Kardinal Tobin sagt Teilnahme an Jugendsynode ab

WASHINGTON – Der Erzbischof von Newark hat angekündigt, dass er nicht an der Jugendsynode im Oktober teilnehmen wird.

Kardinal Joseph Tobin war von Papst Franziskus dazu persönlich eingeladen worden. Der Erzbischof begründete seine Absage mit „pastoralen Verpflichtungen“ in der Erzdiözese angesichts der Missbrauchskrise. Er habe dies dem Papst bereits mitgeteilt.

„Der Heilige Vater antwortete am nächsten Tag mit einer schönen pastoralen und mitfühlenden Botschaft. Er sagte mir, dass er versteht, warum ich in der Nähe von zu Hause bleiben muss, und er befreite mich von der Verpflichtung, nächsten Monat an der Synode teilzunehmen“, so Tobin in einem Hirtenbrief an die Katholiken seiner Diözese.

Tatsächlich ist das Erzbistum Newark – in dem dern mutmaßliche Sexualstraftäter Theodore McCarrick als Erzbischof wirkte – von mehreren Skandalen erschüttert worden, darunter Meldungen über homosexuelle Aktivitäten von Priestern der Diözese.

Kirchenkrise und Jugendsynode

Kardinal Tobin ist bereits der zweite Bischof, der seine Teilnahme an dem Treffen abgesagt hat. Vor einigen Tagen teilte der Jugendbischof der Niederlande, Rob Mutsaerts mit, dass er den Zeitpunkt der Synode für falsch hält angesichts der Kirchenkrise, wie CNA Deutsch berichtete.

Weitere US-Bischöfe, die teilnehmen werden, sind Kardinal Blase Cupich von Chicago, der ebenfalls von Papst Francis zum Teilnehmer ernannt wurde, sowie als Delegierte der Bischofskonferenz deren Vorsitzender und Stellvertreter, Kardinal Daniel DiNardo und Erzbischof José Gomez, sowie Erzbischof Charles Chaput, Bischof Frank Caggiano und Bischof Robert Barron. Erzbischof William Skurla, Leiter der Ruthenischen Erzdiözese von Pittsburgh, wird ex officio als Mitglied der Synode teilnehmen.

Am 19. September kündigte auch der von der Bischofskonferenz seines Landes gewählte niederländische Bischof Rob Mutsaerts an, dass er nicht an der Synode teilnehmen werde. (CNA Deutsch)

Analyse: McCarricks Rolle als Vermittler zwischen China und Vatikan

Der ehemalige Kardinal war ein fleissiger Flugreisender in die Volksrepublik, wohnte im Pekinger Priesterseminar.

PEKING – Angesichts neuer Meldungen, dass ein Abkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und China bevorsteht, das unter anderem die Ernennung von Bischöfen regeln soll, stellt sich die Frage nach der Rolle von Erzbischof Theodore McCarrick bei der diplomatischen Annäherung zwischen Vatikan und Volksrepublik.

McCarrick war oft in China, und bis 2016 war er ein inoffiziell reisender Vertreter des Vatikans vor Ort: Mindestens achtmal besuchte er über einen Zeitraum von 20 Jahren die Volksrepublik. Dabei wohnte der des jahrezehntelangen sexuellen Missbrauchs und der Nötigung männlicher Minderjähriger, Seminaristen und Priester beschuldigte Bischof immer wieder im staatlich kontrollierten Priesterseminar in Peking.

„Ein besonderes Geschenk für die Welt“

Bis zum öffentlichen Bekanntwerden der Vorwürfe im Jahr 2018 – CNA Deutsch berichtete – war der ehemalige Kardinal chinesischen Berichten zufolge ein lautstarker Verfechter eines Abkommens zwischen dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping und der Kirche unter Papst Franziskus gewesen.

„Ich sehe viele Dinge geschehen, die wirklich viele Türen öffnen würden, weil Präsident Xi und seine Regierung über Dinge besorgt sind, um die sich Papst Franzisksus sorgt“, sagte McCarrick der „Global“ Times in einem Exklusivinterview im Februar 2016.

Das Interview zitierte McCarrick mit der Bemerkung, dass die Ähnlichkeiten zwischen Papst Franziskus und Xi Jinping „ein besonderes Geschenk für die Welt“ sein könnten.

Die staatlich anerkannte chinesische Zeitung berichtete auch, dass McCarrick im Februar 2016 nach China gereist sei – „eine Reise, bei der der Kardinal sagte, er würde einige ‚alte Freunde‘ besuchen“.

Details bestätigen Aussage von Vigano

„Zu seinen bisherigen Besuchen gehörten Treffen mit Wang Zuo’an, dem Leiter der Staatlichen Verwaltung für religiöse Angelegenheiten, und dem verstorbenen Bischof Fu Tieshan, dem ehemaligen Präsidenten der Bischofskonferenz der Katholischen Kirche in China (BCCCC), einer vom Heiligen Stuhl nicht anerkannten Organisation“, berichtete „The Global Times“.

Im Juni 2014 berichtete David Gibson in der „Washington Post“, dass McCarrick „im vergangenen Jahr“ nach China gereist sei, um „sensible Gespräche über Religionsfreiheit“ zu führen.

Dieses Detail stimmt zum Teil mit dem 11-seitigen „Zeugnis“ des ehemaligen Apostolischen Nuntius Erzbischofs Carlo Maria Viganò überein. Viganò schildert eine Begegnung mit McCarrick im Juni 2013, bei dem Viganò behauptet, dass McCarrick ihm gesagt habe: „Gestern hat mich der Papst empfangen, morgen fliege ich nach China.“

Wie ein über „Wikileaks“ an die Öffentlichkeit gekommenes Dokument des US-Außenministeriums aus dem Jahr 2006 dokumentiert, wurde McCarrick auf mindestens zwei seiner Reisen im Priesterseminar in Peking untergebracht.

