US-Einwanderungsreform: „Raus aus dem Schattendasein“

Die US-amerikanischen Bischöfe drängen Präsident Barack Obama zur einer Reform des Einwanderungsrechtes. Während der Senat am Sonntag noch über die Gesundheitsreform abstimmte, gingen in Washington zehntausende Menschen für eine Neuregelung der Einwanderung auf die Straße. Sie fordern eine rechtmäßige Anerkennung der Migranten in den USA. Dort leben und arbeiten etwa zwölf Millionen illegale Einwanderer, ohne als Bürger rechtmäßig anerkannt zu sein. Obama will das „kaputte Einwanderungssystem" – so der Präsident in einer Videobotschaft am Sonntag wörtlich – noch in diesem Jahr mit einem entsprechenden Gesetz „reparieren". Was „kaputt" ist am alten System, erklärt im Interview mit Radio Vatikan der Bischof von Salt Lake City, John Wester. Auch er ist am Wochenende nach Washington gereist.

„Das alte System entspricht einfach nicht mehr der aktuellen Situation. Familien werden auseinander gerissen, warten jahrelang auf ein Visum, Eltern werden von ihren Kindern, Ehemänner von ihren Frauen getrennt usw. Es gibt so viele Menschen, die nicht registriert sind und ein regelrechtes Schattendasein führen. Obwohl sie arbeiten und Steuern zahlen, können sie viele Leistungen nicht in Anspruch nehmen. Wir haben eine permanente Unterschicht im Land – das ist wirklich untolerierbar und keine gute Art für Menschen zu leben. Wir brauchen eine Reform des Einwanderungsgesetzes, und zwar jetzt!"

Am Streitpunkt um die illegalen Einwanderer, von denen die meisten aus Lateinamerika kommen, war 2007 eine Reform der Einwanderungsgesetze im Senat gescheitert. Obamas Überzeugungstalent, zuletzt bei der Gesundheitsreform unter Beweis gestellt, gibt Hoffnung für die nun anstehende Reform. So verstand es der Präsident bei der aktuellen Gesundheitsreform, den rechten wie den linken Flügel seiner Partei zu überzeugen; selbst ein katholischer Abgeordneter und Abtreibungsgegner stimmte zu. Beim Thema Einwanderung dürfte der Präsident mit den US-amerikanischen Oberhirten in weiten Teilen übereinstimmen. Bischof Wester:

„Als Bischöfe würden wir uns eine Reform wünschen, die der Einheit der Familien höchsten Stellenwert beimisst. Außerdem sollten die Abläufe schneller vonstatten gehen. Und: Leute, die bereits hier leben, sollten einen offiziellen Status erhalten, mit Rechten und Pflichten. Drittens bräuchte man mehr Flexibilität im Arbeitsrecht, so dass Menschen etwa ins Land kommen, hier arbeiten und dann wieder in ihr Land zurückkehren können. Das ist zum Beispiel in der Landwirtschaft von Bedeutung."

Aufenthaltsgenehmigungen könnten zum Beispiel die Ausbeutung von Arbeitern und Kriminalität eindämmen. Und: Rechte und Pflichten wie reguläre US-Bürger hieße für die Zuwanderer auch Zugang zum Gesundheitsschutz. Dies könnte dem amerikanischen Gesundheitssystem sogar helfen, meint Bischof Wester.

„Wenn die Migranten mit einzahlen, wird insgesamt mehr Geld für die Gesundheitsreform vorhanden sein. Und man muss ganz klar sagen: Die Einwanderer sind meistens jünger und gesünder als jede andere Bevölkerungsgruppe in den USA. Damit würden sie diesen Dienst letztlich viel weniger in Anspruch nehmen. Diese Regelung würde also jedem helfen. Wenn man rational drüber nachdenkt, gibt es keine wirtschaftlichen, finanziellen oder sozialen Gründe, die dagegen sprechen, Migranten mit ins Boot zu holen." (rv)
Papst Benedikt XVI. feiert am kommenden Montag im Petersdom eine vorgezogene Gedenkmesse zum fünften Todestag seines Vorgängers Johannes Paul II. Das teilte der Vatikan am Dienstag mit. Johannes Paul II. war am späten Abend des 2. April 2005 verstorben. Da der Jahrestag diesmal auf Karfreitag fällt, war aus liturgischen Gründen eine Verschiebung notwendig. Unklar ist, ob sich Benedikt XVI. bei diesem Anlass nochmals zum Seligsprechungsverfahren seines Vorgängers äußern wird. Unmittelbar vor Weihnachten hatte er nach Abschluss des ersten Prozessabschnitts den „heroischen Tugendgrad" für Johannes Paul II. bestätigt. Ein zunächst genannter Seligsprechungstermin Mitte Oktober gilt inzwischen als unwahrscheinlich. Derzeit ist unsicher, wie lange der noch erforderliche Nachweis eines Heilungswunders dauern wird. (rv)

