Vatikan: Kardinal Coppa verstorben

Kardinal CoppaAn diesem Montagnachmittag ist in Rom der italienische Kardinal Giovanni Coppa verstorben. Der ehemalige Vatikandiplomat und Botschafter in der Tschechischen Republik war 2007 von Papst Benedikt nach Erreichen des 80. Lebensjahres in den Kardinalsstand erhoben worden.

Das Kardinalskollegium besteht somit aus 214 Kardinälen, von denen 114 wahlberechtigt sind. Darunter sind 46 italienische Kardinäle, 20 von ihnen mit Wahlrecht. (rv)

Hinweis von VH: Somit gibt es 46 italienische Kardinäle und hiervon sind 25 Kardinäle mit aktivem Wahlrecht.

Mainz vorerst ohne Bischof: Papst nimmt Rücktritt von Kardinal Lehmann an

Kardinal LehmannVATIKANSTADT/MAINZ – Papst Franziskus hat das Rücktrittsgesuch von Kardinal Karl Lehmann angenommen. Das gab der Nuntius des Heiligen Vaters, Erzbischof Nikola Eterovic, heute im Mainzer Dom bekannt. Ab morgen ist somit der Mainzer Bischofssitz vakant.

Der Kardinal feierte an diesem Pfingstmontag mit 1.200 geladenen Gästen, darunter vielen Prominenten, Unterstützern und Politikern, seinen 80. Geburtstag. Der Festgottesdienst wurde im öffentlich-rechtlichen Rundfunk übertragen.

30 Jahre lang war Lehmann Bischof von Mainz und zwei Jahrzehnte lang Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, von 1987 bis 2008. Unterstützer wie Kritiker bescheinigen ihm, in dieser Zeit eine zentrale Rolle in der katholischen Kirche in Deutschland gespielt zu haben. Erzbischof Eterovic dankte im Namen des Papstes für den „beachtlichen Dienst“, den er geleistet habe.

Im Schlusswort seiner Predigt zitierte der scheidende Oberhirte den Apostel Paulus: „Seid wachsam, steht fest im Glauben, seid mutig, seid stark! Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“ (CNA Deutsch)

Kardinal Lehmann: „Ein Mann der Zusammenarbeit“

Kardinal Lehmann21 Jahre lang war er das Gesicht der deutschen Kirche: Als Karl Kardinal Lehmann 2008 den Vorsitz der Deutschen Bischofskonferenz abgab, lag eine prägende Zeit für die deutsche Kirche hinter ihm. Vier Jahre lang war er erst Bischof von Mainz gewesen, als die Bischofskonferenz den ehemaligen Theologieprofessor und Schüler von Karl Rahner zu ihrem Vorsitzenden wählte.

Er ist erst einmal ein guter Mensch, so urteilt Pater Hans Langendörfer, 10 Jahre lang an Lehmanns Seite als Sekretär der Bischofskonferenz. Er könne auf Menschen zugehen, sie zusammenführen und vermitteln. Als Jesuitenpater Hans Langendörfer 1996 das Amt des Sekretärs der Deutschen Bischofskonferenz übernahm, da war schon Halbzeit für deren Vorsitzenden Bischof Lehmann. 200 Kilometer trennten die Büros, die DBK in Bonn und den Vorsitzenden in Mainz.

Kommunikation, täglich

Überbrückt wurde die Distanz seit Tag eins seiner Aufgabe vor allem durch das Telefon, berichtet Langendörfer. Praktisch jeden Tag habe man telefoniert, „das war sehr intensiv. Er war immer ein Meister der Information.“ Informationen, Kopien von Briefen, Memos und Vermerke und vor allem sein „Lieblingsmedium“ Telefon, der Vorsitzende der Bischofskonferenz bezog seine Mitarbeiter ein. Er habe eine große Fähigkeit gehabt, mit Leuten zusammenzuarbeiten. „Er hat sich beraten lassen und allen den Eindruck gegeben, dass sie gefragt sind und ihren Teil beitragen können. Das ist eine große Gabe.“

