Papst: Ordensleben ist kein Leben im Paradies

Papst FranziskusDer letzte Punkt der Papstagenda an diesem Samstag war ein Treffen mit Ordensleuten der Diözese Rom. Es wurde gesungen, gebetet und kam auch zum Frage-Antwortspiel mit dem Papst.

Papst Franziskus nahm sich wie so oft bei den Frage- Antwortgespräch mit den Menschen Zeit und antwortete spontan auf jede einzelne Frage. Er riet den vielen Menschen, die ein geweihtes Leben führen und der Diözese Rom angehören vor allem eines: Auf die Menschen zugehen und lächeln. Er scherzte, dass das geweihte Leben kein Paradies sei, viel mehr das Fegefeuer. Doch es gehe voran.

Das Lächeln und der menschliche Kontakt

Eine dieser vier Fragenden war Fulvia. Schwester Fulvia, die als Augustinerin einem römischen Schwesterkonvent Santi Coronati al Laterano angehört, repräsentierte das Leben in Klausur in einem urbanen Raum wie Rom. Die Stadt mit all ihren Schatten- und Sonnenseiten, und das Klausurleben. Sie erzählte von der Erfüllung des kontemplativen Lebens und fragte schließlich, wie das Klausurleben das Leben der Diözese beeinflussen könnte und wie es sich an den anderen Formen des Ordenlebens bereichern könne, ohne ihren speziellen Charakter zu verlieren.

Über die äußerst lange Einführung der Schwester, scherzte der Papst, der einige Zettel in der Hand hielt. „Das ist die Einführung der Schwester, damit ich mich auch an alles erinnern kann“, ergänzte er blätternd in den Zetteln.

Die Berufung zum Ordensleben sei für Papst Franziskus nicht unbedingt ein Ausgleich, vielmehr eine Spannung, erklärte der Papst. Eine Spannung zwischen dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren. Diese Spannung sei eine lebendige Spannung, die man in dem Ruf Gottes finden könnte. Er rufe dazu auf, dass unsichtbare Leben sichtbar zu machen. Und die Frauen in Klausur seien in dieser Spannung zwischen sichtbar und unsichtbarem: „Wie soll diese Sichtbarkeit sein? Wie soll das verborgene Leben sein? Diese Spannung trägt ihr in eurer Seele. Das ist eure Berufung. Ihr seid Frauen in dieser Spannungsphase….in diesem Verhalten den Herr zu suchen, sich in dem Herrn zu verstecken und der Berufung einen Sinn zu geben. Die Mauern sind nicht ausreichend für diese Zeichen.“

Dennoch soll das Klausurleben nicht ein vollkommener Bruch sein zu Außenwelt, so der Papst. Auch die Nachrichten, nicht der Medienklatsch und Tratsch, aber die Nachrichten über Krieg, Frieden und das Leid in dieser Welt sollte auch die Menschen hinter den Klausurmauern erreichen. Die Klausur, das Ordensleben sei kein Versteck. Es sei wichtig, den Menschen zu zuhören, auf die Menschen zu zugehen. „Das Lächeln der Schwestern, öffnet das Herz. Das Lächeln der Schwestern nährt besser als das Brot. …Vergesst nicht, eine Schwester, die nicht lächeln kann, der fehlt etwas“. Papst Franziskus empfiehl schließlich den menschlichen Kontakt nie abbrechen zu lassen und auch den Dialog mit den Priestern zu suchen und für diese auch zu beten.

Die konkrete und mütterliche Liebe

Eine weitere Nonne richtete sich an Papst Franziskus mit der Frage nach der Ehe und der Jungfräulichkeit. Beides sei ein Ruf der Liebe Gottes, beides verlange Vertrauen. Wie könne man beide Wege erhellen? Ist die Liebe der Ehe mit einer Liebe in das gottgeweihte Leben zu vergleichen?

Papst Franziskus betonte in seiner Antwort, die Weiblichkeit der Kirche. Es sei „die Kirche“, die Gemahlin von Jesus. Die Nonnen seien auch die Ikonen der Kirche und der Muttergottes. Diese Liebe zum gottgeweihten Leben sei vielmehr eine mütterliche und „konkrete Liebe“. Er empfiehl den Nonnen aus dem Matthäusevangelium Kapitel 25 zu lesen.

Die Reform des Dokuments „Mutuae Relationes“

Die dritte Frage stellte ein Scalabrini-Missionar, der sich für Migranten engagiert und seit 24 Jahren ein Fest der Völker veranstaltet und auch eine Mensa für Migranten. Er stellte die Frage, wie all die unterschiedlichen kirchlichen Institutionen, Bewegungen, Kongregationen und Einrichtungen miteinander arbeiten können ohne dabei miteinander zu konkurrieren.

