Der unsichtbare Papst – ein Korrespondentengespräch

Papstreise nach Großbritannien: 1. Tag

Erster Tag der Papstreise nach Großbritannien: Von London aus verfolgt unser Redaktionsleiter Pater Bernd Hagenkord SJ Benedikts erste Schritte auf schottischem Boden. Wir fragten ihn, inwieweit die Briten für die Visite aus Rom gerüstet sind. Reden denn die Leute über den Staatsgast aus dem Vatikan?
„Wir haben die Möglichkeit gehabt, einige Orte schon vorher zu besuchen, zum Beispiel den Lambeth Palace – die Halle und auch die Privaträume, wo das Treffen mit Primas Rowan Williams sein wird –, die Westminster Cathedral und anderes. Alles ist bestens vorbereitet. Und auch inhaltlich: Ich habe mit einigen Verantwortlichen sprechen können und den Eindruck, dass der Papst hier sehr willkommen ist, vor allem auch in der anglikanischen Kirche. Man will die Gelegenheit nutzen, miteinander zu sprechen. Die Vorbereitungen sind bestens – jetzt werden wir sehen, was der Papst und die Menschen, die er trifft, daraus machen…"
Und merkt man in der britischen Hauptstadt schon etwas davon, dass der Papst an diesem Donnerstag Abend dort eintrifft?
„Die Zeitungen an jeder Straßenecke haben ein Bild vom Papstbesuch auf der Titelseite, aber sonst ist der Besuch in London – noch – unsichtbar. Ein wenig merkwürdig ist das schon, vor allem für uns Journalisten. Da ist ein Großereignis – und es ist nicht wirklich sichtbar. Wenn man nicht wüßte, was in den nächsten Tagen passiert, könnte man das glatt uebersehen. Einige der Stände, wo man Souvenirs kaufen kann, Teddys in Gardeuniformen und so, verkaufen zwar auch gelb-weisse Fahnen, aber nur wenig. Sonst ist da so gut wie nichts sichtbar. Mit den Verkehrssperrungen wird das zwar schnell anders werden, es zeigt aber auch, dass der Papst kein Heimspiel hat, wenn ich das einmal so ausdrücken darf. Es wird nicht einfach für ihn werden, die Menschen zu erreichen, mit ihnen zu sprechen; zu viele interessiert das einfach nicht."
Für was interessiert sich der Mann auf der Straße denn im Moment sonst, wenn nicht für den bevorstehenden Papstbesuch in London?
„Bei den Straßengesprächen oder in den Pubs ist das kein großes Thema. Auf der Straße redet man über die Verurteilung von George Michael und über die fehlende Polizei und über Politik, aber der Papst ist nicht wirklich ein Thema. Es ist ein großer Unterschied zu Johannes Paul II. Mit seinem Charisma hat er auch in nicht-katholischen Ländern Massen angezogen. Benedikt ist anders. Und das sieht man ganz deutlich besonders bei diesem Besuch: Er will Themen ansprechen, den Atheismus und seine Folgen, die Ökumene mit den Anglikanern, die Frage nach Gott in der Gesellschaft, all diese Dinge… und das ist natürlich keine einfache Kost. Benedikt reist nicht, um bejubelt zu werden, sondern um Themen anzusprechen. Und wenn man das tut, muss man sich klar sein, dass das in einer modernen Gesellschaft nicht alle interessiert. Und er ist trotzdem gekommen. Das zeigt, das Benedikt diese Diskussionskultur Ernst nimmt und sich beteiligen will. Aber er muss Überzeugungsarbeit leisten. Mein Eindruck ist, dass man nicht so genau weiss, was man von Benedikt halten soll. Bei Johannes Paul war das einfacher; jetzt muss man denken und genau zuhören, einfacher Jubel für den Star reicht nicht. Die Starkultur ist sehr stark hier, besonders auch in der Politik und überhaupt im öffentlichen Leben; da will Papst Benedikt nicht so richtig reinpassen. Oder besser: Da will er sich auch gar nicht einfügen. Deswegen werden, denke ich, erst die nächsten Tage zeigen, was die Briten von Benedikt halten."
Der Papst hat ja schon auf dem Flug nach Edinburgh das Thema Missbrauchs-Skandale angesprochen…
„Das ist schon fast eine Tradition geworden. Es gibt Dinge, die den Besuch begleiten werden, und die Missbrauchs-Debatte gehört dazu. Es ist ja nicht das erste Mal, dass Benedikt im Flugzeug die heiklen Punkte quasi schon vorweg nimmt. Damit schafft er das Thema nicht aus der Welt, aber er kann den richtigen Ton finden. Die Menschen, zu denen er kommt, sind ja schon viel länger als wir in Deutschland oder Österreich oder der Schweiz mit diesen Missbrauchsfällen beschäftigt, und die Menschen wollten hören, wie der Papst dazu steht. Das hat er im Flugzeug noch einmal sehr klar und sehr persönlich ausgedrückt. Das hier ist eine gebrochene Kirche, durch diese Missbrauchsfälle gebrochene Kirche, und dem hat der Papst mit seinen Worten Respekt erwiesen."
Der Papst befindet sich auf dieser Reise sozusagen im Epizentrum des neuen (und manchmal auch kämpferischen) Atheismus. Wie wird sich das auswirken?
„Atheismus ist vielleicht die geheime Überschrift über der Reise, zumindest eine Kapitelüberschrift. Viel von der harten Kritik um Vorfeld und auch jetzt auf den Bildschirmen kommt von Menschen, die sich als Atheisten bezeichnen und die eine Rolle spielen hier, mindestens in den Medien. Dass er das auch im Flugzeug angesprochen hat, zeigt, dass er genau weiss, was ihm hier begegnen wird. Ich glaube, man muss diese Kritik als das nehmen, was sie ist. Man muss mit den Kritikern sprechen, und genau dazu wird der Papst sicherlich auch einiges sagen, spätestens in der Westminster Hall. Natürlich gibt es auch hier die üblichen Verdächtigen, die selber keine Kritik vertragen, aber so ist das. Was der Papst immer wieder sagt, ist, dass eine Welt ohne Gott und ohne Religion keinen Grund hat, dass das gefährlich ist für uns Menschen. Und das wird sicherlich auch hier ein Thema für ihn sein." (rv)

