Konsistorium: Tagung zu den wichtigen Themen der Weltkirche

Seit Freitagmorgen, 9.30 Uhr, tagen im Vatikan an die 140 Kardinäle unter Leitung von Papst Benedikt XVI. Nach Vatikanangaben soll es bei dem Treffen, zu dem auch die neuernannten Kardinäle eingeladen sind, u.a. um die kirchlichen Missbrauchs-Skandale gehen. Dazu werde sich Kardinal William Levada von der Glaubenskongregation äußern; er wolle vor den Kardinälen außerdem auf die Beziehungen zu den Anglikanern eingehen. Die Vatikanmitteilung von diesem Montag listet aber noch weitere Themen auf: „die Lage der Religionsfreiheit in der Welt" und „die Liturgie im Leben der Kirche heute". Dazu werden Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone und der spanische Kurienkardinal Antonio Cañizares Referate halten. Außerdem soll Erzbischof Angelo Amato von der Heiligenkongregation zum zehnten Jahrestag der Vatikanerklärung „Dominus Iesus" sprechen.
Papstsprecher Federico Lombardi wirft für Radio Vatikan einen Blick auf die Aufmerksamkeit, die solche Ereignisse immer bekommen:
„Die Ernennung von neuen Kardinälen erzeugt immer eine lebendige Neugierde, nicht nur in der Kirche, sondern auch bei Beobachtern von außen. Sobald der Papst die Namen der neuen Kardinäle bekannt gibt, beginnt eine ganze Serie von Kommentaren aus ganz verschiedenen Perspektiven, es gibt statistische Auswertungen und gibt Einschätzungen der Bedeutung der Nationalitäten, Kontinente, und so weiter. Der Papst berücksichtigt in seinen Ernennungen eine ganze Reihe von Kriterien, unter ihnen sind sicherlich die Wichtigkeit der Aufgaben im Dienst der Kirche und die Universalität der Vertretung. Auf diese Weise schafft der Papst eine Gruppe von hervorragenden Persönlichkeiten, denen die entscheidende Aufgabe zufällt, den Nachfolger Petri zu wählen, aber die auch mit dem Papst zusammen arbeiten und ihn in seinem Dienst mit voller geistlicher Solidarität unterstützen."
Der Tag des Gebets und der Reflexion, mit dem an diesem Freitag das Konsistorium beginne, zeige auch in seiner Kürze genau diese Aufgabe des Kardinalskollegiums, eben die Reflexion und das Gebet.
„Es trifft sich dort eine Gemeinschaft, die die Verantwortung und die Sorge um die Hauptanliegen der Kirche in der Welt teilt. Benedikt XVI. verfolgt mit großer Aufmerksamkeit jeden Beitrag, wie er es auch in den Wochen der Bischofssynode tut, und wie er es auch bei den Ad Limina Besuchen der Bischöfe tut, von denen etwa 20 Gruppen pro Jahr nach Rom kommen, und wie er es in unzähligen Audienzen und Unterhaltungen tut. Diese Tage des Konsistoriums streichen noch einmal die zusätzliche Bedeutung der Kollegialität für seinen Leitungsstil der Kirche heraus." (rv)

Triff den neuen Kardinal…

Wollten Sie nicht schon immer mal einem Kardinal die Hand schütteln? Am kommenden Samstag, dem Tag des Konsistoriums im Vatikan, ist das möglich. Zwischen 16.30 und 18.30 können alle Interessierten den neuen Kardinälen persönlich Glückwünsche überbringen. In der Aula Paolo VI. ist unter anderem Reinhard Marx anzutreffen, im Palazzo della Canonica/Fabbrica di San Pietro Walter Brandmüller und in der Aula delle Benedizioni des Apostolischen Palastes Kurt Koch – alle drei dann frisch gebackene Purpurträger.
Zugang zur Aula Paolo VI. und zur Fabbrica di San Pietro über den Zugang Petriano. …

Und wer ist noch da? Hier eine Liste mit allen zukünftigen Kardinälen

Aula Paolo VI., Atrio
1. Kardinal Josè Manuel Estepa Llaurens
2. Kardinal Kazimierz Nycz
3. Kardinal Raùl Eduardo Vela Chiriboga
4. Kardinal Laurent Monsengwo Pasinya
5. Kardinal Antonios Naguib
6. Kardinal Raymundo Damasceno Assis