Das Fest sei eine christliche Tradition, die wir oft vergessen. Papst Franziskus erinnerte, dass das Fest eine theologische Kategorie sei. (Dtn 26,5–10) Disziplin sei ein wichtiges Gut, doch das fest sei wichtig und auch die Eucharistie sei ein Fest. Die Probleme der Einheit mit den unterschiedlichen charismatischen Bewegungen mit dem Bischof sei oft schwierig, aber das sei auch menschlich. Um hier eine Regelung zu finden, werde derzeit das Dokument „Mutuae Relationes“ aus der Synode 1994 reformiert, betonte der Papst. Dieses Dokument definiert die Beziehungen und Strukturen von Ordensleuten und Bischöfen.

Frauen in der Kirche

Die letzte Frage stellte Priester Gaetano, der vor zwei Jahren mit Papst Franziskus am Gründonnerstag bei der Fußwaschung im Jugendgefängnis teilnahm. Er ist auch heute noch der zuständige Priester für das Jugendgefängnis. Das gottgeweihte Leben in der Kirche sei zu 80 Prozent weiblich, doch wie sei es möglich diese Präsenz zu würdigen?

Papst Franziskus ging in seiner letzten Antwort wieder auf die Mutterrolle der Frau ein. Diese mütterliche Liebe der Frau, die sie für die Kranken empfinden. Die mütterliche Liebe die wachsen helfe. Er erwähnte auch, dass mehr Frauen in Führungsposition sein sollten und erwähnte die erste Frau, die eine Direktorin an einer päpstlichen Universität sei. Doch das sei die reine Betrachtung der Funktionalität der Frau in der Kirche. Die Entdeckung der wahren Rolle, sei komplexer und tiefgehender.

„Wenn wir Männer ein Problem lösen, kommen wir zu einer Schlussfolgerung. Doch dasselbe Problem kann mit Frauen gemeinsam zu einer anderen Lösung führen. Dieselbe Richtung, doch die Lösung wird intuitiver, reicher und stärker sein.“

Papst Franziskus scherzte nach 30 Minuten Frage-Antwort Spiel: „Das Ordensleben ist das Paradies auf Erden. Nein, oder? Vielleicht das Fegefeuer, aber nicht das Paradies. Es ist nicht leicht voran zu kommen.“ (rv)

Irak: Dominikaner als „christliche Hoffnung“

IrakSie sind ein wichtiges Zeichen der Hoffnung für die geplagte Bevölkerung im Irak: die Ordensleute, die inmitten von Chaos, Leid und Verfolgung an der Seite der Menschen ausharren. Davon berichteten auch zwei Dominikaner, die vor kurzem in Bagdad und Erbil waren, der Hauptstadt der kurdischen Autonomiegebiete im Nordirak. Eingeladen hatten Dominikaner, die aufgrund des IS-Terrors um ihr Leben fürchten müssen, aber dennoch bleiben. Über hunderttausend Menschen flohen, viele Christen, vor allem aber Jesiden, als die Kämpfer der Terrormiliz des sogenannten „Islamischen Staates" Erbil im Juni vergangenen Jahres eroberten.

Pater Timothy Radcliffe ist der ehemalige Obere des Dominikanerordens. Er erzählt im Gespräch mit Radio Vatikan, warum der Westen Verantwortung übernehmen und alles tun muss, um den Konflikt zu beenden:

„Eine der Sachen, die wir sahen, als wir dort waren, war, dass das keine lokale Krise ist. Sondern das ist die Folge des Eingriffs des Westens. Ich denke auch, dass der brutale Fundamentalismus, den wir dort vorfinden, aus der schrecklichen Armut geboren wurde, aus der ständig wachsenden Ungleichheit in dieser Welt; das wirtschaftliche System produziert die Quelle der Gewalt. Die Menschen sind zerrissen. Und eine der Reaktionen ist Terrorismus."

Ein Dialog mit dem „Islamischen Staat" sei derzeit nicht vorstellbar, unterstreicht Radcliffe. Aber es gebe viele Muslime in Bagdad, die sich einen konstruktiven Dialog und eine Auseinandersetzung mit dem Westen wünschen. Die Dominikaner gründeten in Bagdad eine Akademie, die genau diesem Dialog Raum geben würde. Die Akademie der Humanwissenschaften hat 5.000 Studenten, 4.000 davon seien Muslime. Dennoch sieht er eine große Gefahr daran, dass eine der ältesten christlichen Gemeinschaften dort einfach untergeht.

