D: Kardinal Cordes zu Feiern nach Eichstätt gesandt

Kardinal Cordes Kardinal Paul Josef Cordes wird Papst Franziskus bei den Feiern zum 450. Gründungstag des Seminars Willibaldinum im Bistum Eichstätt repräsentieren. Das gab der Vatikan an diesem Samstag bekannt. Cordes ist emeritierter Kurienkardinal und war zuletzt Präsident des Päpstlichen Rates Cor Unum. Die Feiern in Eichstätt finden am 11. Oktober 2014 statt. (rv)

Ukraine, Gaza, Irak: „Gegengewalt wird uns aus den Konflikten nicht heraus führen“

Bernd Hagenkord Aus den vielen ernsten Konflikten in diesen Tagen kommt man nicht heraus, wenn man nur versucht, die Schuldfrage zu klären. Weder in der Ukraine, noch in Gaza oder im Irak kommt man damit weiter, darin sind sich die meisten internationalen Beobachter einige. Was aber wäre ein Ausweg?

Michael Reder ist Professor für Sozial- und Religionsphilosophie an der katholischen Hochschule für Philosophie in München und betreut dort das Projekt „Völkerverständigung“. Pater Bernd Hagenkord hat ihn gefragt, wie man sich vorstellen kann, dass die Konfliktparteien, die bislang nur gegenseitige Schuldzuweisungen kennen, aus der Konfrontation wieder heraus kommen.
„Zuerst ist es wichtig zu verstehen, was den gegenwärtigen Konflikten zu Grunde liegt. Bei aller Unterschiedlichkeit der Konflikte in der Ukaine, in Isarel/Palästina oder im Irak scheint es so zu sein, dass es in allen Konflikten um die Frage von kollektiven Identitäten geht. Da heißt, es gilt erst einmal anzuschauen, wie genau die Situation in diesen Ländern ist und welche Gruppierungen sich ausgeschlossen und diskriminiert gefühlt haben. Nur so kann man deren Reaktionen verstehen, die dann zu Gewalt eskalieren.

Eine solche Analyse fehlt heute teilweise. Es geht eher darum, Schuldige zu suchen und weniger darum danach zu fragen, welche grundlegenden Dynamiken diesen Konflikten zu Grunde liegen. Das wäre meiner Ansicht nach ein erster Weg, damit auch politisch umzugehen. Da geht es im Irak um den Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten, in der Ukraine geht es um die Frage der Identität von russischen Minderheiten und im Israel-Palästina-Konflikt um die Selbstständigkeit der Palästinenser. In allen drei Konflikten wurden diese Identitäten unterdrückt, diskriminiert, ausgeschlossen, was dann in eine Gewaltspirale führen kann, aus der man dann schwer wieder heraus kommt.“

Hieße das nicht auch, denen nachzugeben, die den Konflikt schüren? Müsste man nicht eigentlich konfrontativer aus dem Westen heraus dem Konflikt begegnen?

„Es ist zweierlei. Es ist wichtig, dass deutlich gemacht wird, dass Gewalt keine Lösung für Konflikte ist. Der Ruf nach Militarisierung und nach einem verstärkten Einsatz militärischer Gegenmacht wird uns nicht aus den Konflikten herausführen. Auf der anderen Seite geht es darum, zu versuchen sich vorzustellen, wie politische Landschaften in diesen Regionen aussehen können und wie Zugeständnisse gemacht und die Identitäten ernst genommen werden können.

Wir haben das in der Ukraine gesehen, wo es zu Beginn des Konfliktes ganz stark darum ging, ob Russisch als Sprache anerkannt wird oder nicht. Um so ganz fundamentale Fragen geht es in solchen Konflikten, die selber ein Auffangen dieser Gewalt bedeuten.“

Plädoyer für Außenpolitik

Der normale Nachrichtenkonsument reagiert eher mit einer Mischung aus Unverständnis und Ungeduld. Sie sagen, dass es Zeit und Information braucht und dass man auf die Leute zugehen müsste, um aus dem Konflikt wieder heraus zu kommen. Das ist aber auch eine Überforderung für die Menschen hier im Westen, die wir schnellerer Lösungen wollen, wie die Opfer sicherlich auch.

„Es ist eine verständliche Reaktion zu wünschen, dass die Konflikte schnell gelöst werden. Aber Konflikte, die sich über Jahrzehnte hinweg hochgeschaukelt haben und in Gewalt eskaliert sind werden wir nicht von heute auf morgen lösen können.

