Die Papstbotschaft zum Weltjugendtag 2017 im Wortlaut

​Hier lesen Sie die Papstbotschaft zum 32. Weltjugendtag, der am 9. April 2017 auf diözesaner Ebene gefeiert wird. (rv)

»Der Mächtige hat Großes an mir getan« (Lk 1,49)

Liebe junge Freunde,

nun sind wir nach unserem wunderbaren Treffen in Krakau, wo wir gemeinsam den 31. Weltjugendtag und das Jubiläum der Jugendlichen im Rahmen des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit gefeiert haben, wieder unterwegs. Wir ließen uns vom heiligen Johannes Paul II. und von der heiligen Faustyna Kowalska, den Aposteln der Göttlichen Barmherzigkeit, leiten, um auf die Herausforderungen unserer Zeit eine konkrete Antwort zu geben. Wir machten eine große Erfahrung der Solidarität und der Freude, und wir gaben der Welt ein Zeichen der Hoffnung. Die verschiedenen Fahnen und Sprachen waren nicht Grund zu Streit und Spaltung, sondern boten Gelegenheit, die Pforten der Herzen zu öffnen und Brücken zu bauen.

Am Ende des Weltjugendtags in Krakau gab ich das nächste Ziel unseres Pilgerwegs vor, der uns mit Gottes Hilfe 2019 nach Panama führen wird. Auf diesem Weg wird uns die Jungfrau Maria begleiten, die von allen Geschlechtern seliggepriesen wird (vgl. Lk 1,48). Der neue Abschnitt unserer Reise schließt an den vorhergehenden an, in dessen Mittelpunkt die Seligpreisungen standen, treibt uns aber an weiterzugehen. Es liegt mir nämlich am Herzen, dass ihr unterwegs nicht nur die Vergangenheit im Gedächtnis behaltet, sondern auch Mut in der Gegenwart und Hoffnung für die Zukunft habt. Diese Haltungen sind stets in der jungen Frau von Nazaret lebendig und kommen in den Themen der drei nächsten Weltjugendtage klar zum Ausdruck. Dieses Jahr (2017) werden wir über den Glauben Marias nachdenken, die im Magnificat sagte: »Der Mächtige hat Großes an mir getan« (Lk 1,49). Das Thema des nächsten Jahres (2018) – »Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden« (Lk 1,30) – wird uns über die mutige Liebe, mit der die Jungfrau die Botschaft des Engels aufnahm, meditieren lassen. Der Weltjugendtag 2019 wird sich hingegen auf die hoffnungsvolle Antwort Marias an den Engel beziehen: »Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast« (Lk 1,38).

Im Oktober 2018 wird die Kirche die Bischofssynode über das Thema Die Jugendlichen, der Glaube und die Berufungsfindung abhalten. Wir werden uns darüber austauschen, wie ihr jungen Menschen die Erfahrung des Glaubens inmitten der Herausforderungen unserer Zeit lebt. Wir werden auch der Frage nachgehen, wie ihr einen Plan für euer Leben reifen lassen und dabei eure Berufungen in weitem Sinn, das heißt die Berufung zur Ehe, die Berufung im weltlichen und beruflichen Bereich oder zum geweihten Leben und zum Priestertum, erkennen könnt. Mein Wunsch ist, dass der Weg zum Weltjugendtag in Panama und der Weg der Synode gut miteinander abgestimmt sind.

Unsere Welt braucht keine „Sofa-Jugendlichen“

Nach dem Lukasevangelium macht Maria sich nach dem Empfang der Botschaft des Engels und ihres Ja, die Mutter des Erlösers zu werden, auf den Weg und eilt ihre Cousine Elisabet zu besuchen, die im sechsten Monat schwanger ist (vgl. 1,36.39). Maria ist sehr jung. Was ihr verkündigt wurde, ist ein riesengroßes Geschenk, doch es bringt auch sehr große Herausforderungen mit sich. Der Herr hat ihr seine Nähe und seine Hilfe zugesagt, aber in ihrem Verstand und ihrem Herzen sind viele Dinge noch unklar. Dennoch schließt sich Maria nicht zu Hause ein, sie lässt sich nicht von der Angst oder vom Stolz lähmen. Maria ist nicht der Typ dafür, der – um es sich gut gehen zu lassen – ein Sofa braucht, auf dem man es sich bequem und gemütlich macht. Sie ist keine Sofa-Jugendliche! (vgl. Ansprache bei der Gebetsvigil, Krakau, 30. Juli 2016). Wenn ihre alte Cousine Unterstützung braucht, dann verliert sie keine Zeit und macht sich sofort auf den Weg.

Die Strecke bis zum Haus der Elisabet ist lang, zirka 150 Kilometer. Aber vom Heiligen Geist angetrieben kennt das Mädchen von Nazaret keine Hindernisse. Die Tage der Reise haben ihr sicher geholfen, über das wunderbare Geschehen, von dem sie betroffen war, nachzudenken. So geschieht es auch mit uns, wenn wir uns auf Pilgerfahrt begeben. Auf dem Weg kommen uns die Ereignisse unseres Lebens in den Sinn, wir können deren Bedeutung reifen lassen und unsere Berufung vertiefen, die sich dann in der Begegnung mit Gott und im Dienst an den anderen zeigt.

Der Mächtige hat Großes an mir getan

Die Begegnung zwischen den beiden Frauen – dem jungen Mädchen und der alten Frau – ist von der Gegenwart des Heiligen Geistes erfüllt und voller Freude und Staunen (vgl. Lk 1,40-45). Wie die Kinder in ihren Leibern tanzen die beiden Mütter gleichsam vor Glück. Vom Glauben Marias berührt ruft Elisabet aus: »Selig, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ« (V. 45). Ja, eine der großen Gaben, welche die Jungfrau Maria erhalten hat, ist der Glaube. An Gott zu glauben ist ein unschätzbares Geschenk, es muss aber auch angenommen werden; und Elisabet preist Maria dafür. Sie antwortet ihrerseits mit dem Lobgesang des Magnificat (vgl. Lk 1,46-55), in dem wir das Wort finden: »Der Mächtige hat Großes an mir getan« (V. 49).

Dieses Gebet Marias ist ein revolutionäres Gebet, das Lied eines Mädchens voll Glauben, das sich seiner Grenzen bewusst ist, aber der Barmherzigkeit Gottes vertraut. Diese mutige junge Frau dankt Gott, weil er auf ihre Niedrigkeit geschaut hat, sie dankt für sein Heilswerk, das er an seinem Volk, an den Armen und Niedrigen vollbracht hat. Der Glaube ist die Herzmitte der ganzen Geschichte Marias. Ihr Lied hilft uns, das Erbarmen des Herrn als Antriebskraft der Geschichte zu begreifen, sowohl der persönlichen Geschichte eines jeden von uns als auch der ganzen Menschheit.

