Belgien: Der Burka geht es an den Kragen

In Belgien geht es der Burka an den Kragen: Einstimmig sprach sich das belgische Abgeordnetenhaus am Donnerstagabend gegen den Ganzkörperschleier aus; es gab zwei Enthaltungen. Das Gesetz wird jedoch wohl erst nach den vorgezogenen Parlamentswahlen in Kraft treten. Aufgrund der Regierungskrise kann der Senat sich offenbar erst dann mit dem Gesetz befassen. Würde das Gesetz doch noch im Senat angenommen, wäre Belgien das erste Land Europas, das ein komplettes Verhüllen des Gesichts unter Strafe stellt. Wie sieht es in andere europäischen Ländern aus? Ein Überblick.
Das auf den Weg gebrachte Burka-Verbot in Belgien sieht Geldstrafen von 15 bis 25 Euro und sogar einen Freiheitsentzug von bis zu sieben Tagen vor. Es soll an allen öffentlichen Orten, auf Straßen und in Geschäften gelten. Frankreich stimmt im Mai über ein Burka-Verbot ab. Trotz der Zweifel des Verfassungsgerichtes an der Vereinbarkeit des Gesetzes mit der Europäischen Menschenrechtskonvention legte Staatspräsident Nicolas Sarkozy noch nach: er forderte ein umfassendes „Vermummungsverbot". In den Niederlanden ist die Burka zwar noch nicht offiziell verboten, Burka-Trägerinnen in Utrecht wird aber Sozialhilfe gekürzt. In der Schweiz war auf dem Anti-Minarett-Plakat auch eine vermummte Muslimin zu sehen. Doch wo die Minarettangst zum Verbot führte, lehnte der Bundesrat ein Burka-Verbot mit Verweis auf Religionsfreiheit ab. Deutschland hält sich in Sachen Burka eher bedeckt – mit einem Verbot geriete wohl auch die christliche Symbolik im öffentlichen Raum in Gefahr, fürchten vor allem Christdemokraten. Entspannt gehen die Burka-Frage die Nordeuropäer an. „Es ist nicht britisch, den Leuten vorzuschreiben, wie sie sich anzuziehen haben", kommentierte der englische Erziehungsminister Ed Balls. Ja zur Burka sagen Finnland, Schweden und Norwegen, sogar in der Mode: So brachten norwegische Modedesigner die Burka im März 2008 auf den Laufsteg. (rv)

D: Bischöfe begrüßen neue Nihil-obstat-Normen

Die deutschen Bischöfe begrüßen die neuen „Nihil-obstat-Normen“ der vatikanischen Bildungskongregation. Damit werde erstmals für alle theologischen Fakultäten und Hochschulen in Deutschland die kirchliche Mitwirkung bei der Berufung von Theologieprofessoren geregelt. Das teilte die Deutsche Bischofskonferenz am Freitag mit. Mit der neuen Regelung werde ein für alle Beteiligten transparentes Verfahren gewährleistet, so der Konferenzvorsitzende, Erzbischof Robert Zollitsch. Das lateinische „Nihil obstat“ bedeutet wörtlich: „Es steht nichts entgegen.“ Der Ausdruck bezeichnet die kirchliche Unbedenklichkeitserklärung, die für einen katholischen Theologen notwendig ist, um an einer Universität lehren zu können. Andere gebräuchliche Begriffe sind Lehrerlaubnis oder -befugnis. Nach dem Staatskirchenrecht wird sie vom jeweiligen Ortsbischof erteilt. Ohne dessen Zustimmung darf der Staat keinen theologischen Lehrstuhl besetzen. Die neuen Normen sind mit Dekret vom 25. März 2010 für fünf Jahre probehalber in Kraft gesetzt worden. Sie gelten sinngemäß auch für die Fakultäten und Hochschulen in kirchlicher Trägerschaft. (rv)

Die Kolumne: Ökumene fordert und fördert

Der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland beim Heiligen Stuhl, Hans-Henning Horstmann, betont in seiner Monatskolumne für Radio Vatikan die Bedeutung der Ökumene für Gemeinsinn und Gesellschaft:

