Vatikan: Leitung der nächsten Bischofssynode ernannt

Der Papst hat das Präsidium der nächsten Bischofssynode ernannt. Das gab das vatikanische Presseamt an diesem Samstag bekannt. Es handelt sich um jeweils ein Vertreter aus Asien, Amerika und Afrika. So wird bei der Synode vom 7. bis 28. Oktober der Bischof von Hong Kong, Kardinal John Tong Hon, der mexikanische Erzbischof von Guadalajara, Kardinal Francisco Robles Ortega, und der Erzbischof von Kinshasa, Kardinal Laurent Monsengwo Pasinya, die Synode leiten. Das Thema der Bischofssynode ist die „Neuevangelisierung für die Verbreitung des christlichen Glaubens".

Außerdem ernannte der Papst an diesem Samstag einen neuen Sekretär für den Päpstlichen Rat für den Interreligiösen Dialog. Es handelt sich um Pater Miguel Ángel Ayuso Guixot. Er ist Vorsitzender des Päpstlichen Instituts für Arabische und Islamische Studien PISAI. Er wird Nachfolger von Erzbischof Pier Luigi Celata. (rv)

Neuevangelisierung: Auf dem Weg zur Bischofssynode

Die Weltbischofssynode zur Neuevangelisierung beginnt am kommenden 7. Oktober im Vatikan, wenige Tage vor dem von Benedikt XVI. ausgerufenen „Jahr des Glaubens". Auf der Homepage von Radio Vatikan finden Sie schon jetzt ausführliche Informationen zum Thema sowie das Arbeitspapier zu dem Treffen, das der Vatikan an diesem Dienstag veröffentlichte. (rv)

Link : Das Dokument in Deutsch und voller Länge

„Die Qualität des Zeugnisses erhöhen“: Arbeitsdokument für die Bischofssynode 2012

Der Vatikan hat an diesem Dienstag das so genannte „Instrumentum Laboris", das Arbeitspapier für die Weltbischofssynode zur Neuevangelisierung, veröffentlicht. Die Synode beginnt am 7. Oktober, wenige Tage vor Beginn des von Benedikt XVI. ausgerufenen „Jahres des Glaubens", und geht bis zum 28. Oktober. Zur Vorbereitung der Synode war im März 2011 das erste Vorbereitungsdokument, die so genannte „Lineamenta" vorgestellt worden. Unser Redaktionsleiter Pater Bernd Hagenkord hat beide Dokumente gelesen.

Pater Hagenkord, was für ein Dokument ist das heute veröffentlichte Arbeitspapier genau?

Der lange Text – es sind über 80 Seiten – ist und liest sich als eine Fortschreibung des ersten Vorbereitungstextes, also der so genannten „Lineamenta". Das war ein ähnlicher Text, etwas kürzer, der dem Projekt der Bischofssynode einen ersten Aufgabenumriss gegeben hat.
Damals wurden nach jedem Kapitel Fragen gestellt mit der Aufforderung, diese im Bistum oder im Orden zu besprechen. Diese Antworten bilden nun die Fortschreibung. Man hat das Gerüst des ersten Dokumentes genommen und dann mit den Impulsen aus der Ortskirche weiter gearbeitet.
Das Ganze ist eindeutig kein Katechismus und kein fertiges Dokument, man merkt ihm an, dass es für die Weiterarbeit gedacht und geschrieben ist.

Was sind denn die Unterschiede zwischen dem ersten und dem zweiten Text?

Der zweite ist eindeutig weniger abstrakt. Beim ersten, den Lineamenta, war ganz allgemein und sehr theologisch und spirituell ein Rahmen formuliert worden. Diesem Text merkt man nun an, dass die Praxis eingeflossen ist. Das soll nicht heißen, dass er weniger profund ist, aber die Antworten aus den Ortskirchen haben den Charakter des Textes geändert. Damit wird die Synode, wenn sie im Oktober tagt, sicherlich etwas anfangen können.

Aber muss denn nicht ein Text aus Rom, der für die ganze Kirche gelten soll, notwendigerweise allgemein sein, ja vielleicht ein wenig abstrakt?