Vatikan: Messe für Johannes Paul II.

Papst Benedikt XVI. feiert am kommenden Montag im Petersdom eine vorgezogene Gedenkmesse zum fünften Todestag seines Vorgängers Johannes Paul II. Das teilte der Vatikan am Dienstag mit. Johannes Paul II. war am späten Abend des 2. April 2005 verstorben. Da der Jahrestag diesmal auf Karfreitag fällt, war aus liturgischen Gründen eine Verschiebung notwendig. Unklar ist, ob sich Benedikt XVI. bei diesem Anlass nochmals zum Seligsprechungsverfahren seines Vorgängers äußern wird. Unmittelbar vor Weihnachten hatte er nach Abschluss des ersten Prozessabschnitts den „heroischen Tugendgrad“ für Johannes Paul II. bestätigt. Ein zunächst genannter Seligsprechungstermin Mitte Oktober gilt inzwischen als unwahrscheinlich. Derzeit ist unsicher, wie lange der noch erforderliche Nachweis eines Heilungswunders dauern wird. (rv)

Kardinal Bagnasco: „Gerechtigkeit durch Wahrheit“

Gerechtigkeit durch Wahrheit – unter diesem Motto hat sich die italienische Bischofskonferenz hinter Papst Benedikts jüngste Stellungnahme zum Thema Missbrauch in der katholischen Kirche gestellt. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Angelo Bagnasco, lobte in seinem Eröffnungsstatement zur Sitzung des Rats an diesem Montag den Hirtenbrief des Papstes an die irischen Katholiken als „entschiedene Stellungnahme, die jeder Verharmlosung entgegentrete“. Die italienische Kirche habe die Vorgaben der römischen Glaubenskongregation von 2001 für Solche Fälle umgehend verwirklicht und präventive Massnahmen angewandt, betonte der Kardinal weiter. Nun Müsse es um Transparenz und Aufklärung gehen, ohne sich als Kirche Jedoch ins Abseits drängen zu lassen.

„Im Moment der Demütigung lernt die Kirche vom Heiligen Vater, keine Angst vor der Wahrheit zu haben, auch wenn sie schmerzhaft und verhasst ist. Sie lernt von IHM, nicht über sie zu schweigen oder sie zu verdecken. Das heißt aber nicht, die strategische Diskreditierung zu dulden.

Zu Konkreten Missbrauchsfällen in Italien äußerte sich der Erzbischof von Genua nicht, aber er Erinnerte an die Verbreitung von Pädophilie in allen gesellschaftlichen Bereichen. Dabei setzte er das Phänomen in den Kontext Kulturellen Verfalls: Hedonismus, Relativismus und eine eines Allgemeinen „von Ihrer anthropologischen Bedeutung losgelöste Sexualität“ hätten zu einer Lockerung moralischer Werte geführt.
Zugleich druckte der Kardinal gegenüber den Opfern sexuellen Missbrauchs im Namen der italienischen Bischofskonferenz Solidarität und Betroffenheit aus.

