Vor genau 100 Jahren, am 1. September 1910, veröffentlichte Papst Pius X. den so genannten Antimodernisten-Eid. Alle angehenden Priester mussten von da an in einem feierlichen Akt vor ihrer Weihe die geltende kirchliche Lehre bejahen und moderne Formen der Theologie ablehnen. Der deutsche Kirchenhistoriker Johannes Grohe von der Päpstlichen Universität Santa Croce erklärt, was „Modernismus" eigentlich bedeutet:
„Es hat viel zu tun mit dem Eindringen der historisch-kritischen Methoden in die Bibelwissenschaft. Hier spielt eine Vorreiterrolle der liberale Protestantismus. Das wird dann auch in der Katholischen Kirche rezipiert. Man spielt Offenbarung gegen geschichtliche Wirklichkeit aus, das gilt auch für die Kirche nur als Glaubensinstitution, nicht aber als historisch wirklich von Christus gegründete Gemeinschaft. Im Großen und Ganzen dreht es sich immer um diese Frage: Wie ist eigentlich unser Glaube grundgelegt."
Der Antimodernisten-Eid wurde von einigen geschätzt, von anderen als notwendiges Übel anerkannt. Viele aber, zumal im deutschen Sprachraum, sahen darin die Wissenschaftlichkeit theologischer Forschung grundsätzlich in Frage gestellt. So wurde für Deutschland ein Kompromiss ausgehandelt: Professoren mussten den Eid nicht ablegen, es sei denn, sie waren gleichzeitig Seelsorger.
Heute ist die historisch-kritische Bibelexegese längst an allen katholischen Fakultäten unverzichtbar. Der Antimodernisten-Eid hielt sich bis 1967, als Papst Paul VI. ihn nach den Entscheidungen des II. Vatikanischen Konzils abschuf. Knapp 30 Jahre später, im Jahr 1989, führte Papst Johannes Paul II. einen neuen Treueid für alle jene ein, die in der Kirche leiten oder lehren. Dem Entstehen von Irrlehren kann man zwar damit nicht vorbeugen, so der Kirchenhistoriker Grohe, man kann aber gleichsam die „Geschäftsbedingungen" klar machen.
„Natürlich wird es nie ein menschliches Mittel geben, mit dem man Häresien einfach vermeiden kann. Es gehört zum Weg der Kirche durch die Zeit, dass sie den Glauben, den sie von Jesus Christus empfangen und durch die Apostel vermittelt bekommen hat, immer wird verteidigen müssen. Wir werden nie eine Zeit erleben, in der der glaube der Kirche unangefochten ist. Maßnahmen greifen dann immer bis zu einem bestimmten Punkt, können aber nie die Heiligkeit und Festigkeit der Lehre garantieren. Sie allein garantieren nicht, dass Kopf und Herz der einzelnen immer bei Gott und der Lehre der Kirche sind. Aber sie können gewissermaßen das Vorfeld klären." (rv)
Jahr: 2010
Neue Leitlinien zu Missbrauch: Eine Zusammenfassung
Die Deutsche Bischofskonferenz hat an diesem Dienstag in Trier die neuen Leitlinien für den Umgang mit sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche vorgestellt. DBK-Missbrauchsbeauftragter Bischof Stephan Ackermann stellte die Regelungen in Trier der Presse vor. Die Leitlinien treten an diesem Mittwoch, dem 1. September 2010, in Kraft.
Die Neuerungen wurden von den Bischöfen als „Fortschreibung" der Leitlinien von 2002 ausgewiesen. Sie zielen auf eine abgestimmtere Vorgehensweise und klären genauer Zuständigkeiten im Falle sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen durch Geistliche und kirchliche Mitarbeiter. Dabei wird auch katholischen Rechtsträgern, die nicht in diözesaner Zuständigkeit stehen – also vor allem Ordensgemeinschaften – empfohlen, die Leitlinien zu übernehmen.