„Wenn die Leute aus diesem Land fliehen, dann können wir das nur verstehen und wir müssen sie willkommen heißen. Aber wir können zeitgleich nur hoffen und beten, dass die Gemeinschaft auch eine Möglichkeit findet, dort zu bleiben, auch in sehr reduzierten Lebensumstände. Einige Christen hoffen, dass sie im Zentrum von Kurdistan bleiben können. Dort eine Siedlung aufbauen können. Das wird derzeit diskutiert. Ob das möglich ist oder nicht, werden wir sehen." (rv)

Papst hebt Suspendierung für Pater D’Escoto auf

maryknoll kongregation Papst Franziskus hat die Priesteramtsenthebung für Pater Miguel d´Escoto Brockmann aufgehoben. Der Missionar der Maryknoll-Kongregation war in den 80er-Jahren wegen seiner Beteiligung an der sandinistischen Regierung in Nicaragua von Papst Johannes Paul II. vom Amt suspendiert worden. In einem Brief hatte Pater D´Escoto Papst Franziskus gebeten, ihn wieder zum Priesteramt zuzulassen, damit er „vor seinem Tod nochmals die Heilige Messe zelebrieren“ dürfe.

Diesen Wunsch habe der Papst entsprochen, jedoch die endgültige Entscheidung dem Ordensoberen der Maryknoll-Kongregation überlassen. Dieser soll nun darüber entscheiden, ob D´Escoto als Priester wieder tätig sein darf oder nicht.

Der Missionar war auch nach der Suspendierung in der Missionsarbeit tätig, jedoch ohne seelsorgerliche Aufgaben. Er hatte den Beschluss von Papst Johannes Paul II. von Anfang an akzeptiert und befolgt. Pater Miguel d´Escoto Brockmann ist 81 Jahre alt. Nach kirchlichen Vorschriften dürfen Priester prinzipiell keine politischen, erst recht keine parteipolitischen Ämter übernehmen. In den Jahren 2008 bis 2009 war D’Escoto Präsident der UNO-Vollversammlung. (rv)

Papstmesse mit Jesuiten: „Ich hatte das Gefühl, hier etwas mit einem großen Bruder zu teilen“

Peter Fabian Zum ersten Mal feierte die Kirche an diesem Freitag den heiligen Peter Faber, einen Jesuiten des 16. Jahrhunderts, der von Papst Franziskus im vergangenen Jahr heiliggesprochen wurde. Aus diesem Anlass feierte der Papst an diesem Samstag in der Kapelle von Santa Martha die Messe mit jungen Jesuiten; derselben Gruppe, mit der er bereits am Donnerstag am Fest des heiligen Ignatius zu Mittag gegessen hatte.

Ein eindrückliches Erlebnis, wie einige der Jesuiten gegenüber Radio Vatikan nachher bestätigten. „Es ist ganz was Besonderes, mit dem Papst Messe zu feiern, gemeinsam Gott zu loben und zu danken ist einfach etwas Besonderes“, sagt Benjamin Furthner, ein österreichischer Jesuit, der zur Zeit in Madrid lebt. „Wir hören schon, dass er ignatianisch geprägt ist. Das ist ein spiritueller Weg, den wir auch selbst gewählt haben. Dass wir diesen Weg auch beim Papst heraus hören und uns damit identifizieren können, das tut wohl.“

„Ja, man merkt dass er Jesuit ist,“ bestätigt Niccolò Mazza aus Rom. „Seine Ernsthaftigkeit und Einfachheit im sich geben und bei uns zu sein, ich hatte das Gefühlt, hier etwas mit einem Bruder zu teilen, mit einem großen Bruder.“

Über den Heiligen des Tages habe der Papst gesprochen, eine wichtige Figur der Grundungsgeschichte der Ordens und nicht weniger der Exerzitien, der geistlichen Übungen, die den Orden prägen, berichten die jungen Jesuiten. „Er hat gesagt, dass Peter Faber die Wahl hatte, klare Ideen und Fundamentalismen zu wählen ohne ein Risiko einzugehen. Stattdessen wollte er bei den Menschen sein, bei denen am Rande.“

Das sieht man auch beim Papst selber, fügt Franziskus Wawan Setyadi an, ein indonesischer Jesuit der in Paris lebt. „Caminare, mit den Menschen gehen, ihnen nahe sein, preghiera, im Gebet, in servizio, im Dienst, in discernimento, in der Unterscheidung der Geister, das waren die Schlüsselworte des Papstes über Peter Faber. Das ist wirklich großartig, auch der Papst will nahe sein und diese Nähe habe ich gefühlt. Er ist der Papst, aber er ist uns begegnet wie ein Bruder, wie ein Mitbruder, der andere Jesuiten zu Hause besucht.“ (rv)