„Zusammen mit dem tiefen Schmerz und ununterdrückbaren einem Gefühl der Scham Bischöfe schließen wir uns dem Heiligen Vater ein. Wir drücken IHM gegenüber unser bedauern aus bekunden wir unsere Nähe und gegenüber Denen, die um ihre Kindheit betrogen und verletzt wurden.“

Bereits nach dem Schreiben der Glaubenskongregation von 2001 sei an einer Verbesserung der Priesterausbildung gearbeitet worden, so der Kardinal. Man habe Bewerber sorgfältiger ausgewählt, und Präventionsmaßnahmen gegen sexuellen Missbrauch getroffen Regelmäßig Entsprechende Schulungen für Priester angeboten, so Bagnasco. Der Ständige Rat der italienischen Bischofskonferenz tagt noch bis Donnerstag turnusgemäß in Rom. Gegenstand der Beratungen sind unter anderem die Leitlinien für die Seelsorge im kommenden Jahrzehnt. (rv)

Island: „Katholische Kirche ist jung, aber arm“

Mehrsprachig, technisch bewandert und vor allem mobil – so sollten Islands Priester sein. Dabei werden sie auf dem Inselstaat mit seinen gerade einmal 319.000 Einwohnern, davon unter drei Prozent Katholiken, immer seltener. Der Bischof von Reykjavik, Pierre Bürcher, ist zurzeit mit einer Delegation skandinavischer Bischöfe im Vatikan. Wie Islands katholische Kirche mit Priestermangel, Einwanderung und Wirtschaftskrise zu kämpfen hat, erzählt der gebürtige Schweizer im Interview mit uns. Und er gibt dabei einen kurzen historischen Überblick zu dieser Kirche im „hohen Norden", von der man selten etwas hört.
„Island wurde 1923 eine eigenständige apostolische Präfektur und 1929 ein eigenes apostolisches Vikariat, seit 1968 ist es Bistum. Auf einer Fläche von 103.000 Quadratkilometern wohnen derzeit etwa 319.000 Personen, von denen allerdings nur 9.625 Katholiken sind. Das Bistum zählt heute nur 20 Priester, davon leider nur ein einziger isländischer Priester, und 31 Ordensfrauen. Gott sei Dank haben wir jetzt drei Priesteramtskandidaten, die auch Isländer sind, so ist das eine große Hoffnung."
Während Islands lutherische Kirche als Staatskirche finanziell unterstützt wird, werden andere religiöse Gemeinschaften rechtlich gesondert behandelt. So gilt etwa die katholische Kirche als eine einzige Gemeinde im ganzen Land und wird gemäß ihrer freiwillig registrierten Mitglieder geringfügig bezuschusst. Im Bistum Reykjavik, dem weltweit nördlichsten Bistumssitz, haben sich viele Migranten angesiedelt. Sie machen heute einen Großteil der isländischen Katholiken aus:
„Die Katholiken sind zu 80 Prozent Migranten, hauptsächlich aus Polen, Litauen und den Philippinen. Mit der höchsten Prozentzahl in den nordischen skandinavischen Ländern bilden sie momentan 3,1 Prozent der Gesamtbevölkerung. Dem Alter nach ist die Bevölkerung der katholischen Kirche sehr jung. Im Jahre 2009 fanden 198 Taufen statt und nur 12 Beerdigungen. Die Gemeindemitglieder sind hauptsächlich Gastarbeiter und junge Familien."
Die jungen Gläubigen und Migranten, die teilweise weit verstreut auf der Insel leben, beleben die katholische Kirche, stellen sie aber auch vor neue Herausforderungen. So sind Islands Priester – im Idealfall – mehrsprachig, technisch bewandert und mobil. Der Bischof erklärt:
„Die Katholiken leben ja über das ganze Land verstreut, die Priester müssen sehr viel reisen, um sie zu erreichen. Die Kirche braucht mehr Stützpunkte in den verschiedenen Siedlungen, die weit entfernt sind vom Zentrum der Pfarrei. Auch der Religionsunterricht müsste ausgebaut werden. Immer noch gibt es besonders auf dem Land – zum Beispiel im Westteil der Insel – Kinder, die leider nicht leicht erreicht werden können. Die verschiedenen Sprachen und Herkünfte der Familien machen diese Arbeit noch schwieriger. Und für die Jugendseelsorge fehlen Räume. Wir arbeiten jedoch viel über Internet mit Skype, das ist sehr praktisch für den Religionsunterricht und für Kinder, die sehr weit entfernt vom Pfarreizentrum wohnen und unmöglich zum Religionsunterricht kommen können." Verschärft wird diese Situation durch die Wirtschaftskrise. Sie hat Island, das bis vor zwei Jahren noch als wohlhabend galt, besonders stark getroffen. Pro Kopf betragen die Schulden des Landes etwa 11.000 Euro. Und vor wenigen Tagen stimmte die Mehrheit der Bürger gegen eine Entschädigung für Gläubiger im Ausland. Der Bischof zeigt dafür Verständnis:
„Ich denke, dass es noch sehr lange dauern wird, bis Island sich von der jetzigen finanziellen Krise erholen wird. Das gesamte Banksystem ist ja im Herbst 2008 über Nacht zusammengestürzt. So etwas ist in keinem anderen Land Europas bis dahin geschehen. Man muss dazu bedenken, dass auch England und die Niederlande eine Verantwortung tragen für den Bankrott der isländischen Bank. Die beiden Länder hätten die Gelder überwachen sollen! Diese Kompetenz lag nicht in den Händen Islands. Die Isländer können nicht die ganze Schuld übernehmen." (rv)

