Italien: Am Samstag ist es soweit

Am Samstag ist es soweit: Dann beginnt die seltene, öffentliche Ausstellung des Turiner Grabtuchs – des legendären Leinengewebes also, das viele für einen direkten Zeugen von Tod und Auferstehung Jesu halten. Rund 1,4 Millionen Besucher haben sich bisher angemeldet für die Ausstellung, die bis zum 23. Mai im Turiner Dom stattfindet. Der weitaus grösste Teil der Anmeldungen kommt mit 93 Prozent aus Italien. Insgesamt rechnet das Erzbistum Turin bis zum Ende der Ausstellung mit 1,5 bis 1,8 Millionen Pilgern. Am 2. Mai wird auch Papst Benedikt XVI. in der norditalienischen Industriestadt erwartet. Aber sein Besuch bedeutet keine Aussage darüber, ob das meterlange Linnen nun wirklich Jesu Grabtuch war oder nicht. Die Kirche nimmt dem Stoff gegenüber eine „sehr vorsichtige“ Haltung ein, sagt der Vorsitzende der zuständigen Diözesankommission, Giuseppe Ghiberti.

„Auf der einen Seite erlaubt die Kirche eine Verehrung – auch weil sie das Evangelisierungs-Potential des Grabtuches wahrnimmt. Auf der anderen Seite steht aber das Wort Johannes Pauls II., dass man der Wissenschaft lassen muss, was ihr gebürt: Dass also die Wissenschaft die Antwort auf die zwei berühmten Fragen der Sindonologie geben muss. Die erste Frage ist die nach dem Alter des Tuches, die zweite betrifft die Art und Weise, in der darauf dieses mysteriöse und bislang nicht nachahmbare Abbild aufgetreten ist. Innerhalb einer autonomen religiösen Betrachtung steht vor jeder wissenschaftlichen Erklärung fest, dass die Kreuzigungswunden des Mannes auf dem Grabtuch mit den Passionsberichten der Bibel übereinstimmen. Zugleich ist aber ein solcher vorwissenschaftlicher Zugang nicht antiwissenschaftlich; von der Forschung erwartet man sich eine Erhellung, die augenblicklich noch nicht vollständig ist.“

Das Negativbild des Grabtuches zeigt Antlitz und Umrisse eines gekreuzigten Mannes mittleren Alters. Sein Körper weist Verletzungen auf, die der in der Bibel beschriebenen Geisselung Jesu, der Dornenkrönung und dem Lanzenstich entsprechen. Das Grabtuch wird seit 1578 in Turin aufbewahrt. Sein Ursprung liegt im Dunkeln. Einige Wissenschaftler nehmen an, dass es sich bis zur Plünderung durch die Kreuzfahrer 1204 in Konstantinopel befand. Über das Alter des Leinen streiten sich Fachleute bis heute.

„Das Grabtuch ausgestellt zu sehen, ist nichts Schönes oder Erhebendes – man sieht da nur ein Schauspiel des Leidens. Je genauer man hinsieht, umso verstörender ist es… Aber es ist dann auch wieder tröstlich, wenn man sieht, wie viele Betrachter Tränen in den Augen haben. Das ist nicht nur oberflächliche Emotion, sondern es zeigt uns, dass man über dieses Zeichen sehr stark ins Gespräch mit dem Geheimnis unserer Erlösung eintreten kann.“

Das Turiner Grabtuch ist erstmals seit zehn Jahren wieder öffentlich zu sehen. Anmeldungen sind online über die Internetseite www.sindone.org in deutscher Sprache möglich. Während der Ausstellung können sich Besucher zudem bei einer Anlaufstelle vor dem Turiner Dom kurzfristig registrieren lassen. (rv)

Vatikan: „Jetzt Kurs halten“

Von neuem hat sich der Vatikan zum Thema Missbrauch zu Wort gemeldet: In einer langen Erklärung geht Papstsprecher Federico Lombardi an diesem Freitag auf Vorwürfe gegen den Papst und die Kirche ein. Der Jesuitenpater betont im Auftrag Benedikts XVI., dass „Wahrheit und Frieden für die Opfer“ jetzt die Priorität der Kirche sind. Wir dokumentieren hier die Erklärung Lombardis in vollem Wortlaut in unserer eigenen Übersetzung.

„Die Debatte über sexuellen Missbrauch (nicht nur) durch Kleriker geht weiter, mit Nachrichten und Kommmentaren unterschiedlichen Tenors. Wie kann man in diesen aufgewühlten Wassern dennoch klaren Kurs halten, nach der Maßgabe des Evangeliums „Duc in altum – Fahr weit hinaus“?