Zuständiger für Verdachtsfälle und Meldepflicht
Erste große Neuerung ist die Vorschrift einer Ernennung eines oder mehrerer Zuständiger für Verdachtsfälle von sexuellem Missbrauch, die nicht der Bistumsleitung angehören. Diese Zuständigen nehmen Hinweise auf Missbrauchsfälle entgegen und machen eine erste Bewertung. Weiterhin informieren sie den zuständigen Diözesanbischof bzw. bei Ordensangehörigen den Ordensoberen. Zusätzlich dazu soll vom jeweiligen Diözesanbischof, dessen Verantwortung insgesamt unberührt bliebt, ein ständiger Beraterstab eingerichtet werden. Diesem Stab sollen Fachleute aus dem Bereich der Pychiatrie, Pychotherapie und Juristen angehören. Anders als im Fall des Missbrauchszuständigen können dieser Gruppe auch Kirchenvertreter angehören.
Eine zweite große Neuerung betrifft die aktive Prävention: Mitarbeiter im kirchlichen Dienst sind verpflichtet, dem Beauftragten Hinweise auf mögliche Missbrauchsfälle unverzüglich zu melden.
Meldung bei Staatsanwaltschaft und dem Heiligen Stuhl
Erhärtet sich nach Gesprächen mit dem mutmaßlichen Opfer und Täter der Missbrauchsverdacht, werden die Informationen an die staatliche Strafverfolgungsbehörde bzw. andere zuständige Behörden weitergegeben. Rechtliche Verpflichtungen anderer kirchlicher Organe bleiben unberührt. Die Meldepflicht bei der Staatsanwaltschaft entfällt nur, wenn dies das Opfer ausdrücklich wünscht.
Parallel dazu wird ein kirchenrechtliches Verfahren eingeleitet; bei bestätigtem Missbrauchsverdacht informiert der Diözesanbischof den Apostolischen Stuhl, der über das weitere Vorgehen entscheidet. Der Diözesanbischof kann den mutmaßlichen Täter bis dahin vom Dienst frei stellen und leitet andere Maßnahmen ein, um weitere Missbrauchsfälle zu verhindern.
Opferhilfen und Konsequenzen für den Täter
In dem Papier ist von seelsorglichen und therapeutischen Opferhilfen, allerdings nicht von finanziellen Entschädigungen die Rede, diese sollen laut Bischof Ackermann weiterhin Gegenstand des Runden Tisches sein. Angebot und Vermittlung der Hilfen erfolgen in enger Mitarbeit mit dem zuständigen Jugendamt oder anderen Fachstellen. Erwiesene Missbrauchstäter sollen nicht mehr in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in der kirchlichen Arbeit eingesetzt werden. Das gilt auch, so eine weitere Neuerung, für alle ehrenamtlich tätigen Personen im Bereich der Kirche.
Es wird in dieser Neufassung also zuerst der Anwendungsbereich der Leitlinien ausgeweitet: Alle Mitarbeiter im kirchlichen Dienst, nicht nur Priester, sind von ihnen erfasst. Die Zusammenarbeit mit den staatlichen Behörden wurde präzisiert, ebenfalls die strukturelle Zuordnung der Ansprechpersonen in den Bistümern. (rv)
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Bundeswehr: „Bestehende Dienste attraktiver machen“
Sparen und umverteilen, doch wie und um welchen Preis? Die Bundeswehr steht vor einer umfassenden Strukturreform: Um Geld einzusparen, soll die Wehrpflicht ab dem kommenden Jahr ausgesetzt und die Bundeswehr verkleinert werden. Andererseits sollen mehr Truppen für Auslandseinsätze zur Verfügung stehen und diese auch besser ausgerüstet werden. Das sei auch höchste Zeit, so Heinz-Gerhard Justenhoven, Direktor des Institutes für Theologie und Frieden in Hamburg:
„Das ist natürlich keinem vermittelbar, dass eine Armee, die 250.000 Soldaten hat, maximal 10.000 ins Ausland schicken kann. Man fragt sich da, was machen die anderen 240.000 dann? Dieses Missverhältnis soll in Zukunft behoben werden. Und das bedeutet für die im Ausland befindlichen Soldaten, dass die Zeitabstände, in denen sie in solche Missionen geschickt werden, wesentlich größer werden. Heute beklagen die Soldaten ja, dass sie alle zwei, drei Jahre ins Ausland gehen müssen."