GB: Papst trifft Königin

Papstreise nach Großbritannien: 1. Tag

Unter Dudelsackklängen und reger Anteilnahme zahlreicher Gläubiger und Neugieriger gelangte Benedikt durch das Zentrum Edinburghs, das zum UNO-Weltkulturerbe zählt, in den königlichen Palast. Die Queen in einem taubengrauen Kostüm mit Hut nahm das Kirchenoberhaupt im Morning Room in Empfang, während gleichzeitig in einem anderen Saal Kardinalstaatsskretär Tarcisio Bertone den britischen Vizepremier Nick Clegg traf.
 In seiner Ansprache vor der Queen und anderen politischen und kirchlichen Autoritäten, darunter dem anglikanischen Primas Erzbischof Rowan Williams, würdigte der Papst den damaligen Widerstand Großbritanniens gegen die Nazidiktatur. Er wandte sich gegen den heutigen „aggressiven Säkularismus" und forderte die britischen Medien dazu auf, respektvoll mit der Menschenwürde umzugehen. Hier die Kernsätze der ersten Rede Papst Benedikts auf britischem Boden:
„Eure Majestät! Ich danke Ihnen für Ihre liebenswürdige Einladung zu einem offiziellen Besuch in das Vereinigte Königreich… Tiefe christliche Wurzeln sind immer noch in jeder Schicht britischen Lebens vorhanden… Der Glaube wird eine starke Kraft zum Guten in Ihrem Königreich bleiben – zum Nutzen für Christen ebenso wie für Nichtchristen.
Selbst aus unserer Zeit können wir uns in Erinnerung rufen, wie Großbritannien und seine Verantwortlichen der Nazityrannei widerstanden haben, die Gott aus der Gesellschaft entfernen wollte und vielen das allgemeine Menschsein absprachen, besonders den Juden, die als „lebensunwert" betrachtet wurden. Ebenso möchte ich an die Haltung jenes Regimes gegenüber christlichen Pastoren und Ordensleuten erinnern, welche die Wahrheit in Liebe sagten, sich den Nazis entgegenstellten und diesen Widerstand mit ihrem Leben bezahlten.
Wenn wir über die nüchternen Lektionen des atheistischen Extremismus des 20. Jahrhunderts nachdenken, wollen wir nicht vergessen, wie der Ausschluß von Gott, Religion und Tugend aus dem öffentlichen Leben uns letztlich zu einer verkürzten Vision des Menschen und der Gesellschaft führt und damit zu einer herabwürdigenden Sicht des Menschen und seiner Bestimmung.
Die Regierung Eurer Majestät und die Regierung Irlands haben … dazu beigetragen, eine Friedensresolution für den Nordirland-Konflikt auf den Weg zu bringen. Ich ermuntere alle Beteiligten, auf dem … Weg zum Frieden weiter mutig voranzuschreiten.
Das Vereinigte Königreich bleibt politisch und wirtschaftlich eine Schlüsselfigur auf der internationalen Bühne… Entsprechend haben auch die britischen Medien, deren Meinungen ein so breites Publikum erreichen, eine schwerwiegendere Verantwortung als die meisten anderen Medien und eine größere Gelegenheit, … die Ausbreitung authentischer Menschenrechte zu fördern.
Heute strebt das Vereinigte Königreich danach, eine moderne und multikulturelle Gesellschaft zu sein. Bei diesem interessanten Unternehmen möge es stets seinen Respekt vor jenen traditionellen Werten und kulturellen Ausdrucksformen bewahren, die von aggressiveren Formen des Säkularismus nicht länger für wichtig erachtet oder nicht einmal mehr toleriert werden."
Religion war immer zentral für die Identität Großbritanniens, sagte die Queen, und sie könne eine Rolle spielen beim Zusammenleben in einer multikulturellen Gesellschaft. In Großbritannien sei Kultfreiheit an der Basis der Demokratie. (rv)