Vor allem, indem man sich weiterhin um Wahrheit und Frieden für die Opfer bemüht. Etwas, was uns stark berührt, ist, dass heute soviele innere Wunden ans Licht kommen, die teilweise vor vielen Jahren geschlagen wurden – manchmal vor Jahrzehnten – und die doch immer noch offen sind. Viele Opfer wollen keine Entschädigung, sondern innere Hilfe, ein Urteil in ihrer schmerzlichen, persönlichen Angelegenheit. Das ist etwas, was wirklich noch verstanden werden muss. Vielleicht müssen wir Geschehnisse, die so negativ auf das Leben von Personen, der Kirche und der Gesellschaft gewirkt haben, noch tiefer begreifen. Dafür sind auf kollektiver Ebene der Hass und die Gewalt der Konflikte zwischen Völkern ein Beispiel: Auch hier sehen wir, wie schwer es ist, sie zu überwinden und zu wahrer Versöhnung zu kommen. Die Missbräuche schlagen tief im Innern der Persönlichkeit Wunden; darum haben die Bischofskonferenzen richtig gehandelt, die den Opfern mutig Wege und Orte geschaffen haben, bei denen sie sich frei äußern können und wo man ihnen zuhört – ohne dass man jetzt glauben könnte, das Problem wäre schon angegangen und erledigt durch die Gesprächsmöglichkeiten, die es schon seit einiger Zeit gibt… Auch die Bistümer und einzelnen Bischöfe haben richtig gehandelt, die den Opfern auf väterliche Art geistliche, liturgische und menschliche Hilfe leisten. Es scheint deutlich, dass die Zahl neuer Anzeigen wegen Missbrauchs sinkt, wie wir es in den USA erleben; aber für viele beginnt der Weg der tiefen inneren Heilung erst jetzt, und für andere hat er noch gar nicht begonnen. Was die Hilfe für Opfer betrifft, hat der Papst schriftlich seine Bereitschaft zu weiteren Begegnungen mit ihnen gezeigt und sich zum Weg der ganzen kirchlichen Gemeinschaft bekannt. Aber das ist ein Weg, der noch mehr Respekt vor den Personen und noch mehr Suche nach Frieden verlangt, wenn er wirklich tiefe Wirkungen zeitigen soll.

Abgesehen von der Hilfe für die Opfer gilt es außerdem, weiter mit Entschiedenheit und Aufrichtigkeit die korrekten Prozeduren der kanonischen Verurteilung der Täter und der Zusammenarbeit mit den zivilen Behörden – soweit es in ihre Justiz- und Strafkompetenz fällt – anzuwenden. Dabei muss man natürlich die Besonderheiten der Normen und Situationen in den verschiedenen Ländern beachten. Nur so kann man hoffen, wirklich ein Klima der Gerechtigkeit und des vollen Vertrauens in die kirchliche Institution wiederherzustellen. Es hat Fälle gegeben, in denen Verantwortliche der Gemeinschaft oder von Einrichtungen – aus Unerfahrenheit oder mangelhafter Ausbildung – nicht die Kriterien präsent hatten, die ihnen helfen können, mit Entschlossenheit auch dann einzugreifen, wenn das für sie sehr schwierig oder schmerzlich sein kann. Aber während das bürgerliche Recht mit allgemeinen Normen vorgeht, muss das kanonische immer berücksichtigen, wie sehr ein Vertrauensbruch durch Personen mit Verantwortung in der kirchlichen Gemeinschaft doch moralisch schwerwiegend ist und welch flagranter Widerspruch doch zu der Lebensweise besteht, die sie eigentlich haben müssten. In diesem Sinne sind Transparenz und Strenge dringend notwendig, um von einer weisen und gerechten Führung der Kirche zu zeugen.

In diesem Zusammenhang ist die Ausbildung und Auswahl der Priesteramtskandidaten und, allgemeiner noch, des Personals an Schul- und Seelsorgseinrichtungen die Voraussetzung für eine effiziente Prävention von möglichen Missbrauchsfällen. Zu einer gesunden Reife der Persönlichkeit zu kommen, auch in sexueller Hinsicht, war immer schon eine schwierige Herausforderung; aber heute ist sie es noch mehr, auch wenn bessere psychologische und medizinische Kenntnisse eine große Hilfe bei der geistlichen und moralischen Ausbildung bedeuten. Jemand hat darauf hingewiesen, dass in der heißesten Periode der „sexuellen Revolution“ in den letzten Jahrzehnten die Frequenz von Missbrauchsfällen größer war. Bei der Ausbildung muss man auch diesen Kontext berücksichtigen und den noch weiteren Kontext der Säkularisierung. Im wesentlichen geht es darum, Sinn und Bedeutung der Sexualität, der Keuschheit und der affektiven Beziehungen in der Welt von heute in sehr konkreter Form, nicht nur indirekt oder abstrakt, wiederzuentdecken und neu zu betonen. Welche Quelle der Unordnung und des Leids kann doch seine Verletzung oder Unterschätzung bedeuten! Wie der Papst an die Iren schreibt, kann ein christliches und priesterliches Leben heute nur dann dem Anspruch seiner Berufung Genüge tun, wenn er sich wirklich an den Quellen des Glaubens und der Freundschaft mit Christus nährt.

Wer die Wahrheit und die objektive Einschätzung der Probleme will, wird sich Informationen für ein umfassenderes Verständnis des Problems der Pädophilie und des Missbrauchs an Minderjährigen in unserer Zeit und in einzelnen Ländern zu verschaffen wissen und dabei auch Ausmass und Verbreitung des Phänomens verstehen. Er wird dann auch besser verstehen, dass die katholische Kirche mit diesem Problem keineswegs allein dasteht, dass es aber für sie etwas besonders Schwerwiegendes bedeutet und spezifische Lösungsansätze verlangt – und dass die Erfahrung, die die Kirche auf diesem Gebiet derzeit macht, auch für andere Einrichtungen oder für die ganze Gesellschaft nützlich werden kann. In dieser Hinsicht scheint es uns doch so, als hätten die Medien noch nicht genug gearbeitet, vor allem in den Ländern, in denen die Präsenz der Kirche größere Relevanz hat und in denen sich daher leichter die Kritik auf sie fokussiert. Aber Dokumente wie der US-Bericht über Kindesmisshandlung würden doch verdienen, stärker verbreitet zu werden, damit sich begreifen lässt, auf welchen sozialen Gebieten dringend eingegriffen werden sollte und was die Proportionen der Probleme sind. Allein 2008 wurden in den USA über 62.000 Täter von Missbrauch an Minderjährigen bekannt; der Anteil katholischer Priester daran ist so gering, dass er noch nicht einmal als solcher in dem Bericht ausgewiesen wird.

