allerdings erinnert Turkson daran, dass Beten und Pilgern dieselben Ziele haben.

„Es gibt beide Elemente. Das Assisi-Treffen vor 25 Jahren war ein Tag des Gebets, mit dem Höhepunkt der Versammlung, bei der alle gleichzeitig beteten, jeder in der persönlichen Hinwendung zu Gott. Das Ziel war, um Frieden zu beten. Und das bedeutete die Anerkennung der Tatsache, dass echter Frieden nicht von uns kommen kann, sondern nur als Geschenk von Gott. Auch Pilgerschaft zu Gott bedeutet eine Sehnsucht, die uns alle in Bewegung setzt, um diese Ziel zu erreichen. Das wird nun bei diesem Assisi-Treffen unterstrichen. Auf gewisse Weise heißt um etwas beten, dass dieses Etwas fehlt. Darum bitten und beten wir ja darum. Und auch eine Pilgerreise auf ein Ziel hin heißt, Sehnsucht nach diesem Ziel zu haben, so große Sehnsucht, dass man dazu bereit ist, von einem Ort zum anderen zu gehen, um es zu suchen. Sowohl Beten als auch Pilgern unterstreichen, dass echter Frieden als Geschenk Gottes kommt."

300 Religionsvertreter aus der ganzen Welt werden am Donnerstag auf Einladung des Papstes in Assisi sein,. pilgernd und betend. Eine Geste, die überall wahrgenommen werden wird. Andererseits stellt sich die Frage, wie es gelingen kann, die Selbstverpflichtung zum Frieden in Handlungen umsetzen. Auf sehr viele Arten, sagt Kardinal Turkson:

„Wir können über Friedensvermittler reden, Dialoginitiativen, all die verschiedenen Formen, in denen Menschen erfahren konnten, wie es ist, Frieden zu schaffen. Die Bedrohungen für den Frieden sind vielfältig: Wenn es Krieg gibt, bin ich nicht im Frieden. Wenn ich nicht weiß, wie ich heute meine Familie ernähren kann, bin ich nicht im Frieden. Wenn ich morgen meinen Job verliere, bin ich nicht im Frieden. So vielfältig wie die Bedrohungen für den Frieden sind, so vielfältig sind auch die Pfade zum Frieden. Aber wir kommen in Assisi alle zusammen mit unseren verschiedenen Gaben und dem Erbe unserer Werte und unseres Glaubens, in der Hoffnung, dass das alles zusammengenommen uns hilft, uns dem Frieden zu nähern."(rv)

Kardinal Tauran: Suche nach Wahrheit ist nicht nur Sache der Christen

„Assisi drei" ist im Anliegen gleich wie „Assisi eins" vor 25 Jahren. Das betont der päpstliche Verantwortliche für den interreligiösen Dialog, Kardinal Jean Louis Tauran. Am Tag vor der großen Pilgerfahrt der Religionen nach Assisi erinnert der französische Kardinal an die Worte, die Papst Benedikt am 1. Januar wählte, um das Treffen näher zu kennzeichnen: „Wer unterwegs zu Gott ist, kann nicht umhin, den Frieden zu vermitteln, wer den Frieden aufbaut, kann nicht umhin, sich Gott zu nähern", sagte Benedikt XVI. damals. Der Papst will mit Assisi drei Dinge erreichen, so Tauran im Gespräch mit Radio Vatikan:

„Er will zeigen, dass es andere Wege als den bewaffneten Kampf gibt, um seine Rechte einzufordern. Das Gebet, das – jenseits der Verschiedenheit der Religionen – eine Beziehung mit einer höheren Macht ausdrückt, die unsere menschlichen Fähigkeiten übersteigt."

Zweitens:

„Indem der Papst das praktiziert, was allen spirituellen Familien gemeinsam ist, das Gebet, das Fasten und das Pilgern, zeigt er, dass die Religionen Faktoren des Friedens sind, dass der Frieden die Wahrheit voraussetzt, dass die Gläubigen und die Wahrheitssucher alle auf dem Weg zur Erleuchtung sind und dass die Suche nach Wahrheit nicht ausschließlich die Sache der Christen ist."

Drittens werde Assisi in der Ausführung leicht andere Akzente setzen:

„Was die Methode anlangt, wird man diesmal mehr Zeit fürs Nachdenken haben. Die Stille wird zum Gebet. Und die, die wir Agnostiker nennen, werden erstmals teilnehmen. Das ist das Neue an „Assisi drei"." (rv)

Papst bei Ökumene-Treffen: Die Predigt in vollem Wortlaut

Liebe Brüder und Schwestern!

