Die Steyler Missionare freuen sich auf einen Papstbesuch nächste Woche. Benedikt XVI. wird sich von seiner Sommerresidenz Castelgandolfo aus praktisch auf den Nachbarhügel, nach Nemi, begeben, wo die Steyler Missionare ein Zentrum haben. Ebendort tagt gerade das Generalkapitel, also die oberste Versammlung des Ordens, und bei der Gelegenheit wurde ein neuer Generaloberer gewählt: Pater Heinz Kulüke, Deutscher – er wird seinen Landsmann Papst Benedikt nächsten Montag also mit besonderer Herzlichkeit empfangen. Pater Kulüke ist seit 1979 bei den Steyler Missionaren und wirkt seit 1986 auf den Philippinen, als Provinzial, als Lehrer an der ordenseigenen Universität und als Seelsorger für Arme. Das neue Amt als Generaloberer empfindet er als große Herausforderung, wie er uns schildert.
„Ich habe die Wahl aber angenommen, weil ich darauf vertraue, dass Gott mir diese Aufgabe zutraut und diese Arbeit weiterhin mit seinem Segen begleiten wird. Ganz wichtig ist natürlich auch die Unterstützung der Arnoldus Familiy, jener Familie, die Arnold Jansen selbst gegründet hat, die Steyler Missionare, dann die Blauen Schwestern, die Missionsschwestern und die Anbetungsschwestern. Das ist eine große Familie, dazu gehören jetzt immer mehr Laien, die in verschiededenen Positionen arbeiten und uns unterstützen, die aber auch wir unterstützen als Steyler Missionare. Es ist ein großer Orden mit über 6.100 Mitgliedern in über 74 Ländern derzeit."
Die Steyler Missionare sind kein alter Orden. Sie wurden 1875 von Arnold Janssen gegründet – mit einem Ansatz, der gleichzeitig realistisch, weitblickend und voller Gottvertrauen ist. Pater Kulüke:
„Arnold Janssen hat ein Prinzip erarbeitet, was für uns heute noch sehr wichtig ist. Er hat gesagt: ich werde versuchen, als Instrument Gottes, mich von Gott gebrauchen zu lassen. Wenn es Gottes Wille ist, wird diese Arbeit erfolgreich sein. Wenn es nicht Gottes Wille ist, dann müssen wir an unsere Brust klopfen und sagen, wir waren der großen Aufgabe, die Gott uns gestellt hat, nicht würdig. Das ist, wenn die Arbeit schief geht. Bis heute benutzen wir dieses Prinzip. Wir versuchen es, wir wissen, dass Gott uns neue Wege zeigen wird, Missionsarbeit auch im 21. Jahrhundert zu machen. Mission heißt heute vor allem Einsatz für Wahrheit und Gerechtigkeit. Diese Aufgabe ist in unserer heutigen Welt wichtiger als je."
Die Steyler leben in internationale Gemeinschaften, das ist geradezu ein Kennzeichen des Ordens. Gemeinschaften, in denen Interkulturalität nicht bloß notwendigerweise vorhanden, sondern in ihrer ganzen Zeichenhaftigkeit gewollt ist. Gott selbst ist interkulturell, bringt es der neue Generalsuperior auf den Punkt.
„Die Menschen leben aufgrund der Migration heute generell in internationalen Organisationen, in interkulturellen Gemeinschaften. Davon geben wir als Steyler auch ein Zeugnis. Die große Herausforderung ist sicher vielfältig, besonders in einer Welt, in der immer mehr Menschen in Armut und Elend leben, aufgrund menschengemachter Strukturen. Offen zu sprechen für die Armen, und dann bewusst auch Programm zu entwickeln zusammen mit unseren Partnern und auch zusammen mit den Armen, um das Leben dieser Menschen lebenswürdiger zu machen, das sehe ich als ganz große Herausforderung unseres Ordens."
Darum geht es auch in Nemi beim Generalkapitel der Steyler Missionare: Um die Erarbeitung von Richtlinien, wie die Steyler sich den Menschen noch mehr annähern können, um gemeinsam mit ihnen Gott näher zu sein. Übrigens hat da das Stelyer Tagungshaus in Nemi einen besonders aussagekräftigen Namen:
„Das Zentrum nennt sich Ad Gentes, zurück zu den Menschen. Der Weg zu den Menschen ist der Weg mit Gott."
Ad Gentes heißt das Haus der Steyler in Nemi aus gutem Grund: Das gleichnamige Missionsdekret des II. Vatikanischen Konzils entstand hier – und Joseph Ratzinger arbeitete daran mit. Mehr dazu unten.
Eine der herausragenden Gestalten der Styler Missionare war neben dem Gründer der China-Missionar Josef Freinademetz, den Papst Johannes Paul II. – gemeinsam mit Arnold Janssen – im Jahr 2003 in Rom heilig sprach.