Das Engagement für den Schutz von Kindern und Jugendlichen ist also ein weites und unerschöpfliches Feld, weit über das Problem hinaus, das einige Mitglieder des Klerus betrifft. Wer seine Kräfte hier mit Sensibilität, Großzügigkeit und Aufmerksamkeit einsetzt, verdient Dankbarkeit, Respekt und Ermutigung von allen, vor allem von den kirchlichen und zivilen Autoritäten. Ihr Beitrag ist essentiell für die Glaubwürdigkeit ihrer Schul- und Erziehungsarbeit von Jugendlichen, in der Kirche und außerhalb. Mit Recht hat der Papst für sie in seinem Brief nach Irland Worte großer Wertschätzung gefunden, wobei er natürlich an einen viel breiteren Horizont gedacht hat.

Benedikt XVI. ist ein kohärenter Führer auf dem Weg der Strenge und der Wahrhaftigkeit – er verdient allen Respekt und alle Unterstützung, die er derzeit aus allen Teilen der Kirche erfährt. Dieser Hirte ist dazu imstande, mit Geradheit und Sicherheit diese schwierige Zeit durchzustehen, in der es nicht an Kritik und unbegründeten Gerüchten fehlt. Man muss vorurteilsfrei sagen, dass dieser Papst oft von der Wahrheit Gottes und vom Respekt der Wahrheit gesprochen hat und dafür ein glaubwürdiger Zeuge geworden ist. Wir begleiten ihn und lernen von ihm die ständige Notwendigkeit, in der Wahrheit und in der Transparenz zu wachsen und den Blick für die schweren Probleme in der Welt offenzuhalten. Auf Teilwahrheiten oder angebliche Enthüllungen, die versuchen, seine Glaubwürdigkeit oder die anderer Einrichtungen und Personen der Kirche zu untergraben, antworten wir mit Geduld. In der Kirche, in der Gesellschaft, in der wir leben, im Reden und Denken brauchen wir diese geduldige und unbeirrte Liebe zur Wahrheit, wenn wir unseren Zeitgenossen dienen wollen, statt sie zu verwirren.“ (rv)

Senegal: Kardinal schimpft auf die Weltbank

Fünfzig Jahre Unabhängigkeit – das wurde in den letzten Tagen im Senegal gefeiert. Nicht so richtig enthusiastisch wirkt der Erzbischof von Dakar, Kardinal Adrien Sarr, wenn man ihn auf dieses Thema anspricht:

„Ich nenne das fünfzig Jahre Unabhängigkeit mit gemischtem Ergebnis… denn wenn wir zurückschauen, ist unser Enthusiasmus nicht besonders groß. Wir haben viele Fehler gemacht; andere haben unsere Schwäche und Unschlüssigkeit ausgenutzt – das hätten wir vermeiden können, wenn wir wachsamer und selbstverantwortlicher gewesen wären. Und wenn wir uns mehr um das Gemeinwohl gekümmert hätten als um das Wohl einiger Personen oder Gruppen!“

Mehr Wachsamkeit hätte sich der Kardinal vor allem beim Umgang der Regierenden mit der Weltbank gewünscht. Die konnte im Senegal ein Programm durchsetzen, das – so glaubt Sarr – das Land in den letzten Jahrzehnten ausgelaugt hat.

„Es wird heute immer deutlicher, dass die Afrikaner zu schwach waren und einfach andere für sich selbst denken ließen. Das Weltbank-Programm für den Senegal zum Beispiel: Es hat zwar den öffentlichen Haushalt ins Lot gebracht, aber es hat gleichzeitig das Land für eine Weile gelähmt, und das Ergebnis ist, dass das Volk nach zwanzig Jahren Laufzeit dieses Programms dermaßen erschöpft ist, dass das die regierenden Sozialisten die Macht gekostet hat. Das ist ein Beispiel dafür, dass die Afrikaner sich jetzt mal selbst den Kopf zerbrechen müssen, was für ihr jeweiliges Land das Richtige ist. Das kann man sich nicht mehr vom Ausland diktieren lassen: Ihr tut jetzt dies, ihr tut jetzt das – und man fühlt sich wie eine Schulklasse.“

Allerdings – es gilt nicht, jetzt nur aufs Ausland zu schimpfen, oder alle Übel den früheren Kolonialherren anzulasten, wie man das in anderen Staaten Afrikas gerne macht.