Wenn Gott das Herz eines jungen Mannes, eines jungen Mädchens berührt, werden diese zu wirklich großen Taten fähig. Das „Große“, das der Mächtige im Leben Marias getan hat, spricht zu uns auch von unserer Reise durch das Leben, die kein sinnloses Umherziehen ist, sondern eine Pilgerschaft, die trotz aller Ungewissheiten und Leiden in Gott ihre Erfüllung finden kann (vgl. Angelus, 15. August 2015). Ihr werdet mir sagen: „Pater, ich bin doch so eingeschränkt, ich bin ein Sünder, was kann ich tun?“ Wenn der Herr uns ruft, bleibt er nicht bei dem stehen, was wir sind oder getan haben. In dem Augenblick, in dem er uns ruft, schaut er vielmehr auf das, was wir tun könnten, auf all die Liebe, die freizusetzen wir imstande sind. Wie die junge Maria könnt auch ihr es zulassen, dass euer Leben ein Werkzeug wird, um die Welt besser zu machen. Jesus ruft euch, eure Spur im Leben zu hinterlassen, eine Spur, die die Geschichte kennzeichnet – eure Geschichte und die vieler anderer (vgl. Ansprache bei der Gebetsvigil, Krakau, 30. Juli 2016).

Jugendlicher sein bedeutet nicht, keine Verbindung zur Vergangenheit zu haben

Maria ist kaum über das Jugendalter hinaus wie viele von euch. Dennoch stimmt sie im Magnificat das Lob ihres Volkes und seiner Geschichte an. Dies zeigt uns: Jugendlicher sein bedeutet nicht, keine Verbindung zur Vergangenheit zu haben. Unsere persönliche Geschichte fügt sich in eine lange Reihe ein, in einen gemeinschaftlichen Weg, der uns in den Jahrhunderten vorangegangen ist. Wie Maria gehören auch wir einem Volk an. Und die Geschichte der Kirche lehrt uns, dass auch dann, wenn sie stürmische Meere durchquert, die Hand Gottes sie führt und schwierige Momente überwinden lässt. Die echte Erfahrung von Kirche ist nicht wie ein Flashmob, zu dem man sich verabredet, um eine Performance durchzuführen und um dann wieder seines Weges zu ziehen. Die Kirche trägt eine lange Tradition in sich, die von Generation zu Generation weitergegeben wird und dabei durch die Erfahrung jedes einzelnen bereichert wird. Auch eure Geschichte findet ihren Platz innerhalb der Geschichte der Kirche.

Die Vergangenheit im Gedächtnis behalten dient auch dazu, das neuartige Eingreifen Gottes, das er in uns und durch uns verwirklichen will, anzunehmen. Und dies hilft uns, uns zu öffnen, um als seine Werkzeuge, als Mitarbeiter seiner Heilspläne ausgewählt zu werden. Auch ihr jungen Menschen könnt Großes vollbringen, wichtige Verantwortung übernehmen, wenn ihr das barmherzige und allmächtige Handeln Gottes in eurem Leben erkennt.

Ich möchte euch einige Fragen stellen: Auf welche Weise „speichert“ ihr eure Erinnerung der Ereignisse, die Erfahrungen eures Lebens „ab“? Was macht ihr mit den Tatsachen und Bildern, die sich in euer Gedächtnis eingeprägt haben? Manche – besonders jene, denen von den Umständen des Lebens Wunden geschlagen wurden – hätten Lust, ein „Reset“ der eigenen Vergangenheit durchzuführen und vom Recht auf das Vergessen Gebrauch zu machen. Ich möchte euch aber daran erinnern, dass es keinen Heiligen ohne Vergangenheit und keinen Sünder ohne Zukunft gibt. Die Perle entsteht aus einer Verletzung der Auster! Mit seiner Liebe kann Jesus unsere Herzen heilen und unsere Wunden in echte Perlen verwandeln. Wie der heilige Paulus sagt, kann der Herr seine Kraft in unserer Schwachheit erweisen (vgl. 2 Kor 12,9).

Unsere Erinnerungen dürfen jedoch nicht alle angehäuft sein wie im Speicher auf der Festplatte. Und es ist auch nicht möglich, alles in einer virtuellen „Cloud“ abzulegen. Man muss lernen, dafür zu sorgen, dass die Geschehnisse der Vergangenheit zu einer dynamischen Wirklichkeit werden, über die man nachdenken und aus der man Lehren und Bedeutung für unsere Gegenwart und Zukunft ziehen kann. Es ist eine beschwerliche, aber notwendige Aufgabe, den roten Faden der Liebe Gottes zu entdecken, der unser ganzes Leben durchzieht.

Viele sagen, dass ihr jungen Menschen gedankenlos und oberflächlich seid. Dem stimme ich überhaupt nicht zu! Man muss aber zugeben, dass es in unserer Zeit nötig ist, die Fähigkeit wiederzuerlangen, über das eigene Leben nachzudenken und es auf Zukunft hin zu gestalten. Eine Vergangenheit zu haben ist nicht gleichbedeutend damit, eine Geschichte zu haben. Wir können in unserem Leben viele Erinnerungen haben, doch wie viele davon bilden wirklich unser Gedächtnis? Wie viele haben eine Bedeutung für unsere Herzen und helfen uns, unserem Leben einen Sinn zu verleihen? Die Gesichter der Jugendlichen in den social media tauchen auf vielen Fotos auf, die mehr oder weniger reale Ereignisse erzählen. Wir wissen hingegen nicht, wieviel davon „Geschichte“, sprich Erfahrung ist, die erzählenswert ist als auch Ziel und Sinn in sich birgt. Die TV-Programme sind voll von sogenannten Reality-Shows, aber es sind keine echten Geschichten, sondern nur Augenblicke, die vor einer Fernsehkamera ablaufen, bei denen die Personen planlos in den Tag hinein leben. Lasst euch nicht durch dieses falsche Bild der Wirklichkeit irreleiten! Seid die Hauptdarsteller eurer Geschichte und bestimmt eure Zukunft!

In Verbindung bleiben mit Blick auf das Beispiel Marias

Man sagt von Maria, dass sie alle Worte bewahrte und in ihrem Herzen erwog (vgl. Lk 2,19.51). Dieses einfache Mädchen aus Nazaret lehrt uns beispielhaft, die Erinnerung an die verschiedenen Begebenheiten des Lebens zu bewahren, diese aber auch zusammenzufügen und aus den Teilstücken ein einheitliches Ganzes zu bilden wie bei einem Mosaik. Wie können wir uns in diesem Sinne konkret einüben? Ich mache euch dazu einige Vorschläge.

