Adveniat-Bischof Overbeck: „Ein Weg einer neuen Solidarität mit den Armen“

Bischof Franz-Josef OverbeckDie Liebe zu den Armen und zugleich eine nüchterne Betrachtung der lateinamerikanischen Wirklichkeit mit all ihren Herausforderungen – diese beiden Punkte nimmt Bischof Franz-Josef Overbeck, der in der Deutschen Bischofskonferenz für Lateinamerika zuständig ist, aus der Wieder-Lektüre des Dokumentes von Aparecida mit, das 2007 unter der federführenden Redaktion von Jorge Mario Bergoglio entstand. Das Abschlussdokument der Vollversammlung der Bischöfe Lateinamerikas und der Karibik dient im Kontext der Papstreise nach Rio Kirchenvertretern und Journalisten als Orientierung, um die Anliegen der katholischen Kirche in Lateinamerika zu verstehen. Wie viel Bergoglio steckt im Dokument von Aparecida? Dazu sagte Bischof Overbeck auf dem Hinflug nach Rio:

„ Ich glaube auf der einen Seite in der für mich wahrnehmbaren typischen jesuitischen Abwägung und Indifferenz der Wirklichkeit, um die es hier geht, das ist sehr nüchtern wahrgenommen und in dem Dokument beschrieben, und zum anderen in der unbedingten Wahrnehmung der Bedeutung der Ortskirche für die Bewertung dessen, was pastoral vor Ort getan werden muss und einer wahrnehmbaren Liebe zu den Armen, was aber nicht nur den früheren Erzbischof von Buenos Aires und heutigen Papst betrifft. Diese Liebe haben viele Bischöfe hier, und das kann man in dem Dokument sehr gut sehen."

Bischof Overbeck glaubt, dass der Papstbesuch in Brasilien viele Menschen ermutigen kann, die bereits im Kampf gegen Armut und Ungerechtigkeit in Lateinamerika engagiert sind. Die Visite werde mit großer Begeisterung aufgenommen werden und die Herzen der Menschen erreichen, ist sich Overbeck sicher.

„Der Besuch eines Papstes ist immer etwas Besonderes, und jetzt ist es der erste Besuch des neuen Papstes, der dazu noch aus Lateinamerika kommt. Deshalb erwarte ich, auch von meiner Erfahrung her, die ich als Bischof in den letzten drei Jahren bei Adveniat gemacht habe, eine enthusiastische Stimmung und für viele eine Bestätigung ihres Weges, der sich ja – sei es, was Bergoglio als Kardinal in Buenos Aires tat, sei es, was er jetzt als Papst tut, als ein Weg einer neuen Solidarität mit den Armen zeigt. Das wird hier auf eine neue Weise die Herzen der Menschen sehr anrühren. Und das erwarte ich – mit einer Wirkung, die auf die Welt ausstrahlen wird." (rv)

Frage an Kardinal Scherer: Wie politisch wird die Kirche mit Papst Franziskus?

Kardinal SchererPapst Franziskus weckt große Hoffnungen in Lateinamerika. Auch bei Befreiungstheologen wie Leonardo Boff, der jetzt in einem Interview zum Papstbesuch in Rio enthusiastisch von „einem neuen Frühling in der Kirche" sprach. Einen „reifen Ansatz" zur Umsetzung der „Option für die Armen" in der katholischen Kirche Lateinamerikas hat laut Jorge Mario Bergoglio die Bischofskonferenz von Aparecida 2007 angeboten: Das Abschlussdokument der Bischofsvollversammlung habe das Apostolische Schreiben „Evangelii Nuntiandi" von Papst Paul VI. „in seinen schönsten Passagen wiederholt", sagte Bergoglio in seiner Zeit als Erzbischof von Buenos Aires gegenüber Journalisten (vgl. Gesprächsband „El Jesuita"). In der Befreiungstheologie habe es „Abwegiges", doch auch „unzählige Helfer" gegeben, die sich so engagiert hätten, „wie die Kirche es verlangt", sagte Bergoglio. Wie politisch wird die katholische Kirche mit Franziskus? Das wollte Anne Preckel von Kardinal Odilo Scherer, dem Erzbischof der brasilianischen Mega-Diözese Sao Paolo, auf dem Weltjugendtag in Rio wissen.