Dasselbe galt auch für die Sitzungen der Bischofskonferenz, erinnert sich Langendörfer, der bei solchen Zusammenkünften zwölf Jahre buchstäblich an der Seite Lehmanns saß. „Er hat immer eine sehr starke Autorität gehabt. Wenn Bischof Lehmann in einer Sitzung das Wort ergriffen hat, dann hatte das Gewicht.“ Auch wenn die Vorsitzenden jeweils nur Primus inter Pares seien und keine Weisungen geben könnten, könnten sie Einfluss auf die Beratungen der Bischofskonferenz nehmen, „und Lehmann hatte als Vorsitzender Einfluss, weil er so klug und gebildet ist. Lehmann war in seinem vorigen Leben Professor, und man konnte immer wieder sehen, wie Lehmann-Seminare ausgesehen haben mögen: Jeder ist zu Wort gekommen. Und das war gut.“ Wenn Lehmann die Debatten dann zusammen gefasst hat, hatte das ein derartiges Gewicht, dass man oftmals in diese Richtung gegangen sei.

Persönliche Autorität

Getestet wurde diese Leitungskraft einige Male in den 21 Jahren Amtszeit, niemals aber wohl so stark wie während der Debatte um die Schwangerschaftskonfliktberatung, als es sowohl innerhalb der Bischofskonferenz als auch zwischen Deutschland und dem Vatikan immer wieder gegensätzliche und konfliktive Überzeugungen gab. Begonnen hatte das beim Papstbesuch Johannes Pauls II. 1996, 1998 kam es dann zum Ausstieg der Bischöfe aus dem staatlichen System. „Das ist immer wieder ein neues Ringen um den richtigen Weg gewesen“, erinnert sich Langendörfer an die intensive Zeit, seine Anfangsjahre in der DBK. „Es war manchmal eine große Anspannung in der Bischofskonferenz“, auch wenn die endgültige Lösung – also der Ausstieg aus der Beratung – nicht die Lösung gewesen sei, die Lehmann und andere deutsche Bischöfe favorisiert hätten.

2001 wurde Karl Lehmann dann vom Papst zum Kardinal erhoben – übrigens gemeinsam mit Walter Kasper, Johannes Degenhardt und dem Erzbischof von Buenos Aires, Jorge Mario Bergoglio, dem heutigen Papst. Warum er damals sozusagen erst auf einer Nachrückerliste genannt wurde, eine Woche nach dem Großteil der anderen, darüber wird bis heute Stillschweigen bewahrt.

Das Erbe des Konzils und der Synode

Der große Kommunikator, Netzwerker und Theologe Lehmann hat Spuren in der Deutschen Bischofskonferenz und Kirche hinterlassen, ist Pater Langendörfer überzeugt. „Kardinal Lehmann ist der Mann, der das Erbe des Konzils und das Erbe der gemeinsamen Synode der Bistümer in Deutschland (Würzburger Synode) verkörpert und in die Kirche hineingetragen hat.“ Das Konzil lag schon etwas länger zurück, als er Vorsitzender geworden sei, aber er habe das Netzwerk der Personen aus der Synode zusammen gehalten. Er habe es gut verstanden, auch mit den verschiedenen Gremien wie dem ZdK zusammen zu arbeiten. Er stehe auch für das ökumenische Erbe des Konzils und habe es treu fortgeschrieben, „ein brillanter und gesuchter Gesprächspartner für die evangelische Kirche“. Seine Rolle habe er im „breiten Prozess der Erneuerung der Kirche“ gespielt, urteilt Langendörfer.

Nicht zu unterschätzen sei die theologische Bildung Lehmanns, auch für seine Arbeit als Vorsitzender. Enzyklopädisches Wissen bescheinigt Langendörfer ihm, manchmal auch einen etwas zu starken professoralen Habitus, selbst wenn der Jesuit das mit einem Lachen sagt. Es sei ihm jedenfalls immer um ein sachgemäßes und angemessenes Urteil gegangen. „Typisch war, dass er seine Tasche neben sich stellte und im Laufe einer Beratung ein Buch nach dem anderen auspackte, oft unter dem beifälligen Grinsen der Mitbrüder, und daraus zitierte.“ Das zeige, wie behutsam und gründlich er Positionen erarbeitet habe.