Vatikan: Erklärungen zu Interview

Ein Gespräch mit dem langjährigen Ökumene-Verantwortlichen des Vatikans, Kardinal Walter Kasper, hat in Großbritannien Wellen geschlagen. Der deutsche Kurienkardinal hatte dem „Focus" kurz vor Beginn der Papstreise auf die Britischen Inseln gesagt, dass die Reise nicht nur eine europäische, sondern eine universelle Dimension habe. Dabei sorgte Kaspers Begriff „Dritte Welt" für Unmut. Er bezog sich allerdings, wie der Vatikan am Mittwoch klarstellte, auf die große internationale Bedeutung Londons mit seiner kosmopolitischen Einwohnerschaft. Der Kardinal, der wegen Krankheit nicht an der Papstreise nach Großbritannien teilnimmt, ging auch auf den zum Teil etwas kämpferischen Atheismus dort ein. Der Vatikan spricht in seiner Erklärung von „einigen bekannten Autoren, die besonders aggressiv auftreten und wissenschaftliche oder kulturelle Argumente vorbringen, die aber in Wirklichkeit nicht von so großem Wert sind". Das bedeute natürlich nicht, „dass Kardinal Kasper nicht … die großen Werte der britischen Kultur kennt". (rv) 

Vatikan/Bosnien-Herzegowina: Militärseelsorge als Beitrag zur Religionsfreiheit

Die katholische Militärseelsorge in Bosnien-Herzegowina ist ein wichtiger Beitrag zur Religionsfreiheit. Darauf hat der vatikanische Außenminister, Erzbischof Dominique Mamberti, bei einem Treffen mit dem Außenminister von Bosnien-Herzegowina, Sven Alkalaj, hingewiesen. Bei der Begegnung im Vatikan an diesem Dienstag wurden die Abkommensverträge zwischen dem Heiligen Stuhl und Bosnien-Herzegowina bezüglich der Militärseelsorge ausgetauscht. Er hoffe, dass das Abkommen auch zu einem besseren Bild des Landes im Ausland und zur europäischen Integration beitragen werde, so Mamberti weiter. Das Abkommen könne zum Respekt unter den verschiedenen Glaubensgemeinschaften des landes beitragen, bestätigte seinerseits der Außenminister von Bosnien-Herzegowina, Sven Alkalaj. Im multireligiösen Bosnien-Herzegowina sind die meisten Einwohner Christen und Muslime, Anhänger anderer Religionen machen etwa sieben Prozent der Gesamtbevölkerung aus. (rv)