Syrien: Jesuitenpater Dall ‚Oglio seit einem Jahr verschwunden

Jesuiten_Logo Seit nunmehr einem Jahr wird der aus Italien stammende Jesuitenpater Paolo Dall ‚Oglio vermisst. Der 59-Jährige wurde vermutlich im Norden Syriens entführt. Seitdem gibt es kein Lebenszeichen von ihm. Dall ‚Oglio ist seit drei Jahrzehnten als Missionar in Syrien tätig und lebte zuletzt im Kloster Deir Mar Musa, wo er sich unter anderem für den interreligiösen Dialog engagiert. Die Familie Dall ‚Oglios veröffentliche anlässlich des Jahrestages seines Verschwindens einen Aufruf an die Entführer im Internet:

„Wir bitten diejenigen, die für das Verschwinden dieses Mannes verantwortlichen sind, uns über sein Schicksal zu informieren. Er ist ein Mann, der für das Gute, für den Glauben und für den Frieden steht. Wir würden ihn gerne wieder umarmen. Aber wir sind auch vorbereitet, seinen Tod betrauern zu müssen. Am Tag seines Verschwindens werden viele von uns für ihn beten und ihm in Gedanken beistehen, so wie wir das auch für alle diejenigen tun, die entführt oder ihrer Freiheit beraubt wurden, für alle leidenden Menschen in diesem Krieg.“

Pater Dall`Oglio ist eine der bekanntesten religiösen Persönlichkeiten Syriens. Das Regime von Präsident Baschar al Assad hatte ihn des Landes verwiesen, nachdem sich der Jesuit mit Forderungen der Opposition identifiziert hatte. Trotz Warnungen war von der Türkei aus nach Raqqa gereist, um sich dort für die Freilassung mehrerer entführter Journalisten einzusetzen. (rv)

Legionäre Christi bekommen einen vatikanischen Assistenten

Legionäre Christi Der Vatikan wird den Erneuerungsprozess der „Legionäre Christi“ mit einem externen Assistenten begleiten. Das bestätigte Vatikansprecher Pater Federico Lombardi an diesem Mittwoch. Der Generaldirektor der Ordensgemeinschaft, Eduardo Robles Gil, hatte bereits am Montag in einem Videointerview bekannt gegeben, dass es einen solchen Assistenten geben werde. Der neue Beauftragte des Vatikans werde den Neuaufbau der Gemeinschaft unterstützen, ohne aber in die Belange des Ordens einzugreifen, bestätigte Lombardi in der Erklärung von diesem Mittwoch. Näheres dazu wird offenbar Anfang Juli bekanntgegeben: Am 3. Juli werde eine Vatikandelegation den Zentralsitz der Ordensgemeinschaft besuchen. Die Visite des Präfekten und Sekretärs der vatikanischen Ordenskongregation, Kardinal João Braz de Aviz, und von Erzbischof José Rodríguez Carballo sei ein „Zeichen brüderlicher Nähe“, so Lombardi. (rv)

Afghanistan: Keine Spur von entführten Jesuiten

Jesuiten_LogoNach der Entführung des JRS-Direktors in Afghanistan kann der Jesuiten-Flüchtlingsdienst JRS in dem krisengeschüttelten Land derzeit dessen Arbeit nicht ausführen. P. Alexis Prem Kumar war am Montag von einer Gruppe von Männern im Westen Afghanistans entführt worden. Das bestätigte James Stapleton, der Pressechef des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes JRS im Interview mit Radio Vatikan.

Unser Direktor, Prem Kumar, war auf Besuch, wie so oft, bei einem unserer Projekte. Er befand sich 25 Kilometer von der Stadt Herat entfernt. P. Kumar besuchte eine Schule und dessen Lehrer. Am Ende des Besuches wurde er von einer Männergruppe entführt.“

Wer diese Männer sind und wo er sich befindet, ist derzeit noch unklar, erklärt James Stapleton. Der Pressechef des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes JRS ist in Kontakt mit den zuständigen Behörden in Afghanistan und in Indien, da der entführte Jesuit ein indischer Staatsbürger ist. Indischer Außenminister und der Gouverneur von Herat haben auch bereits Ermittlungen auf den Weg gebracht. Hinweise gebe es zwar keine, aber das Hilfswerk will sich nun genau so verhalten, wie es die Behörden verlangen.

„Im Moment pausieren all unsere Projekte. Wir werden nichts machen. Wir wollen weder das Leben unserer Mitarbeiter, noch das von Pater Alexis Prem Kumar gefährden. Das ist unser einziger Fokus derzeit: Die Sicherheit von Prem und unserer Mitarbeiter. Einige der Mitarbeiter wurden bereits evakuiert.“

Alexis Prem Kumar arbeitete seit über zehn Jahren für das Hilfswerk.

