D: Bischöfe wollen sich von Weltbild-Konzern trennen

Der Verband der deutschen Bistümer (VDD) will sich von der Verlagsgruppe Weltbild GmbH trennen. Das gab die Bischofskonferenz an diesem Dienstag bekannt. Der Verband selbst hält 24,2 Prozent der Anteile, der Rest gehört einzelnen Bistümern. Die Bischöfe hätten sich an diesem Montag bei der Versammlung des ständigen Rates der Bischofskonferenz über das Thema Weltbild beraten.

In der Erklärung heißt es, die Geschäftsführung kenne „die verpflichtenden Vorgaben der Gesellschafter in Bezug auf die Werteorientierung des Unternehmens". Trotzdem sei es der Geschäftsführung nicht gelungen, den den Verkauf via Internet von Medien, die den ideellen Zielen der Kirche widersprächen, zu unterbinden. Dadurch habe die Glaubwürdigkeit der Verlagsgruppe und auch die der Bistümer gelitten.

Maßnahmen
Man werde jetzt eine Gesellschafterversammlung einberufen, um die notwendigen Schritte bis zum Verkauf zu gehen, „ohne jeden Verzug". Über die Berichterstattung in diversen Medien äußern die Bischöfe, dass sie „die verzerrende und unangemessene Weise der publizistischen Auseinandersetzung mit den anstehenden Fragen namentlich in Medien, die der Kirche nahestehen" bedauern.

Vertrauen
Zugleich sprach die Vollversammlung den beiden vom Verband entsandten Aufsichtsratsmitgliedern, Jesuitenpater Hans Langendörfer und Matthias Meyer, ihr uneingeschränktes Vertrauen aus. Die VDD-Vollversammlung dankt in der Erklärung den beiden Vertretern im Aufsichtsrat für ihre Initiative, die Geschäftsführung zur Einhaltung der kirchlichen Werte anzuhalten.

Verkauf
Zum Verkauf heißt es in der Unternehmensmitteilung, alle Beteiligten seien verpflichtet, zum Erhalt des Unternehmenswertes beizutragen. Die „kirchlichen und sozialen Implikationen" eines Verkaufs der Gruppe verdienten „eine besondere Beachtung". Die Verlagsgruppe Weltbild mit Sitz in Augsburg gehört zu den größten Medienhandelsunternehmen in Europa. Rund 6.500 Mitarbeiter erwirtschafteten zuletzt rund 1,654 Milliarden Euro Umsatz (Geschäftsjahr 2009/2010). Das aus dem katholischen Zeitschriftenverlag Winfried-Werk hervorgegangene Unternehmen ist auf dem Buchmarkt mit mehr als 500 Filialen im deutschsprachigen Raum, einem Onlineshop weltbild.de und im Katalogversandhandel tätig. Neben Büchern und Zeitschriften vertreibt die Verlagsgruppe auch CDs, DVDs, Elektronik, Geschenkartikel und Haushaltsartikel. Weltbild ist unter anderem zu 50 Prozent an der Verlagsgruppe DroemerKnaur beteiligt.

Geschäftsführer übernimmt Verantwortung
Nach Bekanntwerden des Beschlusses äußerte sich der Geschäftsführer der Verlagsgruppe Weltbild, Carel Halff, gegenüber der Katholischen Nachrichtenagentur: „Ich nehme das sehr ernst, es ist ein sehr schmerzhafter Moment". Halff räumte ein, dass die Geschäftsführung kein besonderes Augenmerk auf problematische, teilweise pornografische Inhalte gehabt habe. „Wer sucht bitte bei Weltbild nach diesen Titeln?" Er bedaure zutiefst, „dass durch einzelne Internetangebote, mögen sie wirtschaftlich noch so unbedeutend gewesen sein, die Glaubwürdigkeit des Unternehmens und der Gesellschafter gelitten hat". Nun gelte es, einen neuen und geeigneten Inhaber für das Unternehmen zu suchen. Dies werde angesichts der Komplexität von Weltbild nicht innerhalb von ein paar Wochen gelingen. Der Zeitraum werde „eher bei 18 als bei 12 Monaten" liegen.

Personelle Veränderungen
Die Gesellschafter von Weltbild beschlossen auch personelle Veränderungen im Aufsichtsrat. Wie das Unternehmen mitteilte, scheiden die früheren Finanzdirektoren Sebastian Anneser (München und Freising), Adolf Bauer (Diözese Würzburg) und Klaus Donaubauer (Diözese Augsburg) aus dem Aufsichtsrat aus. An ihre Stelle treten die Generalvikare Peter Beer (Erzbistum München und Freising), Michael Fuchs (Bistum Regensburg) und Georg Holkenbrink (Bistum Trier). Neben Langendörfer und Meyer bleiben auch die Aufsichtsratsmitglieder Paul-Bernhard Kallen, Albert Post (Bistum Fulda) und Stefan Schnittmann weiterhin im Aufsichtsrat. (rv)

Deutsche Bischofskonferenz: Bilanz des Vorsitzenden zur Vollversammlung

In Fulda ist an diesem Freitag die Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz zu Ende gegangen. Die Ergebnisse wurden an diesem Nachmittag der Presse vorgestellt.

Papstbesuch
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, zog vor Journalisten auf der Schluss-Pressekonferenz zunächst mal eine positive Bilanz des Papstbesuches: Er sei „wahrhaft historisch" gewesen.

„Ohne übertreiben zu wollen, möchte ich sagen: Die Tage mit Papst Benedikt XVI. waren ein Ereignis für ganz Deutschland und haben großes Interesse auf nationaler und internationaler Ebene ausgelöst. Der Besuch des Heiligen Vaters hat die Einheit der Kirche gezeigt und gestärkt. Der Papst fühlt sich getragen durch die deutschen Bischöfe."

Die Bischöfe hätten sich ausführlich mit den Ansprachen des Papstes in Deutschland beschäftigt; sie wollten die „wertvollen Impulse" aufnehmen.