Der Vizerektor eines von der Kommunistischen Partei anerkannten Priesterseminars, Pater Shu-Jie Chen, beschreibt zweimal die Unterbringung von McCarrick in einem Bericht, den Christopher Sandrolini, stellvertretender Missionsleiter an der US-Botschaft beim Heiligen Stuhl, verfasst hat.

Chen bezeichnet sich darin selbst als „König“ des Seminars und sagt, dass er „innerhalb seiner Wände tun könne, was er wolle“.

Sandrolini stellte auch fest, dass der Vizerektor die Verfolgung der Untergrundkirche „heruntergespielt“ habe und die Untergrundkirche als „ungebildet“ bezeichnete, in der nur „ältere Menschen“ seien. Er sagte, dass Chen „unbesorgt“ schien, dass „die Evangelisierung keine Option für offizielles religiöses Personal war.

Grüße über Nancy Pelosi bestellt

Ein Telegramm des US-Botschafters am Vatikan, Francis Rooney, vom März 2006 stellt fest, dass Erzbischof Claudio Celli – damals der wichtigste Verhandlungsführer des Heiligen Stuhls in China – darauf bestand, dass McCarrick nicht in der Lage sei, für den Vatikan mit China zu verhandeln, und dass dessen Besuche in China „inoffiziell“ seien.

In den Jahren 2006 bis 2013 klafft eine Lücke auf: McCarrick scheint wenig bis gar nicht nach China gereist zu sein. Doch Einfluss hatte er nach wie vor.

Im Jahr 2009 ließ der Erzbischof über Nancy Pelosi, damals Sprecherin des Repräsentantenhauses, eine Botschaft an einen Freund in China weitergegen. Pelosi übermittelte McCarricks Grüße an Bischof Aloysius Jin von Shanghai, einem ehemals führenden chinesischen Jesuiten.

„Sie[Pelosi] übermittelte Kardinal McCarricks Glückwünsche an Bischof Jin. Bischof Jin sagte, dass er und Kardinal McCarrick Besuche ausgetauscht hatten, beginnend, als letzterer Bischof von Newark war“, so das Telegramm des Außenministeriums.

Während McCarricks Zeit als Erzbischof von Newark war Aloysius Jin Luxian vom Vatikan nicht als Bischof anerkannt. Er wurde 1985 ohne päpstliche Zustimmung zum Coadjutor-Bischof von Shanghai geweiht, seine Position wurde knapp 20 Jahre später erst anerkannt, im Jahr 2004. Bischof Jin starb 2013.

Ein Artikel aus dem Jahr 2007 in „The Atlantic“ beschreibt die enge Freundschaft zwischen McCarrick und Jin und dass McCarrick sich damit brüstete, in den 1990er Jahren Nachrichten des von der chinesischen Regierung ernannten Bischofs an den Papst weitergeleitet zu haben.

Sowohl das Außenministerium als auch die chinesischen Medien haben einen Besuch von Erzbischof McCarrick in China 1998 dokumentiert.

Auf dieser Reise war er einer von drei amerikanischen Geistlichen, die China besuchten, um über Religionsfreiheit zu diskutieren. McCarrick traf Bischof Michael Fu Tieshan, der als stellvertretender Vorsitzender des Ständigen Ausschusses der Kommunistischen Partei Chinas im Nationalen Volkskongress Chinas fungierte.

Der linientreue Fu wurde 1979 von Peking ohne Zustimmung des Papstes zum Bischof ernannt.

Chinesische Medien berichteten, dass McCarrick 1998 das Nationale Priesterseminar in Peking besuchte.

Am 2. August 2003 berichtete die „South China Morning Post„, dass McCarrick „Anfang dieser Woche drei Tage in Peking verbrachte, um einen angeblich privaten Besuch zu machen“.

McCarrick sei „der erste Kardinal aus einem westlichen Land“ gewesen, so die Zeitung weiter, „der das Festland besuchte, seit die Beziehungen zwischen China und dem Vatikan nach einem Streit über die Heiligsprechung im Oktober 2000 frostig wurden“.

Kandidaten der Kommunistischen Partei

In einer Nachricht des Außenministeriums vom Dezember 2003 schrieb der US-Botschafter im Vatikan, Jim Nicholson, dass der Direktor des Vatikanbüros für China, Monsignore Gianfranco Rota-Graziosi, „keine konkrete Verbesserung erwartet habe, die sich aus der informellen Reise des Washingtoner Kardinals McCarrick nach China im vergangenen Sommer ergeben habe“.

Am 14. September 2018 berichtete das „Wall Street Journal“, dass der Heilige Stuhl im Begriff sein könnte, ein Abkommen mit China abzuschließen, das auch sieben illegal geweihte – und somit exkommunizierte – Bischöfen anerkennen würde, die in der regimetreuen und von der Kommunistischen Partei kontrollierten „Chinesischen Patriotischen Katholischen Vereinigung“ sitzen.

Bereits seit Januar 2018 gibt es Hinweise auf ein formales Abkommen zwischen dem Vatikan und der Volksrepublik, was die Ernennung von Bischöfen betrifft.

Gleichzeitig hat China massive Beschränkungen der Religionsfreiheit verhängt, welche die religiöse Praxis im Land extrem beschränken: Kreuze werden entfernt Kirchen werden zerstört, Kindern ist der Zutritt zu Kirchen verboten, und Christen werden bedrängt und schikaniert. (CNA Deutsch)

Scicluna: In der Kirchenkrise müssen den Worten auch Taten folgen

POSEN – Die jüngste Entscheidung des Papstes, die Vorsitzenden von Bischofskonferenzen aus der ganzen Welt nach Rom zu berufen, ist laut Erzbischof Charles Scicluna ein Zeichen dafür, dass die Prävention von Missbrauch und der Schutz von Minderjährigen ein Anliegen der gesamten Kirche sein muss.

