Thron und Altar, Politik und Religion können durchaus eine heilvolle Allianz bilden – das zeigte sich an diesem Montag in Brüssel, als Vertreter der europäischen Religionsgemeinschaften mit Spitzen der europäischen Staatengemeinschaft zusammenkamen. Zum sechsten Mal trafen christliche, muslimische, jüdische und noch viele weitere Religionsvertreter das Triumvirat der EU, d.h. den Präsidenten der Kommission, des Parlaments und des Rates. Damit das Treffen sich nicht zu einem der zahlreichen Pflichttermine für die EU-Bürokratie entwickelt, hatten Kirchenvertreter dieses Jahr ein konkretes Thema gesetzt: Im europäischen Jahr gegen Armut und Ausgrenzung lag es auf der Hand, den Kampf gegen die Armut auf die Tagesordnung zu setzen. Johanna Touzel ist Sprecherin der Kommission der europäischen Bischofskonferenzen (COMECE). Im Gespräch mit Radio Vatikan erzählt sie:
„Die EU hat sich in diesem Jahr selbst verpflichtet, die Zahl der Armen in der EU um 20 Millionen zu senken. Das ist ein ehrgeiziges Ziel. Und für die Politiker ist es natürlich sehr schwer, es konkret zu erreichen. Das ist der Punkt, wo Kirchen und ihre Organisationen eine wichtige Rolle spielen, da sie große Expertise in der Armutsbekämpfung haben. Wir kennen alle die extrem wichtige Arbeit, die z.B. Caritas Europa und andere christliche Sozialinitiativen leisten. Es war ein sehr interessanter Austausch mit allen drei Präsidenten, wo Religionsvertreter auf sehr theoretischem Niveau Armut definiert haben, aber auch konkrete Vorschläge an die Politik gemacht haben, wie Armut bekämpft werden kann."
Armut meint nicht nur materielle Armut, sondern hängt auch von sozialen Bindungen und Beziehungen ab. Das hatte der Vorsitzende des Rats der EU-Bischofskonferenzen, Kardinal Peter Erdö, unterstrichen. Dem schloss sich EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso an. Er sagte:
„Der Kampf gegen Armut darf nicht nur der Kampf für Beschäftigung sein. Arbeit ist ungemein wichtig und das beste Werkzeug, um Armut zu bekämpfen. Aber wir müssen darüber hinausgehen. Die gegenwärtige Situation in vielen Teilen Europas ist dramatisch und inakzeptabel."
„Armut ist eine Herausforderung, der sich die EU und die Kirchen gemeinsam stellen müssen." Diesen eindringlichen Appell richtete der Präsident der COMECE, Adrianus van Luyn, an die Konferenzteilnehmer. Doch nicht nur in Europa leiden viel zu viele Menschen unter Hunger und Entbehrungen, so van Luyn. Zwar sei es ein EU-Treffen, doch die globale Perspektive dürfe man nicht aus dem Blickfeld verlieren; Maßstab und Ziel seien nach wie vor die von der UNO ausgegebenen Millenniumsziele. Seine Sprecherin erzählt:
„Wir müssen diese Millenniumsziele erreichen, und Bischof van Luyn unterstrich, dass wir Armut nicht nur innerhalb der EU, sondern auch auf globaler Ebene betrachten und bekämpfen müssen. Das betrifft sowohl Afrika als auch die Migranten, die nach Europa kommen. Er sagte auch, dass die Ärmsten unter uns nicht zu den Opfern dieser Krise werden dürfen. Künftige Generationen dürfen nicht unsere Fehler ausbügeln, während wir es nicht schaffen, es selbst zu tun."
Mit im Bunde der katholischen Vertreter auf der Konferenz war auch Flaminia Giovanelli vom Päpstlichen Rat Justitia et Pax. Sie erinnerte daran, dass die Kirche mit ihren Projekten schon länger das tut, was Papst Benedikt XVI. in seiner Enzyklika „Caritas in veritate" einforderte, dass sie nämlich „das Private und das Öffentliche einbezieht und den Gewinn nicht ausschließt, ihn aber als Mittel für die Verwirklichung humaner und sozialer Ziele betrachtet." Caritas, Liebe, betonte auch EU-Ratspräsident Herman van Rompuy:
„Das Herz einer jeden Religion ist Liebe. Deswegen sind Initiativen aus der Zivilgesellschaft und von Religionsgemeinschaften so wichtig. Jemanden richtig zu lieben, heißt, alles dafür zu tun, dass es letzten Endes keine Armen mehr gibt." (rv)
Jahr: 2010
Zollitsch: „Heute wissen wir es besser“
Seit Sonntag ist Erzbischof Robert Zollitsch wieder in den Medien, in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" ging er noch einmal auf einen Fall vor fast zwanzig Jahren ein, bei dem ihm – dem damaligen Personalreferenten – und anderen Mitgliedern der Bistumsleitung vorgeworfen worden war, sie wären einem Verdacht auf sexuellen Missbrauch gegen einen Priester nicht nachgegangen. Am Montag legte das ARD Magazin Report Mainz nach und brachte den Vorwurf, es sei damals vertuscht worden, noch einmal vor. Zollitsch hatte in seinem Interview Fehler eingeräumt, man habe vor allem Schaden abwenden wollen, heute wisse man mehr und sehe viele Dinge anders.