Ein großes Problem des Westens ist es, dass wir Außenpolitik oft ein wenig Stiefmütterlich betrachten. Man sieht das beispielsweise in Wahlkämpfen, auch in Deutschland, da spielt Außenpolitik immer nur eine sehr untergeordnete Rolle. Es geht da meistens um innenpolitische Fragen, allerhöchstens noch um Europafragen.

In einer globalisierten Welt, in der wir heute leben, geht es darum, dass wir Außenpolitik stärker aufwerten. Da geht es darum, Personal zu investieren und Geld in die Hand zu nehmen, auch mehr wissenschaftliche Forschung zu betreiben. Damit machen wir dann unsere Außenpolitik stärker, um differenzierter auf die Konflikte reagieren zu können.

Man sieht das deutlich, wenn wir auf die arabische Politik schauen, da hat die deutsche Außenpolitik oft sehr holzschnittartig mit Simplifizierungen reagiert; wer ist Islamist? wer ist Fundamentalist? Damit wird nicht differenziert genug auf die jeweiligen Regionen geschaut. Das führt dann dazu, dass wir den Einfluss, den wir in den Konflikten geltend machen können, nicht voll ausgeschöpft haben.“ (rv)

Irak: Gnadenlose Jagd auf Christen

Ignatius Joseph III. Younan Die Attacken der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) gegen Christen beginnen mit voller Härte. Am Samstag verbrannten Terroristen den Sitz des syrisch-katholischen Bischofs in Mossul im Irak. Das Gebäude ist restlos zerstört, wie der syrisch-katholische Patriarch Ignatius Joseph III. Younan gegenüber Radio Vatikan sagte. Der Patriarch selbst ist in Sicherheit, er hält sich derzeit in Rom auf; Samstagmorgen traf er Erzbischof Dominique Mamberti, den Sekretär für die Beziehungen mit den Staaten, also den vatikanischen „Außenminister“. Hier der Patriarch im Originalton.

„Die letzten Nachrichten sind desaströs. Wir wiederholen, was wir immer gesagt haben: Man darf Religion und Politik nicht vermischen. Wenn es Feindseligkeiten gibt zwischen Schiiten, Sunniten und anderen, darf das absolut kein Grund sein, schuldlose Christen und andere Minderheiten in Mossul und anderswo zu attackieren. Es ist auch kein Grund, ihre Kultorte, Kirchen, Bischofssitze, Pfarreien zu zerstören, im Namen einer sogenannten Terrororganisation, die weder auf die Vernunft noch auf das Gewissen hört. Unser Bischofssitz in Mossul ist vollständig verbrannt: Manuskripte, Bibliothek, alles. Und sie haben bereits damit gedroht, alle Christen umzubringen, wenn sie sich nicht zum Islam bekehren. Es ist furchtbar. Das ist eine Schande für die internationale Gemeinschaft.“

Christen gibt es inzwischen in Mossul keine mehr, sagte Patriarch Younan. Die letzten rund zehn Familien seien am Freitag geflohen, wobei die Terroristen ihnen noch an der Grenze der Stadt alle Habseligkeiten abgenommen hätten. Younan richtete via Radio Vatikan einen verzweifelten Appell an die Staatengemeinschaft.

„Wir bitten die internationale Gemeinschaft, den Grundsätzen der Menschenrechte treu zu sein, der Religionsfreiheit, der Gewissensfreiheit. Wir Christen sind im Irak, in Syrien und im Libanon zu Hause: wir sind nicht importiert worden, wir sind da seit zwei Jahrtausenden, und so haben wir das Recht, als Menschen und Bürger jener Länder behandelt zu werden. Sie verfolgen uns im Namen ihrer Religion und sie drohen nicht bloß, sondern sie machen ihre Drohungen wahr. Sie brennen nieder und sie ermorden.“

Patriarch Younan zufolge gibt es nur einen Weg, den Terror der Islamisten zu stoppen: Ihnen die Geldflüsse zu entziehen.