„Nicht nur für diese hier bitte ich, sondern auch für alle, die durch ihr Wort an mich glauben" (Joh 17,20) – so hat Jesus nach dem Johannes-Evangelium im Abendmahlssaal zum Vater gesagt. Er bittet für die künftigen Generationen von Glaubenden. Er blickt über den Abendmahlssaal hinaus in die Zukunft hinein. Er hat gebetet auch für uns. Und er bittet um unsere Einheit. Dieses Gebet Jesu ist nicht einfach Vergangenheit. Immer steht er fürbittend für uns vor dem Vater, und so steht er in dieser Stunde mitten unter uns und will uns in sein Gebet hineinziehen. Im Gebet Jesu ist der innere Ort unserer Einheit. Wir werden dann eins sein, wenn wir uns in dieses Gebet hineinziehen lassen. Sooft wir uns als Christen im Gebet zusammenfinden, sollte uns dieses Ringen Jesu um uns und mit dem Vater für uns ins Herz treffen. Je mehr wir uns in dieses Geschehen hineinziehen lassen, desto mehr verwirklicht sich Einheit.
Ist das Gebet Jesu unerhört geblieben? Die Geschichte der Christenheit ist sozusagen die sichtbare Seite dieses Dramas, in dem Christus mit uns Menschen ringt und leidet. Immer wieder muß er den Widerspruch zur Einheit erdulden, und doch auch immer wieder vollzieht sich Einheit mit ihm und so mit dem dreieinigen Gott. Wir müssen beides sehen: Die Sünde des Menschen, der sich Gott versagt und sich in sein Eigenes zurückzieht, aber auch die Siege Gottes, der die Kirche erhält durch ihre Schwachheit hindurch und immer neu Menschen in sich hineinzieht und so zueinander führt. Deshalb sollten wir bei einer ökumenischen Begegnung nicht nur die Trennungen und Spaltungen beklagen, sondern Gott für alles danken, was er uns an Einheit erhalten hat und immer neu schenkt. Und diese Dankbarkeit muß zugleich Bereitschaft sein, die so geschenkte Einheit nicht zu verlieren mitten in einer Zeit der Anfechtung und der Gefahren.
Die grundlegende Einheit besteht darin, daß wir an Gott, den Allmächtigen, den Vater, den Schöpfer des Himmels und der Erde glauben. Daß wir ihn als den Dreifaltigen bekennen – Vater, Sohn und Heiliger Geist. Die höchste Einheit ist nicht monadische Einsamkeit, sondern Einheit durch Liebe. Wir glauben an Gott – den konkreten Gott. Wir glauben daran, daß Gott zu uns gesprochen hat und einer von uns geworden ist. Diesen lebendigen Gott zu bezeugen ist unsere gemeinsame Aufgabe in der gegenwärtigen Stunde.
Braucht der Mensch Gott, oder geht es auch ohne ihn ganz gut? Wenn in einer ersten Phase der Abwesenheit Gottes sein Licht noch nachleuchtet und die Ordnungen des menschlichen Daseins zusammenhält, scheint es, daß es auch ohne Gott geht. Aber je weiter die Welt sich von Gott entfernt, desto klarer wird, daß der Mensch in der Hybris der Macht, in der Leere des Herzens und im Verlangen nach Erfüllung und Glück immer mehr das Leben verliert. Der Durst nach dem Unendlichen ist im Menschen unausrottbar da. Der Mensch ist auf Gott hin erschaffen und braucht ihn. Unser erster ökumenischer Dienst in dieser Zeit muß es sein, gemeinsam die Gegenwart des lebendigen Gottes zu bezeugen und damit der Welt die Antwort zu geben, die sie braucht. Zu diesem Grundzeugnis für Gott gehört dann natürlich ganz zentral das Zeugnis für Jesus Christus, wahrer Mensch und wahrer Gott, der mit uns gelebt hat, für uns gelitten hat und für uns gestorben ist und in der Auferstehung die Tür des Todes aufgerissen hat. Liebe Freunde, stärken wir uns in diesem Glauben! Helfen wir uns, ihn zu leben. Dies ist eine große ökumenische Aufgabe, die uns mitten ins Gebet Jesu hineinführt.