„Heute habe ich ein Foto von ihm gesucht. Und er lächelte auf jedem einzelnen Foto und das ist wirklich, wie er war. Er hatte sehr viele Erfahrungen aus der Praxis. Vor zehn Jahren begann er für JRS an einem Projekt in Süd-Indien in Tamil Naidu mit Sri Lanka Flüchtlingen zu arbeiten. Er war immer sehr energetisch, sehr positiv. Als wir von der Entführung erfahren haben, war es für uns ein Schock.“

Das Flüchtlingshilfswerk „Jesuit Refugee Service“ ist eine internationale Organisation der Jesuiten. Das regionale Büro Südasien betreut insgesamt 800.000 Flüchtlinge: darunter aus Bhutan in Nepal, aus Sri Lanka in Indien und afghanische Flüchtlinge. Für die sie werden Medikamente, Bildung, psychologische Unterstützung und Entwicklungshilfe bereitgestellt. (rv)

Kardinal Müller an US-Ordensfrauen: Offene Provokation gegen den Heiligen Stuhl

LCWRKardinal Gerhard Ludwig Müller, der Präfekt der vatikanischen Kongregation für die Glaubenslehre, hat US-amerikanische Ordensfrauen zu mehr Glaubenstreue aufgerufen. In klaren Worten verurteilte Müller das theologische Konzept der „Bewussten Evolution“, das die Ordensfrauen verteidigten, und erklärte bereits getroffenen Maßnahmen gegen ihre Vereinigung für gerechtfertigt. Wie heute bekannt wurde, empfing Müller am vergangenen 30. April im Vatikan die Präsidentinnen der „Leadership Conference of Women Religious“, kurz LCWR. Dieser vom Heiligen Stuhl anerkannte Zusammenschluss katholischer Ordensoberinnen in den USA steht seit 2012 unter Beobachtung durch die Glaubenskongregation. Müller sagte, er wünsche „bedeutendere Zeichen der Kollaboration“ von Seiten der Ordensfrauen.

Zunächst würdigte der Kardinal die Fortschritte bei der Reform des Ordensoberinnen-Verbandes. Er sei sich aber bewusst, dass es bei den Schwestern von Anfang an Widerstände gegeben habe. Einige Sprecherinnen hätten von „unbegründeten Anschuldigungen“ gesprochen und die eingeleiteten Maßnahmen für „übertrieben“ gehalten. Die Glaubenskongregation sei aber zum gegenteiligen Schluss gekommen, hielt Kardinal Müller fest.

2012, noch unter Papst Benedikt, hatte der Heilige Stuhl eine Untersuchung des Verbandes eingeleitet. Die Vorwürfe gegen die dort vertretenen Ordensfrauen sind schwerwiegend. Sie sollen in Fragen wie Homosexualität, Frauenweihe, Abtreibung und Verhütung Positionen vertreten haben, die vom katholischen Lehramt deutlich abweichen. Die Reform des kirchlich anerkannten Verbandes leitet im Auftrag des Heiligen Stuhles der Erzbischof von Seattle, James Peter Sartain.

Müller sprach von Widerständen bei den Ordensfrauen, die an Sabotage grenzen. Als Beispiel nannte er das Gebot, dass der Verband Sprecherinnen bei Versammlungen nur noch mit dem Einverständnis des Delegaten Sartain aufstellen dürfe. Erst kürzlich hätten die Ordensfrauen aber an Sartain vorbei eine Theologin öffentlich gewürdigt, deren Schriften nach Ansicht der US-Bischöfe schwere Glaubensirrtümer enthielten. Diese Maßnahme werde „wohl eher als offene Provokation gegen den Heiligen Stuhl“ wahrgenommen, sagte Müller den Oberinnen. Die Glaubenskongregation erwarte ab sofort von den Ordensfrauen, dass sie Erzbischof Sartain „eine aktive Rolle“ bei der Entscheidungsfindung über Sprecherinnen und Geehrte einräumten.

Daneben äußerte Kardinal Müller scharfe Kritik an dem theologischen Konzept der „Bewussten Evolution“, das die Theologin Barbara Marx Hubbard entwickelte. Mit Sorge sehe die Glaubenskongregation, dass der Ordensfrauenverband dieser Theologie immer mehr Aufmerksamkeit widme. Deren grundlegenden Thesen stünden „im Widerspruch zur Christlichen Offenbarung“, sagte Müller. Er frage sich, ob die Ordensfrauen überhaupt noch den Unterschied solcher Lehren von der christlichen Glaubenswahrheit „hören“. Und er sorge sich, ob mit der unkritischen Übernahme einer solchen Theorie nicht bereits eine „de facto Bewegung jenseits der Kirche und des soliden christlichen Glaubens“ entstanden sei. Immer wieder entschuldigte Müller sich für seine Direktheit – aber das, was er zu sagen habe, sei zu wichtig, um es in eine „verblümte Sprache“ zu verpacken.