Am Ende eines jeden Tages können wir für einige Minuten innehalten, um uns an die schönen Augenblicke, an die Herausforderungen und an alles, was gut und was schlecht gelaufen ist, zu erinnern. So können wir vor Gott und uns selbst die Gefühle der Dankbarkeit, der Reue und des Vertrauens zum Ausdruck bringen. Wenn ihr wollt, könnt ihr das auch in einem Heft aufschreiben, in einer Art geistlichem Tagebuch. Das bedeutet, im Leben, mit dem Leben und über das Leben zu beten, und sicher wird es euch helfen, die großen Dinge besser zu verstehen, die der Herr für jeden von euch tut. Wie der heilige Augustinus sagte, können wir Gott in den weiten Gefilden unseres Gedächtnisses finden (vgl. Bekenntnisse, Buch X,8,12).

Wenn wir das Magnificat lesen, wird uns bewusst, wie sehr Maria das Wort Gottes kannte. Jeder Vers dieses Liedes hat eine Parallelstelle im Alten Testament. Die junge Mutter Jesu kannte die Gebete ihres Volkes gut. Sicherlich haben ihre Eltern und Großeltern sie ihr beigebracht. Wie wichtig ist doch die Glaubensweitergabe von einer Generation an die andere! Es liegt ein verborgener Schatz in den Gebeten, die uns unsere Ahnen lehren, in der gelebten Spiritualität innerhalb der Kultur der einfachen Leute, die wir Volksfrömmigkeit nennen. Maria sammelt das Glaubenserbe ihres Volkes und setzt es zu ihrem ganz eigenen Lied zusammen, das aber zugleich Lied der gesamten Kirche ist. Und die ganze Kirche singt es mit ihr. Damit auch ihr jungen Menschen ein Magnificat singen könnt, das ganz von euch kommt, und euer Leben zu einem Geschenk für die gesamte Menschheit machen könnt, ist es wesentlich, dass ihr an die geschichtliche Tradition und das Beten derer anknüpft, die vor euch gelebt haben. Deshalb ist es auch wichtig, die Bibel – das Wort Gottes – gut zu kennen, sie jeden Tag zu lesen und mit eurem Leben in Beziehung zu setzen, das heißt die Tagesereignisse im Lichte all dessen zu lesen, was der Herr euch in der Heiligen Schrift sagt. Während des Gebets und bei der betenden Lektüre der Bibel (der so genannten Lectio divina) erwärmt Jesus eure Herzen und schenkt euren Schritten Licht, auch in den dunkelsten Augenblicken eures Lebens (vgl. Lk 24,13-35).

Maria bringt uns auch bei, in einer eucharistischen Haltung zu leben, das heißt Dank zu sagen, das Lob Gottes zu pflegen und sich nicht nur auf Probleme und Schwierigkeiten zu versteifen. Die Bitten von heute werden in der Dynamik des Lebens morgen zum Grund des Dankes. So sind auch eure Teilnahme an der heiligen Messe und die Momente der Feier des Sakraments der Versöhnung zugleich Gipfel und Ausgangspunkt: Euer Leben wird jeden Tag in der Vergebung erneuert und zu einem immerwährenden Lob des Allmächtigen: »Vertraut dem Gedenken Gottes: […] sein Gedächtnis ist ein Herz, das weich ist vor Mitgefühl, das Freude daran hat, jede Spur des Bösen in uns auszulöschen« (Predigt bei der heiligen Messe zum Weltjugendtag, Krakau, 31. Juli 2016).

Wir haben gesehen, dass das Magnificat aus dem Herzen Marias in dem Augenblick hervorkommt, als sie ihrer alten Cousine Elisabet begegnet. Mit ihrem Glauben, ihrem scharfen Blick und ihren Worten hilft sie der Jungfrau Maria, die Größe des göttlichen Handelns in ihr und der ihr anvertrauten Sendung besser zu begreifen. Und ihr, seid ihr euch der außergewöhnlichen Quelle des Reichtums bewusst, welche die Begegnung zwischen jungen und alten Menschen darstellt? Wieviel Bedeutung messt ihr den Alten, euren Großeltern bei? Richtigerweise strebt ihr danach, flügge zu werden, und tragt große Träume im Herzen. Doch ihr bedürft auch der Weisheit und der Weitsicht der älteren Menschen. Während ihr die Flügel im Wind ausbreitet, ist es wichtig, dass ihr eure Wurzeln entdeckt und das Staffelholz von den Menschen übernehmt, die vor euch da waren. Um eine sinnvolle Zukunft aufzubauen, muss man die Ereignisse der Vergangenheit kennen und ihnen gegenüber Stellung beziehen (vgl. Nachsynodales Apostolisches Schreiben Amoris laetitia, 191.193). Ihr jungen Menschen habt die Kraft, die alten Menschen haben das Gedächtnis und die Weisheit. So wie Maria gegenüber Elisabet, so richtet auch ihr euren Blick auf die älteren Menschen, auf eure Großeltern. Sie werden euch Dinge erzählen, die euren Verstand begeistern und eure Herzen rühren.

Schöpferische Treue, um neue Zeiten aufzubauen

Es ist wahr, dass ihr noch nicht viele Jahre „auf dem Buckel“ habt und es euch daher schwer fallen mag, der Tradition den gebührenden Wert beizumessen. Haltet euch wohl vor Augen, dass dies nicht heißt, Traditionalist zu sein. Nein! Wenn Maria im Evangelium sagt, »der Mächtige hat Großes an mir getan« (Lk 1,49), meint sie damit, dass jenes „Große“ noch nicht zu Ende ist, dass es sich vielmehr weiterhin in der Gegenwart verwirklicht. Es handelt sich nicht um eine ferne Vergangenheit. Die Vergangenheit im Gedächtnis behalten zu können heißt nicht, nostalgisch zu sein oder an einer bestimmten Zeit der Geschichte zu hängen, sondern seine eigenen Ursprünge erkennen zu können, um immer zum Wesentlichen zurückzukehren und sich mit schöpferischer Treue in den Aufbau neuer Zeiten hineinzustürzen. Es wäre ärgerlich und würde niemandem helfen, wenn wir eine lähmende Erinnerung beibehielten, die immer dieselben Dinge auf die gleiche Weise tun lässt. Ein Geschenk des Himmels ist es dagegen zu sehen, dass viele von euch mit ihrem Nachforschen, ihren Träumen und Fragen gegen die Vorstellung angehen, dass die Dinge nicht auch anders sein können.