Aula Paolo VI., Aula
1. Kardinal Paolo Romeo
2. Kardinal Domenico Batrolucci
3. Kardinal Elio Sgreccia
4. Kardinal Donald William Wuerl
5. Kardinal Reinhard Marx
6. Kardinal Medardo Joseph Mazombwe
7. Kardinal Albert Malcolm Ranjith Patabendige Don

Palazzo della Canonica -Fabbrica di San Pietro
1. Kardinal Walter Brandmüller

Palazzo Apostolico, Sala Regia
1. Kardinal Gianfranco Ravasi
2. Kardinal Angelo Amato

Palazzo Apostolico, Aula delle Benedizioni
1. Kardinal Robert Sarah
2. Kardinal Francesco Monterisi
3. Kardinal Fortunato Baldelli
4. Kardinal Kurt Koch
5. Kardinal Velasio de Paolis
6. Kardinal Paolo Sardi

Palazzo Apostolico, Sala Ducale
1. Kardinal Mauro Piacenza
2. Kardinal Raymond Leo Burke (rv)

China: Bischofsweihe?

Die angekündigten Bischofsweihen sorgen im Vatikan für Irritationen. Der Apostolische Stuhl sei nicht erfreut über Meldungen, nach denen Bischöfe in China gezwungen werden sollen, an einer unerlaubten Bischofsweihe teilzunehmen. Das sagte Vatikansprecher Federico Lombardi an diesem Donnerstag. Der betreffende Weihekandidat Joseph Guo Jincai habe nicht die Erlaubnis des Papstes erhalten, zum Bischof geweiht zu werden. Wenn die Berichte über die angebliche Weihe auf dem chinesischen Festland wahr sind, wäre dies ein grober Missbrauch der Religions- und Gewissensfreiheit. Die Beziehungen zwischen Apostolischem Stuhl und der Volksrepublik China würden darunter leiden, sagte Pater Lombardi. (rv) 