Belgien: Vangheluwe wird laisiert

Der Vatikan wird bald eine Entscheidung zur Zukunft von Bischof Roger Vangheluwe treffen. Dieser hatte den sexuellen Missbrauch seines Neffen gestanden. Dies teilte an diesem Montag der Vorsitzende der Belgischen Bischofskonferenz, Erzbischof Andre-Joseph Leonard, in Brüssel mit. Er rechne damit, dass Rom sich sehr bald äußern werde, so der Bischof in einer Pressemitteilung. Vangheluwe war im April als Bischof von Brügge zurückgetreten. Danach hatte es immer wieder Forderungen gegeben, er solle sich in den Laienstand zurück versetzen lassen oder der Vatikan solle dies tun. Leonard bestätigte jetzt, in Rom sei ein Verfahren zu Vangheluwe im Gange. Diese Prozedur werde nach Angaben der Apostolischen Nuntiatur bald zum Abschluss kommen. (rv)

D: Neustart im Bistum Augsburg

Alles auf Null im Bistum Augsburg: Der neue Bischof Konrad Zdarsa hat an diesem Montag erstmals den Fuss in sein neues Bistum gesetzt. Augsburgs Kirche versucht, den so genannten Fall Mixa so schnell wie möglich hinter sich zu bringen, und stellt die Signale auf Neustart. Der 66-jährige Zdarsa war bisher Bischof von Görlitz, dem kleinsten deutschen Bistum gleich an der polnischen Grenze. Jetzt also Augsburg:
 „Das ist schon ein gewaltiger Neuanfang, weil ich in eine völlig andere Gegend Deutschlands komme, die auch eine völlig andere Geschichte hatte, zumindest bis zum Mauerfall, aber auch darüber hinaus. Für mich ist das eine weitere Station auf dem Weg der Nachfolge Christi… Ich glaube – und das sehe ich eigentlich schon länger länger, unabhängig davon, dass jetzt diese nicht so einfache Berufung an mich ergangen ist: Wir können mit einer Sprache aus dem 18. Jahrhundert die Menschen des 21. Jahrhunderts nur schwer überzeugen und gewinnen. Aber nicht weniger als in der frühen Kirche müssen wir uns auch heute auf das Evangelium gründen und mit dem Evangelium argumentieren! Ohne dabei allerdings zu frömmeln oder penetrant zu werden…"
Für Zdarsa ist die Hauptfrage: Wie können wir das Evangelium ins Heute übersetzen, ohne es zu verfälschen oder abzuschwächen?
„Das ist für mich – und nicht nur jetzt für meinen Weg nach Augsburg, in eine sozusagen volkskirchlich strukturierte, traditionelle Kirche – die entscheidende Aufgabe, vor der die deutsche Kirche überhaupt steht. Nach Augsburg will ich vorurteilslos gehen! Ich glaube, insgesamt muss die Kirche brüderlicher auftreten und vielleicht auch Herrschaftsansprüche aufgeben, bereit sein zu dienen, auf die Menschen zuzugehen… und gleichzeitig die Wahrheit verteidigen, unzweifelhaft."
Allerdings – die Drehungen und Wendungen im Fall seines Vorgängers Walter Mixa auf dem Stuhl des heiligen Ulrich hat Zdarsa schon genau verfolgt. Und ist dabei über die Berichterstattung in manchen Medien nicht richtig glücklich gewesen, wie er dem Kölner Domradio erzählt:
„Ich möchte keine Medien nennen – aber man kann sehr wohl spüren, ob hier wirklich Interesse besteht am Wohle aller, Dinge zu benennen und anzugehen, die reformbedürftig sind, oder ob man hier die Freude hat am Bloßstellen. Ob man hier gewisserweise sogar kampagnenhaft bestimmte Nebensätze übersieht oder auch mit nicht gerade Wohlwollen auf manche Entwicklungen blickt."
(rv)