„Es mutet allerdings teilweise grotesk und verwunderlich an, wenn jetzt bereits einige genau kontrollieren wollen, ob sich die deutschen Bischöfe an das halten, was der Heilige Vater gesagt hat; dabei wollen sie selber bestimmen, was er gesagt hat."

Beim Treffen mit der evangelischen Kirche in Erfurt habe sich Benedikt XVI. „auf den Reformator Martin Luther zu bewegt", aber vor einem „kurzschlüssigen Ökumeneverständnis" gewarnt.

„In aller Deutlichkeit: Das wirklich Große an der ökumenischen Begegnung war, dass sie stattgefunden hat und vor allem, dass sie an diesem Ort stattfand. Wer hätte vor 50 Jahren gedacht, dass jemals ein Papst die Schwelle des Klosters überschreiten würde, in dem Martin Luther Mönch gewesen ist?"

Die Rede Benedikts XVI. im Freiburger Konzerthaus habe „einen kräftigen Impuls für die Bestimmung des Weges der Kirche" gegeben, so Erzbischof Zollitsch. Sie bedeute aber keineswegs, dass der Papst „der Kirche in Deutschland einen Rückzug aus dem öffentlichen Engagement anraten wolle".

„Wortwahl und Gedankenführung weisen nicht darauf hin, dass er von der Kirche in Deutschland eine grundstürzend neue Verfassung erwartet. Ihm geht es um die richtige Verbindung von christlichem Weltdienst aus dem Glauben und christlicher Kritik und Distanz gegenüber der modernen Welt mit ihren vielen Defiziten und Fragen. In diesem Zusammenhang spricht er von der Abschaffung von „Privilegien", ohne damit die kurzschlüssige, antikirchliche Verwendung dieses Wortes als eines Kampfbegriffs fördern zu wollen."

Papst Benedikt XVI. habe alle Christen ermutigt, „die Gesellschaft im Geist Jesu Christi zu prägen und sich so mitten hinein in die Fragen und Sorgen der Menschen von heute zu begeben". Die Kirche solle dabei „zu mehr Einfachheit und Eindeutigkeit finden und sich nicht auf falsche Stützen verlassen".

„Im Klartext: Der Papst spricht nicht von der Abschaffung des Kirchensteuersystems. Es handelt sich dabei auch nicht – wie fälschlicherweise behauptet wird – um Privilegien der Kirche, sondern um die institutionelle Ausgestaltung der Religionsfreiheit."

Der Papst habe auch keineswegs „zur Ablösung der Staatsleistungen" an die deutsche Kirche aufgefordert. „Wir verstellen uns der Debatte aber nicht", so Zollitsch wörtlich: Schon heute träfen die Kirche und einzelne Bundesländer immer wieder Absprachen über Änderungen einzelner Staatsleistungen. Die Verfassung gehe von einer Ablösung der Staatsleistungen aus, doch seien damit „sehr erhebliche Kostenverpflichtungen" verbunden.

„Die Kirche wird sich Lösungen nicht verschließen, wenn diese ausgewogen sind. Die Entscheidung liegt bei den betroffenen Bistümern. Konkrete Überlegungen gibt es gegenwärtig nicht."

Gespächsprozess
Ein weiteres Thema der Beratungen der Bischofskonferenz war der Gesprächsprozess in der deutschen Kirche. Zollitsch kündigte an, dass dazu Mitte September 2012 eine weitere „Jahreszusammenkunft" stattfinden wird, diesmal mit dem Thema „Unsere Verantwortung in der freien Gesellschaft". Zwar habe Benedikt in seinen Redetexten in Deutschland den Gesprächsprozess nicht direkt angesprochen. Trotzdem gelte:

„Durch die Reise von Papst Benedikt fühlen wir uns zur Fortsetzung dieses Weges gestärkt. Zu Recht warnt der Papst vor zu vielen Strukturen, um gleichzeitig daran zu erinnern, dass wir bei allem Nachdenken und Handeln uns auf den Kern des Glaubens und der Glaubensverkündigung konzentrieren sollen."

Fragen der Seelsorge
Die Journalisten in Fulda sprachen den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz auch auf sein Interview in der Wochenzeitung „Die Zeit" in diesem Sommer an. Darin hatte er noch vor dem Kommen des Papstes mehr Barmherzigkeit in der Seelsorge gewünscht, vor allem mit Blick auf Katholiken, die geschieden und wiederverheiratet sind. Zollitsch stellte dazu klar:

„Ich habe nie die Unauflöslichkeit der Ehe in Frage gestellt. Wer das hineininterpretiert in meine Äußerungen, der interpretiert etwas Falsches hinein! Ich gehe selbstverständlich von der Unauflöslichkeit der Ehe aus, und ich sehe dann, wenn vierzig Prozent der Ehen in Deutschland leider scheitern, dass wir damit eine pastorale Aufgabe haben. Wir werden an der Frage dranbleiben und das auch beim nächsten Ständigen Rat miteinander besprechen." (rv)

D: Neuer stellvertretender Vorsitzender der DBK

Die Deutsche Bischofskonferenz hat einen neuen stellvertretenden Vorsitzenden: Der Hildesheimer Bischof Norbert Trelle ist zum Nachfolger von Heinrich Mussinghoff gewählt worden, der nach zwei Amtszeiten nicht mehr kandidieren durfte. Im Rahmen der Neubesetzung der einzelnen Leitungsämter wurde außerdem Bischof Gebhard Fürst erneut zum Medienbischof und Bischof Gerhard Ludwig Müller wieder zum Ökumenebeauftragten der Bischofskonferenz gewählt. (rv)

D: Wiederverheiratete, „eine Frage der Barmherzigkeit“

Es ist für ihn eine „Frage der Barmherzigkeit": Der Freiburger Erzbischof, Robert Zollitsch, rechnet mit Reformen im Umgang der Kirche mit Menschen, die geschieden und wiederverheiratet sind. Der Wochenzeitung „Die Zeit" sagte er wenige Wochen vor dem Papstbesuch in Deutschland – und auch in Freiburg – wörtlich: "Wir stehen ja ganz allgemein vor der Frage, wie wir Menschen helfen, deren Leben in wichtigen Dingen unglücklich verlaufen ist. Dazu gehört auch eine gescheiterte Ehe."