Erzbischof Charles J. Scicluna von La Valletta, Malta, war von 2002 bis 2012 in der Kongregation für die Glaubenslehre tätig. Er half, die ersten Konsequenzen der Kirche als Reaktion auf die Missbrauchskrise im Jahr 2002 auszuarbeiten, und seine Arbeit gilt immer noch als ein Meilenstein im Kampf gegen Missbrauch und Vertuschung.

Nach seinem Einlenken über die Krise in Chile schickte Papst Franziskus den Erzbischof nach Chile, um die dortigen Vorwürfe offiziell zu untersuchen, dass Bischof Juan Barros Madrid Verbrechen gegen Minderjährige vertuscht hat.

Scicluna betonte im polnischen Posen, wo er an der Jahrestagung des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen teilnahm, dass die Entscheidung des Papstes, Präsidenten der verschiedenen Bischofskonferenzen der Welt nach Rom zu berufen, „ein klares Zeichen dafür ist, dass der Schutz von Minderjährigen und die Verhinderung von Missbrauch für die ganze Kirche oberste Priorität haben“.

Scicluna betont: „Das Engagement der Kirche als sicherer Ort für Minderjährige sollte für die ganze Kirche gelten und das Anliegen aller in der Kirche sein“.

Scicluna betonte auch, dass „der Schutz von Minderjährigen ein fortlaufender Prozess in der Kirche sein muss, und deshalb beginnt er mit der guten Überprüfung der zukünftigen Priester, wie es der heilige Johannes Paul II. 1992 gefordert hat“.

Der Erzbischof verwies auf das Schreiben Pastores Dabo Vobis von Papst Johannes Paul II. im Jahr 1992.

„Es war die prophetische Botschaft des heiligen Johannes Paul II.“, sagte er, dass dieses Dokument, „das von der Ausbildung zukünftiger Priester spricht, die Frage der menschlichen Ausbildung, der psychologischen Untersuchung und auch einer klaren Bewertung des Kandidaten“ auf seine Eignung hin thematisierte.

Das Dokument betont, der Seminarist sollte über ein ausreichendes Maß an psychologischer und sexueller Reife sowie ein fleißiges und authentisches Gebetsleben verfügen und sich der Leitung eines geistlichen Vaters unterstellen.

Scicluna sagte, dass es über die Überprüfung zukünftiger Priester hinaus auch „eine Befähigung der Gemeinschaft geben muss, Missbrauch aufzudecken, wenn er geschieht, und auch eine Befähigung der Gemeinschaft, damit wir gemeinsam feststellen und garantieren können, dass die Kirche ein sicherer Ort für alle ist, einschließlich Minderjähriger“.

Der Erzbischof stellte auch fest, dass die Kongregation für die Glaubenslehre im Mai 2001 Bischofskonferenzen auf der ganzen Welt gebeten hat, Leitlinien zur Bekämpfung von Missbrauch auszuarbeiten.

Das Schreiben„, sagte Scicluna, „gab wichtige Hinweise, da es über die Ausbildung von zukünftigen Priestern sprach, aber auch über den Schutz der Gemeinschaft und die Zusammenarbeit mit den Zivilbehörden“.

In dem Schreiben des Jahres 20011 heißt es bereits: „Der sexuelle Missbrauch Minderjähriger ist nicht nur eine Straftat nach kanonischem Recht, sondern stellt auch ein Verbrechen dar, das staatlicherseits verfolgt wird. Wenngleich sich die Beziehungen zu staatlichen Behörden in den einzelnen Ländern unterschiedlich gestalten, ist es doch wichtig, mit den zuständigen Stellen unter Beachtung der jeweiligen Kompetenzen zusammenzuarbeiten. Insbesondere sind die staatlichen Rechtsvorschriften bezüglich einer Anzeigepflicht für solche Verbrechen immer zu beachten, „

Erzbischof Scicluna kommentierte, dass dies freilich auch „umgesetzt und ständig in die Agenda der Ortskirche aufgenommen werden muss“.

Er sagte auch, dass die meisten Bischofskonferenzen Leitlinien nach dem Rat der Kongregation für die Glaubenslehre herausgegeben haben und dass alle bestehenden Leitlinien vom Vatikan überprüft wurden.

Allerdings, so Scicluna weiter, „reichen Dokumente nicht aus. Wir müssen ganze Gemeinschaften sensibilisieren, denn dieses traurige Phänomen kann nicht durch hierarchische Entscheidungen gelöst werden, sondern muss alle einbeziehen.“

In Bezug auf die von Papst Franziskus für Februar 2019 einberufene Versammlung der Bischofskonferenzvorsitzenden sagte Scicluna, dass das Treffen auf eine Entscheidung des „K9“-Rates der Kardinäle zurückzuführen sei, aber auch „eine Antwort auf die Erwartung der Menschen, dass wir von Dokumenten zu Handlungen übergehen“. (CNA Deutsch)

Missbrauch: Papst versetzt chilenischen Priester in den Laienstand

SANTIAGO DE CHILE , Papst Franziskus hat verfügt, dass der Priester Cristián Precht, der beschuldigt wird, Minderjährige in Chile missbraucht zu haben, des Priesterstandes verwiesen und in den Laienstand versetzt wird.

Dies teilte der Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre, Kardinal Luis Ladaria, dem Erzbischof von Santiago, Kardinal Ricardo Ezzati, mit.