Der Generalvikar des Erzbistums Freiburg geht in einer Stellungnahme auf der Bistumswebsite ebenfalls auf die Vorwürfe ein:
„Diese Vorwürfe sind weder neu noch gerechtfertigt, denn es ging auch den damals Verantwortlichen unseres Erzbistums nicht darum, etwas zu vertuschen, sondern Schaden zu begrenzen und Missbrauch zu verhindern. Heute wissen wir mehr und wir arbeiten diese Vorfälle von sexuellem Missbrauch in früheren Jahrzehnten selbstkritisch auf. Daraus lernen wir."
Der Ortspfarrer, dem Missbrauch an mindestens 20 Jugendlichen vorgeworfen werden, sei in den Ruhestand versetzt worden, die Staatsanwaltschaft nicht eingeschaltet worden. Auch die Gemeinde wurde nicht informiert, da der Priester als selbstmordgefährdet galt und diese Anzeige – in damaliger Sicht – auch den Opfern nicht geholfen hätte.
„Auch früher wurde vieles unternommen, was aus damaliger Sicht hilfreich schien. Mit dem Blick von heute bedauern wir, dass die Verantwortlichen im Ordinariat Freiburg früher nicht konsequenter vorgegangen sind. Deswegen hat Erzbischof Robert Zollitsch Opfer und ihre Angehörigen auch in einem persönlichen Gespräch um Verzeihung gebeten. (rv)
Vatikan/Italien: Laurentius-Bild platzt in Caravaggio-Begeisterungsstürme
Die Vatikanzeitung L´Osservatore Romano hat am Wochenende berichtet, dass in Rom ein bislang nicht gelistetes Werk des berühmten Barockmalers Michelangelo Merisi Caravaggios gefunden wurde.
Mehr dazu und zu der momentanen Caravaggio-Begeisterung von Kristina Kiauka
Es wäre der Sensationsfund passend zum 400. Todestag: Ein Caravaggio soll über lange Zeit hinweg, mitten in Rom, unerkannt geschlummert haben, das berichtet der Osservatore Romano. Das Bild zeigt das Martyrium des Heiligen Laurentius. Noch steht allerdings eine endgültige Zuordnung des Bildes aus. Unbestritten sei jedoch, so heißt es im Osservatore, dass das Bild stilistisch tadellos sei und sehr schön. Beachtlich sei das Licht, dass geradezu durch den dunklen Hintergrund „peitsche". Die Autorin des Osservatore Romane fühlt sich an Werke erinnert wie etwa der Bekehrung des Heiligen Paulus aus der römischen Kirche Santa Maria del Popolo. Sich selbst von dem berühmten Hell-Dunkelspiel des neuen Fundes zu überzeugen ist nicht leicht. Laut dem Artikel vom Wochenende sei das Bild auf dem Grund der Jesuiten gefunden worden. Doch die Pressestelle der Jesuiten in Rom ist am Montagvormittag noch ratlos. Sie wüssten nicht, wo sich das Bild befinde, ja, hätten selbst erst aus der Zeitung davon erfahren. Komplett neu ist ein mutmaßlicher Caravaggio-Fund aber nicht. Bereits Anfang der 1990er war im irischen Dublin im Speisesaal der Jesuiten ein solches Meisterwerk zufällig aufgetan worden. Jetzt hängt das Gemälde unter dem Namen Caravaggio in der irischen National Galerie. Caravaggios Werke faszinieren besonders im Jubiläumsjahr 2010. 580.000 Menschen besuchten die Retrospektive in den Scuderien. Die Kirche Santa Maria del Popolo schmückt sich mit zwei der edlen Caravaggio-Werke. Pater Antonio Truda ist der zuständige Geistliche in der Kirche.