„Darüber werden wir in nächster Zeit intensiv sprechen", so Zollitsch. Und er zeigt sich überzeugt, dass die katholische Kirche in den nächsten Jahren in dieser Frage weiterkomme. Der Erzbischof bezieht sich in dem Interview auch auf Bundespräsident Christian Wulff, der als Katholik geschieden ist und wieder geheiratet hat: Wulff sei ein Katholik, der „seinen Glauben lebt und darunter leidet, wie die Situation ist".

„Erzbischof Zollitsch hat in keiner Weise die Unauflösbarkeit der Ehe in Frage gestellt. Das steht auch überhaupt nicht zur Disposition, das ist in der katholischen Kirche selbstverständlicher Bestandteil ihres Glaubens."

Darauf weist der Freiburger Moraltheologe Eberhard Schockenhoff hin. Er hat gerade ein Buch zum Thema geschrieben – der Titel: „Chancen zur Versöhnung"… mit Fragezeichen. Im Gespräch mit dem Kölner Domradio meint er:

„Was Erzbischof Zollitsch angemahnt hat, ist ein barmherziger Umgang mit denjenigen Christen, die in ihrer ersten Ehe gescheitert sind, vielleicht auch schuldlos verlassen wurden, und die nun aus Gründen, die sie in ihrem Gewissen, in der Deutung ihrer Lebenserfahrung verantworten können, ein zweites Mal geheiratet haben, vielleicht auch um Verantwortung für den Partner und Kinder, die in dieser zweiten Ehe leben, zu übernehmen."

Diese Christen sind von Sakramenten ausgeschlossen. Überdies, und das ist weniger bekannt, sind sie auch mit anderen Kirchenstrafen belegt: Sie dürfen zum Beispiel kein kirchliches Amt übernehmen, im Pfarrgemeinderat oder als Lektor. Bei einem kirchlichen Dienstherrn müssen sie sogar die Kündigung befürchten.

„Da lautet der Vorstoß nun, dass diese kirchenrechtlichen Disziplinarmaßnahmen, die die Kirche bisher für unabdingbar hält, überprüft werden und dass man einen anderen Weg geht, der barmherziger ist und der auch mehr dem Wesen der Eucharistiefeier entspricht, die ja nicht nur eine Anerkennung für tadelloses Verhalten darstellt, auch nicht nur die Dankesfeier der Erlösten ist, sondern gleichzeitig auch selbst sündenvergebende Kraft hat: der ausgestreckte Arm der Liebe Gottes, den er auch den Sündern hinhält, so dass auch die wiederverheirateten Geschiedenen an der Eucharistiefeier teilnehmen könnten. Dadurch würde deutlich, dass die Kirche auch Versöhnungsgemeinschaft ist."

Das ist sie allerdings auch jetzt schon. So besteht etwa unter kirchenrechtlich genau umrissenen Bedingungen die Möglichkeit abzuklären, ob die Ehe wirklich gültig zustande gekommen ist. Wenn nicht, kann sie annulliert werden, was den Weg für eine neue kirchliche Ehe freimacht. Zugegeben: ein manchmal langwieriges Verfahren, dessen Ausgang überdies von Fall zu Fall offen ist. Dem Moraltheologen Schockenhoff geht es aber um einen anderen Fall: Eine erste Ehe hatte Bestand, war gültig – und scheiterte. Wenn ein katholischer Partner in einer solchen Situation eine neue Verbindung eingehe, dann müsse es doch eine Möglichkeit geben, ihn zu den Sakramenten zuzulassen, vor allem zum Empfang der Kommunion.
„Das könnte die Kirche einmal dadurch tun, dass sie die Gewissensentscheidung der Betreffenden anerkennt und das moralische Verdikt, das über einer zivilen Zweitehe liegt, aufhebt. Wie gesagt, das kann ein verantwortlicher Weg sein, man kann von außen nicht jede Entscheidung für eine zivile Zweitehe als objektiv schwere Sünde qualifizieren. Man kann das Leben in einer zivilen Zweitehe auch nicht als fortgesetzten Ehebruch darstellen, wie das die kirchenamtliche Lösung tut. Sondern es ist durchaus möglich, dass die Einzelnen, auch wenn sie Schuldanteile beim Zerbrechen der ersten Ehe zu bereuen haben, das wiedergutmachen. Damit sie nun in der zweiten Ehe das leben können, was eigentlich von den menschlichen Werten her, auch nach katholischem Verständnis, einer Ehe entspricht: also Treue, Entschiedenheit für einander, das gegenseitige für einander Einstehen, Verantwortung für die Kinder."

Das wäre dann nicht „Ausdruck von Verantwortungslosigkeit oder von Verharren in offensichtlicher öffentlicher Sünde", sondern könne „durchaus ein verantwortlicher Lebensweg sein", glaubt Schockenhoff. Und wörtlich: „Das sollte die Kirche aus Respekt vor der Lebenserfahrung ihrer Gläubigen und ihrem eigenen Gewissensurteil anerkennen."

„Und diese Anerkennung könnte sie dadurch zum Ausdruck bringen, zum Beispiel in einer Segensfeier für in einer zivilen Zweitehe lebende Christen oder in einem Akt der
Wiederaufnahme in die Kommunionsgemeinschaft, da gäbe es verschiedene Möglichkeiten. Mit seinem Vorstoß möchte Erzbischof Zollitsch die Debatte innerhalb der deutschen Diözesen darüber eröffnen. Das ist sicher auch im Zusammenhang mit dem Dialogprozess zu sehen."