Mit Datum vom 12. September, so eine Meldung des Erzbistums Santiago, habe „Franziskus per Dekret und unwiderruflich die Entlassung aus dem Priesterstand ex officio et pro bono Ecclesiae angeordnet, sowie die Dispens von allen Verpflichtungen, die mit der heiligen Weihe einhergehen, des Ehrw. Cristián Precht Bañados angeordnet.“

Dasselbe Dekret legt fest, dass „der Bischof dem Volk Gottes schnellstmöglich die neue kirchenrechtliche Situation des Betroffenen mitteilen solle.“

Bereits im Jahr 2012 hatte die Kongregation für die Glaubenslehre Cristián Precht des Missbrauchs für schuldig befunden; daraufhin hatte ihn das Erzbistum Santiago für fünf Jahre suspendiert.

Vorwürfe gegen den überführten Kinderschänder wurden bereits 2011 erhoben. Das Ergebnis des strafrechtlichen Untersuchungsverfahrens bestätigten dessen Verbrechen. Angesichtes der „der Schwere der Beschuldigungen“ befürwortete die Glaubenskongregation, die Verjährung aufzuheben.

Precht zählte zu den Gründern der Vicaría de la Solidaridad („Vikariat der Solidarität“), einer Organisation, die geschaffen wurde, um den Opfern des mörderischen Regimes von Augusto Pinochet zu helfen. (CNA Deutsch)

20 Jahre Fides et Ratio: „Katholiken brauchen Glaube und Vernunft, nicht neues Paradigma“

Ein Gespräch darüber, wie die aktuelle Wahrheitskrise der Katholischen Kirche schon vor 20 Jahren in dem „prophetischen Dokument“ konfrontiert wurde.

PHILADELPHIA – Anlässlich der am 14. September vor genau 20 Jahren erschienen Enzyklika Fides et Ratio des heiligen Johannes Paul II. hat Erzbischof Charles Chaput von Philadelphia einen Essay für die März-Ausgabe von „First Things“ veröffentlicht.

Der Aufsatz trägt den Titel „Believe that you may understand“ – ein Verweis auf die Worte des heiligen Augustinus, Crede ut intelligas: Glaube, um zu erkennen.

Chaput erklärt darin, warum er die Enzyklika des Jahres 1998 für ein prophetisches Dokument hält, gerade weil es „die Wahrheitskrise innerhalb der Katholischen Kirche konfrontiert“. Und er warnt vor „trendiger“ Theologie. Eine lebhafte Philosophie und gute Theologie dagegen bereicherten einander, so der Erzbischof: „Das Wissen um die Wahrheit vervielfältigt unsere Freiheit, zu lieben“.

Im Interview mit CNA (*) sprach er weiter über die Relevanz der Enzyklika für die heutige Zeit.

Was kann der Durchschnittskatholik von heute von Fides et Ratio lernen, 20 Jahre nach seiner Veröffentlichung?

Erstens, dass es nicht die Art von Text ist, die man wie die Sonntagszeitung überfliegen kann. Fides et Ratio zu lesen und zu absorbieren, das braucht Zeit. Die meisten Menschen konzentrieren sich zu Recht auf Dinge wie die Familie und den Lebensunterhalt. Viele gute Leute lesen es vielleicht nie. Aber das schmälert nicht seine Bedeutung für den durchschnittlichen Gläubigen.

Die wichtigste Botschaft von Fides et Ratio ist, dass klar zu denken lernen, mit der Kirche, in reifer und gut informierter Art, unverzichtbar ist. Dass dies genauso wichtig ist, wie unsere religiösen Überzeugungen tief zu empfinden. Gefühle allein reichen nicht aus, und das beeinflusst direkt, wie wir die Rolle des Gewissens verstehen.

Christlicher Glaube ist mehr als guter Wille und gute Absichten. Das Gewissen ist mehr als nur unsere persönliche, aufrichtige Meinung. Ein gesundes Gewissen bedarf einer gründlichen Ausbildung in den allgemein gültigen Wahrheiten der katholischen Gemeinschaft. Ohne diese kann das Gewissen sehr schnell zu einer Alibimaschine werden. Die Welt ist voller Komplexitäten. Die Fähigkeit, fundiert katholisch zu denken, auf eine Weise, die in der Lehre der Kirche verankert ist, ist unabdingbar notwendig.

Das Problem ist, dass wir jetzt seit mindestens zwei Generationen schlechte Katechese und sehr unzureichende Gewissensbildung gehabt haben. Wenn also gesagt wird, wir sollten die moralischen Entscheidungen von heute dem „reifen Gewissen“ der Menschen um uns herum überlassen, sollten wir vielleicht – im Idealfall – zustimmen, aber bevor wir das tun, müssen wir doch prüfen, was genau damit gemeint ist. Eine große Anzahl ansonsten erfolgreicher, mündiger Erwachsener, die sich selbst als katholisch betrachtet, hat seit der sechsten Klasse keine Glaubensbildung mehr gehabt. Die Wiederherstellung der Disziplin guter, katholischer, moralischer Argumentation ist dringend erforderlich.

Wenn sich jemand in einem kulturellen oder kirchlichen Umfeld wiederfindet, das von schlechter Philosophie und Theologie dominiert wird: wie sollte er oder sie damit umgehen?

Ignoriere den Unsinn, lies, beobachte und höre gutes katholisches Material an, und lebe deinen Glauben in Übereinstimmung mit dem, was die Kirche immer gelehrt hat. Diese Grundlagen gelten immer noch für Ehe, Sex, Ehrlichkeit und alles andere. Es gibt keine „neuen Paradigmen“ oder Revolutionen im katholischen Denken. Die Verwendung dieser Art von irreführender Sprache bringt nur Verwirrung in ein verwirrendes Zeitalter.

Und was, wenn wir uns in einer Umgebung mit guter Philosophie und Theologie befinden, wovor müssen wir uns schützen?