„Ich habe den Eindruck, dass Caravaggio aus zwei Gründen gerade so anziehend ist: Erstens, er ist einfach modern. Aber auf der anderen Seite liegt es an Caravaggios spiritueller Ausdruckskraft, die sich an den Menschen bindet. An die Person, die leidet, die sich freut, die vor einer Begegnung steht, die ein Zeugnis ablegen will. Also die Bilder sind menschlich, sie sind zeigen Leute der damaligen Zeit, aber gleichzeitig sind die Personen auch zeitlos, sie alle können uns zeigen, was es heißt, sich in einer entscheidenden Situation zu befinden und darauf Antworten zu finden."
An einem ganz gewöhnlichen Tag kommen 3.000 Menschen in die Kirche Santa Maria del Popolo. Die meisten strömen zielstrebig in die Cerasi-Kapelle, links neben dem Altar, um die Kreuzigung des Petrus und die Bekehrung des Paulus zu sehen. Pater Antonio Truda schwärmt von der Kraft, die der Künstler in diesem schweren Moment der Kreuzigung Petrus zuschreibt. Von Samstag auf Sonntag drängten sich noch mehr Besucher als sonst in die kleine Kapelle, um das Muskelspiel von Petrus zu studieren. Denn in Rom gab es eine ganze Caravaggio-Nacht zum Todestag. Die Galleria Borghese und drei Kirchen Roms zeigten teils bis in den frühen Morgen die Werke des populären Künstlers. 25.000 Menschen reihten sich laut der Zeitung La Repubblica in die vielen Schlangen ein. So gerne Pater Antonio Truda „seine" Caravaggios zeigt – eines ist ihm wichtig:
„Wir haben hier ein Schild, bitte nicht fotografieren, aber leider fühlen sich die Leute immer im Recht, das zu tun, was sie wollen. Es muss also jemand da stehen und den Leuten sagen, bitte keine Fotos. Dabei sollte man doch meinen, die Leute seien gebildet genug. Auch wenn Leute gar den Blitz benutzen… Eine ganze Zeit lang habe ich da gesagt: Ich kann Ihnen verzeihen, aber ich weiß nicht, ob Ihnen auch Caravaggio vergeben kann, denn Sie sind gerade dabei ihn zu zerstören."
Mehr zum Thema auch am Mittwochabend in der Woche in Rom. (rv)
D: Erzbischof Zollitsch würdigt Zentralrat der Juden
Die deutschen Bischöfe haben den Zentralrat der Juden zu seinem 60. Gründungstag als „unverzichtbare Institution“ innerhalb der Gesellschaft gewürdigt. Er schätze den Zentralrat „als Partner des Dialogs und der öffentlichen Mahnung“, so der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, in einem am Montag in Bonn veröffentlichten Brief an Zentralrats-Präsidentin Charlotte Knobloch. Er sei dankbar, dass die Beziehungen zwischen Bischofskonferenz und Zentralrat so gut seien, schreibt Zollitsch. Zugleich erteilte Zollitsch jeder Form von Judenfeindlichkeit eine klare Absage.
Der am 19. Juli 1950 gegründete Zentralrat der Juden in Deutschland ist die Spitzenorganisation der jüdischen Gemeinden in der Bundesrepublik. Er vertritt heute nach eigenen Angaben etwa 105.000 Mitglieder in 108 Gemeinden. (rv)
Vatikan: „Priesterinnenweihe“ bleibt gravierende Straftat
Die versuchte Priesterweihe von Frauen ist vom Vatikan erneut als gravierender Verstoß gegen das Kirchenrecht eingestuft worden. In am Donnerstag veröffentlichten Normen wird diese Handlung als „schwerwiegendere Straftat“ bezeichnet. Die versuchte Weihe von „Priesterinnen“ zieht demnach automatisch die Exkommunikation nach sich – sowohl für den, der die Weihe spendet, als auch für die betreffende Frau. Dies hatte die Glaubenskongregation auch schon im Dezember 2007 in einem Erlass festgelegt. In erster Instanz bleibt nach Angaben des Vatikans weiterhin der jeweilige Ortsbischof zuständig. Legen die an der Weihezeremonie beteiligten Personen jedoch Berufung ein, so wird diese von der Vatikanbehörde behandelt. – Im Juni 2006 war es auf einem Bodensee-Schiff zu einer versuchten Weihe von drei Frauen gekommen. Im Oktober des gleichen Jahres kam es im US-amerikanischen Pittsburgh zu einem ähnlichen Fall. (rv)
Vatikan: Kirche will mit Zivilbehörden zusammenarbeiten
Die am Donnerstag veröffentlichten Normen der Glaubenskongregation ermöglichen eine umfassendere Verfolgung einschlägiger Straftaten innerhalb der katholischen Kirche. Der Vatikan hat damit die Kirchengesetze zur Ahndung sexuellen Missbrauchs durch Geistliche verschärft und erweitert. Vatikansprecher Federico Lombardi präzisiert, dass die Verankerung einer Anzeigepflicht gegenüber staatlichen Stellen bei Missbrauchsfällen im Kirchenrecht nicht möglich sei. Diese Frage falle allein in die Kompetenz staatlicher Gesetzgebung, sagte Lombardi weiter.