Beim Dialogprozess der deutschen Kirche, der vor kurzem in Mannheim startete, war tatsächlich der Ruf nach einer barmherziger auftretenden Kirche deutlich zu hören. Schockenhoff glaubt, dass im Rahmen des Dialogprozesses – und in der Tradition eines berühmten Hirtenbriefes von oberrheinischen Bischöfen vor zwanzig Jahren – die deutsche Kirche vielleicht zu einem neuen Umgang mit Geschiedenen und Wiederverheirateten findet. Dazu müssten sich jetzt die einzelnen Bischöfe einmal über die Frage austauschen.

Der erste, der damit anfängt, ist der Kölner Kardinal Joachim Meisner: Er hat sich, nachdem ihn viele Anfragen erreichten, den kompletten Text des Interviews mit Erzbischof Zollitsch kommen lassen.

„Und da war ich doch zunächst positiv überrascht – das muss ich ehrlich sagen – aufgrund der vielen Anfragen. Das erste, was ich sagen muss: Ich war froh, dass der Erzbischof von Freiburg das Interview gegeben hat und nicht der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Denn wenn der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz ein solches Interview gibt, dann kann er nur der Sprecher aller Bischöfe sein und dann muss er sich auch des Konsenses der Bischöfe vergewissern. Aber so hat der Erzbischof von Freiburg ein Interview gegeben und ich betone es noch einmal: Ich war sehr berührt von dem Glaubenszeugnis, das er darin gegeben hat."

Allerdings sieht der Kardinal von Köln nicht viel Spielraum für die Kirche, sich gegenüber Geschiedenen und Wiederverheirateten barmherziger zu gebärden. Schließlich dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass die Kirche an der Unauflöslichkeit der Ehe rüttle.

„Ich kann nur ganz schlicht Folgendes sagen: Die Ehe ist und bleibt unauflöslich. Und zwar ist das keine Marotte der Kirche, sondern die Ehe ist die reale Repräsentanz für die unaufkündbare Hingabe Christi an die Kirche und damit an die Welt. Und das macht auch die große Würde und die Schönheit und vielleicht auch die Last der Ehe aus, weil die Hingabe Christi an die Welt, an die Menschen, an die Kirche unkündbar ist. Deswegen kann ich mir nicht vorstellen, dass die Unauflöslichkeit der Ehe von der Kirche aufgegeben werden kann."

Schon in der Bibel ist die unkündbare Ehe Abbild des dauerhaften Bundes Gottes mit seinem Volk. Das weiß auch der Moraltheologe Schockenhoff.

„In die Theologie der Ehe müssen natürlich die Unauflöslichkeit der Ehe, die Forderung nach Einhaltung der ehelichen Treue, die Monogamie, die Ausrichtung auf Kinder, als Grundaussagen auf weltkirchlicher Ebene gemeinsam bekannt werden. Das gehört zum katholischen Glaubensverständnis."

Das sei das eine – die seelsorgerische Praxis im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen sei aber das andere, meint Schockenhoff.

„Da könnte auch eine Ortskirche einen Vorstoß wagen, der dann von der Weltkirche zunächst einmal entgegengenommen oder auch positiv angenommen wird. Das müsste also nicht immer ein Akt des Papstes von oben sein, sondern da könnten auch die deutschen Diözesen untereinander, vielleicht als Ergebnis des Dialogprozesses, zu einer Neuregelung kommen".

Der Papst immerhin wird gelegentlich auch von Priestern darauf angesprochen, ob sie nicht barmherziger verfahren können mit wiederverheiratet Geschiedenen, die zu ihnen in die Kirche kommen.

„Ja, das ist ein schmerzliches Problem, und gewiss gibt es kein einfaches Rezept, mit dem es gelöst werden könnte. Wir alle leiden unter diesem Problem, weil wir alle in unserer Nähe Menschen haben, die sich in solchen Situationen befinden. Und wir wissen, dass es für sie schmerzhaft und leidvoll ist, weil sie in voller Gemeinschaft mit der Kirche stehen wollen."

Das meinte Benedikt XVI. im Sommer 2007 bei einem Frage-Antwort-Auftritt mit Priestern im Aosta-Tal. Was tun? Der Papst setzt zunächst einmal auf Prävention: Bessere Ehevorbereitung vor allem. Ein Priester könne heute nicht mehr einfach davon ausgehen, dass zwei Partner vor dem Altar heiraten wollen, weil sie wirklich zu einer christlichen Ehe entschlossen sind. Vielleicht geht es den beiden ja auch nur um ein schönes Foto fürs Familienalbum: Hochzeit in Weiß, weil das alle so machen.

„Und das, was heute alle tun, entspricht nicht mehr einfach nur der natürlichen Ehe gemäß dem Schöpfer, gemäß der Schöpfung. Das, was die meisten tun, ist zu heiraten mit der Vorstellung, dass die Ehe eines Tages scheitern könnte und man so eine andere, eine dritte und eine vierte Ehe eingehen könne. Dieses Modell »wie alle es tun« wird so zu einem Modell, das im Gegensatz zu dem steht, was die Natur sagt. So wird es normal, zu heiraten, sich scheiden zu lassen, sich wiederzuverheiraten, und niemand meint, dass es etwas sei, das gegen die menschliche Natur geht, oder wenigstens findet man nur sehr schwer jemanden, der so denkt."

Als Benedikt XVI. New York besuchte, da ging auch der frühere Bürgermeister Rudy Giuliani bei der Papstmesse in der St. Patrick Cathedral zur Kommunion: ein Katholik, der mittlerweile zum dritten Mal verheiratet ist. Benedikt XVI. betont: Die Priester müssten schon bei der Ehevorbereitung ganz klar machen, dass die kirchliche Ehe nicht auflösbar ist.