„Die negativen Punkte lassen sich nicht nur dem Ausland anlasten – auch wir haben unseren Anteil daran. Wir müssen zunächst einmal unsere eigene Verantwortung anerkennen! Wir sind selbst unseres Glückes Schmied, und wir tragen auch als allererste die Verantwortung für Missstände in unserer Gesellschaft wie etwa die Korruption, den Egoismus, oder dass man das Wohl seiner Familie oder Gruppe über das der Allgemeinheit stellt…“

„Wie das die Afrika-Synode formuliert hat: Steh auf, geh umher und nimm dein Schicksal in die eigene Hand, Afrika!“

Dieser Appell der Weltbischofssynode zum Thema Afrika, die im letzten Herbst im Vatikan stattgefunden hat, ist auch der Tenor eines Hirtenbriefes der Bischöfe des Senegal zu 50 Jahren Unabhängigkeit.

„Wir wollten vor allem die Gelegenheit beim Schopf ergreifen, die sich mit den 50-Jahr-Feiern der Unabhängigkeit des Senegal bietet – um unsere Landsleute aufzurufen, einen ehrlichen Blick zurückzuwerfen. Auf das Positive, aber auch das Negative, das es in diesen fünfzig Jahren gab. Damit man daraus jetzt Lehren für den Senegal der Zukunft ziehen kann. Durch eine glückliche Fügung fiel das Unabhängigkeitsfest vom 4. April diesmal genau mit dem Ostersonntag zusammen. Darum haben wir daran erinnert, dass die ersten Worte des auferstandenen Jesus an seine Jünger waren: Der Friede sei mit euch! Und davon ausgehend haben wir auch für den Senegal unsere Botschaft auf das Thema Frieden konzentriert.“

Damit meint Sarr zunächst einmal den Frieden zwischen den Religionen – ein Gebiet, auf dem der Senegal lange vorbildlich war. Im Land dominiert eine einheimische, mystisch geprägte und dialogbereite Spielart des Islam: die Muriden. Der erste Präsident Léopold Senghor, ein bekannter Denker der „Négritude“, war ein Katholik. Der Religionsfriede machte aus Sicht des Kardinals von Dakar überhaupt die Fortschritte möglich, die es im Senegal denn doch auch gegeben hat.

„Im schulischen Bereich hat es sichtbaren, wirklichen Fortschritt gegeben, auch im Gesundheitswesen und – mit Abstrichen – in der wirtschaftlichen Entwicklung: Die Senegalesen haben heute mehr Güter für ihr Leben zur Verfügung. Aber wir weisen mit Nachdruck darauf hin, dass sich der Fortschritt und der Frieden im Senegal dem Dialog verdanken: Dass wir verschiedene Ethnien sind bzw. verschiedenen Religionen angehören, hat den Frieden im Senegal nicht gestört. Es gibt einen realen Dialog zwischen Nachbarn oder am Arbeitsplatz: Wir betrachten uns in erster Linie als Menschen und als Senegalesen, bevor wir dann sagen, ich gehöre zu der oder der Ethnie bzw. Religion.“

„Mit ihren sozialen Einrichtungen trägt die Kirche viel zur Entwicklung des Senegal bei; wir haben Schulen, die Caritas in den einzelnen Bistümern, Programme für die Förderung von Frauen und Alphabetisierungsprogramme. Aber darüber hinaus liegt uns sehr daran, dass wir kompetente Laien an Schaltstellen in der Gesellschaft platzieren – und hier haben wir große Sorgen. Wir drängen die Laien dazu, mehr in den Parteien oder Gewerkschaften präsent zu sein, damit sie dabei sind, wenn Entscheidungen über die Zukunft des Senegal getroffen werden. Wenn uns das besser gelänge, könnte die Kirche effektiver und mehr für die Gesellschaft tun…“ (rv)

Norwegen: Missbrauchsfall „ordnungsgemäß“ bearbeitet

Der Vatikan hat die Missbrauchsvorwürfe gegen den ehemaligen Bischof von Trondheim bestätigt. Der aus Deutschland stammende Georg Müller war wegen des Missbrauchs an einem minderjährigen Ministranten bereits im vergangenen Jahr zurückgetreten. Der Missbrauch habe sich Anfang der neunziger Jahre ereignet und sei der Kirche im Januar 2009 bekannt geworden, schreibt Vatikansprecher Federico Lombardi in einem Kommuniqué, das an diesem Mittwoch veröffentlicht wurde. Der Fall sei im Auftrag der Glaubenskongregation von der Nuntiatur in Stockholm schnell aufgenommen und untersucht worden, so Lombardi weiter. Im Anschluss an die Entpflichtung von seinen Ämtern im Juni 2009 habe sich Müller einer Therapie unterzogen und sei nicht mehr pastoral tätig gewesen. – Nach norwegischem Strafrecht ist der Fall verjährt. Das heute volljährige Opfer wollte bisher anonym bleiben. Es handelt sich um den ersten bekannten Missbrauchsfall in der katholischen Kirche in Norwegen. (rv)

Chile: Vatikan-Kardinal zu Besuch

„Viva Chile!" Mit diesen Worten ist die Nummer Zwei des Vatikans in Chile eingetroffen. Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone soll dort den Opfern des jüngsten Erdbebens die Solidarität des Papstes ausdrücken; er bleibt bis nächsten Mittwoch. Seinen ersten Termin hatte der umgängliche Kardinal an diesem Mittwoch im Präsidentenpalast.