Vatikan: Päpstliche Bibliothek wieder offen

Kommenden Montag öffnet die Vatikanische Apostolische Bibliothek nach drei Jahren Renovierung ihre Pforten. Umfangreiche Bauarbeiten haben in dieser Zeit stattgefunden. So wurden die Decken verstärkt, da die alten Gebäude aus der Renaissance der Bücherlast nicht mehr gewachsen waren und nachzugeben drohten. Außerdem erhielt das Büchermagazin einen besseren Brand- und Staubschutz, eine neue Klimaanlage und ein Sicherheitssystem auf dem letzten Stand. Die seinerzeit nicht unumstrittene Totalschließung der Bibliothek wurde aber auch dazu genutzt, die Bestände mithilfe neuester Technik benutzerfreundlicher zu machen. Der Präfekt der Vatikan-Bibliothek, Cesare Pasini, erklärte uns, wie das funktioniert:
„Jeder Forscher hält neben seinem elektronischen Ausweis auch täglich ein Passwort. Damit kann man sich vom eigenen Laptop aus in die Datenbanken der Bibliothek einwählen und die gewünschte Handschrift oder das Buch bestellen. Außerdem haben wir jedes einzelne Buch im Lesesaal mit einem Mikrochip ausgestattet. Wenn Sie nun ein Buch nehmen und anderswo hintragen wollen, werden Sie daran erinnert, dass Sie das nicht dürfen. So vermeiden wir, dass Bücher falsch abgestellt und damit für immer unauffindbar sind."
Die „Vaticana", so heißt die päpstliche Buchsammlung unter Fachleuten ganz schlicht, ist eine der wertvollsten Bibliotheken der Welt. Vor allem ihr Bestand an Handschriften ist eindrucksvoll: Mehr als 150.000 Manuskripte werden hier für die Forschung verwahrt, so viel wie kaum eine andere Bibliothek. Anders, als man annehmen würde, haben die Päpste im Lauf der Jahrhunderte nicht bloß Bibeln, Gebetsbücher und theologische Fachliteratur gesammelt, sondern alles, was ihre Neugier erweckte, darunter prominente Abhandlungen zu Astronomie oder Geographie, viel Belletristik, außerdem Landkarten, Münzen und vieles mehr. „Es ist der humanistische Geist, der uns besonders auszeichnet", sagt Präfekt Pasini.
„Humanistischer Geist, das bedeutet zu forschen, indem man den Quellen auf den Grund geht. Und das in aller Ruhe. Nicht den Moden nachlaufen oder den Ideen, die einem als erstes einfallen, denn nicht immer ist die erste Idee die Wahrheit. Wenn ein Wissenschaftler hier ein Gebiet erforscht, dann ist er vielleicht nicht der einzige, und das ist gut so, dann gibt es Austausch, Vergleich und Diskussion. Und allmählich schält sich die Wahrheit heraus. Dazu braucht es Seriosität und Geduld. Wir haben hier keine Eile, selbst wenn uns modernste Hilfsmittel das Studium erleichtern."
Zudem soll der Salone Sistino, das historische Herzstück der Bibliothek, in wenigen Jahren wieder als Lesesaal benutzt werden. Der italienische Architekt Paolo Portoghesi arbeitet an einem Entwurf für die Umgestaltung des Prunksaales aus dem 16. Jahrhundert. Zuletzt war der Salone Sistino den Vatikanischen Museen angegliedert. (rv)

Migrationsforscher: „Deutschland muss sich endlich als Einwanderungsland begreifen“