„Wir müssen hinter dem, was alle tun, das wiederentdecken, was die Natur selbst uns sagt. Und sie sagt etwas anderes als das, was heute zur Gewohnheit geworden ist. Sie lädt uns nämlich ein zu einer Ehe für das ganze Leben, in lebenslanger Treue, auch mit den Leiden, die das gemeinsame Wachsen in der Liebe mit sich bringt."

Doch der Papst aus Deutschland ist Realist: „Die Vorbereitung allein genügt nicht; die großen Krisen kommen später", sagt er. Und darum sei „eine ständige Begleitung" der Eheleute „wenigstens in den ersten zehn Jahren sehr wichtig". Aus seiner Sicht eine Aufgabe für die Pfarreien: nicht nur für die Seelsorger, sondern auch für Familien, die schon durch Krisen gegangen sind.

„Es ist wichtig, dass es ein Netzwerk von Familien gibt, die einander helfen, und verschiedene Bewegungen können hier einen großen Beitrag leisten."

Und wenn die Ehe trotzdem scheitert? Dann verweist Benedikt XVI. als erstes auf die Möglichkeit des Ehenichtigkeits-Verfahrens. Aber:

„Wenn es eine wirkliche Ehe war und sie also nicht wieder heiraten können, dann hilft die ständige Gegenwart der Kirche diesen Personen, eine andere Form des Leidens zu tragen: … das Leiden, in einer neuen Bindung zu stehen, die nicht die sakramentale Bindung ist und die daher die volle Gemeinschaft in den Sakramenten der Kirche nicht zulässt. Hier muss gelehrt und gelernt werden, mit diesem Leiden zu leben."

Der Papst ist davon überzeugt, dass die Menschen unserer Zeit ganz allgemein wieder „den Wert des Leidens lernen" und Leiden aushalten sollten.

„Wir müssen lernen, dass das Leiden eine sehr positive Wirklichkeit sein kann, die uns dabei hilft zu reifen, mehr zu uns selbst zu kommen, näher beim Herrn zu sein, der für uns gelitten hat und der mit uns leidet. Auch in dieser Lage ist daher die Gegenwart des Priesters, der Familien, der Bewegungen, die persönliche und gemeinschaftliche Nähe, die Hilfe der Nächstenliebe, eine ganz besondere Liebe, außerordentlich wichtig."

Die Christen sollten wiederverheiratet Geschiedenen „in vielerlei Form" ihre Liebe zeigen und ihnen zur Seite stehen. Dann könnten die Betroffenen erkennen, dass sie „von Christus geliebte Menschen" sind und „Glieder der Kirche, auch wenn sie sich in einer schwierigen Situation befinden".

Zurück zur Debatte in Deutschland: Der Nuntius hat in dieser Frage vor überhöhten Erwartungen an den Papstbesuch gewarnt. In Sachen wiederverheirat Geschiedene sei die Lehre der Kirche klar und mit einer Veränderung nicht zu rechnen", so Erzbischof Jean-Claude Périsset. (rv)

Dialogprozess in Mannheim: „Ein neuer Stil, eine neue Sprachfähigkeit“

Der Dialogprozess in der deutschen Kirche hat begonnen: Anderthalb Tage lang saßen in Mannheim 300 Katholiken hinter verschlossenen Türen zusammen, um ins Gespräch zu kommen. Direkter Auslöser der Initiative waren die Missbrauchs-Skandale im letzten Jahr, die zu einem massiven Vertrauenverlust der Kirche gegenüber geführt haben. Die deutschen Bischöfe zogen ein positives Fazit des Auftaktes von Mannheim: Erzbischof Robert Zollitsch sprach von einer „neuen Kommunikations- und Sprachfähigkeit" in der deutschen Kirche. Er werde die Ergebnisse des Treffens in den kommenden Wochen auswerten, so der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz.

Nach zwei Tagen intensiver Diskussion, des Gebets und des gemeinsamen Gottesdienstes traten einige der Vertreter vor die Presse und zogen am Samstag Mittag Bilanz. So zeigte sich Bischof Fanz-Josef Bode, in der Bischofskonferenz zuständig für pastorale Grundfragen, von Beginn an zufrieden, nicht zuletzt auch auf Grund des Aufbaus der Gespräche,

„denn wir haben nicht einfach damit angefangen, dass auf der einen Seite Bischöfe sitzen, auf der anderen Seite alle anderen, und jetzt werden die Dinge und Probleme und Fragen vorgertragen, sondern in dieser einzigartigen Mischung, in der wir hier zusammen waren, haben wir erst einmal danach gefragt, was wir gemeinsam an Befürchtungen haben, was an gemeinsamen Hoffnungen da ist, wo unsere gemeinsamen Quellen liegen und wo wir unsere Bilder von Kirche und unsere Erwartungen an Kirche haben."

Für den Prozess sollen nicht jede Menge neuer Veranstaltungen erfunden werden, er soll sich in bereits geplanten Treffen abspielen, bei Katholikentagen und anderem. Dazu gehört auch der Papstbesuch in Deutschland. Darauf wies der Sekretär der Bischofskonferenz, Jesuitenpater Hans Langendörfer, hin:

„Besonders schön finde ich, dass Erzbischof Zollitsch heute sagte, dass der Papst daran interessiert ist, zu erfahren, was ein Gesprächs- und Dialogprozess in der Deutschen Bischofskonferenz ist, und zwar im Vorfeld seiner Deutschlandreise. Das Gespräch wird im Sommer stattfinden. Und diejenigen, die hier waren, sind ihrerseits eingeladen, wenn sie es ermöglichen können und wollen, an der programmatischen Abschlussrede des Papstes in Freiburg teilzunehmen. Das ist das Korrespondenzstück zu der Bundestagsrede. Wenn eine ganze Reihe von Anwesenden von hier auch da wäre, dann mag das symbolisch sein, aber es schafft eine Verknüpfung."