Das könnte man meinen, aber dies ist wirklich ein pastoral ausgerichteter Text. Er beginnt damit, die verschiedenen Bezüge herzustellen: Das Konzilsjubiläum, das Jahr des Glaubens usw., dann spricht er aber auch die problematische Situation der Kirche an und die Notwendigkeit, über eine Erneuerung zu sprechen, und zwar in der ganzen Kirche, nicht nur im alten Westen. Das zeigt, dass das Dokument seinen Ort in der Debatte hat und nicht wie ein Einzelstück herausragt.
Dann ist es die theologische Sprache, die gewählt wurde: Der Text stellt die Begegnung mit Christus vor, er spricht davon, die Menschen hineinzunehmen in die Beziehung Gottes. Das ist sehr pastoral und deswegen sehr praktisch. Eben genau für die Ebene gedacht, auf der Neu-Evangelisierung stattfinden muss, nämlich vor Ort.

Die Weltbischofssynode vom Oktober steht unter dem Titel „Die Neue Evangelisierung für die Weitergabe des christlichen Glaubens". Nun ist das Wort „Neuevangelisierung" nicht wirklich beliebt, zumindest nicht in der deutschsprachigen Kirche. Was genau soll das sein?

Neue Evangelisierung soll nicht einen Zustand von früher wieder herstellen. Sie ist keine Taktik, um mehr Mitglieder zu gewinnen. Sie will Veränderung, und das meint vor allem zuerst die Veränderung aus sich selbst, von der Kirche selbst.
Es ist richtig, wirklich beliebt ist das Wort nicht, aber es ist das hier in Rom eingeführte Wort, das letztlich auf Papst Paul VI. zurück geht. Wir würden das eher missionarische Seelsorge nennen, gemeint ist genau das Gleiche.

Was genau soll laut Arbeitsinstrument die Synode im Oktober denn leisten?

Sie soll eine Revisionsarbeit leisten, und zwar soll neu nachgedacht werden, wie Kirche unter Menschen heute sein und leben und verkünden kann. Es ist keine Neuerfindung von Kirche, aber auch nicht das Trauern um das Alte. Es geht um das Heute. Und hier werden in Sachen Analyse der Gegenwart erste Schritte gemacht, die die Synode selbst sicherlich noch vertiefen wird, etwa in der Frage der ökonomischen oder sozialen Bedingungen, der Globalisierung, oder auch in der Veränderung der Medienwelt. Das sind neue Bedingungen für die Kirche – und unter denen muss sie sich neu finden.

Auch vom Phänomen der Migration und den Folgen der Säkularisierung für das Glaubensleben ist in dem Dokument die Rede. Sie haben gerade das Stichwort „Veränderung auch von innen" genannt. Geht es auch um eine Reform der Kirche?

Nicht ganz. Es geht schon um Verkündigung. Im ganzen Dokument wird sehr klar, dass es um die Natur der Kirche geht, also um ihren Auftrag, das Evangelium Jesu Christi zu leben und weiter zu geben. Das Wort ‚Reform’ meint ja eher die Struktur. Bei dem Projekt der neuen Evangelisierung soll es schon um den Kern gehen, also um das Leben des Glaubens und dessen Weitergabe. Um eine Formulierung des Textes zu verwenden: Evangelisierung will neues Leben für jede menschliche Erfahrung. Sie will keine Sonderwelt namens Kirche oder Glauben, sondern die ganze menschliche Welt, wie sie eben heute ist, für den Glauben öffnen.
Das ist das Projekt der Synode, und diesen Geist atmet auch das „Instrumentum Laboris". (rv)