„Der Heilige Stuhl hat mit großer Genugtuung die Zusammenarbeit zwischen den Vertretern der scheidenden und der neugewählten Regierung beobachtet, beim Übergang der Regierungsverantwortung wie beim Erdbeben-Notstand. Ich habe der chilenischen Führung die Bereitschaft der katholischen Kirche versichert, über ihre internationale Caritas wie über das Netz der Pfarreien weiterhin den am meisten Betroffenen nahe zu sein."

„Kardinal Bertone ging es bei seinem Treffen mit der Staatsspitze wohl vor allem darum, dass die Kirche im Erdbebengebiet weiter als wichtiger Faktor für Hilfe und Wiederaufbau angesehen wird." Das sagt Ramon Abarca, der Sprecher des Erzbistums Santiago. „An diesem Freitag ist Bertone in der Stadt Concepcion – dieses Bistum wurde vom Erdbeben am meisten betroffen. Der Kardinal trifft dort viele Opfer und Helfer, und er feiert eine Messe auf der „Plaza de Armas". Ab Samstag ist er dann wieder in Santiago."

„Am wichtigsten wird am Sonntag die „Fiesta de Cuasimodo", ein sehr populäres Fest, an dem Bertone teilnimmt. Und dann trifft er am Sonntag Nachmittag alle Bischöfe von Chile und überreicht ihnen ein Marienbild, das ihnen der Papst schenkt – dieses Marienbild soll anschließend bei den 200-Jahr-Feiern Chiles eine Rolle spielen."

Venezuela, Mexiko, Kolumbien – das sind Länder, die mit Chile zusammen in diesem Jahr zwei Jahrhunderte Unabhängigkeit feiern: bicentenario. Die Haupt-Feiern in Santiago sind für den 25. Mai vorgesehen. Chiles Kirche bereitet das auf ihre Weise vor:

„Das Bild Mariens wird zusammen mit einem Evangeliar, das uns der Papst ebenfalls schenkt, von Santiago aus sofort an zwei oder drei Orte gebracht, die vom Erdbeben am meisten betroffen wurden", sagt Cristian Prescht. Er ist der Chile-Koordinator der „mision continental". „Es kommt u.a. auf eine Insel, die nach dem Beben einen furchtbaren Tsunami erlebt hat. Und im Anschluß daran geht das Marienbild dann auf eine nationale Wallfahrt von Süd nach Nord – überallhin, wo es die Ortskirche wünscht. Dabei wird immer für Chile gebetet werden. Und wir werden immer wieder um einen Tisch sitzen und gemeinsam aus diesem Evangeliar lesen – damit wir uns bei dieser Wallfahrt nicht nur ins Marienbild verlieben, sondern auch das Wort Gottes in diePraxis umsetzen!"

Bertone erzählt, der Papst habe ihm noch am Ostersonntag viele Grüße an Kirche und Volk in Chile aufgetragen.

„Die Feiern zu zweihundert Jahren Bestehen des chilenischen Staates werden sicher eine gute Gelegenheit, die fundamentalen Werte dieses Landes und seiner Bevölkerung neu herauszuarbeiten. Viele dieser Werte sind in diesem Moment des Schmerzes deutlich geworden." (rv)

D: Ansturm auf kirchliche Missbrauchs-Hotline

Die seit letztem Dienstag frei geschaltete Beratungs-Hotline der katholischen Kirche zu sexuellem Missbrauch hat bisher einen regelrechten Ansturm erlebt. Insgesamt 13 293 Anrufsversuche seien in der vergangenen Woche registriert worden. Das gab der Sprecher des Bistums Trier, Stephan Kronenburg, im Interview mit dem Kölner Domradio an. Die zuständigen Psychologen und Sozialpädagogen hätten Dienstag, Mittwoch und Donnerstag allein 394 Beratungsgespräche geführt, die zwischen fünf Minuten und einer Stunde gedauert hätten. Dass es sich um ein kirchliches Angebot handelt, sei für die Menschen anscheinend kein Problem. Kronenburg:

„Wir sind überrascht, dass so viele Menschen anrufen. Es gab im Vorfeld ja Befürchtungen oder teilweise sogar Kritik sowie die Frage: Kann die Kirche ein solches Angebot überhaupt machen? Werden sich Menschen, die von Mitarbeitern der Kirche missbraucht wurden, überhaupt an ein solches kirchliches Angebot wenden? Da sieht man jetzt doch schon nach den ersten Tagen deutlich, dass diese Befürchtung oder Kritik so nicht zutreffend ist. Es gibt offensichtlich viele Menschen, die fast auf dieses Angebot gewartet haben. Mit einem Ansturm in dieser Größenordnung haben wir so nicht gerechnet."

Die unabhängige Missbrauchsbeauftragte des Jesuitenordens, die Berliner Rechtsanwältin Ursula Raue, hatte nach der DBK-Sitzung zum Thema Missbrauch Beratungsangebote gefordert, die von der Kirche unabhängig sind. Auch sie erhält seit Wochen Anrufe von hunderten Missbrauchsopfern. Bei der Hotline der deutschen Bischofskonferenz bemühe man sich um einen differenzierten Zugang, so Kronenberg. So unterscheide man zwischen Beratungen zu sexuellem Missbrauch und körperlicher Gewalt.