Vor Stolz und Selbstgefälligkeit, und den Segen von guten Lehrern und Pfarrern für selbstverständlich zu halten. Wir alle sind berufen, Missionare zu sein. Wir predigen Jesus Christus am besten, wenn wir unseren Glauben in der Nächstenliebe und Gerechtigkeit unserer täglichen Handlungen bezeugen.

Warum denken Sie, dass diese Probleme des Glaubens und der Vernunft in unserer Zeit so wiederkehren?

Wissenschaft und Technik können scheinbar – aber nur scheinbar – das Übernatürliche und Sakramentale unglaubwürdig machen. Die Sprache des Glaubens kann beginnen, fremd und irrelevant zu klingen. Deshalb verlieren wir so viele junge Menschen, bevor sie überhaupt an religiösen Glauben denken. Sie werden jeden Tag von einem Strom materialistischer Ablenkungen katechisiert, die Gott nicht widerlegen, Ihm gegenüber aber gleichgültig machen.

Die Kirche kämpft mit vielen Selbstzweifeln. In Zeiten rasanter Veränderungen ist das natürlich. Ich denke, viele Seelsorger und Gelehrte der Kirche haben einfach das Vertrauen in die Rationalität des Glaubens und die Verlässlichkeit von Gottes Wort verloren, ohne bereit zu sein, dies zuzugeben. Stattdessen flüchten sie sich in humanitäre Empfindsamkeiten und soziales Engagement. Aber du brauchst Gott für keines dieser Dinge, zumindest auf kurze Sicht. Auf lange Sicht ist Gott der einzige Garant für Menschenrechte und Würde. Also müssen wir unser Christentum – zutiefst, treu und streng – denken und auch fühlen.

Deshalb ist Fides et Ratio so wichtig. Es erinnert uns daran. (CNA Deutsch)

Papst ruft neue Bischöfe zum Streben nach Heiligkeit auf

VATIKANSTADT – Die wichtigste Aufgabe der Bischöfe ist das Streben nach Heiligkeit und der Heiligung ihrer Ortskirchen mit voller Hingabe: Das sagte Papst Franziskus am gestrigen Donnerstag vor einer Gruppe von 130 neuen Bischöfen.

Franziskus sprach kurz vor seinem Treffen mit Kardinal Daniel DiNardo und weiteren Vertretern der US-Bischofskonferenz über die Lage dort angesichts der Kirchenkrise, die durch den jahrzehntelang systematisch durch Bischöfe vertuschten Missbrauch, sexuelle Nötigung und weiteres Fehlverhalten ausgelöst wurde.

Vor diesem Hintergrund rief der Pontifex die neuen Oberhirten auf, Heiligkeit als etwas zu verstehen, das keine „Buchhaltung“ der eigenen Tugenden darstelle, keinen Zeitplan für asketische Praktiken, kein Fastenplan oder „ein Fitnessstudio der persönlichen Anstrengung“ sei.

Vielmehr verknüpfte Franziskus das Streben nach Heiligkeit mit der Heilung der „Wunden ihrer Ortskirche“ und der Prüfung des eigenen Verhältnisses zu Gott – mit anderen Worten zur Bekehrung.

Der Papst warnte die Bischöfe konkret vor der Gefahr der Gottlosigkeit und rief sie auf, dahingehend ein besonderes Augenmerk auf ihre Geistlichen und Seminaristen zu werfen, und in der Auswahl geeigneter Priesteramtskandidaten. Franziskus wörtlich:

„Wir können nicht auf die Herausforderungen, die wir im Zusammenhang mit ihnen erleben, antworten, wenn wir nicht unsere Prozesse der Auswahl, Begleitung und Bewertung erneuern. Unsere Antworten werden ohne Zukunft sein, wenn sie nicht den geistlichen Abgrund erreichen, der in nicht wenigen Fällen skandalöse Schwächen möglich gemacht hat.“

Dieser „geistliche Abgrund“ sei durch „existenzielle Leere“ entstanden, so der Papst – mit anderen Worten Apostasie — und Franziskus forderte, es müsse untersucht werden, „warum Gott dermaßen zum Schweigen gebracht worden ist, warum er dermaßen aus dem Lebensstil entfernt werden konnte, als ob es ihn gar nicht gäbe“.

Der Papst – der in der Krise selber beschuldigt worden ist – sagte, es sei dabei kontraproduktiv, andere zu beschuldigen, berichtet „Vatican News“:

„Hier sollte jeder von uns in sein Innerstes hineinhorchen und sich fragen, was er tun kann, um das Antlitz der Kirche, die wir leiten, heiliger zu machen. Es bringt nichts, mit dem Finger auf andere zu zeigen, Sündenböcke zu produzieren, sich das Hemd zu zerreißen oder sich über die Schwächen der anderen auszulassen. Hier ist es nötig, zusammen und in Gemeinschaft zu arbeiten … und zur einfachen Freude des Evangeliums zurückzukehren.“

Zum Abschluss eines jährlich vom Vatikan organisierten Trainingskurses für neue Bischöfe verurteilte der Papst die Idee, dass die Position eines Bischofes mit „automatischen Privilegien“ verbunden sein könnte.

Die Bischöfe haben keine „Eigentumsrechte oder erworbenen Rechte“, sagte er. Mit Bezug auf Matthäus 13 und den „auf einem Feld vergrabenen Schatz“ sagte er, dass sie den Schatz ihres Dienstes „zufällig“ gefunden hätten und „alles verkaufen“ würden, um das Feld zu kaufen und zu schützen.