Papst schreibt an deutsche Bischöfe: „pro multis“ mit „für viele“ übersetzen

Ein Brief aus Rom: Papst Benedikt XVI. hat mit Datum vom 14. April einen Brief an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, verfasst und dem Vorsitzenden der Österreichischen Bischofskonferenz, Kardinal Christoph Schönborn, zur Kenntnis gebracht. In diesem Brief geht der Papst auf die angemessene Übersetzung des Kelchwortes im Hochgebet der Heiligen Messe ein. Kernpunkt: Die lateinischen Worte „pro multis" sollen künftig mit „für viele" übersetzt werden. Das Argument der Papstes: Die Treue zu den Worten Jesu, wie sie in den Einsetzungsworten wiedergegeben sind. Dabei sei ihm „bewusst, dass die Übersetzung eine ungeheure Herausforderung an alle bedeutet, denen die Auslegung des Gotteswortes in der Kirche aufgetragen ist", schreibt Benedikt XVI. wörtlich.

Dem Papst schien Eile geboten: Schließlich wird bald das neue „Gotteslob" für den deutschen Sprachraum veröffentlicht, da braucht es eine einheitliche Übersetzung des Kelchwortes – um, wie Benedikt schreibt, einer „Spaltung im innersten Raum unseres Betens zuvorzukommen". Der Papst äußert sich in seinem Schreiben sehr detailliert zu exegetischen Fragen rund um die Einsetzungsberichte in den Evangelien. Dass die deutsche Fassung des Römischen Missale seit den sechziger Jahren „pro multis" mit „für alle" fasste, war für Benedikt XVI. „keine reine Übersetzung, sondern eine Interpretation, die sehr wohl begründet war und bleibt, aber doch schon Auslegung und mehr als Übersetzung ist". Die Übersetzer-Instruktion der Gottesdienst-Kongregation von 2001 habe hingegen „wieder das Prinzip der wörtlichen Entsprechung in den Vordergrund gerückt, ohne natürlich einen einseitigen Verbalismus vorzuschreiben". Benedikt wörtlich: „Das Wort muss als es selbst, in seiner eigenen vielleicht uns fremden Gestalt da sein". In diesem Zusammenhang sei vom Heiligen Stuhl „entschieden worden, dass bei der neuen Übersetzung des Missale das Wort „pro multis" als solches übersetzt und nicht zugleich schon ausgelegt werden müsse".

Er wisse, dass das normalen Gottesdienstbesuchern „als Bruch mitten im Zentrum des Heiligen" erscheinen könne: „Sie werden fragen: Ist nun Christus nicht für alle gestorben? Hat die Kirche ihre Lehre verändert?" Dieser Unsicherheit müsse „eine gründliche Katechese" abhelfen, so der Papst. „Soviel ich weiß, ist eine solche Katechese bisher im deutschen Sprachraum nicht erfolgt." Der Papst macht eine solche Katechese sogar zur Grundbedingung für das Inkrafttreten des neuen Gotteslobes: „Die Absicht meines Briefes ist es, Euch alle, liebe Mitbrüder, dringendst darum zu bitten, eine solche Katechese jetzt zu erarbeiten, um sie dann mit den Priestern zu besprechen und zugleich den Gläubigen zugänglich zu machen", erläutert er seine Absicht. Der Papst betont unmißverständlich: Jesus sei für alle gestorben. Aber die Kirche müsse die Formulierungen aus den Einsetzungsberichten des Neuen Testaments respektieren. (rv)

Papst nimmt Bischof Reinelts Rücktritt an

Papst Benedikt XVI. hat an diesem Montag den Rücktritt des Bischofs von Dresden-Meißen, Joachim Reinelt, angenommen. Grund des Rücktritts ist das Alter des Bischofs. Seinen Rücktritt bot der Geistliche dem Papst bereits im Oktober 2011 zu seinem 75. Geburtstag an, so wie das im Kirchenrecht vorgeschrieben ist; der Papst hatte das Rücktrittsgesuch damals aber noch nicht angenommen.