USA: Bischöfe enttäuscht über Erfolg der Gesundheitsreform

Die US-Bischöfe sind enttäuscht, dass die Gesundheitsreform angenommen wurde. Zwar sei die Reform eine Geste der Gerechtigkeit für Millionen benachteiligter Bürger, so die Bischofskonferenz. Doch fürchtet sie, dass der Lebensschutz künftig benachteiligt werde. Vor der Abstimmung an diesem Sonntagabend hatte die Bischofskonferenz jedem einzelnen US-Senator einen Brief geschrieben, in der sie die Volksvertreter daran erinnerte, dass es bei einer solchen Reform auch moralische Richtlinien zu beachten gebe. Insbesondere sprach sie sich dagegen aus, dass künftig Abtreibungen staatlich finanziert werden sollen. Das sagt gegenüber Radio Vatikan die Pressesprecherin der Bischofskonferenz, Sr. Mary-Ann Walsh:
„Die Bischöfe fürchten, dass die neue Regelung den Lebensschutz in den Vereinigten Staaten aushöhlen werde. In der Tat wird der Lebensschutz nicht erwähnt. Die Bischöfe finden es vor allem unakzeptabel, dass Abtreibung vom Staat auf diese Weise unterstützt wird. Es wäre nämlich das erste Mal, dass der Senat konkret Abtreibung finanzieren würde. Das hatten wir bisher noch nie."
Barack Obamas Gesundheitsreform hat am Sonntag die erste große Hürde genommen. Jetzt muss am Dienstag noch das Korrekturpaket vom Senat gebilligt werden. Die US-Bischöfe hoffen, dass die Abtreibungsdebatte dabei zur Sprache kommt, so Sr. Walsh:
„Das Gesetz sieht zwar keine aktive Abtreibungskampagne von Seiten des Staates vor. Doch wenn keine Änderungen vorgenommen werden, dann sieht es sehr schlecht aus für den Lebensschutz in den USA. Auch bekämen künftig katholische Gesundheitseinrichtungen keine Gelder, wenn sie sich aktiv gegen Abtreibung aussprechen. Das ist nicht hinnehmbar."
Am Sonntagabend billigte das US-Repräsentantenhaus mit 219 zu 212 Stimmen die Reform. Das weiterhin umstrittene Gesetz sieht eine Versicherungspflicht für die überwiegende Mehrheit der US-Amerikaner vor. Mit dem neuen Gesetz sollen 32 Millionen bislang unversicherte Amerikaner eine Absicherung im Krankheitsfall bekommen – die Kosten werden auf mehr als 900 Milliarden Dollar beziffert. (rv)