Eine Gesellschaft, die nur die Gegenwart gelten lässt, neigt auch dazu, all das gering zu schätzen, was man aus der Vergangenheit ererbt, wie zum Beispiel die Einrichtung der Ehe, des geweihten Lebens und des Priesterberufs. Diese werden dann schließlich als bedeutungslos angesehen, als Auslaufmodelle. Man meint besser in sogenannten „offenen“ Situationen zu leben und sich im Leben wie in einer Reality-Show zu verhalten, ohne Ziel und Zweck. Lasst euch nicht täuschen! Gott ist gekommen, um die Horizonte unseres Lebens in jeder Hinsicht zu erweitern. Er hilft uns, der Vergangenheit den gebührenden Wert zu geben, um eine glückliche Zukunft besser gestalten zu können: Das ist aber nur möglich, wenn man die Liebe authentisch lebt – in Erfahrungen, die sich darin verwirklichen, dass wir den Ruf des Herrn wahrnehmen und ihm folgen. Und das ist das Einzige, was uns wirklich glücklich macht.

Liebe junge Freunde, ich empfehle euren Weg nach Panama wie auch den Vorbereitungsprozess der nächsten Bischofssynode der mütterlichen Fürsprache der seligen Jungfrau Maria an. Ich lade euch ein, zweier wichtiger Ereignisse im Jahr 2017 zu gedenken: dreihundert Jahre der Wiederauffindung des Gnadenbildes Unserer Lieben Frau von Aparecida in Brasilien und die Hundertjahrfeier der Erscheinungen von Fatima in Portugal, wo ich mich, so Gott will, im nächsten Mai als Pilger hinbegebe. Der heilige Martin von Porres, einer der Schutzpatrone Lateinamerikas und des Weltjugendtags 2019, hatte in seinem bescheidenen täglichen Dienst die Angewohnheit, Maria als Zeichen seiner Sohnesliebe die schönsten Blumen zu schenken. Pflegt auch ihr wie er eine vertraute, freundschaftliche Beziehung mit der Muttergottes. Vertraut ihr eure Freude, eure Fragen und Sorgen an. Ich versichere euch, ihr werdet es nicht bereuen!

Die junge Frau von Nazaret, die auf der ganzen Welt tausend Gesichter und Namen angenommen hat, um ihren Söhnen und Töchtern nahe zu sein, möge für jeden von uns Fürbitte halten und uns helfen, die großen Werke zu besingen, die der Herr in uns und durch uns vollbringt.

Aus dem Vatikan,

FRANZISKUS

(rv)

Papst reist im September nach Kolumbien

Papst Franziskus besucht noch in diesem Jahr Kolumbien. Die Reise von 6. bis 11. September wurde an diesem Freitag zeitgleich im Vatikan und in Kolumbien angekündigt. Auch das Motto steht bereits fest: „Demos el primer paso“ – zu Deutsch: „Tun wir den ersten Schritt.“ In einer Erklärung begrüßen Kolumbiens Bischöfe die Ankündigung. Franziskus sei ein „Missionar der Versöhnung“: „Seine Anwesenheit wird uns dabei helfen, wieder zu entdecken, dass wir als Nation einig untereinander leben und uns mit neuen Augen sehen können, voller Hoffnung und Barmherzigkeit.“

„Tun wir den ersten Schritt“

Nach fünfzig Jahren des Bürgerkriegs bestehe jetzt endlich die Chance, am Frieden zu bauen, so die Bischöfe. Dafür brauche es die tägliche Anstrengung aller Bürger Kolumbiens. Sie sollten „den ersten Schritt tun“, um wieder auf ihre Mitmenschen zuzugehen „und unsere Redeweise unserem Nächsten gegenüber abzurüsten“. Der Papst erwarte von der Kirche, „dass wir auf die Straße gehen und beim Aufbau des Friedens an der Seite der Kolumbianer stehen“. „Das ist ein Moment unserer Geschichte, um uns als Land wiederzuentdecken“, schreiben die Bischöfe.

Kolumbiens Präsident Manuel Santos und die linksgerichteten FARC-Rebellen haben Ende letzten Jahres nach jahrelangen Verhandlungen ein Friedensabkommen geschlossen, dessen Umsetzung jetzt angelaufen ist. Schon vor der Unterzeichnung des Abkommens hatte Papst Franziskus seinen Wunsch nach einer Kolumbienreise im Fall eines Friedensschlusses zu erkennen gegeben. Momentan laufen Gespräche zwischen der Regierung und einer weiteren, kleineren Rebellengruppe, der ELN. Für seine Rolle im Friedensprozess hat Präsident Santos den Friedensnobelpreis erhalten. (rv)

Nächste Papstreise: Franziskus besucht im Mai Fatima

Die erste Papstreise für 2017 ist bestätigt: Franziskus besucht im Mai Fatima. Er wird an dem portugiesischen Marienheiligtum von 12. bis 13. Mai verweilen, gab der Vatikan am Samstag bekannt. Anlass ist der 100. Jahrestag der Erscheinungen der Jungfrau in der Höhle Cova da Iria bei Fatima. Franziskus kommt der Einladung des portugiesischen Staatspräsidenten und der Bischofskonferenz nach. Der Papst hatte über einen Besuch in Fatima bereits mehrmals gesprochen, nun ist die Reise offiziell bestätigt. (rv)

Papst in Schweden – historische Visite

Luther_95_ThesenEs ist ein historisches Ereignis, das zur Sternstunde der Ökumene werden könnte: Papst Franziskus erinnert an diesem Montag und Dienstag in Schweden an die Reformation, Seite an Seite mit Spitzenvertretern des Lutherischen Weltbundes.

Erster Höhepunkt an diesem Montag: Eine ökumenischen Gedenkveranstaltung in Lund zum 500. Jahrestag des „Thesenanschlags“ des Reformators Martin Luther. Bei dieser Gelegenheit nimmt der Papst gemeinsam mit dem Präsidenten des Lutherischen Weltbundes, dem jordanischen Bischof Munib Younan, und Generalsekretär Martin Junge an einem Ökumenischen Gebet zum Reformationsgedenken in der lutherischen Bischofskirche von Lund teil. Anschließend steht eine ökumenische Veranstaltung im Stadion von Malmö auf dem Programm, bei der eine Erklärung unterzeichnet werden soll, die das gemeinsame Zeugnis der beiden Konfessionen in der Welt ins Zentrum stellt. Am Dienstag feiert Franziskus zu Allerheiligen mit Katholiken eine Messe in Malmö, bevor er nach Rom zurückfliegt.