Eine große theologische Bildung, Informationen, Netzwerken und Kommunizieren, Behutsamkeit in der Urteilsbildung und ein Hören auf alle Stimmen der Konferenz: Karl Lehmann hat in seiner Zeit als Vorsitzender die Konferenz und darüber hinaus die katholische Kirche in Deutschland geprägt. Er sei, sagt Pater Langendöfer abschließend „wie man sich das wünscht: ein Mann der Zusammenarbeit.“ (rv)

Italien/Bolivien: Kardinäle Furno und Terrazas Sandoval verstorben

Kardinal Furno Kardinal Terrazas SandovalAm Mittwoch, den 09. Dezember sind die Kardinäle Carlo Furno und Julio Terrazas Sandoval verstorben. Der italienische Kardinal Furno war von 1997 bis 2004 Erzpriester der Patriarchalbasilika S. Maria Maggiore und ist mit 94 Jahren in Rom verstorben. Papst Johannes Paul II. hatte ihn 1994 zum Kardinal erhoben. Der aus Bolivien stammende Kardinal Terrazas Sandoval war von 1991 bis 2013 Erzbischof von Santa Cruz de la Sierra und wurde ebenfalls von Johannes Paul II. 2001 in den Kardinalsstand erhoben. Er ist mit 79 Jahren verstorben.

Das Kardinalskollegium umfasst somit noch 117 wahlberechtigte und 99 nichtwahlberechtigte Purpurträger. (vh)

Ungarn: Kardinal Paskai verstorben

Kardinal PaskaiLászló Kardinal Paskai, der ehemalige Primas von Ungarn ist am Montag im Alter von 88 Jahren verstorben. Er war Angehöriger des Franziskanerordens (O.F.M.) und zuletzt von 1987 bis 2002 Erzbischof von Esztergom-Budapest in Ungarn. Papst Johannes Paul II. (1978-2005) hatte Paskai 1988 in den Kardinalsstand erhoben und ihm die Titelkirche “S. Teresa al Corso d’Ialia” zugeteilt. Mit seinem Ableben gibt es derzeit nur noch einen aus Ungarn stammenden Kardinal im Kardinalskollegium. Das Kollegium hat somit noch 219 Kardinäle und von diesen sind 120 wahlberechtigt bei einer künftigen Papstwahl. (vh)

Kardinal Egan verstorben

Kardinal EganDer frühere Erzbiscghof von New York, Edward Michael Egan ist tot. Er starb am Donnerstagnachmittag nach einem Herzstillstand mit 82 Jahren in einem Krankenhaus der Großstadt. Egan leitete die Erzdiözese von 2000 bis 2009. Papst Johannes Paul II. hatte ihn 2001 in den Kardinalsstand erhoben und ihm die Titelkirche "Ss. Giovanni e Paolo" zugewiesen. Bis zum Jahr 2012 war er Mitglied in mehreren Dikasterien der römischen Kurie. Mit seinem Tot besteht das Kardinalskollegium aus 226 Kardinälen und von diesen sind 125 wahlberechtigt in einem künftigen Konklave. (vh)

Titelkirchen/Diakonien der neuen Kardinäle

KonsistoriumBei der heutigen Kardinalsernennung in Rom erhielten die Kardinäle ihre Titelkirchen bzw. Diakonien. Da hierbei viele Kardinäle zu Kardinalpriestern berufen wurden, mussten 13 neue Titelkirchen bekanntgegeben werden. Die neu geschaffenen Titelkirchen sind in der folgenden Übersicht rot markiert. (vh)

Manuel José Macário do Nascimento Clemente Titelkirche Sant’Antonio in Campo Marzio
Berhaneyesus Demerew Souraphiel, C.M. Titelkirche San Romano Martire
John Atcherley Dew Titelkirche Sant’Ippolito
Edoardo Menichelli Titelkirche Sacri Cuori di Gesù e Maria a Tor Fiorenza
Pierre Nguyên Văn Nhon Titelkirche San Tommaso Apostolo
Alberto Suárez Inda Titelkirche San Policarpo
Charles Maung Bo, S.D.B. Titelkirche Sant’Ireneo a Centocelle
Francis Xavier Kriengsak Kovithavanij Titelkirche Santa Maria Addolorata
Francesco Montenegro Titelkirche Santi Andrea e Gregorio al Monte Celio
Daniel Fernando Sturla Berhouet, S.D.B. Titelkirche Santa Galla
Ricardo Blázquez Pérez Titelkirche Santa Maria in Vallicella
José Luis Lacunza Maestrojuán, O.A.R. Titelkirche San Giuseppe da Copertino
Arlindo Gomes Furtado Titelkirche San Timoteo
Soane Patita Paini Mafi Titelkirche Santa Paola Romana
José de Jesús Pimiento Rodríguez Titelkirche San Giovanni Crisostomo a Monte Sacro Alto
Luis Héctor Villalba Titelkirche San Girolamo a Corviale
Júlio Duarte Langa Titelkirche San Gabriele dell’Addolorata
Dominique Mamberti Diakonie Santo Spirito in Sassia
Luigi De Magistris Diakonie Santissimi Nomi di Gesù e Maria in Via Lata
Karl-Josef Rauber Diakonie Sant’Antonio di Padova a Circonvallazione Appia