Die eigenen militärischen Möglichkeiten bei gefährlichen Auslandseinsätzen – wie zum Beispiel aktuell in Afghanistan – müssten realistisch eingeschätzt werden, so Justenhoven. Schließlich dürfe man keine Kräfte vergeuden oder die Soldaten gar gefährden. Über diese Fragen brauche es eine breite gesellschaftliche Debatte, die auch durch die Kirchen angeregt werden müsse:
„Afghanistan hat gezeigt, dass die Möglichkeiten, die wir haben, um mit militärischen Mitteln die Konsolidierung von Staaten und damit letztlich Friedensarbeit zu leisten, doch sehr begrenzt sind. Soldaten können im günstigen Fall einen Waffenstillstand absichern oder im Fall Afghanistan den Versuch machen, Aufständische daran zu hindern, Anschläge durchzuführen. Schon hier zeigt sich, wie schwierig das ist und wie begrenzt der Erfolg ist. Das heißt, die eigentliche gesellschaftliche Debatte, die wir führen müssen, ist: Setzen wir hier wirklich die richtigen Mittel ein, um das Ziel der Befriedung einer Gesellschaft zu erreichen?"
Im Rahmen der Strukturdebatten hatte Familienministerin Kristina Schröder zuletzt für einen staatlichen Freiwilligendienst plädiert, der bei Wegfall von Wehrpflicht und Zivildienst wirksam werden sollte. Von einer solchen allgemeinen „Dienstpflicht" hält Justenhoven nichts. Sie sei heute nicht mehr zu rechtfertigen:
„Der einzige Grund, warum man junge Menschen verpflichten konnte, war eine Sicherheitslage, die derart existentiell war und als solche angesehen wurde, dass sie den Einzelnen dazu verpflichtete, auch gegen seinen Willen zu leisten, entweder in der Armee oder zumindest als Zivildienst. Und die Situation haben wir nicht mehr."
Justenhoven plädiert dagegen für ein Bonus-System, dass den freiwilligen Einsatz honoriert und den freiwilligen Dienst in der Bundeswehr oder das freiwillige soziale oder ökologische Jahr für junge Menschen attraktiver macht:
„Diese jungen Leute leisten einen Dienst für die Gesellschaft, andere tun es nicht – und warum honoriert man das nicht? Das kann man zum Beispiel tun, indem man ein Bonussystem erfindet, in dem die Studeinplatzwahl oder Bafög oder steuerliche Anreize gegeben werden, die den jungen Leuten ermöglichen, nachher darin auch für sich einen Vorteil zu erkennen und zu sagen, gut, ich orientiere mich, mache einen Freiwilligendienst bei der Bundeswehr oder ein FSJ, was mir nachher erlaubt, im Studium oder der Ausbildung den Nachteil, den ich gehabt habe, durch einen Vorteil zu kompensieren." (rv)
Türkei: Neue Hoffnung für Christen in Tarsus
Wieder einmal eine hoffnungsvolle Nachricht aus dem Geburtsort des Völkerapostels Paulus: Die Kirche in Tarsus im Süden der Türkei soll der Christlichen Minderheit des Landes wieder als Kirche zur Verfügung stehen. Das regte der Leiter der türkischen Religionsbehörde, Ali Bardakoglu, in der vergangenen Woche an. Bisher dient die Kirche im Geburtsort des großen Theologen der frühen Christenheit nur als Museum und steht für religiöse Veranstaltungen nicht zur Verfügung. Allemal ein wichtiges Signal für die christliche Minderheit in Kleinasien, sei dieser Vorstoß, meint der Kölner Kardinal Joachim Meisner im Gespräch mit dem Domradio. Es ist jedoch nicht das erste Mal, das ein solcher Vorschlag aus dem türkischen Religionsamt kommt – kein Grund zu allzu großer Euphorie also:
„Ich bin schon mehrfach durch Versprechungen hoher türkischer Autoritäten mit Hoffnung erfüllt worden, die sich dann als trügerisch erwiesen. Ich bleibe aber bei dem urchristlichen Grundsatz: „sperare contra spem", also „gegen die Hoffnung zu hoffen", auf dass die mittelalterliche Kirche in Tarsus uns Christen zurückgegeben wird."