„Das werden wir noch sehen. Natürlich – seine Einstellung der Kultur, der Gesellschaft, der Werte gegenüber wird auch eine Einstellung der Politik weitergeben und der Position der Kirche der verschiedenen Arten der Politik gegenüber in den verschiedenen Ländern. Aber eines sind die Prinzipien, die Papst Franziskus irgendwie klarmacht – Prinzipien, die gültig sein sollen überall: Also erstens – der Mensch steht in der Mitte, nicht die Wirtschaft, nicht irgendwie der Gewinn. Zweitens – die Armen stehen in der Mitte, die Armen, die Kranken, die Vernachlässigten. Auf sie müssen wir schauen, auf sie müssen auch die Regierungen schauen. Und das sind nicht nur Personen, das sind ganze Länder, die als arme Länder in der Welt vernachlässigt sind. Franziskus hat schon mehrmals darauf gezeigt: Wir sollten eine bessere Welt für alle schaffen, wir sollten nicht den Egoismus globalisieren, sondern vielmehr sollten wir die Zuneigung zu den anderen stärken, uns um die Vernachlässigten kümmern – da sollten wir handeln und die Regierungen auch."

Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil ist „die Option für die Armen" laut Bergoglio mit Nachdruck gefordert worden. Diese Sorge habe auch einen Nährboden für Ideologien abgegeben. Gegen eine „ideologische Infiltration" empfahl der zukünftige Papst eine feste Verwurzelung im Glauben: „In dem Maß, in dem die pastoral Engagierten mehr und mehr die Bedeutung der Frömmigkeit des Volkes entdecken fällt die Ideologie in sich zusammen", sagte damals der argentinische Kardinal. Auch Kardinal Odilo Scherer blickt für das heutige Brasilien in diese Richtung.

„Die Einstellung zu Kirche und Glaube muss viel tiefer verarbeitet werden, das ist nicht irgendwie oberflächlich und Sympathie oder Antipathie – das hat mit dem Glauben zu tun, und da stehen wir fest im Jahr des Glaubens. Und die Kirche – mit Benedikt und jetzt mit Papst Franziskus –ruft dazu auf: Schauen wir auf Jesus Christus, auf das Evangelium, auf den Weg Jesu Christi, auf die tiefen und wirklichen Werte des Lebens zu schauen: Bleiben wir nicht in der Peripherie der Werte oder bei dem stehen, was uns irgendwie in diesem Leben etwas bringen könnte, sondern wir sollten vielmehr auf festen Boden stehen und bauen. Und das wird Papst Franziskus sicher auch den jungen Leuten hier sagen." (rv)

pimentaPapst Franziskus trauert um den Verstorbenen Kardinal Simon Ignatius Pimenta. Der emeritierte Erzbischof von Bombay (dem heutigen Mumbai) war am Freitag im Alter von 93 Jahren verstorben. In einem päpstlichen Schreiben an den Erzbischof von Mumbai, Oswald Gracias, erinnerte der Papst in Dankbarkeit an die vielen Jahre, in denen Kardinal Pimenta seinen Dienst in der katholischen Kirche hingebungsvoll ausgeführt hat. (rv)