Reinelt wurde im Juni 1961 in Bautzen zum Priester geweiht. Nach Tätigkeiten in Gera, Freiberg, Ebersbach und Altenburg wurde er 1986 als Ordinariatsrat in die Bischöfliche Verwaltung des Bistums Dresden-Meißen berufen. Dort war er Leiter der Caritas. Nach der Ernennung durch Johannes Paul II. war Reinelt seit Februar 1988 – also noch vor dem Fall der Mauer – Bischof von Dresden-Meißen. Er gab sich damals den Wahlspruch „Iesus in medio", „Jesus in der Mitte", angelehnt an das Bibelwort aus dem Matthäusevangelium „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen". Als Reinelts Verdienst gilt vor allem die seelsorgliche Begleitung der Bürger in der ehemaligen DDR in der Übergangsphase der Wiedervereinigung. Wer Reinelts Nachfolge als Bischof antreten wird, ist noch unklar. (rv)

Weiter Details hier:    >>> Bistum Dresden-Meißen

Neuer Patriarch für Venedig ernannt

Papst Benedikt XVI. hat Bischof Francesco Moraglia zum neuen Patriarchen von Venedig ernannt. Das gab der Vatikan an diesem Dienstag bekannt. Moraglia wird Nachfolger von Kardinal Angelo Scola, der vom Papst im vergangenen Juni zum Erzbischof von Mailand ernannt worden war. Bislang war Moraglia Bischof von La Spezia in Norditalien. Die Erzbischöfe von Venedig tragen den Titel Patriarch und werden traditionell in den Kardinalsstand erhoben. (rv)

Militärbischof Overbeck: „Was dient der Menschenwürde und der Gerechtigkeit?“

Die Frage nach den Menschenrechten angesichts der sich ändernden Rolle des Militärs: Zu diesem Thema fand im Vatikan in den letzten Tagen eine Treffen der Militärseelsorger statt. Im Zentrum der Tagung stand die Frage nach den Menschenrechten vor allem in den neuen Kriegen, den Kriegen nicht gegen Staaten sondern gegen Terror, gegen Warlords, gegen terroristische Gruppen, aber auch mit Hilfe von privaten Sicherheitsfirmen.
Ein Interview mit dem deutschen Soldatenbischof, Franz-Josef Overbeck über sein Amt, über die Tagung in Rom und über den Alltag der deutschen Soldaten in Afghanistan:

„Afghanistan ist eine andere Situation, in der die Soldaten ihren Dienst tun müssen, menschlich äußerst extrem – Vier Monate ohne die normalen Sozialkontakte. Vier Monate auf engstem Raum bei größter Hitze, viel Sonne und Sand und natürlich mit dem Wissen: Wir müssen in extreme Einsätze, die auch bedeuten können, getötet zu werden oder selbst zu töten, auf jeden Fall Gewalt anzuwenden. Auch da scheint mir genauso wie die Rolle der Seelsorger meine Rolle zu sein, hinzugehen, zuzuhören, in ethischen Fragen ein hoffentlich kompetentes Urteil oder einen Hinweis zu geben, den sie dann selbst für ihre Entscheidungen nutzen können."

Sie waren selber in Afghanistan vor nicht allzu langer Zeit. Welchen Eindruck hat das Leben der Soldaten dort auf Sie gemacht?

„Das Leben der Soldaten ist ein sehr solidarisches Leben untereinander, das haben sie mir bestätigt. Man merkt es im Umgang der Soldaten untereinander, dass sie einander so kennen lernten wie sonst nie in langen Jahren gemeinsamen Tuns in Deutschland. Ich habe den Eindruck, dass sie hochprofessionell ihren Dienst tun und anders als unter anderen Umständen, auch sehr viele Fragen haben, die wirklich ins Innerste des Menscheseins gehen. Das habe ich in Gesprächen sofort gemerkt und das sagen die Priester, die dort sind, genauso."

Das heißt es ist auch ein gewisser Druck da, der sie zwingt bzw. dazu führt, über Dinge nachzudenken, wo man normalerweise gar nicht so drauf kommt?

„Die Situation ist so anders als in Deutschland, dass es selbstverständlich ist, die reale Kriegsgefahr, den Terrorismus, die Bedrohung durch andere so hoch ist, dass man sich solche Fragen stellt, das gilt für jeden, der dort hinfährt."