Eine Verknüpfung, die die Einzelereignisse in dem Prozess zusammenbringt. Bischof Bode wies auf die ersten Früchte hin, die sich schon jetzt, nach dem Auftakt zeigen:

„Natürlich ist es ein Anfang, aber es hat einen Stil gebildet, den wir nicht unterschätzen dürfen. Deshalb bin ich davon überzeugt, dass das nicht fruchtlos bleibt. Ich habe gestern gesagt, der Grundwasserspiegel des Vertrauens und des Miteinanders hat sich gehoben, und auf einem solchen Grundwasserspiegel lässt sich dann auch weiter auch über schwierigere Fragen nachdenken."

Und diese Themen werden den Prozess in der nächsten Zeit sicherlich begleiten. Alle Teilnehmer an der Pressekonferenz in Mannheim waren sich einig, dass das Rufen von Schlagworten und nach schnellen Änderungen zunächst nicht weiter führt. Bischof Bode:

„Wie gestalten wir Kirche überhaupt im Miteinander von Männern und Frauen, in Partizipazion, im Umgang mit Scheitern, mit schwierigen Lebenssituationen, wie werden wir kommunikationsfähig in einer Gesellschaft, die so viele Krisen durchlebt – auch das ist ja in den letzten Jahren dazu gekommen, dass wir erhebliche Krisen bis in die Tiefe der Gesellschaft erleben; was machen wir in diesem Heute eigentlich mit Kirche? Dann werden manche Fragen etwas relativiert, weil es noch um viel herausforderndere Dinge geht als um die, die manchmal als erste genannt werden." (rv)

D: Zollitsch – Teilnahme vieler Protestanten beim Papstbesuch in Deutschland

Auf die Teilnahme vieler Protestanten am kommenden Papstbesuch in Deutschland hofft der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch. Ein Schwerpunkt der Papstreise vom 22.-25. September nach Deutschland ist die Ökumene; Benedikt XVI. hatte selbst im Programm mehr Platz für ökumenische Begegnungen einräumen lassen. Zollitsch zeigte sich am Mittwoch in Freiburg hochzufrieden über die hohen Anmeldezahlen zur Papstreise; sie belaufen sich derzeit auf 40.000 für Berlin, 74.000 für Erfurt und 35.000 für Freiburg. „Überraschend ist für mich, dass besonders in Thüringen das Interesse sehr groß ist", sagte Zollitsch (rv)

D: Flüchtlingspolitik, DBK kritisiert Italien

Der Vorsitzende der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Norbert Trelle, hat den Umgang Italiens mit den aktuellen Flüchtlingsbewegungen aus Nordafrika kritisiert. „Dass der italienische Staat offenbar auf Kosten der Menschen bewusst die Zuspitzung der Situation in Kauf nimmt, um politischen Druck aufzubauen, ist inakzeptabel", sagte Trelle am Donnerstag in Hildesheim auf Anfrage. Ebenso sei es „völlig unangebracht", in diesem Zusammenhang etwa von „Tsunamis" zu sprechen. Dies schüre populistisch Ängste, so der Hildesheimer Bischof. Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi hatte die Flüchtlinge aus Nordafrika als „menschlichen Tsunami" bezeichnet.
Grundsätzlich habe jeder Migrant das Recht auf menschenwürdige Behandlung, unterstrich der Bischof. Trelle forderte die europäischen Staaten zugleich auf, glaubwürdig und konkret über eine gerechte Migrationspolitik nachzudenken, die eine weitere Perspektive als die bisherige, weitgehend auf Abschottung gerichtete Praxis habe. Diese Politik müsse endlich den Anspruch einlösen, mit den Staaten des Südens eine gleichberechtigte Partnerschaft eingehen zu wollen, betonte der Bischof. Eine Migrationspolitik, die etwa mit Hilfe der EU-Grenzschutzagentur FRONTEX bereits die Ausreise aus den nordafrikanischen Staaten verhindere, werfe „große menschenrechtliche Probleme" auf.
Der Vatikan hatte an diesem Mittwoch die Flüchtlingspolitik der Europäischen Union kritisiert: diese würde sich beim Flüchtlingsproblem streiten, anstatt zusammenzuarbeiten, so Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone nach Angaben von Adnkronos.
(rv)

Zollitsch: „Wir sind klar gegen PID“

 Die Debatte um die Präimplantationsdiagnostik – kurz PID – wird offenbar verschoben. Eigentlich hätte der Bundestag bereits vor zwei Wochen darüber befinden sollen. Wegen der Katastrophe in Japan wurde dann die Debatte an diesem Donnerstag ins Auge gefasst. Nun heißt es aber, dass die Erörterung auf den 14. April verschoben werde. Die Meinungen bleiben gespalten, eine klare Mehrheit für oder gegen die Einführung der umstrittenen Diagnostik zeichnet sich nicht ab.
Die katholische Kirche spricht jedenfalls Klartext in Sachen PID. Das sagte im Gespräch mit uns der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch.
„Wir selber haben eine klare Position als katholische Kirche: Es gibt keine Möglichkeit für die Präimplantationsdiagnostik. Denn das würde bedeuten, Menschen auf diese Weise auszuwählen, und somit wären wir Herren über das Leben. Es war gut, dass auf dem CDU-Parteitag in Karlsruhe dieses Thema sehr lebhaft diskutiert wurde. Unsere Haltung gewann dort, allerdings nur mit einer schwachen Mehrheit."
Nach Informationen der Katholischen Nachrichten-Agentur liegen die strikten Gegner der PID um die Abgeordneten Katrin Göring-Eckardt (Grüne) und Johannes Singhammer (CSU) sowie die Gruppe mit dem liberalsten Ansatz um Ulrike Flach (FDP) und Peter Hintze (CDU) mit jeweils rund 190 Unterschriften ungefähr gleichauf.
„Wir haben im Augenblick drei verschiedene Vorschläge im Bundestag. Gott sei Dank lautet einer davon, dass es keine Ausnahme bei der Diagnostik geben soll. Ich hoffe, dass es in der Diskussion im Bundestag gelingt, sie im gleichen Ernst wie auf dem CDU-Parteitag zu führen. Die Abgeordneten sollen erkennen, hier ist eine Grenze, die dürfen wir nicht überschreiten. Wenn wir das aber tun, dann ist ein Damm gebrochen, und wir machen uns zum Herrn über den Menschen. Wir dürfen nicht aufhören, das den Bürgern bewusst zu machen!" (rv)