Vatikan/Italien: Franzikus am 22. September auf Sardinien

SardinienBei seinem Besuch auf Sardinien am 22. September 2013 soll der Papst u.a. mit Arbeitern, Armen und Jugendlichen zusammentreffen. Dies geht aus einem Programmentwurf hervor, den die Organisatoren der Sardinienreise des Papstes vorgestellt haben. Der Entwurf wird derzeit vom Vatikan geprüft. Insgesamt wird der Besuch auf der italienischen Mittelmeerinsel etwa zehn Stunden dauern: Am Vormittag soll eine Messe vor dem Marienheiligtum von Bonaria in Cagliari stattfinden; anschließend ist ein Mittagessen mit den sardischen Bischöfen geplant und am Nachmittag ist ein Treffen des Papstes mit Jugendlichen vorgesehen. Franziskus soll auch eine Suppenküche der Caritas sowie die theologische Fakultät Sardiniens besuchen. (rv)

Kardinal Tauran traf Lukaschenka: Erstes römisch-katholisches Priesterseminar geplant

Kardinal TauranKurienkardinal Jean-Louis Tauran hat bei seinem Besuch in Weißrussland ein besonderes Geschenk vom Präsidenten Aljaksandr Lukaschenka erhalten: der weißrussische Präsident sicherte Tauran ein Stück Land, auf dem bald das erste römisch-katholische Priesterseminar entstehen soll. Tauran ist Präsident des Päpstlichen Rates für den interreligiösen Dialog. Er war vergangene Woche im weißrussischen Budslau, wo er mit 40.000 Gläubigen bei der Feier für das 400-jährige Jubiläum einer Marienikone teilnahm. Gegenüber Radio Vatikan berichtete Tauran, wie die Gespräche verlaufen sind:

„Ich habe mit Präsident Lukaschenka etwa eine Stunde lang über die Probleme der katholischen Kirche in Weißrussland gesprochen. Wir haben auch über die internationale Situation gesprochen. Gegen Ende unserer Gespräche hat er mir dann gesagt, dass er der katholischen Kirche ein Stück Land geben wolle, wo nun das erste Priesterseminar entstehen soll. Das hat gezeigt, dass unsere Gespräche durchaus sehr konkret waren."

Lukaschenka ist im Westen sehr umstritten. Staatsbesuche sind in jüngster Zeit sehr selten geworden. Kardinal Tauran hat ihm auch eine Botschaft des Papstes übermittelt.

„Mehr als ein Nachrichtenbote bestand meine Aufgabe darin, die spirituelle Nähe des Papstes mit dem weißrussischen Volk zu übermitteln. Die Christen sind niemals eine Gefahr für eine Gesellschaft sondern im Gegenteil sie sind ein Reichtum für ein Volk. Präsident Lukaschenka schien mir sehr interessiert für diesen Aspekt zu sein. Mehr als mit dem Präsidenten habe ich mit vielen Jugendlichen sprechen können und ich sagte ihnen jeweils, dass sie das christliche Erbe nicht vergessen sollten."

Das weißrussische Volk habe viel durchgelitten. Russen und Deutsche hätten das Land durch die Kriege im 20. Jahrhundert verwüstet und viel Leid gebracht, so Tauran.

„Doch wie Papst Franziskus uns gerne erinnert: Gott ist Sanftmut, Barmherzigkeit und Liebe. Diese Botschaft wollte ich besonders hervorheben bei meinem Besuch in Weißrussland. Die jüngere Generation kann sich sicherlich nicht an die Verfolgungen gegen Christen im 20. Jahrhundert erinnern. Heutzutage ist aber die Lage auch nicht immer sehr einfach. Zwar gibt es keine physische Gewalt gegen Christen aber administrative Hürden erschwert oft das Leben der Gläubige in dem osteuropäischen Land. Allgemein muss aber gesagt werden, dass der Dialog der katholischen Bischöfe mit ihren orthodoxen Mitbrüder und den Behörden sehr positiv ist." (rv)