Sehr verehrte Hörerinnen, sehr verehrte Hörer,

 
Deutschland ist mit seinen fast gleichgroßen Anteilen katholischer und evangelisch-lutheranischer Christen das Land der Ökumene. Vom 12. bis zum 16. Mai beten, singen und diskutieren tausende Gläubige beim 2. Ökumenischen Kirchentag in München. Der Leitspruch lautet:"Damit Ihr Hoffnung habt".
Der Kirchentag in München gibt eine einzigartige Möglichkeit in unserer Welt der Kriege, Katastrophen und Krisen inne zu halten und in Gebet und Gespräch Hoffnung und Zuversicht zu stärken. Politikerinnen und Politiker, Unternehmerinnen und Unternehmer, Menschen aus allen Bereichen der Gesellschaft und aus mindestens drei Generationen werden sich vier Tage austauschen und stärken können. Dieser Kirchentag kann die Menschen in Glaube, Liebe und Hoffnung stärken und so in einer Welt, die für viele aus den Fugen gerät, Impulse und Anregungen für ein aktives gesellschaftliches Engagement geben.
Mehr denn je wird klar, dass der Staat auf den Gemeinsinn seiner Bürgerinnen und Bürger angewiesen ist. Der Kirchentag in München führt Menschen zusammen, die ihre christlichen Werte und ein auf das Kreuz ausgerichtetes Koordinatensystem leben: In der Familie, in den Schulen, in den wirtschaftlichen Unternehmungen, in den staatlichen Institutionen.
Ein wichtiges Dokument für die Diskussionen wird die Sozialenzyklika Caritas in Veritate von Papst Benedikt XVI. sein. Dieses päpstliche Lehrschreiben gibt seit Juli 2009 Wegweisungen für verantwortliches Handeln in dem chancenreichen, aber gegenwärtig vor allem durch Krisen gekennzeichneten Globalisierungsprozess.
Der Kirchentag in München wird unter anderem drei Entwicklungen verdeutlichen:
1. Die Erfolgsgeschichte der Ökumene: Die ökumenische Bewegung begann vor einhundert Jahren auf der Weltmissionskonferenz in Edinburgh und beschränkte sich zunächst auf die evangelischen Kirchen und Missionsgesellschaften aus dem anglo-amerikanischen Bereich. Im Zuge des 2. Vatikanischen Konzils nahm auch der Heilige Stuhl aktiv am ökumenischen Gespräch teil. Die orthodoxen Kirchen schlossen sich an. 349 christliche Kirchen haben sich in dem ökumenischen Rat der Kirchen zusammengefunden. Die römisch-katholische Weltkirche ist heute durch den Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen ein unerlässlicher, vitaler Motor für die Ökumene.
2. Die Ökumene fördert und fordert das enge Zusammenwirken von Staat und Kirche. Der Kirchentag in München gibt einmal mehr die Gelegenheit, sich auf die gute deutsche Tradition der kooperativen Laizität zwischen Staat und den beiden Kirchen, wie sie sich nach dem zweiten Weltkrieg entwickelt hat, zu besinnen. Der Kirchentag zeigt auch, dass diese kooperative Laizität nicht exklusiv ist, sondern inklusiv, d.h. alle Religionsgemeinschaften in unserem Land, zu Dialog und Kooperation auffordert. Die Ökumene kann erheblich dazu beitragen, dass die Integration von Migranten in unserem Land besser gelingt. Sie ist für viele in Deutschland ein Beispiel religiöser Toleranz und Offenheit.
3. Die Europäische Union und Europa sind für ihre fortschreitende Integration auf die europäische Zusammenarbeit der Kirchen angewiesen. Die Konferenz europäischer Kirchen und der Rat der europäischen Bischofskonferenzen haben sich aktiv und fruchtbar im Ringen um den Vertrag von Lissabon als Grundlagenvertrag der Arbeitsweise der europäischen Union und ihre weitere Entwicklung beteiligt. Besondere Bedeutung haben die orthodoxen Kirchen für den europäischen Einigungsprozess.
Das Wort Ökumene ist ein griechisches Wort und bedeutet:"Die bewohnte Erde". Ökumene ist so auch als Aufforderung und Gebot zu verstehen, die Schöpfung zu bewahren und zu erhalten. Diesem Auftrag versuchen gerade der Heilige Stuhl und Deutschland gerecht zu werden. Wir können aus meiner Sicht die uns gesetzten Ziele nur dann erreichen, wenn wir sie mutiger im Bewusstsein unserer Verantwortung vor Gott und den Menschen und ganzheitlich angehen, d.h. diese Aufgabe ist nicht einem Ministerium zugeordnet, sondern der gesamten Regierung und Gesellschaft. Und: Ich erlebe immer wieder, wie gerade Kinder sich schöpfungsbewusst verhalten und den Großvater zum sparsameren Umgang mit Wasser auffordern. Das gibt doch Mut!
Die Gebete und Gespräche in München sollten auch von all denen mit und weiter getragen werden, die nicht in München sein werden. So kann der zweite Ökumenische Kirchentag ein dringend notwendiger neuer Anstoß für den Weg durch die Krisen zur Katharsis sein. Kirche, Staat und Gesellschaft haben sich auf den Weg zur Läuterung gemacht. Es wird ein langer und schwerer Weg sein.
Der Kirchentag zeigt, dass wir nicht auf uns allein gestellt sind, sondern gemeinsam mit vielen Menschen guten Willens diesen Weg beschreiten.