Das merkt man auch an der Sprachwahl, wenn von Gefallenen gesprochen wird und so weiter. Da kommt eine Kriegssprache zurück, an die wir jahrzehntelang nicht gewöhnt waren.

„Das ist noch einmal ein Hinweis darauf, was seit den Umwälzungen von 1989 und 1990 geschehen ist. Die deutsche Gesellschaft muss sich meiner Meinung nach auch in ihrem Selbstverständnis einen neuen Ort innerhalb der internationalen Gesellschaft suchen. Geprägt allerdings durch das, was der zweite Weltkrieg und der Nationalsozialismus gebracht hat, bedeutet dass wir uns in diesem Sinne neu aufstellen müssen."

Die neuen Herausforderungen

Sie sind hier zu einer Tagung von Militärseelsorgern. Hilft das beim Austausch, wenn man andere kennenlernt, die aus anderen Situationen kommen?

„Die Geschichte der Militärseelsorge ist so bunt, wie die Welt vielschichtig ist. Entsprechend sind auch die Selbstverständnisse der Bischöfe und der anderen, die in der Militärseelsorge tätig sind, sehr verschieden. Ich halte unser deutsches Modell für ein sehr gutes. Deutlich zu machen: Die Bundeswehr selbst sorgt, weil die Bundesrepublik für die Religionsfreiheit auf jeder Ebene Sorge trägt, dafür, dass die Soldaten ihre Religion frei ausüben können. Diejenigen, die das tun, das gilt sowohl für die evangelische als auch für die katholische Seite, tun das aber eigenverantwortlich von Seiten ihrer Kirche. Eingebunden zwar in das System, aber nicht von ihm abhängig. Das ist in der Welt sehr unterschiedlich, so dass ich immer nur sagen kann, ich bin froh und dankbar, angesichts dieser herausfordernden Aufgabe, dass es ein solches auch rechtlich abgesichertes System gibt.
Bedrängend wirkt bei uns in vielfacher Weise, dass sich die Aufgaben ändern. Durch den Terrorismus, durch die nichtstaatlichen Organisationen, die Gewalt anwenden, denen die Staaten gegenübertreten müssen, wie wir das schon bei Al Quaida zum Beispiel gesehen haben, fordern ein anderes Ethos und andere ethische Bewertungen der entsprechenden Handlungen, die vorzunehmen sind. Das wird uns auf Dauer international neu beschäftigen. Es geht nicht mehr um klare, zwischenstaatliche Auseinandersetzungen, wie das bisher bis zum Ende des Kalten Krieges für uns in Europa zumindest gewöhnlich war."

Anwalt für die Menschen

Was ja auch das Thema der Tagung war. Wie geht man unter diesen Umständen mit Menschenwürde um. Was ergibt sich für Sie für die Militärseelsorge aus diesen neuen Umständen?

„Ich war vorher noch in Berlin bei der sogenannten Gesamttagung der Priester und Pastoralreferentinnen und Pastoralreferenten, also denjenigen, die in der Militärseelsorge tätig sind und habe gesagt, diese friedensethischen Perspektiven einer solchen Form der Ausübung von Gewalt muss ganz neu auf den Prüfstand. Es muss gefragt werden: Dient das der Menschenwürde und auf Dauer der Gerechtigkeit? Sind die Folgen, die eine solche Anwendung von Gewalt nach sich ziehen können, so abgewogen, dass sie auf Dauer verantwortbar erscheinen? Das ist ein ganz neues Feld. Das bedeutet auch, noch einmal neu zum Anwalt der Menschen zu werden, da hier die Gefahr der Verrohung und der Willkür von Gewalt größer ist als anderswo. Das ist aber glaube ich, wenn ich das generell sagen darf, schon lange ein Problem, seitdem der Kampf nicht mehr Mann gegen Mann, sondern System gegen System geht. Oder wie ganz oft – ich habe es in Afghanistan gesehen – Handy gegen Handy, das dann entsprechende Explosionen auslöst."