Hadrian VI.: Ein Reformpapst vor seiner Zeit

Er war der letzte Nichtitaliener auf dem Stuhl Petri vor Johannes Paul II., der letzte Deutsche vor Benedikt XVI., auch wenn das Wort „deutsch" hier ziemlich weit verstanden werden muss. Zu diesem 1523 nach nur einem Jahr Pontifikat verstorbenen Papst fand an der Kirche der deutschsprachigen Pilger in Rom, Santa Maria dell’ Anima, an diesem Mittwoch ein Symposion statt.
 „Vor allem dürfen wir auf die Art und Weise stolz sein, wie er Papst und vorher Priester und Professor in Löwen und Erzbischof von Tortosa war. Sein Zeitalter wird nicht als eine der besten Perioden der Kirchengeschichte betrachtet."
So stellte Erzbischof Willem Eijk, Bischof der Heimatstadt Adrians Utrecht, den Papst und seine Zeit vor. Missbrauch, Ämterkauf, Abwesenheit von Bischöfen von ihren Diözesen, niedriger Bildungsstand der Kleriker, Vetternwirtschaft, Prachtliebe in Rom und anderswo: dies alles ist uns aus den Vorwürfen Martin Luthers bekannt, der genau zu der Zeit zu protestieren begann, als Hadrian Papst wurde. Die Welt war nicht mehr wirklich christlich, auch wenn die Prachtbauten der Renaissance und die Macht der Bischof Anderes suggerierte. Dies ist eine der Einsichten Hadrians, so Eijk:
„Das Leben nach christlichen Werten und Prinzipien sei vielleicht selbstverständlicher und leichter, wenn die ganze Gesellschaft sie mit Leib und Seele verbreitet." Nicht so in der Zeit Hadrians VI. „in einer solchen Situation kommt es auf die persönliche Spiritualität an, das heißt einen durchlebten Glauben und einen lebendigen Kontakt mit Gott. Diese geben die Kraft, gegen den Strom zu schwimmen. Gottvertrauen zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben des Hadrian."
Adrian war als Asket verschrien, die Römer wollten einen sparsamen und die Kardinäle mit Bedingungen überhäufenden Ausländer nicht akzeptieren. Seine Vorgänger Leo X., Julius II. und Alexander VI. waren Politiker gewesen, die viel Geld ausgegeben hatten. Nicht so Hadrian. Er wurde in einem Konklave gewählt, dass der Historiker nur als politisch erbärmlichen Kompromiss bezeichnen könne, so Eijk. Adrian von Utrecht, damals Erzbischof von Tortosa, war noch nicht einmal präsent bei diesem Konklave und wollte auch nie Papst werden. Seinen Unwillen machte er auch kund:
„Ich zitiere: ‚Wenn es stimmt, was man mir mitteilt, habe ich viele Gründe, um traurig und wehmütig zu sein’. Das hielt ihn aber nicht davon ab, schnell einen Anfang zu machen mit den notwendigen Umgestaltungen. Während er sich noch in Saragossa aufhielt, um die Seereise nach Italien vorzubereiten, erließ er schon seine Statuten für die päpstliche Kanzlei."
Kardinäle mussten ihren Luxus-Lebensstil aufgeben, Gottesdienst sollte wieder in den Mittelpunkt des kirchlichen Lebens, Reformen in der Ämtervergabe durchgeführt und Frieden statt Kriegsbeteiligung das Programm des Kirchenstaates werden. Hadrian wollte sich auch anders als seine Vorgänger dem Wirken Martin Luthers zuwenden. Er sah nicht wie noch Leo X. nur einen aufmüpfigen Mönch.
Hadrian dachte anders. Aber er sah in seinem Auftreten als erstes ein Auftreten gegen die Missstände der Kirche." Ein Überwinden dieser Missstände würde also wieder zu Einheit führen. „Das hat er wohl falsch eingeschätzt. Aber es brauchte ihn wohl zu einer einmaligen Tat. Als erster Papst in der Geschichte sprach er ein ‚mea culpa’ aus, wegen der Missstände in der Kirche. Er hatte den Mut, die Schuld auch bei sich selbst zu suchen." 1523 war das, beim Reichstag zu Worms. Der Erfolg blieb aber aus. „Die Anwesenden Prälaten fühlten sich beleidigt und waren nicht bereit, mitzuwirken. Die Lutheraner misstrauten seinem ‚mea culpa’."
Ob er als gescheitert angesehen werden muss? Erzbischof Eijk sieht, dass die Zeit für einen wie Hadrian noch nicht reif gewesen sei, erst 50 Jahre später sei es zu den von ihm gewollten Reformen gekommen. Eine Einsicht, die sich bereits auf dem Grab Hadrians in der Kirche Santa Maria dell’Anima nachlesen lässt:
„pro dolor quantum refert in quae tempora vel optimi cuiusque virtus incidat – Ach, es macht doch einen großen Unterschied, in welche Zeit die Verdienste von sogar dem besten Manne fallen." (rv)

Cordes-Nachfolger Sarah: Helfen auf „Katholisch“

Der neue vatikanische Entwicklungshilfe-Verantwortliche Erzbischof Robert Sarah will das katholische Profil kirchlicher Entwicklungshilfe stärken. Diese dürfe nicht von Ideologien, sondern müsse vom christlichen Glauben geprägt sein, sagte er am Dienstag vor Journalisten in Rom. Die Hilfswerke sollten ihre Aufgabe nicht nur in der Verwirklichung von „Projekten" sehen; zugleich müssten sie sich als Teil der Kirche und ihres Auftrages begreifen. Als Grundlage für seine Arbeit als Präsident des Päpstlichen Rates „Cor Unum" bezeichnete Sarah die Enzyklika „Deus caritas est" von Papst Benedikt XVI. aus dem Jahr 2006. Der aus dem westafrikanischen Guinea stammende Sarah ist seit Oktober Nachfolger des deutschen Kurienkardinals Paul Josef Cordes. Am Samstag beruft Papst Benedikt XVI. Sarah ins Kardinalskollegium. Eine bedeutende Rolle für die Stärkung des kirchlichen Profils spielen laut Sarah insbesondere geistliche Exerzitien für Mitarbeiter katholischer Hilfswerke. Die dritte Veranstaltung dieser Art findet nach Angaben von „Cor Unum" vom 29. November bis zum 3. Dezember mit rund 320 Teilnehmern im polnischen Tschenstochau statt. (rv) 