Konsistorium: Die Kirche muss Universalität ernst nehmen

Kardinal MenichelliGeistliche Weltlichkeit sei gefährlicher als eine Grappa auf nüchternen Magen: Das hatte Papst Franziskus den neu ernannten Kardinälen in einem Brief geschrieben. Einer von ihnen ist Edoardo Menichelli, Erzbischof von Ancona-Osimo in Italien. Natürlich freue er sich über diese Ehre, sagt der neuernannte gegenüber Radio Vatikan, aber er habe auch widersprüchliche Gefühle: Warum? Was will Gott von mir? „Einer der Bischöfe, die mich in meinem Leben begleitet haben, hat mir einmal gesagt: ‚Vergiss nicht, Edoardo, es gibt niemals einen Sonntag ohne Freitag’. Das muss man zusammen denken: Die Schwäche, die Sünde, die Eitelkeit und auf der anderen Seite der Wunsch, dem nicht nachzugeben, weil sie überhaupt nicht einem Jünger Jesu entsprechen."

Der Hirte müsse den Geruch der Schafe haben, hatte Papst Franziskus das genannt. „Sehr, sehr", kommentiert Menichelli diesen Satz. „Aber die Menschen heute schätzen Nähe, Trost und Barmherzigkeit mehr als große Reden. Das ist es, was sie brauchen. Ich glaube, dass man den berühmten Geruch bekommt, wenn man bei den Menschen ist, aber vor allem wird man reicher dabei, denn eine Begegnung bereichert alle."

Einige Aufregung hatte die Liste der neuen Kardinäle in Italien erregt, denn es finden sich nur drei Italiener auf ihr. Das sei ein klares Zeichen für die Universalität der Kirche, deutet Menichelli die Entscheidung von Papst Franziskus. „Wir [Italiener ] waren daran gewöhnt, in der Überzahl zu sein. Aber ich glaube, dass die Kirche die Universalität ernst nehmen muss. Die Kirche in Ancona ist gleich der Kirche in Myanmar oder einem anderen Ort: Dass müssen wir und klar machen und umsetzen. Immer." (rv)

Papstpredigt: Leitung braucht ausgeprägten Gerechtigkeitssinn

Papst FranziskusEs ist der einzige Anlass im ganzen Jahr, bei dem die Petrusstatue im Petersdom rechts an der Vierungssäule eine päpstliche Tiara trägt: ein Konsistorium, bei dem der Papst neue Kardinäle kreiert. Zu diesem Anlass war – wie bereits im vergangenen Jahr – auch der emeritierte Papst Benedikt XVI. in die Petersbasilika gekommen und hatte sich unter die Kardinäle gesetzt. Er hatte in seinem Pontifikat begonnen, die Zeremonie schlichter zu machen, um ihren Charakter stärker zu betonen: eine Ernennung zu einem Dienst.

Ganz in diesem Sinn sprach auch Papst Franziskus in seiner Predigt über das Amt, dass er zwanzig Männern übertrug: Es nichts „Dekoratives", keine „Auszeichnung". Sie seien nun inkardiniert – wie der Fachbegriff lautet – in die Kirche Roms, sie gehörten nun zum Klerus des Bistums Rom, welches „der Liebesgemeinschaft" der Kirche vorstehe, so zitierte der Papst das Konzilsdokument Lumen Gentium. „In der Kirche hat jeder Vorsitz seinen Ursprung in der Liebe, muss in Liebe ausgeübt werden und hat als Ziel die Liebe."