„Wo das nationale staatliche Recht eine Anzeige vorschreibt, ist aber auch die Kirche an diese Vorgabe gebunden. Wo dies nicht der Fall ist, kann die Kirche eine solche jedoch nicht selbst festschreiben. Die Kirche ist jedoch in jedem Fall um eine Zusammenarbeit mit der staatlichen Justiz bemüht.“
Der zuständige Kirchenanwalt der Glaubenskongregation, Charles Scicluna, erläuterte, dass die nun vorgestellten Normen inhaltlich weitgehend der bisher geübten Praxis entsprächen.
„Die Änderungen und Präzisierungen sollen in erster Linie größere Klarheit über die Rechtslage schaffen. Es handelt sich also um eine juristisch-technische Konsolidierung. Das Vorgehen der Glaubenskongregation beruht fortan nicht mehr auf päpstlichen Vollmachten, sondern auf Kirchengesetzen. Die nun veröffentlichten Normen sind ein Zeichen für den großen Ernst, mit dem sich die Kirche der Herausforderung durch sexuellen Missbrauch stellt.“ (rv)
Vatikan: Die Änderungen im Strafrecht im Einzelnen
Kurze Zusammenfassung der Veränderungen in den Normae de gravioribus delictis, die der Kongregation für die Glaubenslehre vorbehalten sind. Der neue Text der Normae de gravioribus delictis (Normen über schwerwiegendere Straftaten), der im Anschluss an die Entscheidung von Papst Benedikt XVI. vom 21. Mai 2010 modifiziert worden ist, enthält verschiedene Veränderungen sowohl im Teil über die substantiellen Normen als auch im Teil über die verfahrensrechtlichen Normen.
Die Veränderungen in den Normen sind:
A) Im Anschluss an einige Vollmachten, die Papst Johannes Paul II. der Kongregation für die Glaubenslehre gewährt und die später sein Nachfolger Benedikt XVI. am 6. Mai 2005 bestätigt hat, wurden folgende Regelungen eingefügt:
1. Das Recht, mit vorherigem Auftrag durch den Papst die Kardinäle, die Patriarchen, die Gesandten des Apostolischen Stuhls, die Bischöfe und andere natürliche Personen zu richten, die in den cann. 1405 § 3 CIC und 1061 CCEO genannt werden (Art. 1 § 2). 2. Die Verlängerung der Verjährungsfrist der Strafverfolgung, die nun zwanzig Jahre beträgt, wobei die Kongregation für die Glaubenslehre immer das Recht hat, davon zu derogieren (Art. 7). 3. Die Vollmacht, das Gerichtspersonal sowie die Anwälte und Prokuratoren von der Voraussetzung der Priesterweihe und des Doktorats in Kirchenrecht zu dispensieren (Art. 15). 4. Die Vollmacht, Rechtsakte im Fall der Übertretung von bloßen Verfahrensregelungen durch untergeordnete Gerichte zu heilen, unbeschadet des Rechts auf Verteidigung (Art. 18). 5. Die Vollmacht, von einem Gerichtsprozess zu dispensieren, also per decretum extra iudicium (durch ein außergerichtliches Dekret) vorzugehen: In diesem Fall entscheidet die Kongregation für die Glaubenslehre nach einer Bewertung des konkreten Tatbestandes von Fall zu Fall ex officio (von Amts wegen) oder auf Antrag des Ordinarius oder des Hierarchen, wann sie gestattet, einen außergerichtlichen Weg einzuschlagen (in jedem Fall muss für die Verhängung von unbefristeten Sühnestrafen der Auftrag der Kongregation für die Glaubenslehre vorliegen) (Art. 21 § 2, 1 o). 6. Die Vollmacht, den Fall direkt dem Heiligen Vater für die dimissio e statu clericali (Entlassung aus dem Klerikerstand) oder für die depositio, una cum dispensatione a lege caelibatus (Absetzung zusammen mit der Dispens von der Zölibatsverpflichtung) vorzulegen. Unbeschadet des Rechts auf Verteidigung des Angeklagten, muss in diesem Fall klar sein, dass es sich um eine extrem schwerwiegende Angelegenheit handelt und die in Frage stehende Straftat offenkundig feststeht (Art. 21 § 2, 2 o). 7. Die Vollmacht, an die höhere Entscheidungsinstanz der Ordentlichen Versammlung der Kongregation für die Glaubenslehre zu rekurrieren, wenn Beschwerden gegen Verwaltungsmaßnahmen vorgebracht werden, die von niedrigeren Instanzen der Kongregation im Zusammenhang mit reservierten Straftaten vorgenommen oder approbiert worden sind (Art. 27).