Deutschland muss sich endlich als Einwanderungsland begreifen. Und es braucht endlich ein Einwanderungsgesetz, dass Migranten von vornherein einbindet – mit allen Rechten und Pflichten. Das unterstreicht Ralph Ghadban im Gespräch mit Radio Vatikan. Der gebürtige Libanese hat in Deutschland jahrelang mit Einwanderern gearbeitet; als Migrationsforscher war er bei der Islamkonferenz politischer Berater. Er urteilt hart über die deutsche Einwanderungspolitik:
 „Bis 1998 hieß es: Deutschland ist kein Einwanderungsland. Sie haben fest damit gerechnet, dass die Ausländer wieder nach Hause gehen. Nachher, als sie mit Rot-Grün ein Einwanderungsgesetz verabschieden wollten, da kam am Ende so ein magres Gesetz dabei heraus, was sich hauptsächlich auf die Sprache konzentriert und das das Problem nicht gelöst hat. Deutschland muss sich wie andere Länder als Einwanderungsland erklären und eine Einwanderungspolitik betreiben wie in den USA oder Australien."
In diesen Ländern gebe es Aufnahmequoten; dort würden zudem gezielt qualifizierte Kräfte angeworben, die die Industrie und Wirtschaft ankurbeln sollten, so Ghadban. Das deutsche Einwanderungsgesetz sei dagegen zu undifferenziert, was Rechte und Pflichten der Einwanderer betreffe. Das diene weder Deutschland noch den Migranten.
„Das heißt, wenn man sich entscheidet, jemanden aufzunehmen, dann ist er gleichberechtigt. Was wir aber haben: Wir verzögern die Aufnahme und regulieren sie nicht. Und wenn die Leute kommen, dann ziehen wir die Sache in die Länge, unternehmen keine Integration und Ähnliches. Also wir stehen zwischen allen Stühlen, wir müssen uns entscheiden."
Die Einwanderung in Deutschland konzentriere sich zu sehr auf dem Asylweg, führt der Experte weiter aus. Es sei richtig, politischen Flüchtlingen und Notleidenden Asyl zu gewähren, das müsse auch erhalten bleiben. Die Mehrzahl der in den letzten Jahren aufgenommenen Asylanten sei jedoch aus anderen Gründen nach Deutschland gekommen. Hier sei mehr Selektion sinnvoll, meint Ghadban, der auch in diesem Punkt in den USA ein Vorbild sieht.
„Das bedeutet, dass sie die Leute holen, die sie brauchen und nicht wie jetzt. Jetzt kommen die meisten über den Asylweg nach Deutschland. Da hat man keine Wahl in diesem Prozess. Und es sind nicht diejenigen, die eine bessere Ausbildung haben. Der Hauptgrund für den Asylweg ist seit Jahren nicht mehr politisch, das ist ein rein ökonomischer Weg. Zum Beispiel kommen Menschen aus dem Libanon heute aus rein ökonomischen Gründen, seit über 20 Jahren."
Doch Ghadban bemängelt nicht nur die deutsche Einwanderungspolitik. Auch der Integrationswillen mancher Migranten lässt für ihn zu wünschen übrig. Dabei gehe es nicht darum, Thilo Sarrazin mit seinen Thesen zur „Integrationsunfähigkeit der Muslime" nach dem Mund zu reden; der Politiker sei in rassistische Formulierungen abgerutscht und argumentiere biologistisch, stellt Ghadban klar. Zudem gebe es zahlreiche positive Beispiele von Integration in Deutschland, über die gar nicht geredet würde. Allerdings müsse man einigen Fakten ins Auge sehen:
„Die letzte Berliner Untersuchung hat gezeigt, dass sich die Migranten aus dem Ostblock schnell integriert haben. Die einzigen, bei denen die Integration rückgängig ist, ist bei den Türken und Arabern. Diese Untersuchung wurde zum ersten Mal nach Nationalitäten geführt."
Die rückläufige Integration dieser Gruppen reiche bis auf die 90er Jahre zurück, so Ghadban. In dieser Zeit hätten sich viele Muslime in Deutschland in einer „Parallelgesellschaft" entwickelt. Die Folge: Einwandererkinder der dritten Generation heute mit Sprachproblemen und ein soziales Milieu mit kulturellen Werten, die mit den deutschen schwer vereinbar seien. Ghadban:
„Was unterscheidet ein soziales Milieu zum Beispiel von Homosexuellen mit ihren Kneipen usw. von einer Parallelgesellschaft? Der Unterschied liegt darin, dass Menschen in einer Parallelgesellschaft ein Wertesystem verfolgen, das anders ist als das Wertesystem der Mehrheitsgesellschaft. Die Schwulen stehen auf dem Boden des Grundgesetzes, sie haben gekämpft und Erfolg gehabt, in diesem Rahmen anerkannt zu werden. Aber wenn man auf ein Wertesystem der islamischen Lebensweise pocht und im Kopf langfristig die Einführung der Scharia vorhat, dann entwickelt man sich parallel. Das ist dann ein soziales Milieu, was sich total abgrenzt."
Für eine sachliche Debatte über die Integration müsse man stets differenzieren und Kritik zulassen, betont der Experte weiter – Kritik sowohl am Integrationsunwillen mancher Migranten, als auch an Fehlentscheidungen der Politik:
„Wir erleben heute eine Welle der Islamkritik. Alle versuchen unter dem Titel der Islamophobie die Islamkritik zu unterbinden. Das ist eine Katastrophe, denn wenn wir uns nicht mit den Betreibern der Parallelgesellschaft auseinandersetzen können, dann bleibt nur Gewalt." (rv)