Bischöfe zu werden „ist nicht das Ergebnis einer rein menschlichen Prüfung, sondern eine Wahl von oben“ und der Dienst „erfordert keine zeitweilige Hingabe, Treue zu wechselnden Stufen, einen selektiven Gehorsam, nein“. Sagte er: „Ihr seid aufgerufen, euch Tag und Nacht zu verzehren.“

Gott in den Mittelpunkt stellen

Der Papst sagte den Bischöfen, dass ihre Identität als Bischöfe ein Geschenk Gottes sei und aus der richtigen Perspektive betrachtet werden müsse. Er bat sie, Gott in den Mittelpunkt ihres Lebens zu stellen.

„Er ist derjenige, der alles fordert, aber dafür das Leben in Fülle anbietet“, sagte er.

Er forderte sie auf, sich angesichts dunkler Zeiten oder Schwierigkeiten nicht entmutigen zu lassen, sondern sich zu trösten, dass das Schicksal der Kirche in Gottes Händen liege.

„Das Schicksal der Kirche, der kleinen Herde, ist siegreich im Kreuz des Sohnes Gottes verborgen. Unsere Namen sind in Sein Herz eingraviert – in Sein Herz“, sagte er.

Er lobte Amtsträger und geweihte Männer, die beharrlich Gutes tun, auch wenn es nicht „das Thema von Blogs ist und auch nicht auf die Titelseiten gelangt“.

Diese Menschen, sagte er, „glauben und predigen weiterhin mutig das Evangelium der Gnade und Barmherzigkeit an Menschen, die nach Gründen dürsten, zu leben, zu hoffen und zu lieben“. Sie haben keine Angst vor den Wunden Christi, die durch die Sünde oder durch „Söhne der Kirche“ verursacht werden.

Der Pontifex verurteilte erneut den überzogenen Individualismus und die Gleichgültigkeit gegenüber anderen.

„Haltet Euren Blick nur auf den Herrn Jesus gerichtet und gewöhnt Euch an sein Licht, und wisst, wie man unaufhörlich [das Licht] sucht, auch dort, wo es gebrochen wird, sogar durch demütige Schimmer“, ermutigte er.

Hannah Brockhaus trug zur Berichterstattung bei. (CNA Deutsch)

Kirchenkrise: Papst bestellt Vorsitzende aller Bischofskonferenzen ein

VATIKANSTADT – Angesichts der Kirchenkrise um Missbrauchs- und Vertuschungsskandale hat Papst Franziskus die Vorsitzenden aller katholischen Bischofskonferenzen der Welt zu einem Treffen im Vatikan einbestellt.

Die Zusammenkunft habe die „Prävention des Missbrauchs von Minderjährigen und gefährdeter Erwachsener“ zum Thema und finde vom 21. bis 24. Februar 2019 statt, teilte das Presse-Amt des Vatikans am heutigen Mittwoch mit.

Weltweit gibt es über 80 nationale Bischofskonferenzen, dazu etwa 20 Versammlungen von Ordinariaten und weitere vergleichbare Gremien.

Eine genaue Liste der einbestellten Bischöfe liegt zur Stunde noch nicht vor.

Die Ankündigung erfolgt im Anschluss an eine dreitägige Sitzung des als „K9“ bekannten Kardinalsrates von Papst Franziskus und vor dem Hintergrund der Forderung mehrerer Bischöfe, angesichts der Kirchenkrise die für Oktober anberaumte Jugendsynode zu verschieben oder auszusetzen.

Hannah Brockhaus trug zur Berichterstattung bei. (CNA Deutsch)

Gespräch über Rücktritt: Wuerl trifft Papst Franziskus

WASHINGTON, D.C. – Kardinal Donald Wuerl von Washington hat den Priestern seines Erzbistums mitgeteilt, er werde sich bald mit Papst Franziskus treffen, um seinen Rücktritt zu besprechen.

In einem auf den 11. September datierten Brief an den Klerus der Erzdiözese Washington schreibt Wuerl, dass eine Entscheidung über seine zukünftige Rolle in der Erzdiözese „ein wesentlicher Aspekt“ sei, damit die Kirche auf diözesaner Ebene vorankomme.

„Ich beabsichtige, in naher Zukunft nach Rom zu reisen, um mit unserem Heiligen Vater über den Rücktritt zu sprechen, den ich vor fast drei Jahren, am 12. November 2015, angeboten habe.“

Wuerl reichte bereits 2015 seinen altersbedingten Rücktritt – wie in der Kirche üblich – mit Erreichen seines 75. Lebensjahres ein.

Ob dieser angenommen wird, entscheidet dann der Papst.

In den letzten Monaten ist Franziskus immer stärker unter Druck geraten, Wuerl aus seinem Amt ausscheiden zu lassen.

Im Juni 2018 wurde Wuerls Vorgänger in Washington, Erzbischof Theodore McCarrick, öffentlich beschuldigt, in den 1970er Jahren einen Teenager sexuell missbraucht zu haben. Als weitere Anschuldigungen öffentlich erhoben wurden, unter anderem, dass McCarrick jahrzehntelang Seminaristen sexuell belästigt, genötigt und missbraucht hat, wurde auch die Frage, was Wuerl – und andere Kirchenmänner über die mutmaßlichen Verbrechen seines Vorgängers wusste, immer lauter gestellt.

Noch lauter wurden die Rücktrittsforderungen nach Veröffentlichung des Untersuchungsberichts der Grand Jury in Pennsylvania am 14. August. Wie CNA Deutsch berichtete, wird darin Wuerl vorgeworfen, fahrlässig mit Priestern umgegangen zu sein, die während seiner Zeit als Bischof von Pittsburgh des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen beschuldigt wurden. In einem Fall wurde einem des sexuellen Missbrauchs beschuldigten Priester nicht nur erlaubt, in eine andere Diözese zu wechseln – man bestätigte ihm auch die Eignung als Priester.