Vatikan: Papst in Lampedusa

Franzsikus200Der Papstbesuch am Montag auf Lampedusa wird die Christen in ihrem sozialen Einsatz bestärken. Davon ist der Ortsbischof überzeugt. In einer Botschaft zum morgigen Besuch Franziskus’ auf der Mittelmeerinsel, schreibt Erzbischof Montenegro von Agrigent, man könne das Flüchtlingsproblem nicht mehr verschweigen. Es sei Ausdruck dafür, dass mehr Gerechtigkeit notwendig ist für Millionen von Menschen, die schließlich alle Kinder Gottes seien. – Franziskus wird sich am frühen Montagmorgen zu einem Besuch nach Lampedusa aufmachen, wo immer wieder Flüchtlinge aus Afrika landen. Bei dem Versuch nach Europa zu gelangen, sind bereits viele Menschen ums Leben gekommen. Der Papst hat ausdrücklich gewünscht, die Präsenz von Honoratioren zu beschränken. Er möchte vielmehr den Betroffenen begegnen und mit ihnen für die Toten beten. Bei der Messe wird er einen Holzkelch und einen Hirtenstab verwenden, die aus dem Holz eines Flüchtlingsboots gefertigt wurden. (rv)

Italien: Kardinal Caffarra bleibt Erzbischof von Bologna

CaffarraKardinal Carlo Caffarra bleibt für weitere zwei Jahre Erzbischof von Bologna. Das hat das Erzbistum am Sonntag bekannt gegeben. In einem Brief des Papstes an Caffarra habe Franziskus den 75-jährigen Kardinal für weitere zwei Jahre bestätigt, so die Note des norditalienischen Bistums. Kardinal Caffarra hatte am vergangenen 26. Mai aufgrund seines Alters, den Papst um Rücktritt gebeten. Caffarra habe sich beim Papst für diesen Beschluss bedankt, so die Medienmitteilung weiter. Bologna ist eines der größten Bistümer Italiens, welches über eine lange Kardinalstradition verfügt. Papst Benedikt XVI. nahm Caffarra m Konsistorium vom 24. März 2006 in das Kardinalskollegium auf. (rv)

Angelus: Nach Gewissen handeln heißt, Willen Gottes tun

VatikanplatzVor über 90.000 Pilgern und Besuchern auf dem Petersplatz hat Papst Franziskus unter dem Beifall daran erinnert, dass sein Vorgänger Benedikt XVI. die Gläubigen „ein großes, wunderbares Beispiel" gegeben habe, „als der Herr ihn im Gebet verstehen lassen hat", welchen Schritt er machen müsse. Benedikt sei mit großem Sinn für Unterscheidung und Mut seinem Gewissen gefolgt, so Papst Franziskus beim Mittagsgebet an diesem Sonntag. Der emeritierte Papst habe dem Willen Gottes gehorcht, der zu seinem Herzen sprach. „Und dieses Beispiel unseres Vaters tut uns allen so gut", so Franziskus wörtlich.

Vor dem Angelusgebet ging Papst Franziskus auf das Tagesevangelium ein. Es handelte sich um jene Stelle im Lukas-Evangelium, in der der Beschluss Jesu beschrieben wird, nach Jerusalem zu gehen. Jene Stadt wird sein letztes irdisches Ziel sein, wo er sterben und dann auferstehen wird, damit sich die Heilsgeschichte erfüllen wird. Der Papst erläuterte dazu:

„Jesus sagt seinen Jüngern, dass sie ihm auf den Weg nach Jerusalem vorangehen sollten, damit sie seine Ankunft verkünden können. Gleichzeitig heißt Jesus seine Jünger, niemandem etwas aufzuerlegen: wenn es keine Bereitschaft gebe, ihn aufzunehmen, so sollten sie weitergehen. Jesus erliegt nie etwas auf, er ist demütig und spricht eine Einladung aus."

Diese Stelle im Evangelium rufe dazu auf, auf das Gewissen zu hören, so der Papst weiter. Denn Jesus sei in seinem Dasein auf der Erde nicht „manipuliert" worden und habe seinen Entschluss in seinem Gewissen getroffen.