Interessanter als die Forderung selbst ist vielleicht die Begründung, mit der Bardakoglu sich für eine Wiedereröffnung der Kirche einsetzt: Gerade im Zusammenhang mit dem Schweizer Minarettverbot sollte die Türkei ein Zeichen setzen und allen religiösen Minderheiten die Freiheit in der Ausübung ihres Glaubens gewährleisten, so der Chef der Religionsbehörde.
Doch auch hinter dieser Begründung steckt ein wenig politisches Kalkül – das meint jedenfalls der Türkei-Experte des katholischen Hilfswerkes missio, Otmar Oehring. Für ihn steht der erneute Vorstoß im Zusammenhang mit den Beitragsverhandlungen der Türkei zur EU. Doch wie ist überhaupt die Lage der Christen in der Türkei? Das fragten unsere Kollegen vom domradio den Türkei-Spezialisten Oehring:
„Die Lage der Christen ist insgesamt natürlich viel besser, als sie noch vor zehn oder zwanzig Jahren war. Da gibt es überhaupt keinen Vergleich. Aber verglichen mit den islamischen Ländern in der Umgebung der Türkei, insbesondere in der arabischen Welt, in Syrien, im Libanon und auch anderen Ländern, ist die Lage der Christen in der Türkei weiterhin sehr angespannt. Es gibt einerseits natürlich Möglichkeiten wie in der westlichen Welt, z.B. Religionswechsel, aber das ist eine mehr theoretische Möglichkeit. Auf der anderen Seite, wenn es um die Religionsausübung der Christen und insbesondere auch die Organisation, die Selbstverwaltung der Kirchen in der Türkei geht, muss man ganz klar sagen: Von Religionsfreiheit in der Türkei kann sicher keine Rede sein."
Vor knapp drei Monaten wurde der Vorsitzende der türkischen Bischofskonferenz, Luigi Padovese, ermordet. Hinter dem Mord standen zwar keine politischen oder religiösen Motive, aber trotzdem: Für die rund 100.000 Christen wäre es ein bedeutender Schritt, meint der Kölner Erzbischof Meisner:
„Nach den sehr traurigen Nachrichten der letzten Jahre über die Situation der Christen in der Türkei ist die jüngste Meldung wie ein Silberstreif am Himmel. Es wäre ein Signal für die ganze Welt! Da Paulus in Tarsus geboren wurde, ist der Ort mit der Person des Völkerapostels unauflöslich verbunden. Damit würde ein positives Zeichen auch an unsere Gesellschaft in Deutschland gesendet, wo den türkischstämmigen Mitbürgern muslimischen Glaubens immer wieder nahegelegt wird, sie mögen sich für dieselben Rechte der Religionsfreiheit in ihrem Ursprungsland einsetzen, wie sie in Deutschland und in Europa allgemein gelten."