Als dann der ehemalige Botschafter des Vatikans in den USA, Erzbischof Carlo Vigano, am 25. August seine elfseitige Zeugenaussage veröffentlichte, wurden weitere Fragen laut darüber, was Wuerl über McCarricks Fehlverhalten wusste.

Eine Recherche von CNA ergab zudem, dass Wuerl McCarrick erlaubt hatte, junge Seminaristen als persönliche Assistenten zu haben – die bei ihm sogar wohnten, selbst nachdem bereits gegen McCarrick wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs ermittelt wurde.

In seinem gestrigen Schreiben schildert der Kardinal, wie er mit Priestern gemeinsam gebetet habe, und bemüht sei, „die beste Vorgehensweise zu erkennen“ angesichts der zu erwartenden weiteren Enthüllungen über das ganze Ausmaß sexuellen Fehlverhaltens sowie dessen Vertuschung – Wuerl spricht von „bischöflicher Aufsicht“ – durch Bischöfe und Verwaltung.

Es gehe darum, wie den Opfern am besten geholfen werden kann, betont Washingtons Erzbischof.

Ein Sprecher der Erzdiözese, Ed McFadden, sagte gegenüber CNA, dass Wuerls Brief „ein Beweis für einen ernsthaften und konstruktiven Entscheidungsprozess ist, den Kardinal Wuerl durchlaufen hat“. Wuerl drücke damit auch den Priestern seine Wertschätzung aus, und seinen Dank für ihr Engagement.

Der Kardinal wolle nun jedweden Schaden von der Kirche, „die er liebt“, abwenden helfen, so McFadden gegenüber CNA. Für den 14. September sei eine heilige Messe der „Heilung“ geplant.

Die Erzdiözese Washington wollte indessen nicht bestätigen, wann Wuerl mit Papst Franziskus zusammentreffen wird.

Übersetzt und redigiert von AC Wimmer. (CNA Deutsch)

Schreiben bestätigt: Vatikan wurde im Jahr 2000 über McCarrick informiert

VATIKANSTADT – Der amerikanische „Catholic News Service“ (CNS) hat das Schreiben eines hochrangigen Beamten des Staatssekretariats aus dem Jahr 2006 veröffentlicht, das belegt, dass der Vatikan im Jahr 2000 über die Anschuldigungen gegen den damaligen Kardinal Theodore McCarrick informiert wurde.

Der vom CNS veröffentlichte Brief ist auf den 11. Oktober 2006 datiert und stammt aus der Hand des damaligen Erzbischofs Leonardo Sandri in seiner Funktion als Stellvertreter des Staatssekretariats. Er ist adressiert an Pater Boniface Ramsey, der von 1986 bis 1996 an einem Priesterseminar in New Jersey lehrte.

Sandri bezieht sich in dem Brief – der in Passagen vor Veröffentlichung durch Pater Ramsey und die Redaktion von CNS geschwärzt wurde – auf, so wörtlich, „die ernsten Angelegenheiten, die einige der Studenten des Immaculate Conception Seminary betreffen, die Sie im November 2000 dem damaligen Apostolischen Nuntius in den Vereinigten Staaten, dem verstorbenen Erzbischof Gabriel Montalvo, vertraulich zur Kenntnis gebracht haben“.

Pater Ramsey hat erklärt, dass er angesichts der Ernennung McCarricks zum Erzbischof von Washington im Jahr 2000 den Nuntius Montalvo kontaktiert habe, um diesen über die Vorwürfe schweren Fehlverhaltens McCarricks gegenüber Seminaristen zu infomieren.

Seinen eigenen Studenten am Seminar hatten ihn darüber informiert, so Ramsey.

Auf Bitten des Nuntius habe er seine Bedenken schriftlich dargelegt. Gegenüber CNS sagte Pater Ramsey, er habe sich in seinem Schreiben „über McCarricks Beziehungen zu Seminaristen beschwert, und darüber, dass er mit Seminaristen schläft.“

„Mein Brief vom 22. November 2000 befasste sich mit McCarrick und erhob keinerlei Vorwürfe gegen Seminaristen; er erhob Vorwürfe gegen McCarrick“, so Ramsey.

CNS berichtete, dass Pater Ramsey zwar offiziell keine Antwort auf sein Schreiben vom 22. November 2000 erhalten habe. „Er war überzeugt, dass das Schreiben eingegangen ist, weil er von dem damaligen Erzbischof Sandri im Jahr 2006 eine schriftliche Bestätigung der im Jahr 2000 getätigten Aussagen erhielt“.

Der Hauptgrund für Sandris Brief im Jahr 2006 war die Bitte um Auskunft über einen Priester der Erzdiözese Newark, der am Immaculate Conception Seminary an der Universität Seton Hall studiert hatte: Der Priester wurde für einen Posten im Vatikan in Betracht gezogen.

Sandri selber ist heute Präfekt der Kongregation für die Ostkirchen und Kardinal der Kurie.

Die Darstellung von Pater Ramsey stimmt mit den Angaben von Erzbischof Carlo Maria Viganò überein, der von 2011 bis 2016 apostolischer Nuntius in den USA war.

Erzbischof Viganò hatte geschrieben, dass Montalvo (und sein Nachfolger, Erzbischof Pietro Sambi) „es nicht versäumt haben, den Heiligen Stuhl sofort zu informieren, sobald sie von Erzbischof McCarricks schwerwiegendem unmoralischem Verhalten gegenüber Seminaristen und Priestern erfahren haben. Tatsächlich wurde nach dem, was Nuntius Pietro Sambi schrieb, Ramseys Brief vom 22. November 2000 auf Wunsch des verstorbenen Nuntius Montalvo geschrieben.