Großbritannien: Mehr Seminaristen

In England und Wales zeigen die Zahlen der katholischen Priesteramtskandidaten nach oben: Dieses Jahr wurde mit 56 Eintritten ins Priesterseminar ein Rekord für die letzten zehn Jahre erreicht. Das meldet die Nachrichtenagentur ccn. Die Kirche führt die steigenden Zahlen u.a. auf eine stärkere Berufungspastoral in den Bistümern und auch an katholischen Schulen zurück. Ein erstes Festival mit dem Titel „Invocation", das im Juli junge Leute in Birmingham für das Ordens- bzw. Priesterleben interessieren sollte, wurde auf einer Konferenz in der Stadt jetzt als Erfolg gewertet; es solle im nächsten Sommer wiederholt werden. (rv) 

Vatikan: Neues Medien-Portal

Der Päpstliche Medienrat richtet eine neue Internetseite ein. Auf ihr sollen die Informationsdienste des Vatikans zusammenfließen, nämlich Radio Vatikan, Osservatore Romano, Pressesaal, Fernsehzentrum und der fides-Infodienst. Das kündigte Erzbischof Claudio Maria Celli vom Päpstlichen Medienrat am Dienstag an. Als Name der Homepage sei „Vatican news" im Gespräch, doch eine Entscheidung sei noch nicht getroffen. Ein Datum für das Freischalten der Seite nannte Celli nicht. Der Erzbischof stellte im Vatikan den Regiebus des Vatikanfernsehens vor, der jetzt auch HD-Aufnahmen möglich macht. Übrigens gab es am Dienstag auch eine weitere Vereinbarung über eine vatikanische Homepage: Der Päpstliche Kulturrat und die italienische Raumfahrtagentur unterzeichneten einen Rahmenvertrag über einen gemeinsamen Kosmologie-Internetauftritt. (rv) 

„Regnum Christi“-Visitator: „Eile ist kein guter Ratgeber“

Der Apostolische Visitator der Bewegung „Regnum Christi" zieht eine Zwischenbilanz: Vor zwei Wochen traf Erzbischof Ricardo Blazquez im spanischen Valladolid Vertreter der Bewegung. Sein Wunsch sei es, die Visitation spätestens bis zum 30. Juni 2011 abzuschließen. Danach will er den Abschlussbericht verfassen.
 „Regnum Christi" ist eine sogenannte Apostolatsbewegung. Sie wurde von P. Marcial Maciel gegründet, der auch die Kongregation der Legionäre Christi ins Leben rief. Mit einem Dekret vom 10. März 2009 ordnete der Heilige Stuhl eine außerordentliche Visitation der Legionäre Christi an, um Missstände der Kongregation zu untersuchen. Von der Visitation ist also auch „Regnum Christi" betroffen. In dem Brief von vergangener Woche betont der zuständige Visitator, Ricardo Blazquez, dass er die Häuser der Bewegung besuchen möchte und auch persönliche Gespräche mit deren Mitgliedern aufnehmen möchte. Eile sei kein guter Rat, so Blazquez weiter. Deshalb sollte die ganze Visitation in „angemessener Zeit" durchgeführt werden. Der Visitator der Legionäre Christi ist Kurienerzbischof Velasio De Paolis CS, Professor für Kirchenrecht und renommierter Ordensrechtler. (rv)

Papst: „Besser kommunizieren“

Die Kirche soll sich neuer Sprechweisen und neuer Kommunikationsmöglichkeiten bedienen, um die Frohe Botschaft zu verbreiten. Das hat Benedikt XVI. vor den Angehörigen des Päpstlichen Kulturrates angeregt. Nötig sei dazu aber nicht nur ein „neuer Elan", sondern auch eine aufmerksam-kritische Haltung gegenüber eben diesen neuen Kommunikationsmöglichkeiten. „Die sprachliche Unfähigkeit, den tiefen Sinn und die Schönheit der Glaubenserfahrung mitzuteilen, kann zur Gleichgültigkeit vieler, besonders Jugendlicher, beitragen", warnte Papst Benedikt.
 Kardinal Peter Erdö hat als Mitglied des Kulturrates an der Vollversammlung und an der Papstaudienz teilgenommen. Er erinnerte daran, dass es immer schwierig war, das Evangelium weiterzugeben.
„Es ist klargeworden, dass man in der Welt der heutigen elektronischen Kommunikation nicht alles ausdrücken kann, was unser Glaube enthält. Man muss gleichzeitig verschiedene Sprachen und Kommunikationsformen beherrschen. Man muss weiterhin sprechen können, schreiben können, verfassen können. Das heißt, wir sind verantwortlich auch für die Weitergabe des Evangeliums im schriftlichen Sinn des Wortes, und wir müssen auch die logische Beweisführung weiterhin vertiefen – und gleichzeitig meinetwegen auch Reklametechniken verwenden. Es ist also eine mehrfache Herausforderung, aber die Kirche scheint davor keine Angst zu haben." (rv)