„Man muss ihnen alle finanziellen Hilfen streichen. Woher beziehen sie ihre Waffen? Von jenen fundamentalistischen Golfstaaten, unter stillschweigender Billigung westlicher Politiker, weil diese ihr Öl brauchen. Leider ist es so. Es ist eine Schande.“ (rv)

Irak: „Christen und Muslime wurden getäuscht“

IrakDie letzten noch verbliebenen Christen in Mossul sind den Kämpfern des „Islamischen Staates“ regelrecht in die Falle gegangen. Das berichtete gegenüber Radio Vatikan der syrisch-katholische Erzbischof der irakischen Stadt, Yohanna Petros Mouché auf Anfrage. Am Donnerstagabend seien den Christen bei einer Versammlung die Bedingungen mitgeteilt worden, zu denen sie in der Stadt bleiben dürften: Entweder sie treten zum Islam über, oder sie bezahlen eine besondere, im islamischen Recht vorgesehene Steuer für Nichtmuslime. Als dritte Option wurde den Christen das Verlassen der Stadt unter Zurücklassung jedes Eigentums genannt, so der Erzbischof. Die wenigen verbliebenen Familien rüsteten sich jetzt zum Aufbruch. Erzbischof Mouché zufolge haben die Islamisten ihre Taktik gegenüber der Bevölkerung im Vergleich zur Anfangsphase radikal verändert. Sie hätten inzwischen damit begonnen, das Eigentum der Christen zu plündern. In den vergangenen Tagen wurden die Häuser der Christen – und der sunnitischen Muslime – mit Zeichen markiert. „Die Muslime ebenso wie die Christen haben sich geirrt und sind den Terroristen in die Falle gegangen“, schrieb Erzbischof Mouché in seiner Mitteilung. „Was in diesen Tagen geschieht, haben wir noch nie erlebt.“  (rv)
 

Ukraine: Beileid der katholischen Bischöfe

Ukraine Die römisch-katholischen Bischöfe sprechen den Hinterbliebenen der Opfer in der Ostukraine ihr Beileid aus. Seit Wochen finden Kämpfe zwischen der ukrainischen Armee und den sogenannten prorussischen Separatisten im Osten des Landes statt. Fast täglich gibt es mehrere Tote. „Die unstabile Lage macht uns traurig“, schreiben die katholischen Bischöfe in einem Appell, in der sie die Gläubigen zum Gebet für den Frieden und die Einheit des Landes aufrufen. „Wir knien uns vor jenen Opfern, die für dieses Land ihr Leben gegeben haben“, schreiben die Bischöfe weiter. In dem mehrheitlich orthodoxen Land leben rund eine Million Katholiken des lateinischen Ritus, daneben gibt es über fünf Millionen Gläubige der mit Rom unierten griechisch-katholischen Kirche. (rv)

D: Neuer Innenraum für Berlins Bischofskirche

Erzbistum Berlin Berlins Bischofskirche bekommt eine Neugestaltung des Innenraums: An diesem Dienstag wurden in der Sankt Hedwigs Kathedrale die Gewinner des Wettbewerbs vorgestellt, den das Bistum zu dieser Neugestaltung veranstaltet hatte. Gewinner ist ein Projekt, das die Rundform des Gebäudes ganz deutlich aufgreift, geschaffen vom Büro der Architekten Sichau & Walter in Fulda. Leo Zogmayer ist einer der beiden Künstler und Gestalter des Innenraums. Er erläutert den Fokus der neuen Räumlichkeiten im Interview mit Radio Vatikan:

„Es geht um eine ideelle Bewegung, die weitergeführt werden soll. Sonst würden wir brechen mit der kompletten Geschichte des Kirchenbaus. Immer wieder haben Menschen in ihrer Zeit – das macht auch das Leben und die Denkcharakteristik des Abendlandes aus – dass wir die immer gleiche Botschaft von Generation zu Generation neu formulieren – und in dem Sinn ist auch unser Konzept zu verstehen.“

Seit ihrer Weihe 1773 wurde die Kirche dreimal umgestaltet. Der stärkste Eingriff fand nach dem Zweiten Weltkrieg statt, in dem Bomben das Gotteshaus bis auf die Umfassungsmauern zerstörten. Eine architektonische Besonderheit ist eine rund acht Meter große Bodenöffnung im Zentrum des Rundbaus. Über eine Treppe ist damit die Unterkirche mit den Grabkapellen der Berliner Bischöfe sowie des seliggesprochenen Dompropstes Bernhard Lichtenberg (1875-1943) erreichbar. Das „Loch“ war von Anfang an umstritten, unter anderem weil es alle liturgischen Feiern beeinflusste – die Mitte der Gemeinde war sozusagen leer. Nach der Umgestaltung wird es dieses markante Element nicht mehr geben.