Ethisch verantwortlich Handelnde und Denkende

Einer der Titel der Vorträge bei der Tagung war „Auch der Feind hat Menschen würde". Das ist durch den Tod von Gaddafi in den letzten Tagen noch einmal besonders aktuell geworden. Die Würde des Toten. Darf ich die Bilder zeigen oder sind sie Beweise oder sind sie nicht vielleicht nur Trophäen. Oder wäre nicht ein Verurteilung in Den Haag viel besser gewesen?

„Es ist immer besser, auf Gewalt Menschen gegenüber zu verzichten, von daher wäre das aus rechtsethischen Gründen das Klügere und auch das Bessere gewesen. Es ist jetzt anders gekommen, das entzieht sich daher einer weiteren möglichen Wertung. Ich kann nur noch bewerten was geschehen ist und da muss deutlich werden: Jeder Mensche hat eine Würde, die ihm ein anderer Mensch nicht nehmen darf. Das habe ich vor einigen Monaten auch schon gesagt, als es um den Tod von Osama bin-Laden ging. Hinzu kommt, dass die Frage der Gewaltanwendung in solchen terroristischen Bedingungen natürlich hochgradig ethisch verantwortet erzogene und denkende Männer und Frauen braucht, die die Gewalt anwenden bzw. wissen, wo sie die Grenzen setzen müssen. Und das scheint in solchen Konflikten leider Gottes nicht möglich zu sein."

Der Gerechtigkeit dienen

Aber die Bundeswehr bereitet sich darauf vor, auch durch die Seelsorge, kann man das so sagen?

„Wir tun das, was wir tun können, einerseits in Deutschland durch die Seelsorge im persönlichen Sinne. Die evangelische und die katholische Kirche tun vieles zusammen, vor allem im lebenskundlichen Unterricht, den wir nach Beschluss der Regierung und des Verteidigungsministeriums halten. Und wir bereiten die Soldaten mit ethischen Kriterien, die für alle Menschen gelten, vor; wir entwickeln Szenarien, in denen dann die Soldatinnen und die Soldaten wissen, wie sie sich rechtens zu verhalten haben, um die Menschenwürde zu schützen und möglichst der Gerechtigkeit zu dienen. Das ist immer die äußerste Möglichkeit gibt, die ultima Ratio, und dass auch Gewalt angewendet werden muss, ist allerdings auch alte Tradition der kirchlichen Lehre."

Wäre es eine Hilfe, auch muslimische Seelsorgerinnen und Seelsorger in den Streitkräften zu haben, wenn es dort Menschen muslimischen Glaubens gibt?

„Das ist eine Frage, die der Staat beantworten muss. Ich kann nur sehr generell sagen, im Prinzip der Religionsfreiheit gilt das. Faktisch ist es so, dass derzeit meines Wissens circa 1.500 der Soldatinnen und Soldaten muslimischen Glaubens sind. Zweitens wissen wir, die katholischen und die evangelischen Gläubigen kann man aufgrund der Rechtslage in Deutschland klar identifizieren, das ist bei den muslimischen Gläubigen eben sehr anders. Und diese Fragen sind – soweit ich bisher gehört habe – nur von einigen wenigen gestellt und nicht weiter öffentlich diskutiert worden."
Es hat in der Öffentlichkeit diese Debatte gewesen, ob es hilfreich sein könnte.
Es ist ja eine Extremsituation, auf die die Soldaten vorbereitet werden. Sie würden also sagen, dass im Rahmen der Vorbereitung von Soldaten auch die Seelsorge – auch der lebenskundliche Unterricht – eine wichtige Rolle spielt?

„Das tut er und auf ihre Frage kann ich auch noch anders antworten: Es hat eine Umfrage gegeben, wie zufrieden die Soldatinnen und Soldaten mit dem lebenskundlichen Unterricht der evangelischen und der katholischen Geistlichen sei. Der Grad der Zufriedenheit liegt bei etwa 80 bis 90 Prozent. Das ist angesichts des Faktums, dass 30 Prozent der Soldaten katholisch, 30 Prozent evangelisch sind, und ca. 40 Prozent einer anderen bzw. keiner Religion angehörig sind, ein hoher Prozentsatz, der über den Rahmen des Christentums hinaus geht, der dann auch darauf hinweist, dass wir für viele einen guten Dienst tun – weit über den Rahmen des Glaubens hinaus."