Die Ernsthaftigkeit des Glaubens an Gott zeigt sich im Leben seines Wortes. Sie zeigt sich in unserer Zeit ganz praktisch im Eintreten für das Geschöpf, das er als sein Ebenbild wollte – für den Menschen. Wir leben in einer Zeit, in der die Maßstäbe des Menschseins fraglich geworden sind. Ethik wird durch das Kalkül der Folgen ersetzt. Demgegenüber müssen wir als Christen die unantastbare Würde des Menschen verteidigen, von der Empfängnis bis zum Tod – in den Fragen von PID bis zur Sterbehilfe. „Nur wer Gott kennt, kennt den Menschen", hat Romano Guardini einmal gesagt. Ohne Erkenntnis Gottes wird der Mensch manipulierbar. Der Glaube an Gott muß sich in unserem gemeinsamen Eintreten für den Menschen konkretisieren. Zum Eintreten für den Menschen gehören nicht nur diese grundlegenden Maßstäbe der Menschlichkeit, sondern vor allem und ganz praktisch die Liebe, wie sie uns Jesus im Gleichnis vom Weltgericht lehrt (Mt 25): Der richtende Gott wird uns danach beurteilen, wie wir den Nächsten, wie wir den Geringsten seiner Brüder begegnet sind. Die Bereitschaft, in den Nöten dieser Zeit über den eigenen Lebensrahmen hinaus zu helfen, ist eine wesentliche Aufgabe des Christen.
Dies gilt zunächst im persönlichen Lebensbereich jedes einzelnen. Es gilt dann in der Gemeinschaft eines Volkes und Staates, in der alle füreinander einstehen müssen. Es gilt für unseren Kontinent, in dem wir zur europäischen Solidarität gerufen sind. Und es gilt endlich über alle Grenzen hinweg: Die christliche Nächstenliebe verlangt heute auch unseren Einsatz für die Gerechtigkeit in der weiten Welt. Ich weiß, daß von den Deutschen und von Deutschland viel getan wird, damit allen Menschen ein menschenwürdiges Dasein ermöglicht wird, und möchte dafür ein Wort herzlichen Dankes sagen.
Schließlich möchte ich noch eine tiefere Dimension unserer Verpflichtung zur Liebe ansprechen. Die Ernsthaftigkeit des Glaubens zeigt sich vor allem auch dadurch, daß er Menschen inspiriert, sich ganz für Gott und von Gott her für die anderen zur Verfügung zu stellen. Die großen Hilfen werden nur konkret, wenn es vor Ort diejenigen gibt, die ganz für den anderen da sind und damit die Liebe Gottes glaubhaft werden lassen. Solche Menschen sind ein wichtiges Zeichen für die Wahrheit unseres Glaubens.
Im Vorfeld des Papstbesuchs war verschiedentlich von einem ökumenischen Gastgeschenk die Rede, das man sich von diesem Besuch erwarte. Die Gaben, die dabei genannt wurden, brauche ich nicht einzeln anzuführen. Dazu möchte ich sagen, daß dies ein politisches Mißverständnis des Glaubens und der Ökumene darstellt. Wenn ein Staatsoberhaupt ein befreundetes Land besucht, gehen im allgemeinen Kontakte zwischen den Instanzen voraus, die den Abschluß eines oder auch mehrerer Verträge zwischen den beiden Staaten vorbereiten: In der Abwägung von Vor- und Nachteilen entsteht der Kompromiß, der schließlich für beide Seiten vorteilhaft erscheint, so daß dann das Vertragswerk unterschrieben werden kann. Aber der Glaube der Christen beruht nicht auf einer Abwägung unserer Vor- und Nachteile. Ein selbstgemachter Glaube ist wertlos. Der Glaube ist nicht etwas, was wir ausdenken oder aushandeln. Er ist die Grundlage, auf der wir leben. Nicht durch Abwägung von Vor- und Nachteilen, sondern nur durch tieferes Hineindenken und Hineinleben in den Glauben wächst Einheit. Auf solche Weise ist in den letzten 50 Jahren, besonders auch seit dem Besuch von Papst Johannes Paul II. vor 30 Jahren viel Gemeinsamkeit gewachsen, für die wir nur dankbar sein können. Ich denke gern an die Begegnung mit der von Bischof Lohse geführten Kommission zurück, in der solches gemeinsames Hineindenken und Hineinleben in den Glauben geübt wurde. Allen, die daran mitgewirkt haben, besonders von katholischer Seite Kardinal Lehmann, möchte ich meinen herzlichen Dank aussprechen. Ich versage mir, weitere Namen zu nennen – der Herr kennt sie alle. Miteinander können wir alle nur dem Herrn danken für die Wege der Einheit, die er uns geführt hat, und in demütigem Vertrauen einstimmen in sein Gebet: Laß uns eins werden, wie du mit dem Vater eins bist, damit die Welt glaube, daß er dich gesandt hat (vgl. Joh 17,21). (rv)