Erzbischof Koch: „Wir brauchen eine Situationsvergewisserung“

Der Einheitsrat feiert sein 50-jähriges Bestehen – und auch heute noch gibt es einige Herausforderungen für diese Vatikan-Stelle. So haben einige anglikanische Bischöfe diese Woche angekündigt, zum Katholizismus übertreten zu wollen. Das kommt fast ein Jahr nach dem Papst-Erlass „Anglicanorum coetibus", der am 9. November 2009 erschienen ist. Mario Galgano hat den Ökumene-Verantwortlichen im Vatikan, den Schweizer Erzbischof Kurt Koch, gefragt, was diese Ankündigung der anglikanischen Bischöfe für eine Bedeutung hat.
 „Dass Einzelne auch im Zeitalter der Ökumene von einer Kirche in eine andere übertreten, hat es immer gegeben. Es hat auch Priester gegeben, die in der Vergangenheit übergetreten sind. Neu ist, dass auch Bischöfe teils mit ganzen Gruppierungen übertreten. Hier in Rom haben wir eine klare Arbeitsteilung. Der Rat für die Einheit der Christen ist zuständig für den ökumenischen Dialog. Die Frage der Aufnahme der Anglikaner, die konvertieren möchten, gehört zum Zuständigkeitsbereich der Glaubenskongregation."
Es ist nun auch so, dass unter diesen anglikanischen Bischöfen auch etliche gibt, die verheiratet sind. Ist das für die katholische Kirche nicht eine unüberwindbare Herausforderung?
„Bei den Priestern haben wir bereits Erfahrungen. Sie bleiben verheiratete Priester. In der Tat besteht das Problem bei den verheirateten Bischöfen, weil unsere Tradition – und das gilt im Übrigen auch bei den Orthodoxen – keine verheirateten Bischöfe kennt. Hier muss also eine Lösung gefunden werden."
Einer dieser anglikanischen Bischöfe hat in der „Times" angekündigt, dass mehrere tausend Anglikaner konvertieren möchten. Ist das aus Sicht des Dialogs mit den Anglikanern nicht ein Problem? Die anglikanische Kirche wird ja kaum Freude daran haben.
„Das ist sicher eine schwierige Situation für die anglikanische Gemeinschaft. Das ist die eine Seite. Was unsere Kirche betrifft, so geht es darum, Menschen zu helfen, die bei uns sozusagen anklopfen und in die Gemeinschaft der Kirche aufgenommen werden möchten. Der Heilige Vater kann nichts anderes tun, als die Türe öffnen und sie empfangen, wenn die richtigen Voraussetzungen gegeben sind. Das sollte den ökumenischen Dialog nicht belasten, weil nichtsdestotrotz die Einheit gesucht wird. Insofern sehe ich darin keinen Gegensatz."
Apropos Einheit: Der Einheitsrat feiert nun sein 50-jähriges Bestehen. Das waren sicherlich Jahrzehnte mit einigen Höhepunkten und Schwierigkeiten. Sie sind zwar erst seit wenigen Monaten Präsident dieses Rates, aber welche Bilanz ziehen Sie dennoch nach 50 Jahren Einheitsrat?
„Es war eine große Tat von Papst Johannes XXIII., dass er noch vor dem Konzil das Sekretariat zur Förderung der Einheit der Christen begründet hat. Damals der Leitung von Kardinal Augustin Bea beauftragt hat. Sie haben dafür gesorgt, dass die zwei Grundanliegen von Johannes XXIII. – nämlich die Förderung der Einheit der Christen und die Erneuerung der katholischen Kirche – im Konzil guten Eingang gefunden haben. In dieser Zeit hat es sehr viel Arbeit gegeben. Es sind sehr viele Dialoge geführt worden. Der Einheitsrat führt heute mit 15 verschiedenen Kirchen Dialoge. Da konnte in der Tat sehr viel erzielt werden. Aber es ist auch sehr viel Veränderung geschehen. Das gilt insbesondere für jene Gemeinschaften, die aus der Reformation entstanden sind. Hier ist das Ziel der Ökumene immer mehr undeutlich geworden. Wir brauchen heute eine Situationsvergewisserung, in welche Richtung wir gemeinsam weitergehen wollen."