Franziskus startete an diesem Montag gegen 8.20 Uhr vom römischen Flughafen Fiumicino aus an Bord eines gecharterten Flugzeugs der italienischen Gesellschaft Alitalia Richtung Malmö. Nach einer Begrüßung durch den schwedischen Ministerpräsidenten Stefan Löfven in Malmö stattet der Papst am Mittag auch dem schwedischen Königspaar, König Carl Gustaf und Königin Silvia, einen Höflichkeitsbesuch ab.

Große Erwartungen

Die ökumenischen Erwartungen an diese 17. Auslandsreise des Papstes sind nicht gering. Selbst der vatikanische Ökumene-Verantwortliche, Kardinal Kurt Koch, schloss die Möglichkeit nicht aus, dass es neue Vereinbarungen beider Konfessionen zur gegenseitigen Teilhabe am Eucharistischen Tisch geben könne. Der Papst selbst hatte sich im Vorfeld der Visite eher zurückhaltend zu möglichen Fortschritten im theologischen Gespräch geäußert. Franziskus setzt stärker aufs gemeinsame Tun: Der theologische Dialog sei zwar bedeutsam, sagte er vor Abreise in einem Interview mit einer schwedischen Jesuitenzeitschrift. Wichtiger aber sei es, gemeinsam zu beten und gemeinsam Werke der Barmherzigkeit zu tun: „Etwas gemeinsam zu tun, ist eine hohe und wirksame Form des Dialogs.“ Franziskus denkt hier vor allem an gemeinsamen Einsatz gegen negative Auswüchse des Säkularismus wie etwa Glaubensferne, Konsumgier und Egoismus. (rv)

Fliegende Pressekonferenz des Papstes: Gender, Reisen, Kardinäle

cna_Fliegende_Pressekonferenz„Fragt mich alles, was ihr wollt“: Mit diesen Worten ist Papst Franziskus am Sonntagabend in die „Fliegende Pressekonferenz“ gegangen. Auf dem Rückflug von Aserbaidschan nach Rom stellte er sich dann Fragen zu Homosexualität, weiteren Reiseplänen oder dem nächsten Konsistorium zur Erhebung von Kardinälen.

Er habe doch in Georgien, der ersten Etappe seiner Kaukasusreise, die sogenannten Gender-Theorie verurteilt, so eine Frage an Franziskus. Was er denn zu einem Menschen sagen würde, der sich eine andere sexuelle Identität wünsche als die, mit der er geboren sei? „In meinem priesterlichen Leben, als Bischof und Papst habe ich Menschen mit homosexuellen Tendenzen und Praktiken begleitet“, antwortete der Papst. „Ich habe sie dem Herrn nähergebracht und sie nie im Stich gelassen. Man muss die Menschen begleiten, so wie Jesus das getan hat. Wenn ein Mensch, der sich in dieser Lage befindet, vor Jesus gelangt, dann wird dieser ihm sicher nicht sagen: Geh weg, du bist homosexuell.“

Homosexuelle Veranlagung ist das eine, das andere ist Ideologisierung an den Schulen

Bei seiner Ansprache in Georgien aber sei es ihm um etwas anderes gegangen, so der Papst: „Ich habe über diese Bosheit gesprochen, mit der heute durch die Gender-Theorie Indoktrination betrieben wird. Ein Vater aus Frankreich hat mir von seinem zehnjährigen Sohn erzählt. Der hat beim Mittagessen der Familie auf die Frage, was er später mal werden will, geantwortet: Ein Mädchen! Da wurde dem Vater klar, dass das Kind in der Schule über die Gender-Theorie unterrichtet wird, und das ist gegen das Natürliche. Das eine ist, dass jemand diese Tendenz hat und sogar sein Geschlecht ändert; etwas anderes ist es, das in den Schulen zu unterrichten, um die Mentalität zu verändern. Das ist es, was ich ideologische Kolonisierung nenne.“

Aufnehmen, begleiten, integrieren: das ist, was Jesus heute tun würde

Er habe letztes Jahr im Vatikan einen Spanier empfangen und „Zeit mit ihm verbracht“, der als Mädchen geboren worden sei, sich aber immer als Mann gefühlt habe und schließlich auch sein Geschlecht durch eine Operation verändert habe. Dieser Mann habe ihm, dem Papst, geschrieben und ihn dann auch zusammen mit seiner Frau in Rom besucht. „Er, der eine Sie war, aber jetzt ein Er ist. Ich habe sie empfangen, sie waren glücklich… Das Leben ist, wie es ist; man muss die Dinge nehmen, wie sie kommen. Sünde ist Sünde; es gibt gewisse Tendenzen, hormonelles Ungleichgewicht, so viele Probleme. Aber auf jeden Fall muss man aufnehmen, begleiten, untersuchen, unterscheiden und integrieren! Das ist, was Jesus heute tun würde. Es ist ein menschliches Problem, und man muss es lösen, so gut man eben kann – aber immer mit der Barmherzigkeit Gottes!“

„Amoris Laetitia“ ganz lesen, nicht selektiv

In einer Stegreif-Ansprache in der georgischen Hauptstadt Tiflis hatte der Papst am Samstag von einem „Weltkrieg gegen die Ehe“ gesprochen, hakte ein Journalist nach, und er habe gesagt, dass eine Scheidung auch Gott treffe, als dessen Ebenbild ja Mann und Frau aufeinander hin geordnet geschaffen seien. Wie sich das denn vertrage mit der „Aufnahme“ und „Begleitung“ von Geschiedenen, von der auch die letzten vatikanischen Bischofssynoden gesprochen hätten?

„Wenn man von der Ehe spricht, so wie Gott sie gewollt hat, dann spricht man von einem Mann und einer Frau. Es stimmt, dass die heutige Kultur und auch einige philosophische Ansätze zu diesem Weltkrieg gegen die Ehe führen. Wir müssen aufpassen, dass wir uns von solchen Ideen nicht einschränken lassen. Man sollte das Apostolische Schreiben „Amoris Laetitia“ ganz lesen und als Einheit verstehen, nicht nur sich auf das achte Kapitel konzentrieren! In „Amoris Letitia“ ist vom Fundament der Ehe die Rede, und wie man mit verletzten Familien umgehen soll. Aber die menschlichen Schwächen und Sünden existieren nun einmal; das letzte Wort muss die Barmherzigkeit haben. Wenn es bei einem Paar zu Problemen kommt, sollte man sie mit vier Schritten lösen: Aufnahme, Unterscheidung, Begleitung, Integration. Es gibt Sünde, es gibt den Bruch, aber es gibt auch Pflege und Barmherzigkeit!“