Zollitsch: „Mit dem Papst über Theologen-Memorandum gesprochen“

Zu Gast bei Radio Vatikan war an diesem Freitagnachmittag der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch. Wir haben mit ihm über die Papstreise, den Dialogprozess und das Theologenmemorandum gesprochen.
Deutschlandreise des Papstes
Bundesministerin Annette Schavan hat Radio Vatikan gegenüber im Interview gesagt, der Papst sei „innerlich sehr beschäftigt" mit seinem bevorstehenden Deutschlandbesuch. Haben Sie das bei Ihrer Audienz auch so erlebt?
„Ja. Ich konnte ausführlich mit dem Heiligen Vater über seinen Besuch sprechen, wir haben die einzelnen Stationen miteinander besprochen. Er ist auch sehr interessiert daran, welche Botschaft in Berlin von ihm erwartet wird, denn die Rede im Deutschen Bundestag ist etwas Besonderes und für ihn eine Chance, dem deutschen Volk, seinem Volk, einiges zu sagen. Das beschäftigt ihn sehr bewusst. Ihn beschäftigt auch die Frage, wie katholische Kirche in Berlin lebendig wird und wie der Gottesdienst, den wir dort feiern, für möglichst viele Berliner zu einem Zeugnis des Glaubens wird.
Ein besonderer Schwerpunkt ist für ihn dann die Begegnung mit der evangelischen Kirche in Erfurt. Der Papst selber hat Wert darauf gelegt, dass mehr Zeit eingeplant wird für die Begegnung mit den Vertretern der evangelischen Kirche, dass es einerseits ein Gespräch gibt und zum anderen auch eine gemeinsame Form des Gottesdienstes, des Gebetes – weil er zeigen will, dass wir nicht nur die sind, die miteinander sprechen oder gar übereinander sprechen, sondern vor allem auch die, die gemeinsam zu Gott sprechen und damit gemeinsam auf einem Weg sind. Da überlegt er sich sehr intensiv, welche Botschaft von ihm in Erfurt erwartet wird und welche er dort mitbringen kann.
Dann ist für ihn auch eine schöne Station Freiburg selber, was der Schwerpunkt sein wird. Dort feiern wir den großen Gottesdienst am Sonntag, am Abend zuvor ist eine Vigilfeier mit der Jugend, auf die er sich besonders freut. Er hat sich erinnert an eine Vigilfeier beim Katholikentag 1978 in Freiburg mit Mutter Teresa und hat auch noch hinzugefügt, „Das war zur Zeit von Papst Johannes Paul I.". Das ist ihm sehr lebendig in Erinnerung.
Diese Fragen beschäftigen ihn, und er ist dankbar, wenn wir ihm auch unsere Hinweise geben, unsere Wünsche formulieren, unsere Anregungen. Er sagte mir, dass er dann im August in Castelgandolfo genauer überlegen wird, was Herausforderung, was Chance und was die Botschaft ist, so dass die beiden Schwerpunkte, die Frage nach Gott und nach der Zukunft, auch wirklich durchkommen."
Der Dialogprozess
Herr Erzbischof, die deutschen Bischöfe haben einen Brief an die Gemeinden geschrieben. Gab es da schon erste Rückmeldungen oder Reaktionen?
„Wir wollen die Gemeinden damit einladen, den Weg des Dialoges und Gespräches mitzugehen und sich engagiert daran zu beteiligen. Zugleich wollen wir das tun im Bewußtsein, dass wir gemeinsam auf dem Weg sind, gemeinsam auf Gott und auf einander hören wollen.
Ich habe verschiedene Echos gehört, was mich freut – denn es zeigt, dass Interesse da ist.
Es sind viele dankbar dafür, dass wir gemeinsam einen Weg nach vorne gehen wollen und dass die Fragen, die da sind, angesprochen werden sollen und dass wir schauen wollen, wie uns Gott den Weg in die Zukunft zeigt. Es sind auch manche Echos gekommen, die mir sagten, dass sie das noch etwas konkreter erwartet hätten, dass wir noch konkreter hätten sagen können, was die Herausforderungen sind, aber wir wollten ja nicht als Bischöfe die Vorgaben machen, um welche die Themen es geht, sondern wir wollen einladen, gemeinsam diesen Weg zu gehen und dann die großen zentralen Anliegen im Blick auf das Evangelium miteinander zu klären versuchen… und uns dabei Wege zeigen zu lassen, vor allem wenn wir auf einander und gemeinsam auf Gott hören."
Auffällig war, dass Sie vor einer Emotionalisierung der Debatte gewarnt haben. Was ist daran so gefährlich?
„Die Gefahr besteht, dass jeder Forderungen stellt, die nach seiner Weise erfüllt werden müssen, bevor man miteinander spricht. Das halte ich für gefährlich, denn man muss erst miteinander sprechen, um dann auch zu erkennen, wie die Position des anderen ist, was meine Position ist und wie ich die dann auch darlegen kann. Wir sollten nicht zuerst sagen, dass dies oder jenes erfüllt sein muss, bevor wir uns auf den Weg machen. Wir sollen den Mut haben, zu sagen: ‚Wir machen uns gemeinsam auf den Weg’. Emotionen sind in Gefahr, den anderen zu verletzen, sind in Gefahr, dass man sich selber verschließt, und nur auf sich selbst zu sehen und bei sich selbst zu verharren.
Die Gefahr ist doch die: Man kann auf Barrikaden nicht miteinander diskutieren, und Emotionen können leicht auf Barrikaden führen. Also ist das Anliegen, sachlich, menschlich so miteinander zu sprechen, dass ich dem anderen dabei ins Auge sehen kann, ohne ihn zu verletzen. Dann können wir auch das Gemeinsame viel besser finden, denn Verletzungen verschließen."
Wie macht man das? Wie komme ich über den moralischen Appell, offen miteinander zu reden, hinaus? Wie strukturiere ich das so, dass alle Parteien eben nicht diese Emotionalisierung betreiben?
„Wir machen in der Erzdiözese Freiburg den Versuch über eine Hilfe, die wir geben, die „Dialogbox". Dort wird angeregt, wie man miteinander spricht, welche Fragen wir stellen, wie wir aufeinander zugehen. Und wir laden auch ein, das Gespräch über all diese Fragen schon mit einer geistlichen Besinnung und im Gebet mit einer Besinnung auf die Heilige Schrift zu beginnen.
Und wenn da die Positionen aufeinander stoßen, zu fragen, was Gott mir durch die Position des anderen sagen will. Dass wir einander ernst nehmen und auf diese Weise das Gemeinsame sehen, das uns verbindet im christlichen Glauben in unserer katholischen Kirche. Sich für den anderen öffnen heißt auf den anderen hören, seine Position ernst nehmen und kennen lernen wollen. Und dann kommen wir weiter."
Das Theologenmemorandum
Zu der ganzen Debatte gehört auch das Theologenmemorandum. Wo stehen wir da im Augenblick?
„Die Theologen haben sich zu Wort gemeldet und haben Punkte benannt, die eigentlich überall bekannt sind, und zwar Forderungen, die viele Leute in der Kirche auch stellen. Sie haben das noch einmal namhaft gemacht. Ich hätte mir natürlich von den Theologen erwartet, dass sie auch theologisch arbeiten, etwa die große Frage nach Gott stellen, auch die große Frage stellen, wie es zu dieser Säkularisierung kommt, in der wir leben, denn die hat ja Wurzeln, die weit, weit zurück reichen. Oder auch die Frage theologisch zu stellen, wir wir heute einen Weg nach vorne gehen können – und was ist nun heute die Chance des Glaubens, wie kann ich im Heute glauben, wie kann ich heute über Gott sprechen, wie kann ich heute die Wahrheiten verkünden, um die es uns allen geht? Das sind für mich die ersten und die grundlegenden Fragen.
Die anderen Fragen werden wir auch ansprechen im Laufe des Dialogsprozesses und schauen, wo die Positionen der Kirche klar sind – darüber braucht man nicht mehr zu sprechen, denn die Wertschätzung der Ehe ist für uns selbstverständlich –, dann aber auch die anderen Fragen zu stellen.