Wenn man den ökumenischen Dialog betrachtet, so hat man den Eindruck – zumindest als Nicht-Experte – dass der Dialog mit den Kirchen des Ostens weniger problematisch ist. Vor Kurzem hat der orthodoxe Metropolit von Minsk, Filaret, behauptet, dass ein Treffen des Papstes mit dem Moskauer Patriarchen unmittelbar bevorstehe. Wie sehen Sie den Dialog mit den Orthodoxen? Gibt es da wirklich weniger Schwierigkeiten?
„Jeder Dialog hat seine eigenen Probleme. Mit den Kirchen des Ostens muss man klar unterscheiden: Es gibt die orthodoxen Kirchen. Und es gibt die altorientalischen Kirchen. Diese haben ihre eigenen Fragen und eigene Fortschritte sowie eigenen Schwierigkeiten. Im Dialog mit den Orthodoxen haben wir vor einiger Zeit in Ravenna einen großen Schritt unternehmen können. Beide Kirchengemeinschaften sind darüber einig, dass es auf der Ebene des Ortes und der Region sowie der universalen Dimension einen Protos – also einen Ersten – braucht. Die Frage, die wir uns vorgenommen hatten, ist, wie dieser Protos als Bischof von Rom im ersten Jahrtausend einer uns gemeinsamen Geschichte ausgeübt hat. Da sind wir aber ein bisschen ins Stocken geraten. Beide Seiten dieselbe Geschichte anders lesen. Wir werden jetzt den Dialog weiter führen mit einer theologischen Reflexion über das Verhältnis zwischen Primat und Synodalität der Kirche."
Sie haben auch von den Altorientalen gesprochen. Das sind ja vor allem Kirchen, die im Nahen Osten sind. Was ist Ihr Fazit von der Nahostsynode im Vatikan aus Sicht der Ökumene?
„Die katholischen Ostkirchen haben eine grundlegende Bedeutung. Sie können eine Brückenbaufunktion ausüben, weil sie auf der einen Seite die orientalische Tradition leben. Sie haben ihre Riten. Auf der anderen Seite stehen sie in voller Einheit mit dem Bischof von Rom. Insofern leben sie im Grunde genommen schon etwas vorweg, was in der Ökumene mit den Orthodoxen noch gefunden werden muss."
Um den Kreis zu schließen: Der Papst hat Sie ernannt, weil es ihm auch ein Anliegen ist, den Dialog mit den evangelischen Kirchen zu fördern. Wie sieht es im Augenblick aus? Gibt es überhaupt einen Dialog mit den reformierten Gemeinschaften?
„Man muss zunächst einmal sehen, dass innerhalb des Weltprotestantismus keine nennenswerten Bewegungen auf mehr Einheit hin stattfinden. Es gibt im Gegenteil viele neue Fragmentierungen. Immer mehr Gruppierungen suchen den Dialog mit uns. Sie fühlen sich nicht mehr in den großen Bünden beheimatet. Was vom Inhalt her notwendig ist, ist die Frage: Was ist überhaupt Kirche? Denn die Aussage des Dokuments „Dominus Jesus" von 2000, dass die aus der Reformation hervorgegangenen kirchlichen Gemeinschaften nicht Kirche im eigentlichen Sinne sind, hat ja ungeheuer viel Ärger ausgelöst. Aber es hilft ja nicht 30 Jahre lang traurig darüber zu sein. Jetzt muss vielmehr der Dialog in Gang kommen, was wir als katholische oder protestantische Gemeinschaft überhaupt unter Kirche verstehen. Eine weitere Frage ist, wie wir Schritte unternehmen können, um auf ein gemeinsameres Kirchenverständnis zu machen."
Herr Erzbischof Koch, herzlichen Dank für das Gespräch. (rv)