Die „futuristischen Ideen“ der „Bewussten Evolution“ seien keineswegs neu, so der Dogmatiker Müller, sondern sie erinnerten an die Gnostik. Müller bezweifelte auch ihrer Attraktivität für junge Menschen. „Bewusste Evolution zeigt nicht den unermesslichen Schatz, für den Generationen junger Frauen alles aufgeben und Christus nachfolgen.“ Das Evangelium und der selbstlose Dienst an den Armen im Namen Jesu Christi zeige diesen Schatz sehr wohl. In dieser Optik seien auch die Ausführungen von Papst Franziskus vor Ordensoberinnen vom Mai 2013 zu lesen.

Hintergrund
Nach eigenen Angaben vertreten die im LCWR zusammen geschlossenen Ordensoberinnen 80 Prozent der Ordensfrauen in den USA, die Leadership Conference of Women Religious selbst habe 1.400 Mitglieder.

„Conscious Evolution“ nennt sich eine Lehre in den USA, die davon ausgeht, dass der Mensch an einem Punkt in der Geschichte seiner Entwicklung angekommen sei, an dem er selber seine Schicksale in die Hände nehmen und bewusst die Zukunft entscheiden und „mit-schöpfen“ könne, wie es auf der Webseite von Barbara Marx Hubbard heißt. Der Mensch habe nun die Fähigkeiten erreicht, die in der Vergangenheit den Göttern zugeschrieben wurden. Man habe jetzt die Werkzeuge, sich selbst zu verwandeln und sich über das rein Menschliche hinaus zu gestalten, „auf eine neue Spezies zu, eine universale Menscheit.“ (rv)

D/Syrien: Jesuiten unterrichten Flüchtlingskinder in einer Moschee

Jesuiten„Materiell“ werden die Flüchtlinge aus Syrien in der Regel „mit dem Notwendigsten versorgt“. Mit diesem Eindruck ist der Geschäftsführer des deutschen kirchlichen Hilfswerks Misereor, Martin Bröckelmann-Simon, von einer Reise durch die Nachbarländer Syriens zurückgekommen. Doch die „aussichtslose Perspektive“ bedeute für die Flüchtlinge eine „unglaubliche Belastung“ und lasse „den Eindruck von großer Hoffnungslosigkeit“ entstehen – vor allem, weil sie kaum mit einer baldigen Rückkehr in ihre Heimat rechnen könnten.

„Für manche sind ja jetzt fast drei Jahre ins Land gegangen; viele von ihnen sind zuerst innerhalb Syriens geflüchtet und dann über die Grenze. Man merkt eben vielen Menschen, vor allem den Kindern, an, welche Stress-Situationen sie hinter sich haben und welche Lasten auf ihren Seelen ruhen.“

Etwa 3.000 Flüchtlinge aus Syrien strömen täglich über die Grenze in den Libanon hinein; auf vier Millionen Libanesen kommen mittlerweile 1,3 Millionen Syrien-Flüchtlinge im kleinen Zedernland. Immer wieder ist davon die Rede, dass das die Stabilität bedrohe und dass der Krieg bei den Nachbarn auch auf den Libanon übergreifen könnte. Aber Bröckelmann-Simon hat nicht beobachtet, dass die Flüchtlinge im Libanon auf Ablehnung stoßen.

„Wir haben sehr beeindruckende Beispiele für gastfreundliche Aufnahmen, auch über die Grenzen von Religionen hinweg, erlebt. Die Dörfer bzw. Gemeinden, in denen sich die Flüchtlinge befinden, sind zu 87 Prozent die Armutsregion im Libanon, und trotzdem passiert dort viel Unterstützung, im Rahmen der Möglichkeiten. Aber natürlich ist die Nation insgesamt doch sehr – ja, eigentlich schon überlastet. Wenn man sich vorstellt, dass es eben einen Bevölkerungszuwachs um 33 Prozent in den letzten zwei, drei Jahren durch die Flüchtlingszahlen gegeben hat, dann muss man das mal auf Deutschland umgerechnet denken: Das wären 25 Millionen Zuwanderer, Flüchtlinge, in Deutschland innerhalb dieses Zeitraums!“

„Könnt ihr uns nicht mitnehmen?“

Man könne sich leicht vorstellen, was das für ein Land bedeute. „Noch dazu, wo der Libanon ja selber wirtschaftlich – und politisch sowieso – angeschlagen ist, ein sehr fragiles Gebilde. Und diese ganze Unsicherheit überträgt sich natürlich auch auf die Flüchtlinge. Sie wissen, dass sie in diesem Land dauerhaft keine Perspektive haben.“ Und eine Rückkehr nach Syrien ist auch nicht drin – darum schweift der Blick der Flüchtlinge gerne mal in Richtung Europa. „Die Frage, die uns ganz oft begegnet, ist: Könnt ihr uns nicht mitnehmen?“

