Der frühere Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, weist Vorwürfe zurück, dass die Kirche in der Vergangenheit Missbrauchsfälle systematisch vertuscht habe. In einem Kommentar nennt der Mainzer Bischof dies eine – so wörtlich – „ganz und gar unberechtigte Unterstellung“ und eine „Verleumdung“. Zwar habe es früher sicher auch in einzelnen Fällen eine gewisse „Verharmlosung“ gegeben; doch sei die Kirche schon lange entschieden auf Aufklärung umgeschwenkt. Wer behaupte, dass die Kirche nicht wirklich aufklären wolle, verbreite „Unsinn“.
Der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler hat derweil die Sexualmoral der katholischen Kirche als verlogen kritisiert. „Das Sexualleben steht bei ihr unter dem Verdacht, etwas potenziell Schlechtes zu sein“, sagte der 80-Jährigte in einem Interview der „Frankfurter Rundschau“. Zugleich habe die Kirche in Sexualfragen stets strenge Maßstäbe an sich und ihre Mitglieder angelegt. Die inzwischen bekanntgewordenen Missbrauchsfälle zeigten jedoch, dass Anspruch und Wirklichkeit weit auseinanderklafften. Um ihre Glaubwürdigkeit wiederherzustellen, müsse die Kirche „von ihrem hohen Ross herunter“. Der ehemalige Jesuitenschüler bedauerte zugleich, dass der gesamte Jesuitenorden wegen des Fehlverhaltens Einzelner an den Pranger gestellt werde. Durch den Missbrauchsskandal an den Gymnasien des Ordens werde „die sehr gute Bildungs- und Erziehungsarbeit der Jesuiten diskreditiert“. Geißler wörtlich: „Das stimmt mich traurig.“
Die deutsche Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger denkt weiter über eine Verlängerung der zivilrechtlichen Verjährungsfrist nach. Das sagte die FDP-Politikerin der „Berliner Zeitung“. Zwar sei eine solche Verlängerung nur schwer zu bewerkstelligen, was die strafrechtliche Seite betreffe. Doch sei es möglich, die Fristen für den Anspruch auf Schmerzensgeld oder Schadenersatz zu verlängern. Leutheusser-Schnarrenberger war kürzlich von den deutschen Bischöfen scharf kritisiert worden, nachdem sie den kirchlichen Umgang mit Missbrauchsfällen kritisiert hatte. (rv)
Tag: 3. März 2010
Italien: Kruzifix-Urteil wird neu verhandelt
Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof wird über das umstrittene Kruzifix-Urteil neu verhandeln. Ein aus fünf Richtern bestehendes Gremium billigte die Überweisung des Falls an eine aus 17 Richtern bestehende Grosse Kammer. Das teilte der Gerichtshof am Dienstag in Strassburg mit. Regierung und katholische Kirche in Italien begrüssten die Wiederaufnahme des Kruzifix-Verfahrens. Aussenminister Franco Frattini sagte in Rom, er sehe „mit Genugtuung", dass die Richter die detaillierten Einwände Italiens gegen das Verbot von Kruzifixen in Klassenzimmern akzeptiert hätten. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Angelo Bagnasco, nannte die Ankündigung aus Strassburg einen „Akt des gesunden Menschenverstands". Kardinal Peter Erdö vom Rat der Europäischen Bischofskonferenzen betonte, Entscheidungen über religiöse Belange müssten auf nationaler Ebene gefällt werden. Das Gericht habe jetzt die Chance, das Vertrauen in die europäischen Institutionen wiederherzustellen. Anfang November hatte der Menschenrechtsgerichtshof einer Klägerin Recht gegeben, die sich in Italien vergeblich gegen die Kreuze an öffentlichen Schulen gewandt hatte. Italien legte Ende Januar gegen das Urteil Widerspruch ein. Gegen die nun anstehende Entscheidung der 17 Richter ist kein Einspruch mehr möglich. Wann das Urteil der Grossen Kammer ergeht, ist offen. Das Verfahren werde in jedem Fall mehrere Monate in Anspruch nehmen, hiess es beim Menschenrechtsgerichtshof. (rv)
Großbritannien: Neues von Williamson
Der Traditionalisten-Bischof Richard Williamson hat den Islam heftig angegriffen und damit Kritik ausgelöst. Es handle sich um „eine einfache und gewalttätige Religion, welche die ganze Welt mit dem Schwert zu erobern“ trachte. Das schreibt der Brite laut einem Internet-Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ in einer E-Mail-Kolumne. Der Islam sei „eine Geissel Gottes“, das Christentum habe ihn „tausend Jahre lang nur durch das Schwert in Schach halten“ können, zitiert ihn die Zeitung. Zudem sei der Islam eine „Abspaltung von der katholischen Christenheit im Nahen Osten“. Heute wollten die „Mohammedaner in die Lage gelangen, Europa zu erobern“. Aber obwohl Europa täglich mehr „verfaule“, gebe es noch viele Europäer mit so grosser Liebe zur eigenen Lebensart, „dass sie diese mit einem Blutbad verteidigen werden“. Es erscheine immer wahrscheinlicher, dass Gott dieses Blutbad „als Strafe zulassen“ könnte. Der Geschäftsführer des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek nannte Williamson in einer ersten Reaktion einen „Brandstifter und Hassprediger“. Nach dem Antisemitismus folge nun „beinahe logisch die Islamfeindlichkeit“. Der Geschäftsführer der katholischen Christlich-Islamischen Begegnungs- und Dokumentationsstelle der Bischofskonferenz, Peter Hünseler, nannte Williamsons Äusserung eine „Entgleisung“ und „Anmassung“. Williamson gehört zur schismatisch orientierten „Piusbruderschaft“. Seine Äußerungen belasten die Bemühungen des Papstes, die Bruderschaft wieder an die katholische Kirche heranzuführen. (rv)
Vatikan: Papst will zur „Sagrada Familia“
Papst Benedikt XVI. wird in diesem Herbst für zwei Tage nach Nordspanien reisen. Das wurde an diesem Mittwoch bekannt. Geplant sei für den 6. November eine Visite in Santiago de Compostela, wo der Apostel Jakobus verehrt wird. Die galizische Stadt am berühmten Jakobsweg feiert derzeit ihr Heiliges Jakobus-Jahr. Am 7. November wird der Papst dann nach Barcelona reisen. Dort will er den Altar der berühmten Basilika „Sagrada Familia" weihen, die ein Werk von Antoni Gaudi ist. Für den katalanischen Architekten ist ein Seligsprechungsverfahren im Gang. Benedikt XVI. war schon 2006 zu einem Weltfamilientag im spanischen Valencia; nächstes Jahr wird er in Madrid im August am kirchlichen Weltjugendtag teilnehmen. (rv)
Vatikan: Kardinal Sandri neues Mitglied der Bischofskongregation
Papst Benedikt XVI. hat Leonardo Kardinal Sandri am 02.03.2010 zum Mitglied der Kongregation der Bischöfe ernannt. Der Argentinische Kardinal ist neben seinem Amt als Präfekt der Kongregation für die Orientalischen Kirchen in mehreren Kongregtionen als Mitglied tätig. Zusätzlich arbeitet er in drei Päpstlichen Räten und in zwei Päpstlichen Kommitees als Mitglied mit. (vh)