B) Darüber hinaus sind im Text die nachfolgenden weiteren Veränderungen eingefügt worden:
8. Hinzugefügt wurden die delicta contra fidem (Straftaten gegen den Glauben), das sind Häresie, Apostasie und Schisma, für die vor allem der Ordinarius ad normam iuris (nach Maßgabe des Gesetzes) zuständig ist; dieser kann gerichtlich oder extra iudicium (außergerichtlich) in erster Instanz vorgehen, unbeschadet des Rechts, an die Kongregation für die Glaubenslehre zu appellieren oder zu rekurrieren (Art. 1 § 1 und Art. 2). 9. Bei den Straftaten gegen die Eucharistie sind die Tatbestände der attentatio liturgicae eucharistici Sacrificii actionis (Versuch der Feier des eucharistischen Opfers ohne Priesterweihe) gemäß can. 1378 § 2, 1o CIC und das Vortäuschen derselben gemäß can. 1379 CIC und can. 1443 CCEO nicht mehr in derselben Nummer behandelt; sie werden nun getrennt berücksichtigt (Art. 3 § 1, 2o und 3 o). 10. Weiter bei den Straftaten gegen die Eucharistie wurden in dem früher gültigen Text zwei Formulierungen gestrichen, nämlich „alterius materiae sine altera“ (die eine Gestalt ohne die andere) und „aut etiam utriusque extra eucharisticam celebrationem“ (oder auch beide außerhalb der Eucharistiefeier), nun ersetzt durch „unius materiae vel utriusque“ (einer oder beider Gestalten) und „aut extra eam“ (oder außerhalb der Eucharistiefeier) (Art. 3 § 2). 11. Bei den Straftaten gegen das Sakrament der Buße wurden die Straftaten eingefügt, die in can. 1378 § 2, 2 o CIC (Versuch, die sakramentale Lossprechung zu erteilen, obwohl dies nicht gültig möglich ist, oder die sakramentale Beichte zu hören) und cann. 1379 CIC und 1443 CCEO (Vortäuschen der sakramentale Lossprechung) genannt sind (Art. 4 § 1, 2 o und 3o). 12. Hinzugefügt wurden die Tatbestände der indirekten Verletzung des Beichtgeheimnisses (Art. 4 § 1, 5o) sowie die in übler Absicht erfolgte Beschaffung und Verbreitung von sakramentalen Beichten (gemäß Dekret der Kongregation für die Glaubenslehre vom 23. September 1988) (Art. 4 § 2). 13. Eingefügt wurde der Straftatbestand der versuchten heiligen Weihe einer Frau gemäß der Regelung des Dekrets der Kongregation für die Glaubenslehre vom 19. Dezember 2007 (Art. 5). 14. Bei den delicta contra mores (Straftaten gegen die Sitten) wurde dem Minderjährigen eine volljährige Person, deren Vernunftgebrauch habituell eingeschränkt ist, gleichgestellt. Dies gilt ausdrücklich nur für diese Straftat (Art. 6 § 1, 1 o). 15. Hinzugefügt wurde auch der Tatbestand des Erwerbes, der Aufbewahrung und der Verbreitung pornographischer Bilder von Minderjährigen unter 14 Jahren in jedweder Form und mit jedwedem Mittel a clerico turpe patrata (durch einen Kleriker in übler Absicht) (Art. 6 § 1, 2 o). 16. Geklärt wurde, dass die munera processui praeliminaria (prozessvorbereitende Maßnahmen) von der Kongregation für die Glaubenslehre durchgeführt werden können, aber nicht müssen (Art. 17). 17. Eingefügt wurde die Möglichkeit, auch während der Voruntersuchung Vorsichtsmaßnahmen gemäß can. 1722 CIC und can. 1473 CCEO zu treffen (Art. 19). (rv)
Vatikan: Schnelleres Verfahren bei Missbrauchsfällen
Der Vatikan hat an diesem Donnerstag das erneuerte Verfahren bei Missbrauchsfällen in der Kirche vorgestellt. Das veröffentlichte Dokument ist eine Aktualisierung der bisherigen Regelung von Fällen, die der Zuständigkeit der Glaubenskongregation unterliegen. Die aktualisierten Normen sehen insbesondere schnellere Verfahren vor.