„Die Gemeinde ist im Mittpelunkt und ist die wesentliche ‚Liturgin‘ in diesem Geschehen. Die Hauptrolle spielt die versammelte Gemeinde, das sind die lebendigen Menschen die hier gemeinsam feiern. Der Klerus ist natürlich integriert. Der Vorsitz ist als solcher hervorgehoben, deutlich markiert. Die liturgischen Dienste, aber wenn sie mich fragen um die Hauptidee; dann ist es die liuturgische Versammlung, die versammelten Menschen.“

Der Siegerentwurf sei aber erst der Start der Neugestaltung, betonten die Architekten und die Bistumsvertreter bei der Vorstellung noch, jetzt gelte es, daraus dialogisch den endgültigen Entwurf zu entwickeln.

Im Jahr 1773 war die Kirche geweiht worden, sie gehört in ein Bau-Ensemble an der Straße Unter den Linden. Die Initiative dazu kam auch von Friedrich II. von Preußen. Anlass war die wachsende Zahl der Katholiken in Preußen durch die Eroberung Schlesiens. Die Kirche ist nach der Patronin der neuen Provinz, der heiligen Hedwig von Schlesien (1147-1243), benannt. Zudem wollte der Preußenkönig durch den Kirchbau seine religiöse Toleranz unter Beweis stellen. Friedrich war auch an der Gestaltung des Kuppelbaus beteiligt, Vorbild war das Pantheon in Rom.

Zum 1. November 2013 hatte das Erzbistum Berlin den Wettbewerb ausgelobt, 169 Entwürfe waren eingereicht worden. In einer ersten Sitzung im März 2014 hatte eine Jury daraus 15 Entwürfe ausgewählt, an denen – verbunden mit konkreten Vorgaben – weiter gearbeitet werden sollte. Daraus hat am 30. Juni 2014 die Jury die Preisträger ausgewählt.

Die Entwürfe für den Umbau sind noch bis zum 30. Juli in der Kathedrale bzw. dem angrenzenden Bernhard-Lichtenberg-Haus ausgestellt. (rv)

EU-Bischöfe empört über Kreuzigungen in Syrien

CCEE Der Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) hat die Kreuzigung von Menschen in Syrien durch die Terrorgruppe Isis scharf verurteilt. In einer Mitteilung äußerte der Bischofsrat „große Empörung“ über die Vorfälle, die „die Religion zur Rechtfertigung von Schnellverfahren“ benutzten. Solche Akte richteten sich „gegen jeden Versuch, Frieden in einem Land zu schaffen, das bereits seit Jahren von einem Brudermord heimgesucht wird“, heißt es in der Mitteilung. Isis-Extremisten hatten nahe der nordsyrischen Stadt Aleppo im Zug der Ausrufung eines islamischen Kalifates acht Männer getötet und gekreuzigt. Ein neunter Mann sei in Al-Bab nahe der türkischen Grenze acht Stunden lang gekreuzigt worden, habe die Strafe aber überlebt, hieß es nach Angaben von Menschenrechtsgruppen. – Die CCEE ist der Zusammenschluss der Bischofskonferenzen in Europa, sie vertritt 34 Bischofskonferenzen. (rv)

Haiti: Kirche überall im Land aktiv

Langlois Eigentlich hat Haiti, das wohl ärmste Land der westlichen Hemisphäre, schon Probleme genug: Armut, Kriminalität, die Folgen des verheerenden Erdbebens vor vier Jahren, das über 200.000 Todesopfer forderte. Aber in den letzten Monaten kam zu allem Überfluss noch eine schwere politische Krise hinzu. Diese konnte jetzt gelöst werden – mit der Vereinbarung, im Oktober Wahlen abzuhalten. Der Mann, der diese Lösung mit den streitenden Parteien ausgehandelt hat, ist der neue Kardinal von Haiti, Chibly Langlois. Papst Franziskus hatte den Erzbischof von Les Cayes zur allgemeinen Überraschung zu Jahresbeginn in seinen Kardinalssenat aufgenommen. Über die Lage in Haiti sagte Langlois zu Radio Vatikan:

„In sozialer Hinsicht haben die Menschen unglaubliche Schwierigkeiten, über die Runden zu kommen. Viele Familien leiden und machen große Härten durch. Das macht die Verantwortung der Regierenden und der Behörden umso größer: Sie sollten eigentlich alles tun, um dem Land aus dieser Lage herauszuhelfen.“

Massendemonstrationen in der Hauptstadt Port-au-Prince haben in den letzten Monaten immer wieder den Rücktritt von Präsident Michel Martelly gefordert. Sie werfen ihm vor, Hilfsgelder für den Wiederaufbau verschleudert zu haben. Einige Male trieben Sicherheitskräfte die Demonstranten mit Gewalt auseinander. Die Kirche kann sich nicht an die Stelle der Politik setzen. Aber sie muss damit umgehen, dass kaum eine Institution auf Haiti soviel Vertrauen in der Bevölkerung genießt wie sie.