Es wird sicher Situationen geben, wo wir sagen, dass wir hier als Kirche in Deutschland nicht weiter kommen: Hier sind weltkirchliche Fragen angesprochen, die auch nur auf der Ebene der Weltkirche entschieden werden können. Dann gibt es theologische Positionen, über die man miteinander sprechen und die man auch weitergeben kann. Es wird aber auch Situationen geben (wenn ich etwa das Verhältnis Priester und Laien anspreche oder wenn ich an manche Strukturfragen der Kirche in Deutschland denke), wo wir selber Entscheidungen treffen und Wege nach vorne gehen können."
Memorandum – Im Gespräch mit dem Papst
Haben Sie auch mit dem Papst über das Memorandum gesprochen?
„Ja, ich habe auch mit dem Papst darüber gesprochen und meine Position gesagt. Ich habe auch dargelegt, dass ich bei uns in Freiburg das Professorenkollegium der theologischen Fakultät der Universität zum Gespräch eingeladen habe. Wir haben miteinander gesprochen und wir haben vereinbart, beim nächsten Gespräch, das im Mai sein wird, über die Frage Theologie und Lehramt zu sprechen. Wir wollen schauen, wie wir mit diesen Fragen weiter kommen."
Der Dialogprozess: 300 Christen treffen sich in Mannheim
Mit diesen Vorstellungen machen Sie auch den ersten Schritt im Juli in den Gesprächsprozess der Bischofskonferenz hinein.
„Wir wollen im Juli etwa 300 Personen aus allen deutschen Diözesen einladen zu einem gemeinsamen Treffen von zwei Tagen in Mannheim, um dann einzusteigen mit diesen Fragen: Wie wir aufeinander hören, und was es heißt, im Heute zu glauben. Dass wir Erfahrungen zusammentragen, dass wir Ängste zusammentragen, dass wir auch Wege aufzeigen, die wir bisher gegangen sind, um zu schauen, wie der Weg nach vorne weiter geht."
Herr Erzbischof, herzlichen Dank für das Gespräch. (rv)

DBK: Abschluss der Frühjahrvollversammlung „im Zeichen des Gesprächs“

Die Deutsche Bischofskonferenz hat Vorschläge zum Gesprächsprozess in der katholischen Kirche vorgelegt. Zu Abschluss der Frühjahrvollversammlung in Paderborn plädieren die Bischöfe für Einheit und „emotionale Abrüstung" in der Debatte um die Zukunft der Kirche. Bei Streitfragen wie dem Zölibat und der kirchlichen Sexualmoral werde es „keine Revolutionen" geben, kündigte DBK-Vorsitzender Robert Zollitsch an. Man sei jedoch bereit, für Reformen einzutreten: „Vor uns liegen Herausforderungen, die mit der veränderten Rolle von Religion und Gottesglaube in einer säkularer gewordenen Gesellschaft zu tun haben", heißt es in dem lang erwarteten Brief an die Gemeinden.

Deutsche Bischofskonferenz: >>Brief im Wortlaut (rv)