Herr Bischof, herzlichen Dank für das Gespräch. (rv)

Vatikan/D: Rücktritt von Weihbischof Grünwald angenommen

Papst Benedikt XVI. hat an diesem Dienstag den Rücktritt des Augsburger Weihbischofs Josef Grünwald aus Altersgründen angenommen. Der 1936 geborene Grünwald war von Juni 2004 bis Oktober 2005 Diözesanadministrator. Ein zweites Mal bekleidete er dieses Amt ab dem 8. Mai 2010, als Papst Benedikt das Rücktrittsangebot des Augsburger Diözesanbischofs Walter Mixa annahm. (rv)

D: Zollitsch zieht erste große Bilanz der Papstreise

Eine Woche nach dem Besuch von Papst Benedikt XVI. in seiner Heimat hat Erzbischof Robert Zollitsch zum ersten Mal ausführlich Bilanz gezogen. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz sprach am Freitag Abend auf einem Medienempfang in Berlin von „vier prall gefüllten Tagen". Der Papstbesuch entziehe sich „einer vordergründigen politischen Deutung und
auch manchen Denkschablonen, die in den Medien da und dort angewandt werden", so Zollitsch.

„Papst Benedikt ging es ganz elementar um den christlichen Glauben. Ihm ging es um den Kern des Evangeliums: Der Mensch findet seine letzte Erfüllung bei Gott. Der Glaube an Jesus Christus befreit aus der Enge bloß innerweltlicher Bezüge. Er ist die Antwort auf die existenziellen Fragen nach dem Woher und Wohin des menschlichen Lebens. Die Menschen, die an den großen Liturgien in Berlin, im Eichsfeld, in Erfurt und bei uns in Freiburg teilnahmen, konnten spüren: Papst Benedikt warb unter Einsatz seiner ganzen Kraft und mit der Autorität nicht nur seines Amtes, sondern der Glaubenserfahrung seines eigenen langen Lebens für diese Botschaft; und er machte Mut, den persönlichen Glauben an Gott zu wagen."

In den Tagen nach der ökumenischen Begegnung im Erfurter Augustinerkloster sei er „oft nach der Bedeutung und dem Ertrag dieses Treffens gefragt worden", berichtet Erzbischof Zollitsch. Manche hätten „Enttäuschung darüber geäußert, dass Papst Benedikt keine konkreteren Schritte ökumenischer Verständigung vorgeschlagen hat".

„Vielleicht missversteht man die Geste, die ein solches Treffen darstellt, wenn man es – in der Logik politischer Prozesse – auf handhabbare Ergebnisse hin befragt. Auf jeden Fall ist die Aufdeckung der konkreten Impulse, die aus dem Erfurter ökumenischen Treffen erwachsen, nun dem Gespräch zwischen der Deutschen Bischofskonferenz und dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland aufgegeben. Dies gilt gerade auch im Hinblick auf das Reformationsgedenken des Jahres 2017. Den Schlüssel für diese weiteren Gespräche aber hat Papst Benedikt, dessen bin ich mir ganz sicher, uns gegeben durch sein beharrliches Bestehen darauf, dass für das gemeinsame Leben aller Christen der Glaube die erste Priorität haben muss."

Benedikt habe betont, dass es Martin Luther nicht um Spaltung der Christenheit gegangen sei, sondern um einen „Gott der Gnade". Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz ließ erkennen, dass er über ein mögliches Mea Culpa der christlichen Kirchen im Zug des Reformationsjubiläums nachdenkt. Ein solches Schuldeingeständnis hatte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands, Präses Nikolaus Schneider, in Erfurt dem Papst vorgeschlagen.