Damit sollen Missbrauchsfälle von Priestern und Kirchenmitarbeiter wirksamer begegnet werden. Das erklärt in einer Note Vatikansprecher Federico Lombardi. Doch in dem Dokument geht es nicht nur um sexuellen Missbrauch. Auch Delikte gegen Glauben und gegen die Sakramente der Eucharistie, der Beichte und Weihe werden angesprochen.
Laien im Gerichtshof
Künftig dürfen auch Laien als Mitglieder des vatikanischen Gerichtshofs miteinbezogen werden. Außerdem wird die Verjährungsfrist von zehn auf zwanzig Jahre angehoben. Bei Missbrauchsfällen wird es künftig keinen Unterschied geben zwischen Minderjährigen und Menschen mit geistiger Behinderung. Ebenfalls neu ist, dass der Erwerb, Besitz und Weitergabe von Kinderpornographie ebenfalls kirchenrechtlich strafbar ist. Das vatikanische Dokument wiederholt die Vorschrift der Vertraulichkeit. Damit will die Kirche die Würde aller Beteiligter beschützen.
Interne Normen
Vatikansprecher Lombardi fügt an, dass es sich um interne Normen des kanonischen Rechts handelt. Deshalb behandeln die vorgestellten Normen nicht die Frage nach der Anzeige bei den Zivilbehörden. Allerdings sei die Befolgung alles dessen, was die Zivilgesetze vorsehen, Teil der Weisungen, die die Glaubenskongregation von Beginn der ersten vorläufigen Phasen des Umgangs mit Fällen des sexuellen Missbrauchs erlassen haben, wie die veröffentlichten Leitlinien es bereits gezeigt haben. Die Glaubenskongregation arbeite auch noch die letzten Weisungen an die Bischöfe aus, damit die von ihre ausgehenden Richtlinien zum Thema des sexuellen Missbrauchs von Kindern durch Kleriker oder in mit der Kirche verbundenen Institutionen immer strikter, kohärenter und wirksamer seien, so Lombardi. (rv)
Lombardi: Einige Erläuterungen zu den neuen Normen
Die Erklärung des Pressesprechers des Vatikan, P Federico Lombardi, im Wortlaut:
2001 hatte der Heilige Vater Johannes Paul II. ein Dokument großer Wichtigkeit promulgiert, das Motu Proprio „Sacramentorum Sanctitatis Tutela“, das der Glaubenskongregation die Zuständigkeit gab, im Bereich des Kirchenrechtes über einige besonders schwere Vergehen zu verhandeln und zu richten. Diese Zuständigkeiten waren zuvor anderen Dikasterien zugeordnet oder sie waren nicht vollständig geklärt.
Das Motu Proprio (das „Gesetz“ im strengen Sinn) war begleitet von einer Reihe von Anwendungs- und Verfahrensnormen wie den „Normae de gravioribus delictis.“ Im Verlauf der folgenden neun Jahre hat die Erfahrung natürlich eine Ergänzung und Aktualisierung dieser Normen nahegelegt, so dass sie die Verfahren beschleunigen oder vereinfachen können, um sie wirkungsvoller zu machen, oder um neue Fragen aufzugreifen. Dies wurde vor allem durch die vom Papst vorgenommene Zuteilung der Zuständigkeit an die Glaubenskongregation erreicht, aber sie waren nicht in die ursprünglichen Regeln eingeordnet. Dadurch ist jetzt eine systematische Überprüfung dieser Normen erfolgt.
Die schwerwiegenden Vergehen, auf die sich diese Vorschriften beziehen, sind zentrale Anliegen für das Leben der Kirche, die Sakramente der Eucharistie und der Buße, außerdem auch der sexuelle Missbrauch inderjähriger unter 18 Jahren durch einen Kleriker.
Die große öffentliche Resonanz in den letzten Jahren besonders zu der letzten Art des Vergehens hat große Aufmerksamkeit gefunden und es hat sich eine intensive Debatte über jene Normen und Verfahren entwickelt, die die Kirche für ihre Beurteilung und die Bestrafung anwendet.
Es ist richtig, dass sich hier vollständige Klarheit über die nun geltenden Vorschriften in diesem Bereich findet, und dass eine solche Regelung auf geordnete Weise vorgestellt wird, um so jedem Orientierung zu geben, der mit dieser Materie befasst ist.