„Allerdings tat er das nicht allein, vielmehr ist das zusammen mit dem Vater, in voller Einheit mit ihm geschehen. Und im Vater fand Jesus die Kraft, und das Licht für seinen Weg. Jesus war frei in dieser Entscheidung. Jesus will, dass die Christen frei sind. Er will kreative Christen, keine ferngesteuerten Christen. Diese Freiheit entsteht aus dem Dialog mit dem Vater im Gewissen."

Dies gelte auch für die heutigen Gläubigen, fuhr Franziskus fort.

„Wir müssen es lernen, auf unser Gewissen zu hören. Doch Vorsicht! Dies bedeutet nicht, dem eigenen Ich zu folgen, das zu tun, was mich interessiert, was mir nutzt, was mir gefällt. Das Gewissen ist der innere Raum des Hörens auf die Wahrheit, das Gute, des Hörens auf Gott. Es ist der innere Ort meiner Beziehung zu ihm, der zu meinem Herzen spricht und mir hilft, zu unterscheiden, die Straße zu verstehen, die ich begehen muss, und wenn man einmal einen Entschluss gefasst hat, vorwärtszugehen und treu zu bleiben."

In seinem Tweet des Tages hat Papst Franziskus folgendes geschrieben:

„Ein Christ kann nie gelangweilt oder traurig sein. Wer Christus liebt, ist voller Freude und verbreitet Freude." (rv)

D/Italien: Priester mit Weltkircheerfahrung für die Heimat

Germanicum et Hungaricum726 – so viele Seminaristen gab es im vergangenen Jahr in Deutschlands Priesterkollegs. Um aber ein tatsächliches Bild vom Priesternachwuchs für das eigene Land erhalten zu können, darf man eines nicht vergessen: Nicht wenige junge Männer zieht es für die Priesterausbildung ins Ausland, wo die katholische Kirche ihnen die Möglichkeit gibt, sich zum Priester für das Heimatland ausbilden zu lassen. Nicht nur eine Kirche vor Ort also, sondern eine Weltkirche im Sinne des Wortes. Und wo wäre diese deutlicher zu erleben als in Rom?

„Rom ist aus der Perspektive der Kirche eine besonders spannende Stadt, weil sich hier Weltkirche auf eine Art und Weise erleben lässt, die unvergleichbar ist. Das Theologiestudium ist spannend, und das überall auf der Welt – aber man lernt in Rom durch den Zugang: Was bedeutet Kirche in Afrika, in Lateinamerika, in Ungarn, in Osteuropa? Beziehungsweise was heißt das für uns?"

Das sagt Mathias Bitsche, der seine Wiener Priesterausbildung im Priesterkolleg „Germanicum et Hungaricum" in Rom fortgesetzt hat. Schon der Name dieses Kollegs, das auf deutschsprachige und ungarische Seminaristen ausgerichtet ist, zeigt, dass Kirche über Ländergrenzen hinweg gedacht werden muss. Mihály Czapkó kam aus Ungarn hierher und erinnert an die geschichtsträchtige Vergangenheit des Kollegs:

„Das Germanicum, das Kolleg für das Römische Reich Deutscher Nation, wurde eigentlich schon 1552 gegründet. Der Grund war, nach der Reformation Priester auszubilden, die der Kirche, der katholischen Lehre treu sind und diese vertreten. Das Hungaricum, das ungarische Kolleg, kam 1580 dazu. Ein sehr großer Teil in Ungarn wurde vom Osmanischen Reich besetzt, in Siebenbürgen kam es auch zur Reformation. Nach der Befreiung von den Türken begann man, die Kirche wieder aufzubauen. Immer wenn ich an diese Situation denke, dann könnte ich sagen: Für die heutige kirchliche Situation ist es nicht so schlimm, wie es früher war."