Hans-Henning Horstmann (rv)

Vatikan: Neue Apologetik

Die katholische Kirche benötigt eine neue Apologetik. Das sagt am Donnerstag der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal William Levada, an einem Kongress in Rom. Die Apologetik ist die Verteidigung und Begründung des Katholischen Glaubens. Diese neue Einstellung müsse im 21. Jahrhundert vor allem einen Schwerpunkt auf die Schönheit der Schöpfung legen, so Levada. Es gehe nun darum, dass sich die katholische Kirche noch stärker als bisher der Bewahrung der Schöpfung ausrichte. Damit verbunden sei auch die Förderung von Frieden und Gerechtigkeit unter den Menschen. (rv)

Vatikan/China: Chance auf Konstantinische Wende

„Bessere Stadt, besseres Leben" – unter diesem Motto steht die Weltausstellung, die am Samstag in der chinesischen Megapolis Shanghai startet. Am Start ist auch ein Pavillon aus Taiwan – allerdings keiner aus der Vatikanstadt. Dabei ist das Thema Christentum im China von heute präsent wie noch nie – schon jetzt sollen christliche Kirchen und Gruppen mehr Mitglieder haben als die Kommunistische Partei. Trotz aller Schwierigkeiten zwischen Vatikan und Peking glaubt der katholische Journalist und China-Kenner Michael Ragg an eine große Zukunft des Christentums im Reich der Mitte.
„Worauf man sich durchaus einstellen kann, das ist die Chance einer Konstantinischen Wende. Wenn die Entwicklung so weitergeht wie jetzt, dann ist es durchaus möglich, dass sich China insgesamt mehrheitlich dem Christentum zuwendet –das gibt enorme Chancen für die Weltkirche, und auch in der Weltpolitik hätte das enorme und für uns sehr positive Auswirkungen. Ich habe zum Beispiel von etlichen Christen an unterschiedlichen Orten in China gehört: Wir bereiten uns schon vor auf die Missionierung der muslimischen Welt; wir werden sozusagen von Osten her da eine ganz neue Dynamik in die Entwicklung der Religionen der Welt bringen. Also, die haben da ein gesundes Selbstbewußtsein und auch den nötigen Eifer, die nötige Härte, die man braucht, um missionarisch tätig zu werden. Es gibt ganze Gruppen von Gläubigen, die sich etwa darauf vorbereiten, in Nordkorea zu missionieren, sobald es da Möglichkeiten gibt – also, die Chancen, die sich in China ergeben, sind enorm, und darum legt der Vatikan ja auch so ein starkes Augenmerk darauf. Der Papst sagt ja schon wie sein Vorgänger, er bete jeden Tag für China – da sind besondere Anstrengungen im Gang, die allerdings meistens natürlich nicht an die Öffentlichkeit gelangen…"
Ragg war lange Pressesprecher des internationalen katholischen Hilfswerks „Kirche in Not". Er reist oft nach China und Taiwan und hält in ganz Deutschland Vorträge über die Christen in China. (rv)

Vatikan: Papst empfängt Zollitsch, Marx und Losinger

Papst Benedikt XVI. hat an diesem Donnerstag deutsche Bischöfe in Privataudienz empfangen. Das haben der Vatikan und die deutsche Bischofskonferenz bekannt gegeben. Beim Papst waren der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, der Münchener Erzbischof Reinhard Marx und der Augsburger Weihbischof Anton Losinger. Anlass der Begegnung war die Bitte des Bischofs von Augsburg Walter Mixa um Entpflichtung vom Amt des Augsburger Diözesanbischofs und des Katholischen Militärbischofs für die Deutsche Bundeswehr. Die Entscheidung über die Annahme des Gesuches liegt bei Papst Benedikt. Die Audienz hat um zwölf Uhr stattgefunden, es schloss sich ein gemeinsames Mittagessen an. Über den Inhalt der Unterredung wurde nichts bekannt. (rv)