Andererseits: Wenn sich die Lage der türkischen Christen in ihrer Gesamtheit nicht verändert, dann bleibt auch die Wiedereröffnung der Paulus-Kirche nichts als ein Tropfen auf den heißen Stein, erklärt Otmar Oehring von missio:
„Im Grunde genommen ist das eine kleine Angelegenheit im Vergleich mit dem, was die Kirchen und die nicht-muslimischen Minderheit in der Türkei eigentlich vom Staat erwarten. Sie erwarten, dass sie anerkannt werden, dass sie als Kirchen oder Religionsgemeinschaften so funktionieren können, wie das bei uns auch möglich ist und in der Türkei auch möglich sein müsste, weil die Türkei, wie die BRD, die europäischen Menschenrechtskonvention unterzeichnet, sie ist also dort auch Gesetz geworden. Damit müsste im Grunde genommen den Christen, Juden und allen anderen Religionsgemeinschaften, natürlich auch dem Islam, volle Religionsfreiheit zugebilligt werden. Das ist nicht der Fall. Wenn man jetzt hergeht und sagt: „Öffne doch eine Kirche", welche auch immer das sein mag. Dann ist es zwar schön, wenn diese Kirche geöffnet wird, das kann auch aus historischen, kirchengeschichtlichen Gründen von ganz großer Bedeutung sein, insbesondere natürlich im Fall der Pauluskirche in Tarsus. Es ändert aber an der grundsätzlichen Problematik nichts." (rv)
Vatikan: Papst empfängt seinen Ökumene-Beauftragten
Papst Benedikt XVI. hat an diesem Montag Erzbischof Kurt Koch in Castelgandolfo empfangen. Der neue vatikanische Ökumene-Verantwortliche war vergangene Woche Hauptredner beim Ratzinger-Schülerkreistreffen. In seinen beiden Referaten über das Konzil zwischen Tradition und Innovation ging es um die korrekte Deutung und Umsetzung des Konzils im Geflecht von Reform, Kontinuität und Bruch. Über weitere Einzelheiten des Treffens an diesem Montag hat der vatikanische Pressesaal nichts bekannt gegeben. (rv)
Vatikan: Nachwuchs für Ratzinger-Schülerkreis
Am Sonntag ist das diesjährige Treffen des Schülerkreises des ehemaligen Professors Joseph Ratzinger zu Ende gegangen. In Castelgandolfo traf man sich für drei Tage zu theologischem Austausch. Der Schülerkreis existiert seit den Professorentagen Ratzingers in Regensburg, aber er hat sich über die Jahre verändert. Der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke gehört seit seiner eigenen Promotion dazu. Er blickt für Radio Vatikan auf das diesjährige Treffen und auf den Kreis.
„Wir bilden eine Mischung aus einem Veteranenclub und einem Akademikerclub: wir alle werden älter. Wir kennen uns seit vielen Jahren. Dieser Schülerkreis hat sich ja ursprünglich in eigener Formation gebildet und wir haben den Professor dazu eingeladen, dass er einen Tag mit uns verbringt. Seit er Papst ist, hat der heilige Vater das Heft in die Hand genommen und er lädt uns zu sich nach Rom ein, aber er wird doch wieder der alte Professor."
Papst Benedikt selbst war nur am Samstag für einige Stunden bei den Diskussionen dabei, außerdem zur Feier der Messe am Sonntag.
„Wir haben immer ein Thema für das Treffen, dieses mal war es das Thema der Hermeneutik des Zweiten Vatikanums, die eine Hermeneutik der Reform, nicht aber eine Hermeneutik der Diskontinuität oder der Brüche ist. Dazu haben wir Referate gehört und dazu haben wir mit ihm diskutiert und. Wir haben quasi in Seminaratmosphäre zusammen gesessen. Er hat die Leitung gehabt und aufmerksam den Referaten zugehört und die Diskussion geführt und sich auch mit dem einen oder anderen Statement eingeschaltet."
Es waren auch Theologen dabei, die selbst nie bei Professor Ratzinger studiert haben. Der Schülerkreis will sich seit einigen Jahren erweitern und lädt vor allem jüngere Theologinnen und Theologen ein, zu den Treffen zu kommen, wenn auch nicht zu den Sitzungen mit dem Papst, der Kreis soll seine Identität nicht ganz verlieren.
„Wir haben mit den Jungen drei Tage gemeinsam im Haus verbracht und intensiv über das Zweite Vatikanum diskutiert. Wir sind uns in diesem Jahr auch ein gutes Stück näher gekommen, denn wenn zu einem Kreis zehn junge Leute dazu stoßen dann muss man sich erst einmal beschnuppern und sehen, dass man theologisch ins Gespräch kommt." (rv)
VH: 29 neue Seiten in Vatican-History
Vatican-History bietet 29 neue Seiten zur Kirche in Deutschland. Hier findet der Benutzer alle Kirchenprovinzen gegliedert nach den Metropolitansitzen der Erzbistümer und seinen Suffraganbistümern. Es sind alle 7 Erzbistümer und 20 Bistümer dargestellt. Die Seiten haben folgende Inhalte:
- Gliederung der Kirchenprovinzen
- Kurze Gründungsgeschichte
- Liste aller Bischöfe, Kurfürsten und Erzbischöfe
- Regierender Bischof bzw. Metropolit
- Abbildung des Bischof bzw. Metropolit
- Bischofs-, Erzbischofs- bzw. Kardinalswappen des Episkopaten
- Internetadressen des jeweiligen Erzbistums bzw. Bistums
- E-Mail-Adressen der selbigen.