Neue Kardinäle: Nicht nur Europa

Wann es denn zu einer Schaffung neuer Kardinäle kommen werde, und an welchen Kriterien sich Franziskus bei der Auswahl der Kandidaten orientiere, wollte ein italienischer Reporter wissen. „Dieselben Kriterien wie bei den zwei früheren Konsistorien“, versetzte der Papst. „Ich studiere noch die Liste der Namen. Zwei von jedem Kontinent; einer aus dem einen, der andere aus dem anderen Teil des Kontinents. Die Liste ist lang, aber es gibt nur 13 Plätze. Kriterium ist die Universalität der Kirche. Nicht nur Europa also, denn die Kirche ist überall auf der Welt! Das Konsistorium könnte am Jahresende oder Anfang nächsten Jahres stattfinden. Jedenfalls wird es bald sein.“

Reisen: Fatima und Südindien

Nächstes Jahr muss der Papst, wie er sagte, eine zusätzliche Reihe von Bischofskonferenzen auf Ad-Limina-Besuch empfangen, die wegen des im Dezember endenden Heiligen Jahres ausgesetzt waren. Was seine eigenen Reisen im kommenden Jahr anlangt, bestätigte Franziskus, er werde den portugiesischen Marienwallfahrtsort Fatima besuchen. „Und Indien und Bangladesch – das ist fast sicher.“

Franziskus bekräftigte zugleich seinen Wunsch, nach China zu reisen. Jedoch ließ er erkennen, dass die vatikanisch-chinesischen Verhandlungen noch etwas Zeit bräuchten. Was eine Reise nach Afrika betrifft, sei das genaue Reiseziel noch nicht sicher. „Da muss man das Klima wie auch die politische Lage vor Ort noch untersuchen. Was Amerika angeht, da werde ich nach Kolumbien fliegen, wenn der Friedensprozess definitiv ist und das Referendum gewonnen wird.“ Doch kurz nach dieser Äußerung des Papstes wurde bekannt, dass die Kolumbianer in der Volksabstimmung über den Friedensvertrag zwischen Regierung und FARC-Rebellen mehrheitlich mit „Nein“ votierten.

Trump oder Clinton? Keine Empfehlung

Den Katholiken in den USA will Papst Franziskus keine Empfehlung für die Präsidentschaftswahl im November geben. Das Volk sei souverän. Er rate nur dazu, die Vorschläge der Kandidaten eingehend zu prüfen, zu beten und sich dann bewusst zu entscheiden. Im Februar hatte der Papst den vom republikanischen Kandidaten Donald Trump befürworteten Ausbau der Grenzanlagen zwischen Mexiko und den USA mit den Worten kommentiert: „Jemand, der nur daran denkt, Mauern … und keine Brücken zu bauen, ist nicht christlich.“

Der Papst blickte natürlich auch auf seine Reise nach Georgien und Aserbaidschan an diesem Wochenende zurück. Die reiche christliche Geschichte Georgiens und auch der orthodoxe Patriarch Elia II. – „ein Mann Gottes!“ – hätten ihn überrascht. Was Aserbaidschan und seinen Streit mit dem Nachbarland Armenien betreffe, rate er zu einem „ehrlichen Dialog“ und notfalls zum Gang vor ein internationales Schiedsgericht: „Ich sehe keinen anderen Weg! Der andere Weg ist Krieg, und Krieg zerstört immer. Durch Krieg geht alles verloren.“ (rv)

Papst Franziskus in Aserbaidschan angekommen

AserbaidschanPapst Franziskus ist in Aserbaidschan eingetroffen. Mit dem eintägigen Besuch in der Hauptstadt Baku wird seine Kaukasusreise ihren Abschluss finden. Ohne großes Zeremoniell wurde der Papst bei seiner Ankunft am Sonntagmorgen auf dem Internationalen Heydar Aliyev-Flughafen willkommen geheißen, neben der Ehrengarde erwartete ihn der Vize-Premierminister Yaqub Eyyubov. Das offizielle Zusammentreffen mit Staatspräsident Ilham Aliyev ist für den Nachmittag im Präsidentenpalast vorgesehen.

Ohne große Verzögerung begab Franziskus sich vom Flughafen zum Salesianer-Zentrum in Baku, wo er die Sonntagsmesse halten wird. Nach der Messe und einem privat gehaltenen Mittagessen im Salesianer-Zentrum wird Papst Franziskus zum Präsidentenpalast geleitet, wo er durch den Staatspräsidenten empfangen wird. Im Anschluss an die Begegnung sind eine Kranzniederlegung am Nationaldenkmal für die Kriegsgefallenen sowie eine Rede des Papstes vor Regierungsvertretern, Diplomaten und Vertretern der Zivilgesellschaft vorgesehen.

Vom besonderer interreligiöser Bedeutung ist das anschließende Treffen des Papstes mit Großmufti Allahschükür Paschazade in der Heydar-Aliyev-Moschee, das den Abschluss der Reise darstellen wird. Der Großmufti ist aktuell die einzige geistliche und fachliche Autorität für beide Strömungen des Islam. In Aserbaidschan lebt der Großteil der Bevölkerung (75 Prozent aller Muslime, die 85 Prozent der Bevölkerung ausmachen) nach den Regeln des schiitischen Islam, während rund ein Viertel dem sunnitischen Islam anhängt. Paschazade ist in zahlreichen internationalen Gremien vertreten und Träger des vatikanischen Gregorius-Ordens, der ihm vom Hl. Johannes Paul II. verliehen worden ist. (rv)

Die Papstpredigt bei der Messe in Tiflis

georgienHier die Papstpredigt im Wortlaut bei der Eucharistiefeier in Tiflis im Micheil-Meschi-Stadion vom 1. Oktober 2016:

Unter den vielen Schätzen dieses wunderschönen Landes fällt die große Bedeutung der Frauen auf. Sie – so schrieb die heilige Theresia vom Kinde Jesu, deren Gedenktag wir heute feiern – „lieben den Lieben Gott in viel größerer Zahl als die Männer“ (Selbstbiographie, Handschrift A: Einsiedeln 101984, S. 144). Hier in Georgien gibt es viele Großmütter und Mütter, die beständig den Glauben, der von der heiligen Nino in diesem Land ausgesät wurde, hüten und weitergeben und das frische Wasser der Tröstung Gottes in viele Situationen der Wüste und des Konflikts hineintragen.