„Natürlich ist die Kirche überall im Land präsent – von den Pfarreien bis hin auf die Ebene der Caritas, der Schulen, des Engagements für Gerechtigkeit und Frieden. Wir stehen an allen Fronten! Und natürlich engagieren wir uns auch bei den politischen Akteuren – so konnten wir jetzt mithelfen, dass sie sich einmal an einen Tisch setzen und sich eine gemeinsame Lösung für die politische Krise ausdenken. Wahlen sind in unserem Land jetzt nötig, und uns allen liegt sehr daran, jetzt im Land keine Dauerkrise zu bekommen. Die Kirche steht also im Dienst der Gesellschaft, im Dienst der Behörden – damit man wirklich mithelfen kann, das Leben der ganzen Gesellschaft zu verändern.“

Der Kardinal betont, dass die Kirche sich nach dem Erreichen der politischen Übereinkunft jetzt nicht zurückzieht, sondern die Umsetzung begleiten und auch überwachen will. Er weiß, dass viele weiterhin unzufrieden sind mit dem Erreichten: Oppositionspolitiker hatten mehr erhofft, viele Haitianer fordern immer noch den sofortigen Rücktritt des Präsidenten. Aber Chibly Langlois hofft, dass sich der gute Wille durchsetzt. Zu den Massendemonstrationen in Port-au-Prince sagt er:

„Die Verteilung von Geldern und Ressourcen war immer schon umstritten in Haiti. Es fehlt an einem Sinn für das Gemeinwohl, das ist einer der Hauptgründe, warum so viele Menschen im Land leiden. Die Verantwortlichen müssen schon genau darauf achten, dass bei der Verteilung der Gelder im Land die Armen nicht zu kurz kommen – die Mehrheit der Menschen im Land ist arm.“

Vier Jahre nach dem Erdbeben gibt es noch unglaublich viel wieder aufzubauen, sagt der Kardinal.

„Wir haben noch nicht eine einzige Kirche in der Hauptstadt wieder aufgebaut in diesen Jahren – immer noch werden Untersuchungen gemacht und Mittel organisiert. Dabei müssten nicht nur Kirchen, sondern auch Pfarrhäuser und Schulen wieder entstehen. Wichtiger ist aber noch, dass sich die wirtschaftliche Lage so vieler Familien nach dem Erdbeben noch verschlimmert hat, die wirtschaftliche Lage Haitis hat sich verschlechtert. Wir tun als Kirche, was wir können, aber wir haben natürlich nur sehr begrenzte Mittel.“ (rv)

Papst Franziskus empfängt Erzbischof Welby: Unsere Trennung ist ein Skandal

Erzbischof Justin WelbyWeggefährten in der Nachfolge des Herrn: So bezeichnete Papst Franziskus an diesem Montag sich selbst und seinen Gast, den Ehrenprimas der anglikanischen Kirche und Erzbischof von Canterbury, Justin Welby. Gemeinsam arbeite man im Weinberg des Herrn, sei man Pilger zu seinem Reich.

„Auch uns scheint der Herr zu fragen: Über was habt ihr euch auf dem Weg unterhalten?“, zitierte der Papst die Geschichte des Rangstreites unter den Jüngern aus dem Markusevangelium.

„Auch wir fühlen uns – wie die Jünger – verwirrt wegen der Distanz, die zwischen der Frage des Herrn und unserer ärmlichen Antwort besteht. Unter seinem barmherzigen Blick können wir nicht vortäuschen, dass unsere Teilung kein Skandal wäre, kein Hindernis für die Verkündung des Evangeliums von der Erlösung der Welt.“

Die volle Einheit könne einem weit entfernt vorkommen, trotzdem sei sie der Orientierungspunkt, auf den alle Schritte zugehen müssten, so der Papst weiter. Besonders würdigte er den Einsatz Welbys gegen den Menschenhandel, auf diesem Feld gebe es bereits viel Zusammenarbeit.