„Es sind im Wesentlichen Missbrauchsopfer, aber auch Angehörige von Opfern, die dann aus der familiären Situation berichten. Was wir ebenfalls festgestellt haben, ist, dass es nicht nur Missbrauchsopfer sind, die sich melden, sondern dass sich auch Opfer von Misshandlungen an die Hotline wenden. Da geht es um Misshandlungen im Heimbereich und in Internaten. Wir verweisen dann allerdings an die eigene Hotline, die es seit einiger Zeit dafür gibt. Die Grenzen sind da natürlich fließend oder können nicht immer genau definiert werden. Aber unsere Berater versuchen einzuschätzen, ob sie oder die anderen Kollegen die richtigen Ansprechpartner sind."

Kronenburg bat um Verständnis dafür, dass aufgrund der Vielzahl der Anrufe nicht jeder durchgekommen sei. Wer seine Telefonnummer hinterlasse, werde aber auf jeden Fall zurückgerufen. Aufgrund des Andrangs habe man die Zahl der Berater aufgestockt, so der Bistumssprecher. Viele verschiedene Formen von Missbrauch seien aufzuarbeiten. So berichtet die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" an diesem Donnerstag, dass an der Odenwaldschule in Südhessen offenbar bis in die neunziger Jahre hinein auch Schüler durch Schüler sexuell misshandelt oder in brutalen Ritualen gedemütigt worden seien. Ein ehemaliger Lehrer der Schule soll dabei in mindestens einem Fall nicht eingegriffen haben. Durch die neuen Fälle sei die Zahl der Missbrauchsfälle an der Schule von 33 auf etwa 40 gestiegen, so das Blatt. – Die kostenlose Hotline ist dienstags, mittwochs und donnerstags von 13.00 bis 20.30 Uhr unter der Nummer 0800 / 120 1000 erreichbar. Auch Täter können sich dort melden. Im Internet wird Beratung unter hilfe-missbrauch.de angeboten. (rv)

Dossier: Papst und Missbrauch

Wiederholt sich die Geschichte einfach? Letztes Jahr stand der Papst wegen der Piusbrüder im Kreuzfeuer der Kritik – dieses Jahr sind es die Missbrauchsfälle. Und wieder ist ein großes Fremdeln zu spüren zwischen dem Vatikan und den westlichen Gesellschaften. Natürlich kann man mit dem Bewusstsein von heute kritisch darauf blicken, wie die Kirche in der Vergangenheit mit Missbrauchsfällen umgegangen ist. Aber eines muss man auch mal sehen: Benedikt XVI. hat es bei diesem Thema nie an Klarheit und Strenge fehlen lassen. Ein Dossier von Stefan Kempis.

„Tiefe Scham“, ein Gefühl des „Verrats“, Anerkennen der Schuld der Kirche, Strenge im Umgang mit den Tätern, Hilfe für die Opfer, moralische Erneuerung des Klerus und der Gesellschaft – das sind seit seinem Amtsantritt vor fünf Jahren die Kernpunkte im Denken Benedikts zum Thema Missbrauch. Immer wieder hat er Klartext gesprochen, wenn das Thema in einer Ortskirche aufkam: in Irland, den USA, Australien, Kanada. Nur eine Woche, nachdem der Skandal in diesem Frühjahr auch die deutsche Ortskirche erreicht hat, sagt der Papst am 8. Februar 2010 vor seinem Familienrat:

„Die Kirche hat sich, dem Beispiel Christi folgend, über Jahrhunderte hinweg dem Schutz der Würde und der Rechte Minderjähriger verpflichtet. Und auf vielfältige Art und Weise hat die Kirche für sie Sorge getragen. Leider gibt es verschiedene Fälle, wo einige Glieder der Kirche diese Rechte verletzt haben und damit entgegen dieser Verpflichtung handelten. Diese Handlungsweise missbilligt und verurteilt die Kirche. Und das wird sie zu jeder Zeit tun! Die Fürsorge und die Lehre Jesu, der die Kinder zu Vorbildern dafür erklärt hat, in das Reich Gottes zu gelangen, stehen uns als eindringlicher Appell vor Augen, Kindern mit größtem Respekt und aufmerksamer Zuvorkommenheit zu begegnen. Die scharfen Worte Jesu gegen diejenigen, die „einen dieser Kleinen zum Bösen verführen“ (Mk 9,42), lehren uns, von dem Weg der Liebe und des Respekts im Umgang mit Kindern niemals abzuweichen!“

Zurück an den Beginn des Pontifikats. Es ist der 28. Oktober 2006, als Benedikt den irischen Bischöfen ins Stammbuch schreibt:

„Es ist wichtig, die Wahrheit über das, was in der Vergangenheit geschehen ist, herauszufinden. Dann muss alles getan werden, damit sich so etwas in Zukunft keinesfalls wiederholt; alle Prinzipien der Gerechtigkeit müssen voll respektiert werden – und vor allem muss den Opfern und allen, die von diesen schrecklichen Verbrechen betroffen sind, Heilung vermittelt werden!“
Am 15. April 2008 bricht Benedikt XVI. zu einer Reise in die USA auf – zu einer Ortskirche, die von furchtbaren Missbrauchsskandalen erschüttert worden ist. Noch im Flugzeug sagt er zu Journalisten:

„Wir werden Pädophile rigoros aus dem Priesterstand ausschließen – das ist absolut miteianander unvereinbar. Wer pädophil ist, kann kein Priester sein! Auf diesem ersten Niveau können wir Gerechtigkeit herstellen und den Opfern helfen, die so schwer geprüft sind. Und dann ist da noch eine seelsorgliche Ebene: Die Opfer brauchen Heilung und Hilfe, Betreuung und Versöhnung.“