Vatikan: Papst-Programm für die Kar- und Ostertage veröffentlicht

Der vatikanische Pressesaal hat an diesem Montag das Papst-Programm für die Osterfeiertage bekannt gegeben. Die Feierlichkeiten beginnen am kommenden Sonntag mit der Palmprozession auf dem Petersplatz. Der Palmsonntag wird zugleich als Weltjugendtag begangen, in diesem Jahr jedoch lediglich mit Veranstaltungen auf Ebene der Ortskirchen. Am Gründonnerstag feiert Papst Benedikt XVI. um 9.30 Uhr mit allen in Rom anwesenden Kardinälen, Bischöfen und Priestern die Chrisam-Messe. Bei dem Gottesdienst im Petersdom wird er die Heiligen Öle weihen, die die Kirche in der Liturgie verwendet. Zugleich wird er die Priester an ihr bei der Priesterweihe abgegebenes Versprechen erinnern. Für dem Nachmittag steht um 17.30 Uhr in der Lateran-Basilika der Abendmahlsgottesdienst auf dem Programm. Dabei wird der Papst nach dem Beispiel Christi vom Letzten Abendmahl zwölf Priestern die Füße waschen. Die Kollekte der Messe ist für den Wiederaufbau des zerstörten Priesterseminars von Port-au-Prince auf Haiti vorgesehen. An Karfreitag leitet der Papst um 17 Uhr im Petersdom die Liturgie in Erinnerung an die Passion und den Kreuzestod Christi. Am Abend begibt er sich zum antiken Kolosseum im Zentrum Roms, wo er mit Gläubigen aus aller Welt den Kreuzweg betet. Die Feier der Osternacht mit der Feuerweihe und der Auferstehungsmesse beginnt am Karsamstag um 21.00 Uhr in der Vorhalle des Petersdoms. Am Ostersonntag feiert Benedikt XVI. um 10.15 Uhr auf dem Petersplatz die Ostermesse. Um die Mittagszeit spendet er von der Mittelloggia der Basilika aus den feierlichen Ostersegen „Urbi et orbi" – der Stadt und dem Erdkreis. (rv)

Fisichella: „Keine Rechtsansprüche auf Priesteramt“

Der Hirtenbrief an die irische Kirche schlägt weiter hohe Wellen: Der vatikanische Kurienerzbischof Rino Fisichella kündigt Konsequenzen für die Priesterausbildung an. Niemand habe ein Recht auf das Priesteramt, sagte Fisichella in einem Interview mit der katholischen Tageszeitung „Avvenire“ von diesem Sonntag.
Strengere Auswahl
Nach dem Papstbrief zum Thema Missbrauch hat Kurienerzbischof Rino Fisichella eine strengere Auswahl von Priesteramtskandidaten angekündigt. Es gebe keine Entschuldigung mehr, so Fisichella. Nicht einmal der Mangel an Berufungen könne ein Grund dafür sein, jeden aufzunehmen, „der beim Priesterseminar anklopft“, so der Ethik-Verantwortliche des Vatikans gegenüber „Avvenire“. Der Brief des Papstes schlage „entschlossen ein neues Kapitel auf“, fügte der Präsident der Päpstlichen Akademie für das Leben hinzu. Künftig werde es keinerlei Verschweigen und keine Entschuldigung geben. Fisichella bewertet den Hirtenbrief als „Wort von großem Mut“, für das es in den vergangenen Jahrhunderten der Kirchengeschichte keinen Vergleich gebe. (rv)