In Gegenden, wo sich nicht nur der libanesische Staat und das UNO-Flüchtlingswerk, sondern auch NGOs um die Flüchtlinge kümmerten, sei schon mehr als das bloße Verteilen von Nahrungsmittelhilfe oder Medikamenten sichergestellt, so Bröckelmann-Simon. „Da geht es insbesondere um die schulische Versorgung der Kinder und um psychische Aufarbeitung der traumatisierenden Erlebnisse.“ Ein guter Teil der Syrien-Flüchtlinge habe anfänglich vom eigenen, mitgebrachten Geld gelebt, „weil sie sich nicht abhängig machen wollten“; mittlerweile seien sie „rapide verarmt“, denn das Unterkommen in oft vollgestopften „Armutsbehausungen“ sei teuer. „Das zehrt an den Ersparnissen, und man kann davon ausgehen, dass sich die Not in der Flüchtlingsbevölkerung in den nächsten Monaten weiter verschärft, unabhängig von den klimatischen Einflüssen. Der Winter scheint ja nun weniger streng gewesen zu sein, wenn er nicht noch mal wiederkommt, als befürchtet.“ Darum sei es Gott sei Dank auch nicht zu „gravierenden Zahlen“ von Todesfällen gekommen. „Aber es ist schon sehr erbärmlich, wenn man sieht, wie die Menschen in den Zelten hausen müssen – bei Temperaturen von nachts um oder unter null Grad!“

„Düstere, schwarze Bilder“

Besser als im Libanon gehe es Syrien-Flüchtlingen eindeutig im Nordirak, also im irakischen Kurdengebiet. Zum einen sind sie zahlenmäßig nicht „eine solche Last“ für ihre Gastgeber, denn gemessen an der einheimischen Bevölkerung bedeuten sie nur einen Zuwachs von fünf Prozent. „Sie sind natürlich auch ethnisch-sprachlich Brüder und Schwestern der in Kurdistan lebenden Menschen und werden als Gäste empfangen. Sie können sich frei bewegen und jede Art von Arbeit aufnehmen.“ Außerdem sind die Vielen, die immer noch in Lagern leben, leichter zu versorgen, so der Misereor-Experte. „Im Libanon sind die Menschen über das ganze Land verteilt, es gibt ja keine zentralen Flüchtlingslager dort, und man findet sie eben in Massen-Wohnquartieren in den Armenvierteln von Beirut oder versprengt über die Dörfer der Bekaa-Ebene in Zeltsiedlungen, bei denen dann immer so zwanzig Familien zusammenleben, und die nächste Gruppe lebt dann einen Kilometer weiter. Das macht die Dinge logistisch schwieriger.“

Die Flüchtlinge erzählten „schreckliche Dinge“, berichtet Bröckelmann-Simon: „Ereignisse, die sich ihnen in die Seele eingebrannt haben, von Bombardements, Erschießungen und Foltererlebnissen. Menschen, die entführt worden sind und das Trauma mit sich herumtragen.“ Oft sehe man es den Augen der Flüchtlinge an, was sie erlebt hätten. „Und die Kinder, denen wir begegnet sind – viele drücken das in Bildern aus, die düster und schwarz sind und in denen sie versuchen, das zu verarbeiten, was sie gesehen haben.“ Misereor und seine Partner achten darauf, nicht nur den Flüchtlingen zu helfen, sondern auch den Dorfgemeinschaften, die sie aufnehmen und die oft ja selbst bitterarm sind. „Und dann sitzen eben maronitisch-christliche Kinder neben sunnitischen syrischen Flüchtlingskindern auf der gleichen Schulbank und löffeln zusammen die Suppe aus der Schulspeisung.“

Es gebe viele Beispiele für Kooperation und Hilfe über alle Grenzen hinweg. In Byblos (Jbeil) bei Beirut zum Beispiel habe der sunnitische Imam Räumlichkeiten in seiner Moschee zur Verfügung gestellt. Dort unterrichte jetzt der Jesuiten-Flüchtlingsdienst syrische Kinder, damit sie Anschluss ans libanesische Schulsystem finden. „So dass jetzt Klassen morgens und nachmittags voll sind mit syrischen Flüchtlingskindern unterschiedlicher Konfession, die dort in der Moschee von Jesuiten und katholischen Flüchtlingslehrern aus Aleppo unterrichtet werden.“ (rv)