Und damit war er bei dem Thema angelangt, um das seine meditativen Gedanken kreisten, der Liebe oder, präziser gesagt, dem „Hohelied der Liebe" genannten Teil aus dem Ersten Korintherbrief. Die Worte des Paulus könnten ein Schlüsselwort sein, so der Papst, es täte allen gut, sich von ihnen leiten zu lassen.

„Vor allem sagt der heilige Paulus uns, dass die Liebe langmütig und gütig ist. (..) Langmut ist in einem gewissen Sinn ein Synonym von Katholizität: Sie ist die Fähigkeit, grenzenlos zu lieben, aber zugleich treu und mit konkreten Handlungen auf die jeweiligen Situationen einzugehen. Das Große zu lieben, ohne das Kleine zu vernachlässigen; die kleinen Dinge in der Sichtweite der großen lieben, denn ‚non coerceri a maximo, conteneri tamen a minimo divinum est – nicht eingegrenzt sein vom Größten und dennoch umschlossen sein vom Kleinsten, das ist göttlich‘."

Mit diesem Zitat des Dichters Friedrich Hölderlin, der sich wiederum auf die Grabinschrift des heiligen Ignatius von Loyola bezog, leitete der Papst über zum nächsten Gedanken des Paulus über die Liebe: Sie ist gütig. Damit sei die „feste und ständige Absicht" gemeint, immer das Gute zu wollen, auch für diejenigen, die einem nicht wohl gesonnen seien.

„Der Apostel sagt dann: Die Liebe ist nicht neidisch, sie prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf. Das ist wirklich ein Wunder der Liebe, denn wir Menschen – alle und in jedem Lebensalter – neigen aufgrund unserer von der Sünde verletzten Natur zu Neid und Hochmut. Und auch die kirchlichen Würdenträger sind gegen diese Versuchung nicht immun."

Die Liebe handle außerdem nichts rücksichtslos, sie suche nicht ihren Vorteil, zitierte Papst Franziskus noch einmal die Worte der Lesung. „Diese beiden Merkmale zeigen, dass derjenige, der in der Liebe lebt, nicht sich selbst als Mittelpunkt betrachtet. Wer sich nur um sich selber dreht, der handelt zwangsläufig rücksichtslos. (..) Wer sich selbst als Mittelpunkt betrachtet, sucht unvermeidlich den eigenen Vorteil, und das scheint ihm normal, fast eine Pflicht."

Die Liebe, sage Paulus weiter, lasst sich nicht zum Zorn reizen und trage das Böse nicht nach. „Dem Hirten, der im Kontakt mit den Leuten lebt, fehlt es nicht an Gelegenheiten, zornig zu werden. Und vielleicht sind wir noch mehr in Gefahr, in den Beziehungen unter uns Mitbrüdern in Zorn zu geraten, denn wir sind in der Tat weniger entschuldbar. Auch darin ist es die Liebe – und sie allein –, die uns befreit. Sie befreit uns von der Gefahr, impulsiv zu reagieren, unangebracht zu reden und zu handeln; und vor allem befreit sie uns von der tödlichen Gefahr des unterdrückten, im Innern genährten Zorns, der dich dazu bringt, das Böse, das du erlitten hast, nachzutragen." Das sei für einen Mann der Kirche unannehmbar, so der Papst. „Gott bewahre uns davor und befreie uns!"

Die Liebe freue sich auch an der Wahrheit, fuhr der Papst mit seiner Meditation fort. Wer in der Kirche in den Dienst des Leitens gerufen sei, brauche einen „ausgeprägten Gerechtigkeitssinn". „Und zugleich freut sich die Liebe an der Wahrheit – was für eine schöne Aussage! Der Mann Gottes ist einer, der von der Wahrheit fasziniert ist und der sie vollends im Wort Gottes und im Leib Jesu Christi findet."

Abschließend heiße es von der Liebe, dass sie alles verzeihe, alles glaube, alles hoffe und alles ertrage: „Hier haben wir in vier Worten ein geistliches und pastorales Lebensprogramm. Die Liebe Christi, die durch den Heiligen Geist in unsere Herzen eingegossen ist, ermöglicht uns, so zu leben, so zu sein: Menschen, die fähig sind, immer zu verzeihen; die fähig sind, immer vertrauensvoll zu glauben, weil sie erfüllt sind vom Glauben an Gott; die fähig sind, immer Hoffnung zu verbreiten, weil sie voller Hoffnung auf Gott sind; Menschen, die jede Situation und jeden Bruder oder jede Schwester geduldig ertragen, in der Verbindung mit Jesus, der in Liebe die Last all unserer Sünden ertragen hat."