Einen Tag später trifft der Papst die Bischöfe der USA in Washington und spricht von „tiefer Scham“ angesichts der Skandale. Das „zutiefst unmoralische Verhalten vieler Priester“ bereite ihm „enormen Schmerz“, das nicht einfache Thema sei von der Kirche – so Benedikt wörtlich – „oft auf die schlechtestmögliche Weise gehandhabt worden“. Er drängt die Oberhirten, „Maßnahmen und Strategien“ zum Schutz der „Verletzlichsten“, nämlich der Kinder, zu ergreifen:

„Kinder verdienen es, mit einem gesunden Bild von Sexualität und ihrer Rolle in den menschlichen Beziehungen aufzuwachsen. Man sollte ihnen die degradierenden Bilder und die vulgäre Manipulation der Sexualität, die heute vorherrscht, ersparen; sie haben ein Recht darauf, zu den authentischen moralischen Werten erzogen zu werden, die in der Würde der menschlichen Person verwurzelt sind.“

Wieder einen Tag später kommt Benedikt auf das Thema zurück – bei der großen Messe im „Nationals Stadium“ der US-Hauptstadt:

„Mir fehlen die Worte, um den Schmerz und den Schaden zu beschreiben, den solcher Missbrauch anrichtet! Es ist wichtig, dass allen Betroffenen liebevolle pastorale Aufmerksamkeit geschenkt wird. Der Schaden, der im Innern der Kirche angerichtet ist, läßt sich kaum in Worte fassen. Aber es sind auch schon große Anstrengungen unternommen worden, um diese tragische Situation ehrlich und gerecht anzugehen. Es muss sichergestellt werden, dass die Kinder, die unseren größten Schatz ausmachen, in einem sicheren Umfeld aufwachsen!“
Noch am gleichen Tag empfängt der Papst in der Nuntiatur in Washington einige Missbrauchsopfer, hört ihnen zu, tröstet sie, spricht auch mit ihren Angehörigen. Es ist ein privater Moment, bei dem keine Kameras zuschauen. Drei Monate später dann ein ähnliches Bild – diesmal in Australien, wo Benedikt am Weltjugendtag teilnimmt. In Sydney trifft er sich am 21. Juli am Rand einer Messe mit einer Opfergruppe. Schon auf dem Hinflug hat er am 12. Juli erneut Pädophilie scharf verurteilt – und auch eine gewisse Denkrichtung, die in den letzten Jahrzehnten versucht hat, Pädophilie hoffähig zu machen:

„Nun, da muß ich ganz klar sein: das war niemals eine katholische Lehre. Es gibt Dinge, die immer schlecht sind, und Pädophilie ist immer schlecht. In unserer Ausbildung, in den Seminarien, in der ständigen Weiterbildung der Priester müssen wir den Priestern helfen, … Helfer und nicht Feinde unserer Mitmenschen … zu sein. Daher werden wir alles in unserer Macht Stehende tun, um zu erklären, was die Lehre der Kirche ist, und in der Ausbildung und Vorbereitung von Priestern helfen, in der ständigen Weiterbildung, und wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um die Opfer zu heilen und zu versöhnen. Ich denke, dies ist der wesentliche Inhalt des Wortes »um Entschuldigung bitten«. Ich denke, daß es besser und wichtiger ist, den Inhalt der Formel zu geben, und ich bin der Ansicht, daß der Inhalt besagen muß, was in unserem Verhalten unzureichend war, was wir in diesem Moment tun sollen, wie wir es verhindern und wie wir alle heilen und versöhnen können.“

Das ist ein aufschlußreiches Zitat des Papstes auch angesichts der jetzigen Skandale: Der Papst sucht nicht die symbolträchtige, aber schnelle Geste der Entschuldigung – auch wenn das in diesem Moment seiner Popularität sicher aufhelfen könnte. Er will stattdessen zeigen, dass die Kirche wirklich aus den Skandalen lernt und das Problem an der Wurzel angeht. Zu einem Treffen mit Missbrauchs-Opfern ist Benedikt auch künftig bereit – das schreibt er in seinem Brief an die irischen Katholiken vom März. Unser Fazit: Nein, Benedikt XVI. hat nicht geschwiegen zum Thema Missbrauch. Von Anfang an nicht. (rv)

Vatikan: „Stern“-Vorwürfe gegen Papst „lächerlich“

Der Vatikan weist die Behauptung des deutschen Magazins „Stern“ zurück, Papst Benedikt habe in seiner Zeit als Kardinal eine Untersuchung wegen Missbrauchs ad acta gelegt. Die Behauptung bezieht sich auf Vorwürfe gegen den verstorbenen Gründer der Ordensgemeinschaft „Legionäre Christi“, Pater Marcial Maciel Degollado, der unter anderem des Missbrauchs von Seminaristen beschuldigt worden war. Der Vorwurf, der heutige Papst habe die Untersuchung des Falls als Kardinal vertuscht, sei „paradox und für informierte Personen lächerlich“, so Vatikansprecher Federico Lombardi an diesem Mittwoch auf Anfrage. Schließlich habe Kardinal Joseph Ratzinger, heute Papst Benedikt, die kanonische Untersuchung des Falls Marcial Maciel ja gerade angeregt und seine Schuld bestätigt. (rv)