„Wichtig ist jetzt die Frage: Wie können sich katholische und evangelische Christen in Deutschland noch stärker die gemeinsamen Glaubenswurzeln neu aneignen; wie die gemeinsame Verantwortung für die Geschichte des Christentums und die gemeinsame Zukunftshoffnung zu Eigen machen und dafür Zeugnis geben? Ob dazu eine kritische Relecture auch des Umgangs der Kirchen miteinander und ein wechselseitiges Eingeständnis schuldhafter Anteile und verpasster Chancen gehört, ist eine Fragestellung, die mich persönlich in diesen Tagen besonders beschäftigt."

Erzbischof Zollitsch ging auch ausführlich auf die Papstrede im Freiburger Konzerthaus ein; darin hatte Benedikt XVI. eine „Entweltlichung der Kirche" gefordert und damit „Nachfragen
provoziert".

„Es wurde vermutet, der Papst strebe eine Änderung des bewährten Gefüges der Beziehungen zwischen Kirche und Staat in Deutschland an. Es wurde gefragt, ob Papst Benedikt der Kirche in Deutschland einen Rückzug aus dem öffentlichen Engagement anraten wolle. All dies sind verständliche Fragen der Auslegung, die der Erörterung bedürfen und bei denen es auch streitige Diskussionen geben wird. Mir scheint es eher abwegig zu sein, den Papst für all das in Anspruch zu nehmen, hat er doch mehrfach die Kirche, ja alle Christen ermutigt, die Gesellschaft im Geist Jesu Christi zu prägen und sich so mitten hinein in die Fragen und Sorgen der Menschen von heute zu begeben."

Aus seiner Sicht, so Zollitsch, gehe es Benedikt mit der Konzerthausrede „um etwas ganz Entscheidendes: um die Mahnung nämlich, uns nicht in der Sorge um uns selbst zu verlieren, sondern uns auf das Zeugnis des Glaubens in der Welt von heute zu konzentrieren".

„Vielleicht wollte Papst Benedikt gerade uns Deutschen, die gerne organisieren, strukturieren und reformieren, nochmals einschärfen: Lasst euch vom Geist des Evangeliums leiten; Strukturen sind nur Mittel und niemals Zweck kirchlichen Handelns."

Die Reise habe offengelegt, dass es „eine starke emotionale Bindung der katholischen Gläubigen an den Papst und an die weltweite Kirche" gebe, so der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Diese Verbundenheit sei „entscheidend":

„Sie zählt vor allem dann, wenn im Nachdenken auch über Themen und Weisungen des Lehramtes eine Vielfalt an Stimmen zu hören ist."

Die deutsche Kirche wolle den ökumenischen Weg entschlossen fortsetzen, kündigte Zollitsch an. Sie werde sich auch künftig vernehmlich in der deutschen Öffentlichkeit zu Wort melden. Sie werde künftig aber – auch das sei eine Lehre aus dieser Papstreise – mehr Gewicht legen auf die „zentrale Bedeutung des Glaubens".

„Die Kirche lebt aus dem Glauben an Jesus Christus, nicht aus der Nützlichkeit für die Gesellschaft. Sie ist nicht gegründet als Agentur der Sinnstiftung und Wertevermittlung, sondern als Ort der Begegnung von Gott und Mensch. Deshalb soll sie der Welt zugetan sein und in der Welt und unter deren Bedingungen wirken, aber so – der Papst sagt: entweltlicht –, wie es dem Glauben an den Sieg von Gottes Möglichkeiten entspricht, die das Vermögen des Menschen unendlich überschreiten." (rv)

Albanien: CCEE tagt erstmals in Albanien

Die bevorstehende Vollversammlung des Rates der europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) findet erstmals in Albanien statt. Von 29. September bis 2. Oktober tagt das Plenum in der Hauptstadt Tirana. Für Albanien ist es – neben der Reise Papst Johannes Paul II. im Jahr 1993 – das wichtigste kirchliche Ereignis der letzten zwei Jahrzehnte. Vorrangig wird es bei dem Treffen des europäischen Bischofsrates um die Neuevangelisierung in Europa gehen. Das Thema steht auch im Zentrum der nächsten Weltbischofssynode im Oktober 2012 in Rom. (rv)