USA: Koran-Verbrennungsinitiative als Medienproblem

Dieser Samstag, den 11. September, ist für die USA und für viele Menschen in Westen ein Gedenktag für die Opfer des Terroranschlages vor neun Jahren in New York und Washington. In diesem Jahr wird das Gedenken aber überlagert, zuerst von der Diskussion um eine Moschee in der Nähe von Ground Zero, dann von den Ankündigungen von erst einem, dann zwei evangelikalen Pfarrern in den USA, an diesem Tag den Koran öffentlich zu verbrennen.
Kardinal Francis George ist Erzbischof von Chicago und Vorsitzender der Bischofskonferenz der USA. Er sieht zwar den Hauptverantwortlichen in dieser Diskussion in Pastor Terry Jones, aber es gibt auch andere Interessen, die dies erst zu einer Debatte haben werden lassen:
„Die Medien, von denen viele Christen als Fundamentalisten oder gefangen in ihrer Ablehnung anderer zeigen wollen, machen diese Geschichte erst groß. Aber wir müssen doch sehen: wer ist dieser Pastor eigentlich? Man muss das verdammen, aber es ist nicht repräsentativ für irgendetwas in den USA mit Ausnahme dieses Pastors. Aber man muss auch sagen, dass die Medien nicht immer hilfreich dabei sind, moderate Stimmen die Diskussion bestimmen zu lassen.“
Aber auch wenn die Diskussion um Pastor Jones die Diskussion an diesem 11. September bestimme, müsse man genau hinschauen, wer das denn eigentlich sei.
„Der Pastor, der den Koran verbrennen will oder das zumindest angekündigt hat, nennt sich zwar christlicher Pastor. Seine Kirche umfasst nur einige dutzend Menschen. Dass jemand, der sich selbst christlicher Pastor nennt, etwas Verrücktes tut, ist nicht außergewöhnlich in der Geschichte der USA oder woanders. Bücherverbrennung ist nie gut, vor allem, wenn es ein Buch ist, das für Milliarden von Menschen heilig ist.“
Es gibt eine Unruhe im Zusammenleben zwischen Christen und Muslims, das gibt der Kardinal zu, darüber müsse man reden. Diese Unruhe zeige sich in den Protesten gegen den Bau der Moschee in New York. Das Recht zu Bauen und die Klugheit im Umgang mit Verletzungen anderer müssen abgewogen werden.
Verwirrspiel
Währenddessen gerät die Auseinandersetzung um eine Koran-Verbrennung zum Verwirrspiel, der protestantische Pfarrer Terry Jones vom Dove World Outreach Center (Weltmissionszentrum Taube) in Gainesville (Florida), hat zum wiederholten Male seine Meinung geändert. Nachdem er eine Absage der Aktion widerrufen hatte, versicherte er jetzt, er werde auf die öffentliche Verbrennung von 200 Exemplaren des Koran am 11. September verzichten, wenn ein Gespräch mit den Verantwortlichen für ein geplantes Islam-Zentrum mit Moschee nahe des Ground Zero in New York zustande komme. Jones möchte, dass das Zentrum verlegt wird.
Hintergrund
Jones, Leiter der rund 50 Mitglieder zählenden Gemeinde in Gainesville, war bis 2008 mehr als 20 Jahre in Deutschland tätig. Er ist mit einer Deutschen verheiratet und leitete die Christliche Gemeinde Köln, die nach Angaben ehemaliger Mitarbeiter immer stärker sektiererische Züge annahm. Wegen unhaltbarer theologischer Aussagen und Geltungssucht entließ ihn die Gemeinde vor zwei Jahren. Die jetzige Leitung kritisiert die Koran-Verbrennung: „Wir distanzieren uns von dieser Aktion und möchten damit nicht in Verbindung gebracht werden“, so die offizielle Haltung der Gemeinde, wie die Nachrichtenagentur Idea berichtet. (rv)

Vatikan: 9. Oktober wird Kardinal Newman-Gedenktag

Noch vor der offiziellen Seligsprechungsfeier in Großbritannien gibt der Vatikan bereits den liturgischen Gedenktag für den neuen Seligen John Henry Newman (1801-1890) bekannt. Künftig soll sein Gedenktag am 9. Oktober begangen werden. Die Seligsprechungsfeier für den britischen Kardinal ist am 19. September in Birmingham. Papst Benedikt XVI. wird ihn dann zur Ehre der Altäre erheben. Es ist das erste Mal, dass Benedikt XVI. persönlich eine Seligsprechung vornimmt. Normalerweise beauftragt er damit Kardinäle, nur Heiligsprechungsfeiern leitet der Papst selber. In der anglikanischen Kirche Englands wird Newman am 11. August, seinem Todestag, geehrt. (rv)