Die Bischofskonferenz wird Präsident Barack Obama in den nächsten Monaten mit Argusaugen beobachten. Das kündigte ihr Vorsitzender an: Kardinal Francis George, der Erzbischof von Obamas Wahlheimat Chicago. Ihm geht es darum, dass die Gesundheitsreform nicht ein Hintertürchen für Abtreibungen öffnet.
Gerade erst hatte Obama seine mühsam durchgesetzte Reform unterschrieben, da meldete sich schon Kardinal George zu Wort: „Wir freuen uns über das Vorhaben, Krankenversicherungen für alle zu ermöglichen“, sagte er im Namen des Ständigen Rats der US-Bischöfe. Einige Bedenken gebe es da aber noch: Etwa die Frage, ob Ärzte und Krankenhelfer unter Berufung auf ihr Gewissen die Mitwirkung an Abtreibungen verweigern können. Abtreibungen – das ist das Reizwort, das nicht nur bei den Republikanern, sondern auch bei vielen von Obamas Demokraten für eine Ablehnung der Gesundheitsreform sorgte. Und dafür, dass sie das Abgeordnetenhaus schließlich am Wochenende nur mit sehr knapper Mehrheit passierte. Der Präsident hat den Lebensschützern ein Dekret versprochen, das die staatliche Finanzierung von Abtreibungen verbietet. Aber „wir verstehen nicht, wie so ein Dekret auch beim besten Willen ein richtiges Gesetz ersetzen soll“, meint Kardinal George: „Wir brauchen einen funktionierenden Mechanismus, der verhindert, dass doch Bundesgelder für Abtreibungen verwendet werden“. Und weiter: „Wir und viele andere werden die Regierung bei der Umsetzung der Gesundheitsreform genau beobachten und dafür sorgen, dass Kongress und Regierung ihre Versprechungen halten. Und wir sind uns fast sicher, dass die Reform weitere Gesetze brauchen wird, um ihre Defizite anzugehen.“
Weniger umwölkt sind US-Bischofsstirnen, wenn es um das Thema Kindesmissbrauch geht: Da zeigt sich immer klarer, dass die Kirche ihre Lektion nach den großen Skandalen vor zehn Jahren gelernt hat. Der jetzt veröffentlichte Jahresbericht für 2009 spricht von der niedrigsten Zahl von berichteten Fällen seit 2004, und die Zahl der Diözesanpriester, die des Missbrauchs beschuldigt werden, ist seit dem Vorjahr um ein Drittel gefallen. Außerdem sind nahezu alle Fälle, von denen die Kirche 2009 erfuhr, Jahrzehnte alt. Insgesamt gab es laut Bericht fast vierhundert Fälle, die Zahl der Täter wird mit 286 angegeben. Ein Achtel der Beschuldigungen hätten sich im Lauf des Jahres als „nicht substanziell oder falsch“ herausgestellt. 96 Prozent der Kinder in katholischen Schulen oder Einrichtungen der USA haben mittlerweile ein Anti-Missbrauch-Training durchlaufen; nur zwei kleine Bistümer haben sich dem offenbar verweigert.
Ein drittes Thema, das die Bischöfe der Vereinigten Staaten derzeit umtreibt, sind ihre Beziehungen zur anglikanischen Kirche, die in den USA Episkopalkirche heißt. In Florida sprach die katholisch-anglikanische Dialogkommission vor ein paar Tagen u.a. über den Schachzug des Vatikans, für übertrittswillige Anglikaner eigene Strukturen innerhalb der katholischen Kirche zu schaffen. Bei den Beratungen wurde die Sorge laut, ob das die Beziehungen zwischen den Kirchen und auch „das innere Leben der katholischen Kirche“ belasten könnte. Die anglikanische Seite wies darauf hin, dass aus ihrer Sicht ein solcher Übertritt nur für Gruppen interessant sei, die sich schon früher von der Episkopalkirche abgespalten haben. Seit die US-Anglikaner die Frauenordination erlaubten, hätten schon „einige Personen und Gruppen“ von einer Regelung der katholischen US-Kirche Gebrauch gemacht: Diese erlaubt immerhin schon seit 1980 einen Übertritt unter Beibehaltung von „Elementen der liturgischen Tradition der Anglikaner“. (rv)
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