In dem Brief bekräftigt der Dominikanerpater Ramsey, der von den späten 1980er Jahren bis 1996 Professor am Diözesanseminar in Newark war, dass es im Seminar immer wieder das Gerücht gab, dass der Erzbischof „sein Bett mit Seminaristen geteilt“ habe, und fünf auf einmal einlade, um das Wochenende mit ihm in seinem Strandhaus zu verbringen.

Ramsey weiter: Er habe eine gewisse Zahl von Seminaristen gekannt, von denen einige später zu Priestern der Erzdiözese Newark geweiht wurden, die in dieses Strandhaus eingeladen worden seien und ein Bett mit dem Erzbischof geteilt hätten.

Viganò sagte in seiner Aussage auch, dass er am 6. Dezember 2006 ein Memorandum geschrieben und Sandri übermittelt habe, in dem Anschuldigungen sexuellen Missbrauchs gegen McCarrick durch Gregory Littleton, einen laisierten Priester, detailliert beschrieben wurden. Der ehemalige Nuntius sagte, er habe in diesem Schreiben vorgeschlagen, an McCarrick „ein Exempel zu statuieren“, das eine „medizinische Funktion“ haben könnte, um zukünftigen Missbrauch zu verhindern und eine „sehr ernsthafte Skandalisierung der Gläubigen“ zu minimieren.

Übersetzt aus dem englischen Original. Der Brief in einer Twitter-Meldung des CNS.

(CNA Deutsch)

Vertuschungskrise: Staatsanwälte ermitteln nun auch in New York, New Jersey, Nebraska

 

NEW YORK / LINCOLN (NEBRASKA) – Die juristische Aufarbeitung der Vertuschung von Missbrauch in den USA weitet sich aus: Die Staatsanwaltschaften in New York und New Jersey haben am Donnerstag (Ortszeit) angekündigt, den Umgang mit Vorwürfen sexuellen Missbrauchs durch die katholischen Diözesen und kirchlichen Einrichtungen in beiden Staaten zu untersuchen.

Auch die staatlichen Behörden in Illinois, Missouri, Nebraska und New Mexico ermitteln: So hat der Generalstaatsanwalt von Nebraska hat die drei römisch-katholischen Diözesen des Staates um Informationen über sexuellen Missbrauch und anderes Fehlverhalten gebeten. Alle Diözesen haben zugesagt, mit den Ermittlern zusammenzuarbeiten.

Erzbistum New York begrüßt Ermittlungen

Am Donnerstag (Ortszeit) gab die New Yorker Staatsanwaltschaft bekannt, dass alle acht katholischen Diözesen des Staates vorgeladen werden. Wie die „New York Times berichtet, sollen die Bistümer auch ihre Unterlagen zu Vorwürfen sexuellen Missbrauchs offenlegen.

Generalstaatsanwältin Barbara Underwood kündigte eine zivilrechtliche Untersuchung kirchlicher Einrichtungen an und sagte, dass auch strafrechtliche Konsequenzen möglich sind: Die Behörde werde „Personen untersuchen und, falls gerechtfertigt, anzeigen, die Straftaten begangen haben“, so Underwood.

Die Erzdiözese New York teilte in einer ersten Reaktion gegenüber Medien vor Ort mit, man begrüße die Entscheidung der Staatsanwaltschaft und werde mit den Behörden kooperieren. Das Erzbistum habe bereits seit 2002 mit den zuständigen Bezirksanwälten „ausgezeichnete Arbeitsbeziehungen aufgebaut“, heißt es in der Erklärung.

„Wir stellen nicht nur alle Informationen zur Verfügung, die sie anfordern, sondern sie benachrichtigen uns auch, wenn sie von einem Missbrauchs-Vorwurf erfahren, so dass wir, selbst wenn sie keine Strafanzeige erstatten können, jeden Kleriker untersuchen und aus dem seelsorglichen Dienst entfernen können, gegen den glaubwürdige und begründete Vorwürfe vorliegen“.

Eigene „Task Force“ in New Jersey

Ebenfalls am Donnerstag kündigte der Generalstaatsanwalt von New Jersey, Gurbir Grewal, die Einrichtung einer Task Force an, die Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs und dessen Vertuschung untersuchen soll.

„Keine Person steht über dem Gesetz und keine Institution ist immun gegen die Pflicht zur Rechenschaft“, sagte Generalstaatsanwalt Grewal.

„Wir werden alle notwendigen Ressourcen einsetzen, um die Wahrheit aufzudecken und dafür zu sorgen, dass den Opfern Gerechtigkeit widerfährt“.

Zwei Diözesen in New Jersey – die Diözese Metuchen und die Erzdiözese Newark – haben in den vergangenen Wochen die Aufmerksamkeit der Medien auf sich gezogen, nachdem bekannt wurde, dass sie Mitte der 2000er Jahre außergerichtliche Vergleiche mit zwei Männern erzielten, die beide behaupteten, vom ehemaligen Kardinal Theodore McCarrick sexuell genötigt worden zu sein, als sie selber noch Seminaristen und junge Priester waren.

Unklar ist bislang, welche kirchlichen Mitarbeiter in diesen Diözesen von diesen Vorgängen gewusst haben könnten und es unterließen, Maßnahmen zu ergreifen, sich gegen McCarricks öffentliches Wirken auszusprechen.

Konsequenzen des Pennsylvania-Berichts

Auslöser der Ermittlungen ist der Mitte August veröffentlichte Untersuchungsbericht in Pennsylvania, der Vorwürfe sexuellen Missbrauchs und systematischer Vertuschung über mehrere Jahrzehnte dokumentierte.

Hunderte Priester sollen, vor allem in den 1960er, 1970er und 1980er Jahren, tausendfachen Missbrauch an Minderjährigen und Schutzbedürftigen begangen haben; dieser sei systematisch vertuscht, gedeckt und verschwiegen worden. (CNA Deutsch)