Ein erster Beitrag zur Klärung – vor allem für den Gebrauch für die Medien – wurde vor kurzem durch eine Veröffentlichung des ,Leitfadens zum Verständnis der grundlegenden Verfahren der Glaubenskongregation bei Vorwürfen sexuellen Missbrauchs‘ auf der Website des Heiligen Stuhles geleistet. Bei der Veröffentlichung der neuen Normen handelt es sich aber doch um eine ganz neue Angelegenheit, die einen offiziellen und aktualisierten Rechtstext, der für die gesamte Kirche gilt, anbietet.
Um ein Verständnis für die weitere Öffentlichkeit herzustellen, die sich vor allem für die Fragen um den sexuellen Missbrauch interessiert, möchten wir einige relevante Aspekte beleuchten.
Unter den Neuerungen im Vergleich zu früheren Normen sollten vor allem jene unterstrichen werden, die das Verfahren zügiger machen: Zum Beispiel nicht den Verfahrensweg einzuschlagen, sondern per außergerichtlichem Dekret zu handeln, oder dem Heiligen Vater unter bestimmten Umständen besonders
schwerwiegende Fälle mit Blick auf die Entlassung aus dem Klerikerstand direkt vorzulegen.
Eine weitere Vorschrift sieht vor, nicht nur Priester, sondern auch Laien als gerichtliche Mitarbeiter, als Anwälte oder als Staatsanwälte einzubeziehen, um die Fragen zu vereinfachen und die Entwicklungen der
Kirche zu berücksichtigen. Analog dazu ist zur Erfüllung dieser Funktion nicht unbedingt ein Doktorgrad in Kirchenrecht notwendig, sondern die notwendige Kompetenz kann auch in anderer Weise erlangt werden, zum Beispiel mit dem akademischen Titel der Lizenz.
Zu beachten ist auch die Passage über die Verlängerung der Verjährungsfrist von zehn auf zwanzig Jahren, immer mit der Möglichkeit der weiteren Verlängerung über diesen Zeitraum hinaus.
Bedeutsam ist auch die Gleichstellung von Minderjährigen und Menschen mit geistiger Behinderung, und die Einführung eines neuen Straftatbestandes: der Kinderpornografie. Diese ist wie folgt definiert: „Der Erwerb, der Besitz oder die Weitergabe“ durch einen Kleriker „in irgend einer Weise oder durch irgendwelche Mittel, von pornografischen Bildern von Kindern unter 14 Jahren.“ Es werden außerdem die Vorschriften über die Vertraulichkeit des Verfahrens wiederholt, zum Schutz der Würde aller Beteiligten.
Ein Punkt, der nicht berührt wird, aber zur Zeit viel diskutiert wird, ist die Zusammenarbeit mit den zivilen Behörden. Es muss daran erinnert werden, dass diese heute veröffentlichten Regeln Teil des kirchlichen Strafrechts sind, in sich abgeschlossen und vollständig vom zivilen getrennt. In diesem
Zusammenhang kann jedoch darauf hingewiesen werden, was in dem bereits erwähnten “ Leitfaden zum Verständnis der Verfahren …“steht, der auf der Website des Heiligen Stuhls veröffentlich ist. In diesem Leitfaden findet sich die Aussage: „Es sind immer die Vorschriften des bürgerlichen Rechts
über die Verweisung von Straftaten an die Behörden einzuhalten“. Er findet sich im Abschnitt über die „vorbereitenden Maßnahmen“.
Dies bedeutet, dass es in dem von der Glaubenskongregation vorgeschlagenen Verfahren nötig ist, den Anordnungen der gültigen Gesetze in den verschiedenen Ländern zu folgen, und nicht dem Ablauf des kanonischen Verfahrens oder diesem erst im Nachhinein.
Die heutige Veröffentlichung der Normen leistet einen großen Beitrag zur Klarheit und zur Rechtssicherheit in einem Feld, in dem die Kirche sich stark verpflichtet sieht, mit Strenge und Transparenz vorzugehen, um damit
völlig den gerechten Erwartungen des Schutzes der moralischen Kohärenz und der biblischen Heiligkeit zu entsprechen, die die Gläubigen und die öffentliche Meinung auf sie richtet, und die der Heilige Vater immer wieder bekräftigt hat.
Selbstverständlich gibt es noch viele weitere Maßnahmen und Initiativen von Seiten verschiedener kirchlicher Stellen.
Was die Glaubenskongregation angeht, untersucht sie im Augenblick, wie allen Bischöfen dabei zu helfen ist, wie sie in den Situationen und in den Fragestellungen, in denen sie tätig sind, kohärente und wirkungsvolle
Vorschriften und Maßnahmen zu formulieren und entwickeln, um dem Problem des Missbrauchs Minderjähriger durch Kleriker oder im Umfeld der Aktivitäten oder Institutionen der Kirche zu begegnen.