Kardinal Koch: „Kirche ist kein Sündenbock“

Die katholische Kirche muss derzeit vieles erdulden. Unbegründete Kritik bekommt sie auch hinsichtlich ihrer ökumenischen Haltung zu spüren. Das sagt im Gespräch mit Radio Vatikan der päpstliche Ökumene-Verantwortliche, Kurienkardinal Kurt Koch. Seit etwas mehr als ein Jahr leitet der Schweizer den Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen. Seine Bilanz:

„Ich kann immer weniger die Kritik verstehen, die sagt, dass Rom schuld daran sei, dass die Ökumene nicht weiterkommt. Ehrlich gesagt kenne ich keine Kirche, die soviel in die Ökumene investiert wie die katholische Kirche. Trotzdem ist sie immer an allem schuld. Diese Sündenbock-Theorie möchte ich in Frage stellen, weil Ökumene einfach Zeit und Geduld braucht."

Bei den Begegnungen mit Patriarchen, Metropoliten und Vertreter von anderen christlichen Kirchen habe er festgestellt, dass…

„der Heilige Vater schon längst so etwas wie einen ökumenischen Petrusdienst ausübt. Viele suchen das Gespräch mit dem Papst und so ist er ein Bezugspunkt für viele Kirchen geworden. Das find ich sehr schön. Das müssen wir vertiefen und weiterführen. Denn die Ökumene lebt, steht und fällt mit der persönlichen Begegnung."

Im Rahmen des Deutschland-Besuchs von Papst Benedikt XVI. ist am kommenden Freitag eine ökumenische Begegnung vorgesehen. Der Papst will im Augustinerkloster in Erfurt mit 20 Vertretern der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zusammentreffen. (rv)

D: Zollitsch – Teilnahme vieler Protestanten beim Papstbesuch in Deutschland

Auf die Teilnahme vieler Protestanten am kommenden Papstbesuch in Deutschland hofft der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch. Ein Schwerpunkt der Papstreise vom 22.-25. September nach Deutschland ist die Ökumene; Benedikt XVI. hatte selbst im Programm mehr Platz für ökumenische Begegnungen einräumen lassen. Zollitsch zeigte sich am Mittwoch in Freiburg hochzufrieden über die hohen Anmeldezahlen zur Papstreise; sie belaufen sich derzeit auf 40.000 für Berlin, 74.000 für Erfurt und 35.000 für Freiburg. „Überraschend ist für mich, dass besonders in Thüringen das Interesse sehr groß ist", sagte Zollitsch (rv)

D: „Zur Ökumene gibt es keine Alternative“

 „Dass es heute schätzungsweise mehr als 4.000 Kirchen und kirchliche Gemeinschaften gibt, steht im offenkundigen Widerspruch zum Willen des Herrn. Daher gibt es zur Ökumene keine Alternative." Das sagte an diesem Mittwoch Bischof Gerhard Ludwig Müller in Paderborn. Er ist bei der Deutschen Bischofskonferenz für die Ökumene zuständig. Weil Ökumene den deutschen Bischöfen so wichtig sei, seien sie auch dankbar, dass Papst Benedikt XVI. bei seinem Deutschlandbesuch im September „den ökumenischen Begegnungen breiten Raum geben will", fügte Bischof Müller an.
Die Reformation feiert 2017 ihren 500. Jahrestag. An diesem kirchenhistorisch wichtigen Datum kommen auch die deutschen Katholiken nicht vorbei. An diesem Mittwoch widmeten deshalb die Deutschen Bischöfe der Ökumene einen Studientag bei ihrem Treffen in Paderborn. Das Gedenken an Luther und seine Ablassthesen von 1517 erweist sich aber als schwieriges Datum: Katholische Bischöfe hatten sich zunächst eher defensiv zum anlaufenden Gedenken der Protestanten geäußert. Vor einem Rückfall in überholte Positionen warnte etwa der Mainzer Kardinal Karl Lehmann. Reformationsfeiern seien früher oft triumphalistisch ausgefallen. Auch der Ökumene-Beauftragte der Bischofskonferenz, Bischof Gerhard-Ludwig Müller, äußerte die Sorge, dass 2017 als eine wenn auch mildere Neuauflage der bisherigen Jubiläen begangen werde. (rv)

Vatikan: Papst empfängt seinen Ökumene-Beauftragten

Papst Benedikt XVI. hat an diesem Montag Erzbischof Kurt Koch in Castelgandolfo empfangen. Der neue vatikanische Ökumene-Verantwortliche war vergangene Woche Hauptredner beim Ratzinger-Schülerkreistreffen. In seinen beiden Referaten über das Konzil zwischen Tradition und Innovation ging es um die korrekte Deutung und Umsetzung des Konzils im Geflecht von Reform, Kontinuität und Bruch. Über weitere Einzelheiten des Treffens an diesem Montag hat der vatikanische Pressesaal nichts bekannt gegeben. (rv)