Das alles komme von Gott, schloss der Papst seine Gedanken, nicht aus dem Einzelnen. Zur Kirche von Rom gehören bedeute auch, lernbereit zu sein, „lernbereiter (..) gegenüber dem Heiligen Geist", damit die Liebe allem, was sie täten, Gestalt und Sinn verleihen könne. „Inkardiniert in der Kirche, die in der Liebe den Vorsitz hat, und lernbereit gegenüber dem Heiligen Geist, der die Liebe Gottes in unsere Herzen gießt." (rv)

Künftiger Kardinal Rauber: „Der Hut ist halt rot“

Erzbischof RauberKardinal zu werden war „ganz außerhalb meines Erwartens und meines Denkens": Das sagte der deutsche Erzbischof Karl-Josef Rauber, ein früherer Vatikandiplomat, am Mittwoch in Rom. Als er erfahren habe, dass Papst Franziskus ihn in das Kardinalskollegium aufnehmen wolle, habe er das zunächst gar nicht glauben wollen. Bis heute fragt sich der 80-Jährige, wie Franziskus überhaupt auf ihn gekommen ist. An diesem Samstag ist er der einzige Deutsche unter den Bischöfen, die der Papst bei einem Konsistorium zu Kardinälen macht. „Das war an sich so nicht geplant in meinem Leben – aber der liebe Gott hat es anders gefügt, und der Heilige Vater hat es aufgegriffen, was der liebe Gott verfügt hat, wahrscheinlich…"

Bischof Rauber ist dem Papst erst einmal begegnet: Im Mai 2014 hat er mit ihm in der Casa Santa Marta konzelebriert, danach wechselten sie ein paar Worte. Der 1934 in Nürnberg geborene Rauber ist seit 1959 Priester des Bistums Mainz; 1962 kam er zum Studium des Kirchenrechts nach Rom, wurde parallel zum Vatikandiplomaten ausgebildet – und erlebte das Zweite Vatikanische Konzil mit. „Eine interessante Zeit", wie er sagt. „Es war ein Moment des Aufbruchs, so wie das ja Johannes XXIII. bei der Konzilseröffnung gesagt hat. Aber schon als Kaplan in Oberhessen, das ja zum großen Teil protestantisch ist, haben die Leute bei der Ankündigung des Konzils gesagt: ‚Jetzt werden wir alle katholisch!’ Das war also wirklich eine ganz eigenartige Stimmung des Aufbruches." Eine Stimmung, die allerdings nach dem Ende des Konzils nicht mehr lange gehalten hat: „Wissen Sie, die Dinge verflüchtigen sich leider. Und es ist auch so, dass man immer von dem Geist des Konzils gesprochen hat, aber nicht von dem Buchstaben des Konzils. Das war es, was die Leute vielleicht in ganz andere Richtungen denken ließ." Diesen ‚Buchstaben des Konzils’ gelte es heute wiederzuentdecken.

Manchmal sind die Kongregationen sehr wehleidig…

1966 kam Rauber in das vatikanische Staatssekretariat – zunächst in die deutsche Abteilung, später zehn Jahre lang als einer der Sekretäre des damaligen Substituten Erzbischof Giovanni Benelli (später als Bischof von Florenz Kardinal). Die Rolle des Staatssekretariats oder Päpstlichen Sekretariats sieht er, darin dem seligen Paul VI. folgend, als die eines „Moderator Curiae", eines Koordinators der einzelnen Vatikanbehörden. Ob die Rolle des Staatssekretariats am Ende des Pontifikats von St. Johannes Paul II. oder Benedikt XVI. zu dominant geworden ist, wie Kritiker sagen, kann Erzbischof Rauber nach eigenen Angaben nicht beurteilen. „Es kann sein, dass da vielleicht manche Überschreitungen… Manchmal sind die Kongregationen sehr wehleidig; da kann es schon sein, dass man etwas darunter gelitten hat, dass da vielleicht über die Kongregationen (hinweg) verfügt worden ist usw., das kann ich nicht beurteilen, weil ich das aus der Ferne nicht sehen konnte. Aber an sich empfinde ich schon, dass das Staatssekretariat eine wichtige Rolle spielen muss."