Und das, obwohl es die Kirche in Ungarn immer noch schwer hat nach einem atheistischen System von fast fünfzig Jahren. Mihály Czapkó erzählt, dass sein Heimatland vor dem Kommunismus der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts ein sehr religiöses Land war. Heute sei das anders. Nach Rom ist er gekommen, um von den verschiedenen kirchlichen Situationen der Seminaristen, die aus aller Welt hierher kommen, zu lernen:

„Was vielleicht bei uns ein großes Problem ist, könnte aus Sicht von anderen Ländern ein viel kleineres Problem sein."

Voneinander lernen, sich austauschen über die jeweilige kirchliche Realität im eigenen Land, sehen, was woanders vielleicht besser läuft: Das wird den Seminaristen durch das besondere Ausbildungskonzept leichter gemacht, so der Seminarist Martin Reichert aus der Erzdiözese München-Freising:

„Das ,Germanicum et Hungaricum´ wird von den Jesuiten geleitet. Das Charakteristische an der Ausbildung durch Jesuiten ist, dass sehr viel Wert auf Eigenverantwortung und Eigeninitiative gelegt wird. Unsere Oberen sagen, es hat wenig Sinn, den Leuten einfach irgendetwas überzustülpen. Wir sollen da selbst hinein finden."

Und das geschieht besonders durch den lebendigen und internationalen Austausch, für den die Seminaristen deshalb so ausgiebig Zeit haben, weil ihre Ausbildung dem genügend Raum lässt. Aus derzeit elf verschiedenen Ländern kommen die jungen Priesteramtskandidaten, die hier studieren. Aber alle werden für den Dienst in ihrer Heimatdiözese ausgebildet. Wie die Seminaristen auf ihre Rückkehr vorbereitet werden, erklärt der Mathias Bitsche:

„Da ist einer der großen Vorteile bei uns im Haus, dass wir in Eigenverantwortung vorbereitet werden. Eine Priesterausbildung nach einem Schema kann heute nicht mehr funktionieren, weil die kirchliche Situation, die gesellschaftliche Lage im Wandel sind. Genau da ist es die Chance, hier an diesem Ort zu überlegen: Wie kann meine kirchliche Situation zu Hause von dem profitieren, was ich hier kennenlerne und natürlich auch faktisch lerne? Und da miteinander im Gespräch zu sein und mal zu hören: Wie geht’s denn der Kirche in Ungarn? Was kommt bei denen gut an? Was davon kann eine Chance für unsere kirchliche Situation sein?"

Wenn der gemeinsame Blick der beiden deutschsprachigen Seminaristen, Mathias Bitsche und Martin Reichert, von Rom aus auf die kirchliche Situation in ihren Heimatländern Österreich und Deutschland fällt, spricht der Österreicher Mathias Bitsche auch für seinen Mitseminaristen, wenn er über die Heimatsituation seiner Kirche sagt:

„Da entsteht eine gedrückte Stimmung, weil man fragt: Wie kann das weitergehen? Priestermangel? Der sonntägliche Kirchenbesuch? Diese Situation ist auch unseren Ausbildern, unseren Hausvorstehern bewusst. Das sind deutsche Jesuiten beziehungsweise ein österreichischer und ein ungarischer Jesuit, die mit uns gemeinsam diesen Weg in dieser Zeit hier in Rom gehen. Natürlich wird sich die Frage gestellt, wie die kirchliche Situation in den unterschiedlichen Ländern ist und was man daraus machen kann."

Für die gedrückte Stimmung, von der Mathias Bitsche spricht, macht Martin Reichert mit Blick auf Deutschland immer wieder laut werdende Forderungen mitverantwortlich. Seiner Einschätzung nach helfe es aber kaum, diesen Forderungen einfach nachzukommen.