„Freinademetz, einer unserer ersten Missionare, hatte eine wichtige Funktion. Er ging nach China mit einem westlichen Modell der Mission, hat aber im Prozess gelernt, dass man keine Missionsarbeit machen kann, ohne dass man sich selbst einer Bekehrung unterzieht. Der Platz, den wir betreten, ist heilig, weil Gott schon da war, bevor wir ankamen."
Ein wegweisendes Verständnis von Mission. Dabei spielt für die Sstyler Missionare seit jeher der interreligiöse Dialog eine große Rolle. Sie betreiben mehrere wissenschaftliche Institutionen, in denen dieser Dialog auf einer akademischen Ebene aufbereitet wird. Fast noch wichtiger ist aber den Steyler Missionaren, wie Pater Kulüke es ausdrückt, der gelebte Dialog mit Menschen.
„In vielen Orten, wo wir sind, sind unsere direkten Nachbarn Muslime oder Hindus, Buddhisten oder auch säkularisierte Menschen. Häufig werden wir gefragt, warum wir leben, wie wir leben. Das ist uns wichtig, dass das auch beim Besuch des Heiligen Vaters zum Vorschein kommt: Wenn man in interkulturellen Gruppen zusammenlebt und zusammenarbeitet, ist es einfach wichtig, dass man den Horizont der Kirche erweitert. Es gibt viele Menschen mit vielen Ansichten, die alle Gott suchen. Wir haben als Christen eine wichtige Interpretation gefundne, wir glauben, dass das ein wichtiger Weg ist, auf den wir viele Menschen mitnehmen möchten, ein Weg, der für uns selbst sinnvoll ist und den wir anderen Menschen als Lebensweg anbieten."
Und so sind die Steyler in Nemi voller Vorfreude auf den Papstbesuch am Montag. Und sie sind glücklich darüber, den hohen Gast die ganze Bandbreite, das gleichsam Weltumspannende ihrer Gemeinschaft erleben zu lassen.
„Es ist eine ganze große Anerkennung, dass der Papst uns hier im Ad gentes Zentrum besuchen wird. Wir sind dem Heiligen Vater äußerst dankbar dafür, weil das einen neuen Aufschwung geben wird für die Gesellschaft der Steyler Missionare, er wird eine internationale Gemeinschaft vorfinden mit Vertretern aus 42 Nationen, allen möglichen Sprachgruppen, allen möglichen Hautfarben, die in 74 Ländern der Welt arbeiten."
Pater Kulüke möchte mit dem Papst besonders gerne die heutige Auffassung von Mission der Steyler Missionare teilen – und dazu sagen, dass diese Auffassung ins Morgen weist.
„Wir wollen dem Papst durch unser gelebtes Beispiel im Ad Gentes Zentrum zeigen, dass die Kirche so international ist, dass das auch Auswirkungen haben muss für die Art und Weise, wie die institutionelle Kirche sich entwickeln wird in den Jahren, die vor uns liegen."
Papst Benedikt kennt das Zentrum des Ordens in Nemi aus nächster Nähe: er war dort 1965 als Berater des II. Vatikanischen Konzils zu Gast. Im Haus der Steyler Missionare entstand nämlich das Missionsdekret „Ad Gentes". Der damals 37jährige Theologe Joseph Ratzinger gehörte zum Herausgeber-Komitee. Einen ersten Entwurf dese Missionsdekrets hatten die Konzilsväter in der dritten Sitzungsperiode im Herbst 1964 abgelehnt, und zwar auf ungewöhnlich deutliche Weise, wie Zeithistoriker später schrieben. Die Konzilsväter wünschten sich eine Neudefinition von Mission. Mit dem Entwurf eines entsprechenden Texte beauftragte die zuständige Kommission als Redaktionsleiter niemand anderen als den damaligen Generalsuperior der Steyler Missionare, ebenfalls einen Deutschen: Pater Johannes Schütte.Vier Bischöfe und fünf Berater wirkten daran mit, darunter Yves Congar und eben Ratzinger. Mitte Januar 1965 traf man sich zum ersten Mal zu einem viertägigen Gespräch in Nemi, dann wieder Anfang April. Pater Schütte stellte das so erarbeitete Schema in der vierten Sitzungsperiode des Konzils im Oktober 1965 dem Plenum vor, das zahlreiche Anmerkungen machte, die das Redaktionskomitee in weiteren Versammlungen in den Text einfügte. Das Missionsdekret „Ad Gentes" war das letzte Dokument des II. Vatikanischen Konzils und das meistbefürwortete: 2.394 Konzilsväter stimmten mit ja, nur fünf mit nein.
(rv)
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