Von 1982 bis 1990 vertrat Rauber, der darum 1983 in Rom auch die Bischofsweihe erhielt, den Heiligen Stuhl als Nuntius in Uganda. Es war, wie er heute rückblickend sagt, seine „schönste Zeit". „Die Tätigkeit des Nuntius war auch eine missionarische Tätigkeit. Ich habe häufig die Diözesen besucht und dort die einzelnen Pfarreien, die Seminare, Ordensleute usw. Mir hat es dort sehr gut gefallen!" Dabei hat der Vatikandiplomat dort auch die blutige Gewaltherrschaft von Idi Amin erlebt. Damals habe er sich bemüht, Missionaren beizustehen, sagt Rauber: „Ich habe sie manchmal rausgeholt, weil sie sich vor den Soldaten verbarrikadiert hatten, und ihnen doch Mut gemacht, in der Seelsorge tätig zu sein!"

Man darf nicht nur Bürokrat sein

1990 ernannte ihn der heilige Johannes Paul II. dann zum Präsidenten der Päpstlichen Diplomatenakademie, wo Rauber darauf achtete, dass die ‚Alumni’ auch gute Seelsorger wurden. „Ich habe darauf Wert gelegt, dass nur solche in die Akademie aufgenommen werden, die auch schon seelsorgliche Erfahrung hatten, und dass während der Zeit in der Akademie auch seelsorgliche Anliegen wahrgenommen werden. Ich habe ihnen auch die Möglichkeit gegeben, etwa am Wochenende in einer Pfarrei tätig zu sein – das war mir ein wichtiges Anliegen, denn ich habe in Uganda selbst erlebt, dass man auch selbst Seelsorger sein muss. Man darf da also nicht Bürokrat sein, sonst hat man seine Aufgabe verfehlt."

Von 1993 an bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2009 arbeitete Erzbischof Rauber dann erneut als Nuntius in verschiedenen europäischen Ländern, zunächst (zwischen 1993 und 1997) in der Schweiz. Während des Streits um den damaligen Churer Bischof Wolfgang Haas habe er „von acht Uhr früh bis spätabends, manchmal bis Mitternacht, die kritischen Stimmen angehört und zu einer Vorlage für den Heiligen Vater verarbeitet". Noch heute bedauert Rauber, dass alle Bemühungen um einen Frieden im Bistum damals gescheitert seien. „Der Bischof war doch so, dass er immer nur gespalten hat, nicht zusammengeführt. Einmal habe ich den Bischof mit den Weihbischöfen zusammen eingeladen, und da sind die Weihbischöfe aufgestanden und haben gesagt: ‚Wolfgang, du musst gehen! Sonst gibt es keinen Frieden in der Diözese." Auch im Priesterrat habe er eine ähnliche Szene erlebt. Was ihm damals durch den Kopf gegangen sei? „Heilen. Die Wunden heilen – das denkt man vor allem. Und wenn es nicht geht, dann muss der Bischof halt zurücktreten bzw. versetzt werden."

In Rom wird die Schweizer Kirche nicht immer verstanden…

Seine Zeit als Nuntius in der Schweiz sei „schon herausfordernd" gewesen. Aber der künftige Kardinal meint: „Man muss die Schweizer verstehen! Sie sind demokratisch durch und durch, und dann sehen die das in der Kirche genauso. In Rom wird das nicht immer verstanden, weil es kein Land gibt, das damit vergleichbar wäre – aber man muss die Schweizer verstehen." Die Kirche vor allem in der deutschsprachigen Schweiz habe eine „Struktur, die durchaus möglich ist in der Kirche": „Wieso soll man das alles von den Geistlichen her regeln? Man könnte das auch durchaus von Laien her regeln, zumal die ganzen Vermögensfragen… auf Diözesan- wie auf Pfarrebene."

Heute arbeitet Erzbischof Rauber noch als Seelsorger in einem Schönstatt-Zentrum im Bistum Rottenburg Stuttgart; manchmal führt er auch im Bistum noch Firmungen durch. Rauber glaubt nicht, dass sich sein Leben durch die Kardinalswürde noch groß ändern wird: „Der rote Hut ist halt rot, und früher war er violett – aber die Person ändert sich nicht! Der Kopf darunter ändert sich nicht!" (rv)