„Abschaffung des Zölibats, Einführung des Frauenpriestertums – die Forderungen sind natürlich auch von außen, von der Gesellschaft in den Glauben hineingekommen. Es gibt da ein großes Unverständnis, und wir können den Leuten auch kaum vermitteln, dass es Menschen gibt, die ihre Sexualität in ihre Persönlichkeit integrieren, ohne sie auszuleben, oder dass wir keine Frauen an unseren „Spitzenpositionen" haben. Ich denke, was wir machen können, ist, die Leute auf das Wesentliche in unserem Glauben aufmerksam zu machen: Das ist die Botschaft des Glaubens selbst, das ist die Botschaft der Liebe, der Solidarität, der Gerechtigkeit. Und genau das soll die Kirche auch für die Welt, für die anderen Menschen offen machen. Wir glauben an einen Gott, der ein Gott für uns ist, der mit den Menschen sein will – und das müssen wir heute der Welt zeigen."

Und das ist nicht nur der priesterliche Auftrag, wie ihn Martin Reichert für seinen eigenen Beruf in Zukunft versteht. Für Mathias Bitsche ist das gleichzeitig auch ein möglicher Ansatzpunkt für einen innerkirchlichen Bewusstseinswandel, der zu einer veränderten – nämlich positiveren Wahrnehmung von Kirche in der Öffentlichkeit führen könne:

„Ich glaube, dass die Kirche im Moment sehr viel das Bild vermittelt: Entweder Du gehörst voll und ganz dazu – oder gar nicht. Ein problematisches Bild, aber lösen werden wir das nicht mit Äußerlichkeiten, lösen werden wir das mit einer einladenden Haltung: Zu uns darf man kommen, bei uns ist jeder Mensch willkommen, auch dann, wenn er vielleicht nicht zu hundert Prozent unserem Bild entspricht. (rv)

Kardinal Filoni zufrieden mit Besuch in Emiraten

Kardinal FiloniKardinal Fernando Filoni ist sehr zufrieden von einer Reise in die Vereinigten Arabischen Emirate zurückgekehrt. Der Präfekt der vatikanischen Missionskongregation hatte am Golf die dortigen Katholiken besucht, die in der Regel Gastarbeiter aus asiatischen Ländern sind, und auch mit vielen Muslimen gesprochen. Im Gespräch mit Radio Vatikan sagte Filoni:

„In den Emiraten gibt es der Kirche gegenüber viel Wertschätzung und Aufmerksamkeit. Hier leben hunderttausende von Christen. Sie tragen durch ihre Arbeit zum Leben und zum Wohlstand der Emirate bei, ohne sie würde vieles nicht funktionieren. Darum wissen die Behörden ihre Präsenz zu schätzen. Damit ist gleichzeitig klar, dass man ihnen nicht geistlich-religiöse Bezugspunkte verweigern darf, und darum haben die Behörden mit viel Takt, aber auch Vorsicht den Bau mehrerer religiöser Stätten erlaubt. Es ging ja auch darum, die Gefühle der Mehrheit der örtlichen Bevölkerung dadurch nicht zu verletzen. Wir haben bisher sieben Pfarreien in den sieben Emiraten, und wir denken an den Aufbau einer weiteren."

In seinen fünf Tagen in den Emiraten hat Kardinal Filoni u.a. eine neue Kirche am Stadtrand von Dubai geweiht. Das Grundstück hatte der Emir Saud Bin Sagr al-Quasimi geschenkt, 10.000 Menschen kamen zur Weihe der Antoniuskirche. Die Katholiken auf dem Gebiet des Arabischen Vikariats, das der Schweizer Bischof Paul Hinder leitet, stammen aus über 90 verschiedenen Ländern.

„In meinen Gesprächen mit Muslimen, etwa wenn ich Moscheen besucht habe", so berichtet Filoni weiter, „bin ich auf viel Sympathie, aber auch Neugierde gestoßen. Meine Gesprächspartner wollten etwas über den neuen Papst wissen, sie staunen darüber, dass jemand aus Lateinamerika auf einmal an der Spitze der Kirche stehen und so viele Menschen anziehen kann. Das ist ein Aspekt, über den sie sich Fragen stellen." (rv)