„Ich denke auch besonders an das Aktions-Netz gegen den Handel mit Frauen, das von vielen Ordensfrauen und Institutionen geschaffen wurde. Wir engagieren uns gemeinsam im Kampf gegen diese neue Form der Sklaverei. Wir sind als Jünger gesandt, um die verwundete Welt zu heilen. Ich danke Gott, dass er uns gemeinsam dieser fürchterlichen Plage die Stirn bieten lässt, mit Geduld und Entschlossenheit.“

„Vergessen Sie die drei ‚P’ nicht!“ fügte der Papst auf Englisch an. „Die drei ‚P’?“ „Prayer, Peace and Poverty“, antwortete der Papst, also Gebet, Frieden und die Armen. „Wir müssen gemeinsam gehen“, schloss er seine Ansprache dann, und Welby antwortete mit denselben Worten, „Wir müssen gemeinsam gehen!“ (rv)

Kongo: Massenvergewaltigungen dauern immer noch an

KongoVergewaltigung als Kriegswaffe – darüber sprechen derzeit in London Fachleute bei einem hochrangig besetzten Gipfel. Großbritanniens Außenminister William Hague hat dazu eingeladen, Papst Franziskus hat eine Botschaft geschickt, und über tausend Vertreter aus 117 Ländern nehmen daran teil, darunter die Hollywood-Schauspielerin Angelina Jolie. Neben den Fachleuten sind auch Überlebende, Zeugen, Ärzte und Soldaten anwesend.

Hunderttausende Frauen von Bosnien über Darfur, Ruanda, Sierra Leone und Kongo haben durch gezielte Massenvergewaltigungen unaussprechliches Leid und Stigmatisierung erlitten, während die Täter meist straffrei bleiben. Im Kongo werden stündlich immer noch 48 Frauen vergewaltigt. Die Kirche kämpft seit dem Aufkommen dieser neuartigen Kriegswaffe an der Seite der Opfer – auch der potentiellen Opfer. Wir haben mit Schwester Victoria Chiharhula gesprochen, einer Missionarin Unserer Lieben Frau von Afrika aus der Demokratischen Republik Kongo. Sie setzt sich im Ost-Kongo seit 15 Jahren für mehrfach vergewaltigte Frauen ein.

„Die Methodik, die Böswilligkeit, mit der diese Gewaltakte verübt werden, zeigen, dass hinter solchen Massenvergewaltigungen heute eine Strategie steckt. Wir haben Opfer gesehen im Alter zwischen eineinhalb und 75 Jahren. Die Männer gehen in ein Dorf rein und vergewaltigen systematisch. Nachdem sie die Frauen vergewaltigt haben, zerstören sie ihre Geschlechtsorgane. Sie schneiden sie auf, mit Säbeln, Messern, Ästen, Gewehren. In den letzten Jahren ist Säure dazugekommen. Sie verätzen damit die Geschlechtsorgane der Frauen. Dahinter steckt der Wille, ein Volk zu eliminieren, denn wenn man Frauen zerstört, zerstört man Leben.“

Im Ost-Kongo sei die Massenvergewaltigung von Frauen durch die Niederlage der Rebellenbewegung „M23″ nur leicht zurückgegangen, sagt Schwester Victoria. Rund 15 weitere Gruppen bewaffneter Kämpfer seien vergewaltigend unterwegs. Manchmal werde eine vertrieben, dann kämen die Männer zurück und ließen sich an den wehrlosen Frauen aus.

„Der Kern des Verbrechens ist die Straflosigkeit! Und wer von Straflosigkeit spricht, spricht von Korruption. Denn diese Verbrecher lässt man nur laufen, weil sie bezahlt haben.“

Das wiederum lässt sich nur durch die Verstrickungen der diversen Rebellengruppen in Geschäfte mit Bodenschätzen erklären.

„Diese Gruppen kontrollieren die Straßen und die Minen. Bei allen Kämpfen in der Region Ostkongo geht es letztlich um die Herrschaft über die Minen. Solange die Gruppen nicht entwaffnet sind, wird die sexuelle Gewalt andauern. Die erste Sache, die zu tun wäre, ist die Straflosigkeit zu bekämpfen, indem man die Regionalregierung zwingt, das Gesetz anzuwenden: Das Gesetz existiert, aber es wird nicht angewandt. Zweitens müssen die Soldaten bezahlt werden. Und drittens muss man auf lokaler Ebene ansetzen, bei Bildungsprogrammen. Auch die Kirche hat hier Verantwortung, sie muss in Seelsorgeoffensiven sicherstellen, dass die Würde jedes Menschen anerkannt wird. Tut man das nicht, riskiert man, dass diese traumatisierten Menschen in zwanzig Jahren selbst zu Folterknechten werden.“ (rv)