Dies hilft uns, die Schönheit dessen zu begreifen, was der Herr heute in der ersten Lesung sagt: » Wie eine Mutter ihren Sohn tröstet, so tröste ich euch « (Jes 66,13). Wie eine Mutter die Lasten und Mühen ihrer Kinder auf sich nimmt, so bürdet Gott sich gerne unsere Sünden und unsere Sorgen auf. Er, der uns kennt und uns unendlich liebt, ist empfänglich für unser Gebet und versteht unsere Tränen zu trocknen. Wenn er uns anschaut, ist er jedes Mal von leidenschaftlicher Liebe bewegt und lässt sich erweichen, weil wir jenseits des Bösen, zu dem wir fähig sind, immer seine Kinder sind. Er möchte uns in den Arm nehmen, uns beschützen, uns von den Gefahren und dem Bösen befreien. Lassen wir in unserem Herzen diese Worte widerhallen, die er heute an uns richtet: „Wie eine Mutter, so tröste ich euch“.

Der Trost, den wir inmitten der stürmischen Ereignisse des Lebens brauchen, ist genau die Gegenwart Gottes im Herzen. Denn seine Gegenwart in uns ist die Quelle des wahren Trostes, der bleibt, der vom Bösen befreit, der den Frieden bringt und die Freude wachsen lässt. Wenn wir daher als Getröstete leben wollen, müssen wir dem Herrn in unserem Leben Raum geben. Und damit der Herr beständig in uns wohne, müssen wir ihm die Tür öffnen und dürfen ihn nicht ausschließen. Es gibt Türen des Trostes, die wir immer offenhalten müssen, weil es Jesus gefällt, durch sie einzutreten: das Evangelium, das wir täglich lesen und immer bei uns tragen, das Gebet der Stille und der Anbetung, die Beichte und die Eucharistie. Durch diese Türen tritt der Herr ein und gibt den Dingen einen neuen Geschmack. Wenn sich aber die Tür des Herzens schließt, kommt sein Licht nicht an und man bleibt im Dunkel. Dann gewöhnen wir uns an den Pessimismus, an die Dinge, die nicht in Ordnung sind, an die Gegebenheiten, die sich nie ändern werden. Und am Ende verschließen wir uns in der Traurigkeit, in den Katakomben der Angst, allein in uns selbst. Wenn wir hingegen die Türen des Trostes aufreißen, tritt das Licht des Herrn ein!

Gott tröstet uns aber nicht nur im Herzen; durch den Propheten Jesaja fügt er nämlich hinzu: » In Jerusalem findet ihr Trost « (66,13). In Jerusalem, das heißt in der Stadt Gottes, in der Gemeinschaft: Wenn wir verbunden sind, wenn Gemeinschaft unter uns herrscht, dann wirkt der Trost Gottes. In der Kirche findet man Trost, die Kirche ist das Haus des Trostes: Hier möchte Gott trösten. Wir können uns fragen: Ich bin in der Kirche, bin ich auch Überbringer des Trostes Gottes? Verstehe ich es, den anderen als Gast aufzunehmen und den zu trösten, den ich müde und enttäuscht sehe? Auch wenn er Betrübnis erleidet und auf Verschlossenheit stößt, ist der Christ immer aufgerufen, dem, der sich aufgegeben hat, Hoffnung zuzusprechen, den Entmutigten aufzurichten, das Licht Jesu zu bringen, die Wärme seiner Gegenwart, die Stärkung seiner Vergebung. Viele leiden, erfahren Prüfungen und Ungerechtigkeiten, leben in Besorgnis. Da ist die Salbung des Herzens nötig, dieser Trost des Herrn, der die Probleme nicht nimmt, aber die Kraft der Liebe schenkt, die den Schmerz in Frieden tragen kann. Den Trost Gottes empfangen und bringen: dieser Auftrag der Kirche ist dringend. Liebe Brüder und Schwestern, fühlen wir uns dazu aufgerufen, nicht in dem zu erstarren, was in unserer Umgebung nicht in Ordnung ist, oder in Traurigkeit zu verfallen, wenn wir unter uns irgendeine Unstimmigkeit wahrnehmen. Es tut nicht gut, sich an ein in sich geschlossenes kirchliches „Mikroklima“ zu gewöhnen; es tut uns gut, weite und offene Horizonte der Hoffnung miteinander zu teilen, indem wir in unserem Leben den demütigen Mut aufbringen, die Türen zu öffnen und aus uns selbst hinauszugehen.

Es gibt aber eine Grundbedingung für den Empfang des Trostes Gottes, an die uns sein Wort heute erinnert: klein werden wie die Kinder (vgl. Mt 18,3-4), » wie ein kleines Kind bei der Mutter « sein (Ps 131,2). Um die Liebe Gottes zu empfangen, braucht es dieses Kleinsein des Herzens: Nur als kleines Kind kann man von der Mutter im Arm gehalten werden.

Wer so klein sein kann wie ein Kind, sagt uns Jesus, » der ist im Himmelreich der Größte « (Mt 18,4). Die wahre Größe des Menschen besteht darin, sich vor Gott klein zu machen. Denn Gott erkennt man nicht mit hehren Gedanken und viel Studium, sondern mit der Kleinheit eines demütigen und vertrauensvollen Herzens. Um vor dem Höchsten groß zu sein, braucht man nicht Ehren und Anerkennung, irdische Güter und Erfolge anzusammeln, sondern man muss sich von sich selbst frei machen. Gerade das Kind hat nichts zu geben und alles zu empfangen. Es ist zerbrechlich, abhängig von Vater und Mutter. Wer sich klein macht wie ein Kind, wird arm an sich selbst, aber reich an Gott.

Die Kinder, die keine Probleme haben, Gott zu verstehen, können uns vieles lehren: Sie sagen uns, dass er große Dinge mit dem vollbringt, der ihm keinen Widerstand leistet, der einfach und ehrlich ist und ohne Falschheit. Das zeigt uns das Evangelium, wo große Wunder mit kleinen Dingen gewirkt werden: mit wenigen Broten und zwei Fischen (vgl. Mt 14,15-20), mit einem Senfkorn (vgl. Mk 4,30-32), mit dem Weizenkorn, das in der Erde stirbt (vgl. Joh 12,24), mit der Gabe eines einzigen Bechers Wasser (vgl. Mt 10,42), mit zwei kleinen Münzen einer armen Witwe (vgl. Lk 21,1-4), mit der Demut Marias, der Magd des Herrn (vgl. Lk 1,46-55).