Dies wird ein weiter entscheidender Schritt auf dem Weg sein, dass die Kirche die Früchte der Lehren und der reifen Reflexion aus der schmerzhaften Geschichte dieser dem sexuellen Missbrauch durch Kleriker geschuldeten Krise in dauerhafte Praxis und ständiges Bewusstsein umsetzt.
Um diesen kurzen Überblick über die wichtigsten Neuerungen der Normen abzuschließen, ist es hilfreich, auch auf diejenigen Vorschriften kurz einzugehen, die Vergehen anderer Natur behandeln. Auch diese sind der
Substanz nach nicht wirklich neu, da es sich um die Einbeziehungen bereits in Kraft stehender Rechtsvorschriften handelt, um so eine geordnete und strukturierte Rechtsordnung über die „schwersten Vergehen“ zu erhalten, die der Glaubenskongregation vorbehalten sind.
Genauer gesagt wurden einbezogen: die Verbrechen gegen den Glauben (Häresie, Schisma und Apostasie), für die normalerweise die Ordinarien zuständig sind, für die die Kongregation aber als Berufungsinstanz zuständig ist; die Aufnahme und Veröffentlichung der sakramentalen Beichte aus böser Absicht, über das bereits 1988 ein Dekret der Verurteilung ausgestellt wurde, und über die versuchte Weihe. (rv)
D: Schweizer Garde auf den Spuren des Papstes
Die Schweizer Garde bzw. Teile der Garde befinden sich zurzeit auf Wallfahrt. Sie sind im Freistaat Bayern, der Heimat des Papstes unterwegs. Dort haben sie unter anderem das alte Wohnhaus von Benedikt XVI. im Regensburger Vorort Pentling besucht. Radio Vatikan berichtet:
Der Papst weilt vor den Toren der Stadt und hat seinen Sommerurlaub in Castelgandolfo bereits angetreten. Höchste Zeit auch für seine Leibwache auszutreten. 38 Schweizer Gardisten haben sich auf die Spuren von Papst Benedikt XVI. begeben. Sie sind in seine bayerische Heimat gereist.
„Es ist sehr spannend eben auf den Spuren des heiligen Vaters, seine Wirkungsstätten, seine Kindheit, dort, wo er gelebt hat, ist sicherlich für jeden Gardisten eine spezielle Erfahrung und es ist sehr schön dies vor Ort live mitzuerleben, wenn man tagtäglich in seinem Dienste steht."
Das sagte der Gardist Flavio Bundi. Die Gardisten sind am Dienstag in München gelandet. Dann standen Pentling und Regensburg auf dem Programm. Am Mittwoch ging es zum Papstgeburtshaus in Marktl am Inn und weiter nach Altötting. Hier wurden sie ganz förmlich von Bürgermeister Herbert Hofauer empfangen.
„Die Schweizer Gardisten sind untrennbar verbunden mit dem Anblick des Vatikans und mit dem Heiligen Vater, wir kennen die Schweizer Garde ja als freundliche aber bestimmte Wächter an den Toren des Vatikans. Ich möchte Sie herzlich willkommen heißen im Namen unserer Stadt. Ich wünsche Ihnen für Ihren verantwortlichen und historisch so bedeutenden Dienst alles Gute und möchte schließen mit der Bitte passt uns gut auf auf unseren Ehrenbürger, auf unseren Heiligen Vater Papst Benedikt XVI."
Die nächsten Stationen ihrer Reise führen die Gardisten nach Traunstein und Freising. Zu den Gründen der Reise sagte Oberst Daniel Anrig in seiner Dankesrede:
„Es ist für uns natürlich auch eine Ehre, einmal nach Deutschland zu kommen. An diese Orte, wo der Heilige Vater geprägt wurde und deshalb ist es eine Wallfahrt. Ich denke, es ist etwas sehr wertvolles, wenn die Städte oder die Orte, die solche Wallfahrtorte haben, auch das pflegen, vor allem auch den jungen Leuten mit auf den Weg geben. Es ist unheimlich wichtig, dass Sie Ihren Beitrag dazu leisten, diesen Ort sei es der Mariaanbetung oder auch der Ort, wo der heilige Vater geprägt wurde, zu pflegen, den Raum zu geben, so wie wir Gardisten dem Heiligen Vater jetzt den Raum geben der Sicherheit, dass er in Ruhe sein Amt ausführen kann. Ich denke in diesem Sinne haben wir einen ähnlichen Auftrag und ich danke Ihnen für diesen wohlwollenden Empfang."
Die Schweizer Garde wird noch bis zum 21. Juli in drei Gruppen durch Bayern reisen. (rv)