Die neuen Seiten sind über den Navigationsbutton >> Kirche Deutschland << zu erreichen. (vh)
Frankreich: Paul Kardinal Poupard feiert 80. Geburtstag
Der emeritierte Kurienkardinal Poupard feiert heute seinen 80. Geburtstag. Papst Johannes Paul II. ernannte ihn am 25.05.1985 zum Kardinal. Von 1988 bis 2007 leitete er als Präsident den Päpstlichen Rat für die Kultur und von 2006 bis 2007 den Päpstlichen Rat für den interreligiösen Dialog.
Das Kardinalskollegium hat derzeit 179 Mitglieder, durch Paul Kardinal Poupards 80. Geburtstag sind derzeit nur noch 106 Kardinäle wahlberechtigt in einem künftigen Konklave. Insgesamt 73 Eminenzen haben kein Wahlrecht mehr bei einer Papstwahl. Gemäß der Apostolischen Konstitution "Universi Dominici Gregis" aus dem Jahr 1996 sollten jedoch 120 Kardinäle des Heiligen Kollegiums wahlberechtigt sein. Zudem verlieren bis Jahresende weitere 5 Kardinäle, durch Erreichen der Altersgrenze, ihre Wahlberechtigung. Mehrere Medien im In- und Ausland spekulieren diesbezüglich auf ein baldiges Kardinalskonsistorium zur Ernennung neuer Kardinäle. (vh)
Vatikan: „Roma waren auch Holocaust-Opfer“
Die Diskussion um die französische Ausländerpolitik reißt nicht ab: Der Vatikan blickt kritisch auf das Vorgehen der französischen Regierung gegen die Roma. Am Freitag hatte Erzbischof Agostino Marchetto vom päpstlichen Rat der Seelsorge für Migranten und Menschen unterwegs noch beschwichtigt: Die Kirche wolle sich politisch weder rechts, links noch in der Mitte positionieren. Papst Benedikt forderte beim letzten Angelusgebet schon eindringlicher, man müsse die Menschen in ihrer Verschiedenheit akzeptieren. Jetzt äußert sich auch der Leiter des Migrantenrats mit schärferen Worten.
Die Abschiebung der Roma sei ein Angriff auf die Schwachen, Armen und Verfolgten, die auch Opfer des Holocaust waren und immer auf der Flucht leben müssten, vor denen, die sie jagen. So erinnert der Leiter des Migrantenrats Agostino Marchetto an den schweren Stand der fahrenden Völker, der sich wie ein roter Faden durch ihre Geschichte zieht. Auf politischer Ebene käme man viel leichter zu einer Lösung, wenn die Menschenwürde konsequent gewahrt würde. So heißt es in der Rede, die Marchetto beim internationalen Forum für Migration und Frieden im kolumbianischen Bogota vorbringen wird. Der zweitägige Kongress beginnt am 1. September. Die Kirche postuliere eine Erziehung, die eine Mentalität der Ausgrenzung überwinde, heißt es dort. Ursache der weiterhin wachsenden Migration sei nicht zuletzt eine Spaltung von Nord- und Südländern in der Welt. Es gäbe viele Vorurteile in den Zuwanderungsländern durch sprachliche, kulturelle oder religiöse Unterschiede, so Marchetto. Der Migrant werde als Eindringling gesehen, als ein Grund für die hohen staatlichen Sozialausgaben. Es käme nicht allein darauf an, Ordnungswidrigkeiten zu verringern. Die Beziehung und Gemeinsamkeit von Einzelperson und Staat müsse gelebt werden."