Irland/USA: Gemischte Reaktionen auf Papstbrief

Die Gruppen, die Missbrauchsopfer in Irland vertreten, sind gespalten in ihren Reaktionen auf den Hirtenbrief von Papst Benedikt. Die Gruppe „One in Four“ warf dem Papst vor, die Rolle des Vatikans im Umgang mit Missbrauchsskandalen nicht genauer untersucht zu haben. Er spreche „nur von den Fehlern der irischen Kirche“, so eine Sprecherin der Gruppe. Außerdem gebe es keine wirkliche Entschuldigung des Papstes für das systematische Vertuschen von Missbrauchsfällen durch die Kirche – das sei „extrem schmerzlich“. Benedikt hätte jetzt die Bischöfe dazu drängen sollen, alle Infos über pädophile Priester zu veröffentlichen, meint der Vertreter einer Internetbewegung namens „BishopAccountability“, zu deutsch ungefähr: Die Bischöfe sind verantwortlich.
Das „Dublin Rape Crisis Center“ und die Bewegung „Irish Survivors of Child Abuse“, kurz SOCA, hingegen haben den Brief begrüßt: Er sei „ohne Zweideutigkeit und macht deutlich, dass die irische Kirche über Jahrzehnte hinweg schwer gegen die Jugend gesündigt hat“. Es sei wichtig, dass Benedikt die Täter auffordere, sich der Justiz zu stellen, so SOCA. Der Brief sei „ein erster Schritt auf dem Weg zur Heilung bei vielen, die ihr Vertrauen in die Kirche verloren haben.“ Die Entschuldigung Benedikts sei „tief bewegend und auch lange erwartet“.
In den USA, die vor etwa zehn Jahren ebenfalls von heftigen kirchlichen Missbrauchs-Skandalen erschüttert wurden, zeigt sich der Verband „SNAP“ unzufrieden: Das Kürzel steht für „Organisation zur Verteidigung der Opfer von pädophilen Priestern“, und dem Verband gehören 9.000 Mitglieder an. Benedikt habe doch gar keine konkreten Strafen für Täter, Entschädigungen für Opfer oder Präventionsmassnahmen genannt. Wörtlich heißt es in einer Erklärung von SNAP: „Der Papst schickt schöne Worte, aber man erwartete Taten von ihm. Er läßt weiter Risiken zu, dabei brauchte man eigentlich Prävention. Er verteidigt das Verheimlichen, dabei brauchen wir jetzt Wahrheit. Und der Papst ignoriert das Leiden und die Agonie – dabei geht es jetzt um eine wirkliche Heilung, nicht um Worte.“
Die Reformgruppe „Voice of the Faithful“, zu deutsch „Stimme der Gläubigen“, kritisiert, der Papstbrief erwecke den Eindruck, dass Missbrauch ein irisches Problem sei. Dabe gehe es in Wirklichkeit um ein „katholisches Problem“, so der Leiter der Gruppe. (rv)

Starkes Medienecho auf Papstbrief

Der Papstbrief an die irische Kirche zum Thema sexueller Missbrauch hat an diesem Wochenende weltweit für ein starkes Medienecho gesorgt. Fast alle großen Zeitungen stellten in ihren Onlineauftritten die Papst-Meldung ganz nach oben. „Dem Papst tun die irischen Missbrauchsfälle leid“, titelt etwa die Internetseite der britischen „Times“; „Der Papst ist ehrlich bestürzt über den Skandal“, formuliert der „Irish Independent“ aus Dublin. „Der Papst bittet um Entschuldigung für die Missbrauchs-Fälle in Irlands Kirche“, steht fast wortgleich auf den Homepages der Fernsehriesen CNN und BBC. Einige britische Zeitungen haben eine ziemlich kritisch gefärbte Berichterstattung: „Der Papstbrief enttäuscht die Opfer“, urteilt etwa „The Guardian“. Auf der Homepage von „Le Monde“ aus Paris hingegen taucht die Nachricht aus dem Vatikan als die Nummer sechs auf, während „Le Figaro“ – ebenfalls aus Paris – mit ihr aufmacht und titelt, der Hirtenbrief Benedikts sei „ein beispielloser Schritt“.
Die spanische Tageszeitung „El Pais“ zeigt an diesem Sonntag einen gequälten Papstsprecher Lombardi auf ihrer Titelseite; ein Artikel im Innenteil gibt an, Ratzinger sei einst wegen seiner klaren Worte gegen den „Schmutz“ in der Kirche ins Papstamt gewählt worden, habe sich dort aber auch in fünf Jahren noch nicht gegen die herrschende innerkirchliche „Korruption“ durchsetzen können. Die italienische Tageszeitung „La Repubblica“ hatte schon am Samstagmorgen – unter Bruch des päpstlichen Embargos – aus dem Hirtenbrief zitiert; sie interviewt in der Sonntagsausgabe den Schweizer Kardinal Georges Cottier, der mit den Worten zitiert wird: „Benedikt wendet sich wie ein Vater an alle Christen… Sein geistliches Niveau und der barmherzige Ton haben mich überrascht.“
„Der Papst bietet eine Entschuldigung, aber keine Sanktionen“, schreibt die „New York Times“ auf ihrer Internetseite. Die „Washington Post“ bringt Benedikts Hirtenbrief online als Nummer fünf. Einige Stunden lang ist der Brief aus Rom auch die Startmeldung auf der Homepage des arabischen Fernsehsenders Al-Dschasira: „Der Papst bedauert zutiefst die Missbräuche in Irland“. (rv)