Norwegen: Bischof missbrauchte Messdiener

Der Vatikan hat die Missbrauchsvorwürfe gegen den ehemaligen Bischof von Trondheim bestätigt. Der aus Deutschland stammende Georg Müller war wegen des Missbrauchs an einem minderjährigen Ministranten im letzten Jahr zurückgetreten. Der Missbrauch habe sich Anfang der neunziger Jahre ereignet und sei der Kirche im Januar 2009 bekannt geworden, schreibt Vatikansprecher Federico Lombardi in einem Kommuniqué von diesem Mittwoch. Der Fall sei im Auftrag der Glaubenskongregation von der Nuntiatur in Stockholm schnell aufgenommen und untersucht worden, so Lombardi weiter. Nach der raschen Entpflichtung von seinen Ämtern im Juni 2009 habe sich Müller einer Therapie unterzogen und sei nicht mehr pastoral tätig gewesen. – Nach norwegischem Strafrecht ist der Fall verjährt. Das heute volljährige Opfer wollte bisher anonym bleiben. Es handelt sich um den ersten bekannten Missbrauchsfall in der katholischen Kirche in Norwegen. (rv)

Nahost: Sechs Konfessionen in der Grabeskirche – Und jeder findet seinen Platz

In die Jerusalemer Grabeskirche drängen zu Ostern jährlich ganze Pilgerströme. Das leere Grab, aus dem Christus auferstanden sein soll, ist Anziehungspunkt für viele tausend Gläubige der unterschiedlichen christlichen Konfessionen. Veronica Pohl hat sich die Anziehungskraft des Ortes erklären lassen:

Bruder Marcello stammt aus Argentinien. Er gehört dem Franziskanerorden an, der seit 1342 im Heiligen Land vertreten ist. Die Franziskaner verwalten im Auftrag des Papstes die Bereiche der Grabeskirche, die den römisch-katholischen Christen zugesprochen sind. Bruder Marcello beschreibt die vielen Menschen, die zu Ostern die Kirche besuchen, so:

„Die Meisten kommen tatsächlich als Pilger. Für sie wird am Heiligen Grab deutlich, dass Gott die Transzendenz hinter sich gelassen hat, sich hineinbegeben hat in unsere Welt. Und dann auferstanden ist, damit auch wir auferstehen! Der kleinere Teil kommt als Touristen. Was mich fasziniert ist, dass diese Menschen zwar als Touristen kommen, aber diesen Ort als Pilger verlassen. Das bewirkt die Besonderheit der Grabeskirche. Das Geheimnis des Leeren Grabes. Hier begegnet man wahrhaftig dem Herrn.“

Jedes Jahr freue er sich auf das Osterfest – trotz des Trubels in der Altstadt von Jerusalem. Denn in der Grabeskirche werde das Osterereignis greifbar wie nirgends sonst, findet Bruder Marcello:

„Das Heilige Grab ist das Zentrum unseres Glaubens: Christus ist gestorben und auferstanden – dafür stehen das Kreuz und jede Christusnachfolge. Damit ist das Grab der Mittelpunkt der christlichen Spiritualität. An diesem Ort gedenken wir im Gebet dessen, was der Herr für uns getan hat. Denn für uns ist er gestorben und von den Toten auferstanden. Das ist der Kern unseres christlichen Glaubens. Und hier am Grab hat dieser Glaube seinen Ursprung.“

Der Glaube an Christus sei der gemeinsame Glaube aller vertretenen Konfessionen. Deshalb sei die Einheit unter den katholischen, koptischen, griechisch-orthodoxen, armenischen, syrisch- und äthiopisch-orthodoxen Christen vor Ort stärker, als gelegentliche Zwiste das vermuten ließen:

„Dieses Miteinander ist keine bloße Idee, sondern wird hier tatsächlich umgesetzt. Im Zusammenleben gibt es immer mal wieder Reibungspunkte – auch an Ostern wird das deutlich. Aber vor allem begegnet man sich. Und weiß, dass uns der christliche Glaube hier am Grab Christi und am Kalvarienberg eint. Zu Ostern werden die Schwierigkeiten, die das Miteinander der Konfessionen im Alltag prägen, vielleicht sogar eher etwas hintangestellt.“

Aram Katchaturiam stammt aus Armenien, führt Pilger aller Konfessionen durch die Grabeskirche und teilt diesen Eindruck grundsätzlich:

„Nein, als feindselig würde ich das Verhältnis nicht beschreiben. Es gibt bestimmte Anspannungen, besonders zwischen den griechischen und den armenischen Christen. Aber das Zusammenleben ist hier in der Grabeskirche gut geregelt, auch die Abläufe zum Osterfest. Jeder hat seinen angestammten Platz und seine festgelegten Zeiten, und das ist auch gut so! Früher gab es immer mal Unklarheiten und die haben dann zum Streit geführt. Aber jetzt ist das weniger der Fall.“

Diese Regeln haben also auch ihr Gutes. Das findet auch der Geistliche, der den griechisch-orthodoxen Kreuzigungsaltar am Kalvarienberg bewacht. Er nickt zufrieden und bemerkt in österlicher Stimmung:

„Das Kreuz Christi, mit Maria und Johannes, das repräsentiert unsere Gemeinschaft hier. Am Golgathafelsen sind wir dem Osterereignis besonders nahe.“ (rv)