(rv)
Aussteigen auf katholisch: Zahl der Einsiedler wächst
Sie leben in Höhlen, beten Tag und Nacht, sprechen mit niemandem und ernähren sich von Waldbeeren. So oder so ähnlich leben Eremiten, zumindest gemäß der allgemeinen Vorstellung. Eremit sein, das ist eine Lebensform, für die heute in der katholischen Kirche wieder Platz ist. Und mehr noch, der Einsiedler ist im Aufwind. Allein in Italien leben heute ungefähr 200 Eremiten, hat der in Bologna lehrende Soziologe Isacco Turrina herausgefunden.
„Ein Eremit ist ein Mensch, der ein mönchisches Leben führt, aber außerhalb von Klostermauern",
definiert der Wissenschaftler. Ein Mensch, der hauptsächlich betet.
„Er betet in einer Atmosphäre der Stille und der Einsamkeit. Die Lebensform der Einsamkeit bedeutet auch, dass der Eremit banale Tätigkeiten macht, wie Hausarbeit – es gibt ja niemanden, der das für ihn erledigt, keine Gemeinschaft. Ansonsten führt er ein zurückgezogenes, sehr einfaches, nüchternes Leben."
Konkret heißt das: Einsiedler vermeiden die Zerstreuung und die Unterhaltung, die typisch wären für ein normales Leben, erklärt Turrina.
„Sie und ich, wir haben, wenn wir arbeiten, mit vielen Menschen zu tun, die wir nicht kennen, ein normales Arbeitsleben bringt das heute mit sich. Der Eremit hat überdies kein Fernsehen und liest meist keine Zeitung. Einige Eremiten haben ein Radio, hören es aber nur zu den Mahlzeiten und auch da nur bestimmte spirituelle Sendungen. Es ist nicht so, dass das eremitische Leben gar keine Form der Kommunikation vorsieht. Es sieht aber vor, sie sehr sparsam zu verwenden. Damit sie nicht diese Form des Lebens stören, die ganz dem Gebet und der Vereinigung mit Gott gewidmet ist."
Rund 200 Eremiten gibt es heute in Italien, ebenso viele in Frankreich und etwa 80 in Deutschland, so die Erhebungen des Soziologen.
„Viele Eremiten sind Kustoden von aufgelassenen Pfarreien oder entlegenen Heiligtümern, die seit langem nicht mehr genutzt werden, normalerweise in Berggegenden. Aber es stimmt nicht, dass die Eremiten heute ausschließlich in entlegenen Gebieten und in irgendwelchen Grotten hausen. Wir finden Eremiten in allen Landschaften und in allen Umgebungen."
Dabei bedeutet das Wort Eremit eigentlich „Wüstenbewohner". Manche Einsiedler wählen freilich heutzutage auch die Stadtwüste als ihr Lebensumfeld:
„Der Stadt-Eremit ist ein Eremit wie andere auch. In den Städten gibt es ja heute viele Menschen, die fast wie Einsiedler leben, nur dass sie das nicht freiwillig und nicht im Gebet tun. Denken wir an die vielen einsamen alten Menschen. In einer Stadt ist das Individuum anonym. Im Supermarkt oder auf der Post sehen wir viele Leute, aber wir können, wenn wir wollen, auch darauf verzichten, nur ein Wort mit jemandem zu wechseln. Allerdings, für die meisten ist diese Lebensform ein Unglück, nichts was sie sich selbst wählen würden. Der Eremit hingegen sucht bewusst diese einsame Lebensform."
Einsam, aber nicht allein, könnte man hinzufügen. Denn der Eremit ist normalerweise kein Mensch, der überhaupt niemanden trifft:
„Im Gegenteil, um den Einsiedler herum entsteht immer ein Netz von spirituellen Kontakten, Menschen, die im Austausch mit dem Eremiten stehen, etwa regelmäßig für ein paar Stunden und für eine spirituelle Erfahrung vorbeikommen. Ein Eremit braucht andere Menschen, gerade weil er in extremer Armut lebt."