Jesuit: Franziskus‘ Kommunikationsstil ist „offener Dialog“

La Civilta Cattolica„Der Dialog muss offen bleiben, wie das Herz des Menschen.“ Das ist für den italienischen Jesuiten Antonio Spadaro Franziskus‘ Kommunikationsanliegen. Ausgehend vom jüngsten Gespräch des Papstes mit Ordensoberen Ende November in Rom, das Spadaro für seine Zeitschrift „La Civiltà Cattolica“ dokumentierte, analysiert er den Ansatz des Papstes, Fragen zu stellen statt Antworten zu geben.
Ein Beispiel des Papstes im Gespräch mit den Ordensoberen hatte in der italienischen Presse für Verwirrung gesorgt. Der Papst hatte dazu aufgerufen, die Herausforderung einer wachsenden Zahl schwieriger familiärer Situationen in den Blick zu nehmen. Als Beispiel hatte er auf ein Mädchen in Argentinien verwiesen: „Ich erinnere mich an den Fall eines sehr traurigen Mädchens, das seiner Lehrerin den Grund seines Gemütszustandes verriet: ,Die Partnerin meiner Mutter mag mich nicht‘, sagte es. Der Anteil von Schulkindern mit geschiedenen Eltern ist äußerst groß.“ Diese Äußerung des Papstes wurde von einigen italienischen Medien fälschlicherweise so interpretiert, als ob der Papst damit homosexuelle Partnerschaften befürworte. Spadaro plädiert dafür, die Worte des Papstes nicht vorschnell einzuordnen:
„Der Papst hat (mit diesem Beispiel, Anm.) auf eine sehr große Herausforderung verwiesen. In solchen Fällen besteht immer die Gefahr des Missverständnisses, man muss vorsichtig sein.“
Dass der Papst hier selbst kein Urteil über die Situation des Mädchens gegeben, sondern diese nur beschrieben hat, wertet Spadaro als Ansatz einer offenen Kommunikation:
„Franziskus regt auf diese Weise unsere Intelligenz an, er gibt uns nicht direkt die Lösung. Hier ist sein Hauptanliegen – wie in Evangelii gaudium – Fragen zu stellen, Herausforderungen zu benennen, eine Debatte anzuregen. Das ist ein dialogischer Stil, der darauf abzielt, das Gewissen des Menschen einzubeziehen, und das kann auch zu Missverständnissen führen. Doch wenn man versucht, den vom Papst begonnenen Diskurs sofort abzuschließen, indem man seine Worten starr interpretiert, sie es von rechts oder links, irrt man. Das Gespräch muss offen bleiben, wie das Herz des Menschen.“
In der Tat hatte Franziskus in seinem Gespräch mit den Ordensoberen darauf bestanden, dass es im Wirken der Kirche auch einer neuen Sprache bedarf – vor allem im Umgang mit der Jugend. Das Verständnis des Menschen sei heute ein anderes als früher, erinnert Spadaro. Das hat Papst Franziskus verstanden. Spadaro:

„Die große Tradition und das große Wissen der Kirche müssen dem Menschen von heute in einer Sprache und Form vermittelt werden, die den Menschen und sein Leben betreffen. Eine Botschaft zu verkünden, die nur über große Prinzipien spricht, riskiert, den Menschen mit all seinen Problemen nicht einzubeziehen. Das ist für die Kirche also eine positive Herausforderung: Wie das Evangelium heute verkünden?“

Mit seiner Vision von einer Evangelisierung, die bis an die Ränder der Gesellschaften und der menschlichen Existenz vordringen muss, stehe Franziskus in einer Linie mit Papst Paul VI., führt Spadaro aus:

„Es ist eine dynamische, komplexe Vision. Wer nur wenige klare Prinzipien braucht, den wird sie enttäuschen. Doch die Herausforderungen, dem Menschen von Heute das Evangelium zu verkünden, sind wirklich groß. Und der Papst lädt uns dazu ein, die gesamte Menschheit zu umarmen. Er sagt uns, dass wir uns anstrengen müssen, unsere Mitmenschen zu verstehen, weil das Evangelium wirklich etwas Kostbares ist. Franziskus legt darauf Wert, zu unterstreichen, dass seine Botschaft der Liebe alle betrifft, niemand ist davon ausgeschlossen. Erstarrungen nützen hier nicht, ebenso wenig wie Prinzipien anzuhängen, die den Geist, aber nicht das Herz berühren. Es braucht Gesten der Öffnung gegenüber dem Leben.“

Die Rede des Papstes von heilsamer Dezentralisierung, Perspektivenvielfalt und Inklusion dürfte also in besonderer Weise auf die Situation der Gegenwart reagieren. Als Benedikt XVI. zurücktrat, sprach er von einer „Welt, die sich so schnell verändert“ und die „von Fragen, die für das Leben des Glaubens von großer Bedeutung sind, hin- und hergeworfen“ wird. Eine komplexe Wirklichkeit braucht keine schnellen Antworten, sondern vielleicht zunächst einmal die richtigen Fragen, könnte man auch sagen. (rv)