Das ist die überraschende Größe Gottes, eines Gottes, der voller Überraschungen ist und Überraschungen liebt: Verlieren wir nie den Wunsch nach den Überraschungen Gottes und das Vertrauen auf sie. Und es wird uns gut tun, daran zu denken, dass wir immer und vor allem seine Kinder sind: nicht Herren des Lebens, sondern Kinder des Vaters; nicht selbständige und selbstgenügsame Erwachsene, sondern Kinder, die es immer wieder nötig haben, in den Arm genommen zu werden und Liebe und Vergebung zu empfangen. Selig die christlichen Gemeinschaften, die diese unverfälschte Einfachheit des Evangeliums leben! Arm an Besitz, sind sie reich an Gott. Selig die Hirten, die sich nicht auf das hohe Ross der Logik des weltlichen Erfolgs setzen, sondern dem Gesetz der Liebe folgen: durch Aufnahme, Zuhören und Dienen. Selig die Kirche, die sich nicht auf die Kriterien des Funktionalismus und der Organisationseffizienz verlässt und sich nicht um Imagepflege kümmert. Kleine, geliebte Herde von Georgien, die du dich so der Nächstenliebe und der Bildung widmest, nimm die Ermutigung des Guten Hirten an, vertrau dich ihm an, der dich auf die Schultern nimmt und dich tröstet!

Ich möchte diese Gedanken mit einigen Worten der heiligen Theresia vom Kinde Jesu, deren Gedenken wir heute begehen, zusammenfassen. Sie zeigt uns ihren „kleinen Weg“ zu Gott, „die Hingabe des kleinen Kindes, das angst los in den Armen seines Vaters einschläft“ (Selbstbiographie, Handschrift B: Einsiedeln 101984, S. 192), denn „Jesus fordert keine großen Taten, sondern nur Hingabe und Dankbarkeit“ (ebd., S. 193). Aber leider – so schrieb sie damals, aber es ist auch heute wahr – findet Gott „so wenig Herzen, die sich ihm ohne Rückhalt hingeben, die die ganze Zärtlichkeit seiner unendlichen Liebe verstehen“ (ebd.). Die junge Heilige und Kirchenlehrerin war hingegen eine Expertin in der „Wissenschaft der Liebe“ (ebd., S. 192) und sie lehrt uns, dass „die vollkommene Liebe darin besteht, die Fehler der anderen zu ertragen, sich nicht über ihre Schwächen zu wundern, sich an den kleinsten Tugendakten zu erbauen, die man sie vollbringen sieht“. Sie erinnert uns auch daran, dass „die Liebe nicht in der Tiefe des Herzens verschlossen bleiben darf“ (Selbstbiographie, Handschrift C, S. 232). Erbitten wir heute alle zusammen die Gnade eines einfachen Herzens, das in der sanften Kraft der Liebe glaubt und lebt. Bitten wir darum, mit dem unbeschwerten und umfassenden Vertrauen auf die Barmherzigkeit Gottes zu leben. (rv)

Vatikan: Programm für Papstreise nach Schweden fixiert

SchwedenDie Pressestelle des Vatikan hat heute das Programm der Apostolischen Reise von Papst Franziskus nach Schweden veröffentlicht. Der Papst wird demnach am 31. Oktober, wie geplant, seine Reise nach Schweden antreten. Kaum gelandet steht auch schon der erste offizielle Termin am Programm, so wird der Papst die königliche Familie in Lund besuchen. Im Anschluss wird er in Lund zusammen mit dem Lutherischen Weltbund an den Beginn der Reformation vor 500 Jahren erinnern. So wird er in der lutherischen Kathedrale ein ökumenisches Gebet mit der Gemeinde feiern, danach geht es nach Malmö. Denn dort findet eine öffentliche Sitzung mit ökumenischen Delegationen statt. Am nächsten Tag, wird Papst Franziskus mit der katholischen Gemeinde in Malmö, die Ernte mitfeiern, bevor er dann um 15.30 Uhr in Rom zurück erwartet wird. (rv)

Papst Franziskus betet in Auschwitz für Gottes Vergebung

cna_AuschwitzAUSCHWITZ-BIRKENAU – Einen zutiefst ernsten Besuch hat Papst Franziskus den ehemaligen Nazi-Konzentrationslagern Auschwitz und Birkenau abgestattet, in denen nach heutigem Wissenstand über 1.5 Millionen Menschen getötet wurden.

Statt eine Rede zu halten, verharrte der Pontifex in Schweigen und Gebet. Ins Gästebuch der Gedenkstätte trug er zwei schlichte Zeilen ein:

„Herr, erbarme Dich Deines Volkes! Herr, Vergebung für so viel Grausamkeit!“

Zuvor betete der Papst in der abgedunkelten Zelle des heiligen Maximilian Kolbe, einem katholischen Priester, der in Auschwitz zum Märtyrer wurde.

Der Besuch des Papstes am 29. Juli führe in zwei der drei Hauptlager von Auschwitz. Im Innenhof des ersten Lagers betete Franziskus still für einige Minuten. Dann wurde er mit dem Auto in den berüchtigten Block 11 gebracht. Dort wurde er von Polens Premier Beata Szydlo empfangen und begrüßte einzeln eine zehnköpfige Gruppe von Überlebenden des Holocaust.

Der Papst erhielt eine Kerze, mit der er am Ort einen Bronze-Leuchter entzündete. Die Lampe, an der Bilder des Zauns von Auschwitz als auch des Heiligsten Herzen Jesu zu sehen sind, war ein Geschenk für das Museum von Auschwitz.

Dann besuchte Franziskus den „Block 11“ – ein Ziegelgebäude, in dem Gefangene gefoltert wurden – und betete für längere Zeit in der Zelle von Sankt Maximilian Kolbe.

Anschließend wurde der Papst nach Birkenau gefahren, auch bekannt als Auschwitz II. Von dem KZ, in dem die Gaskammern und Krematorien der Nazis standen, ist wenig übriggeblieben. Hier wurden hunderttausende Menschen ermordet.

Der Papst betete still vor einer Reihe von Gedenktafeln an diesem Ort; er entzündete eine Kerze und verharrte im Gebet. Dann sang ein Mann Psalm 130:

Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu Dir.

Abschließend traf sich Franziskus mit einer Gruppe von 25 nicht-jüdischer „Gerechten unter den Völkern“: Das ist der Ehrentitel des Staates Israel für Menschen, die während der Nazi-Herrschaft ihr Leben riskierten, um Juden vor der Ermordung zu retten.

Ebenfalls anwesend bei der Zeremonie waren Holocaust-Überlebende wie die 75 Jahre alte Lidia. Sie erzählte Journalisten, wie sie im Alter von drei Jahren nach Auschwitz gebracht wurde, nackt ausgezogen und eine Nummer auf den Arm tätowiert bekam. Nach der Befreiung durch die Alliierten dauerte es fast 20 Jahre, bis sie mit ihrer Mutter wieder vereint war. (CNA Deutsch)