Für das Einsiedlerdasein muss man freilich gemacht sein – das hat Turrina bei seinen Gesprächen mit Eremiten immer wieder gehört. Die meisten Einsiedler, unter ihnen sind übrigens gut die Hälfte Frauen, kommen aus Ordensgemeinschaften, sie waren etwa als Missionare tätig. Und auch die Charaktereigenschaften müssen mitspielen, damit das Leben in der Einsamkeit gute Früchte trägt:
„Der Eremit muss einen guten Charakter haben, also auch anderen in aufgeräumter Weise begegnen können. Eremiten sind keine Menschenfeinde, keine Leute, die andere meiden, denn wenn es so wäre, würden sie zum Trübsinn neigen, der Eremit muss aber ein herzlicher Charakter sein. Und er muss einen bemerkenswerten inneren Reichtum haben. Eine starke Berufung, damit er sich nicht langweilt und auch immer etwas findet, was er vertiefen und nachfragen und meditieren möchte."
Die Figur des Eremiten ist ein uraltes christliches Kulturgut. So erwähnt im 6. Jahrhundert der Heilige Benedikt in seiner Ordensregel den Einsiedler als die eine von vier Arten von Mönchen. Allerdings war dem Eremiten in der neueren Geschichte nicht immer Glück beschieden. Jahrhunderte lang war diese Lebensform in der Kirche im Wortsinn ausgestorben und überlebte nur noch als Dekor. So gab es im 18. und 19. Jahrhundert in englischen Landschaftsparks so genannte „Schmuckeremiten". Diese professionellen Einsiedler lebten gegen Bezahlung in eigens eingerichteten, auf alte getrimmten Eremitagen und ließen sich zu bestimmten Tageszeiten sehen, um den Hausherren und dessen Gäste mit seinem Anblick zu erfreuen.
„Im 19. Jahrhundert hat sich eine Vorstellung von Ordensleben als einem aktiven Leben in der sozialen Realität der Zeit entwickelt. Das kontemplative Ordensleben wurde für nutzlos gehalten und ging in eine tiefe Krise. Wiedergeboren wurde es erst nach dem 2. Weltkrieg, mit zunächst sehr vereinzelten Erfahrungen in Kanada, Frankreich, USA. Und dann kam das 2. Vatikanische Konzil, das die eremitische Lebensform wieder bestätigte. Das hat sich auch im neuen Kirchenrechts-Gesetzbuch von 1983 niedergeschlagen. Der Kodex von 1917 sah die eremitische Lebensform gar nicht vor. Die Initiative ging also von unten aus, aber die Kirche hat sie aufgenommen im Kirchenrecht und hat ihr eine neue Energie gegeben, weshalb die Zahl Eremiten heute sicherlich zunimmt."
Der Kanon 603 des kirchlichen Gesetzbuches weist den Einsiedlern eine ganz genaue Funktion zu: Beten für das Heil der Welt. Im Gebet lenkt der bzw. die Eremitin die Aufmerksamkeit Gottes auch auf die Probleme seiner Mitbrüder und Schwestern, die mitten im Leben der Welt stehen. Der Eremit repräsentiert damit alle anderen im Gebet. Abseits der spirituellen Komponente ist die nonkonforme Lebensweise des Einsiedlers auch für nicht-spirituelle Gemüter anziehend. Isacco Turrina macht das an dem deutschen Wort „Aussteiger" fest:
„Der Aussteiger ist jemand, der nach einem ausgefüllten Leben sich zurückzieht in ein einsameres Leben. Der Aussteiger macht das meist nicht aus religiösen Motiven. Doch allein die Tatsache, dass es auf Deutsch dieses Wort gibt, legt nahe, dass diese Person eine Figur der Moderne ist. Ein Idealtyp, den wir heute in verschiedenen Ausformungen sehen. Das heißt, die Eremiten sind nicht die einzigen, die eine Wahl dieser Art machen. Ihre Eigenheit ist, dass sie diese Wahl aus religiösen Gründen treffen, weil sie dazu berufen sind. Sie sind aber geistig verwandt mit Menschen, die für sich entscheiden, sich aus dem Leben in Gesellschaft zu entfernen." (rv)