Vatikan: Beratungen über Legionäre Christi

Fünf Bischöfe stellen am Freitag im Vatikan ihre Überlegungen zur Zukunft der „Legionäre Christi" vor. Das bestätigte der Vatikan an diesem Mittwoch. Die Bischöfe waren vom Papst mit einer Apostolischen Visitation der Gemeinschaft beauftragt worden. Grund waren schwere Vorwürfe gegen den inzwischen verstorbenen Gründer der „Legionäre", den Mexikaner Macial Maciel Delgado; dieser soll ein Doppelleben geführt sowie Kinder und Seminaristen sexuell missbraucht haben. Nach den Beratungen vom Freitag will der Vatikan ein Statement veröffentlichen; mit einer schnellen Entscheidung über die Zukunft der Gemeinschaft ist aber nicht zu rechnen. Erst wird der Papst über die Berichte der fünf Bischöfe nachdenken. – Derweil ist ein Dokument der vatikanischen Glaubenskongregation von 2007 bekannt geworden. In dem Schreiben teilt die Behörde der Kongregation für Heiligsprechungen mit, dass Papst Johannes Paul II. offenbar nicht umfassend über die Vorwürfe gegen Macial Maciel informiert gewesen sei. Es habe jedoch einige an den Papst gerichtete Briefe mit Anschuldigungen gegen den mexikanischen Ordensgründer gegeben. Ob diese das Kirchenoberhaupt erreichten, geht aus dem Schreiben der Glaubenskongregation nicht hervor. (rv)

Kardinal Levada: „Höheren Maßstab an uns selbst anlegen“

Der Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation verteidigt den Umgang der Kirche mit Missbrauchsfällen. In einem Interview mit dem US-Fernsehen meinte Kardinal William Joseph Levada, es würde ihn nicht überraschen, wenn noch mehr Bischöfe weltweit wegen dieses Themas um ihren Rücktritt bäten. Bei der Auswahl von Bischöfen gebe es jetzt angesichts der Krise zwar „keinen neuen Standard, aber der bisherige wird vielleicht noch rigoroser angewandt als in der Vergangenheit."
„Es ist eine große Krise: Niemand sollte versuchen, sie herunterzureden. Sie ist meiner Ansicht nach besonders schwer, weil Priester eigentlich gute Hirten sein sollten – und sie werden zum genauen Gegenteil, wenn sie Kinder missbrauchen und ihre Unschuld verletzen. Der Ausbruch dieser Krise hat die meisten von uns wohl überrascht; ein Bischof sagte mir: Das ist eigentlich nicht der Verein, dem ich beigetreten bin… Doch der Papst scheint mir der richtige Mann, um die Kirche in diesem Moment zu führen."
Der Amerikaner Levada kann sich noch gut an die Missbrauchsskandale in der US-Kirche zu Beginn des Jahrhunderts erinnern. Trotzdem ist die jetzige Krise für ihn kein déja-vu.
„Bei der derzeitigen medialen Spannung spielen zwei Elemente eine Rolle: Zum einen die Lage in Irland, wo der Bericht über das Erzbistum Dublin über Irland hinaus viel Entsetzen ausgelöst hat. Und zweitens will ich doch offen sagen: Es gibt zwar keine Verschwörung der Medien oder etwas in der Art, aber ich denke doch, dass die US-Medien sich zu sehr auf den Versuch eingelassen haben, den Papst irgendwie in die Sache hineinzuziehen, sogar in Gerichtsprozesse… Das ist zwar zum Scheitern verurteilt, aber es hat doch einen Teil der Medienberichterstattung bestimmt… Die Medien wollen natürlich eine gute Story – aber ich glaube, nach vernünftigen Maßstäben haben sie nicht unbedingt ein ausgeglichenes Bild gezeichnet, ein Bild mit Kontext."
Der Kardinal, der nur sehr selten Interviews gibt, nennt auch ein Beispiel, was für ihn zu einem „Bild mit Kontext" gehört:
„Ich habe in den Berichten nicht viel davon wiedergefunden, was die US-Kirche getan hat. Die Bischöfe haben 2002 – durchaus unter Druck der Medien, das ist richtig – sehr konkret gehandelt. Wenn Sie die Erziehungsprogramme für Eltern, für Kinder sehen, die ausgearbeitet wurden – auch für alle Kirchenmitarbeiter, für Priester und Lehrer –, das ist eine wirkliche Erfolgsstory! Das kann ein Modell sein für öffentliche Schulen oder Pfadfinder, auch wenn die in Sachen Missbrauch bei weitem nicht so unter Medienbeobachtung stehen wie die Kirche – das ist sicher ein Aspekt."
Dass die Medien die Kirche so genau beobachten, kann Levada aber irgendwie auch verstehen.
„Wir sollten einen höheren Maßstab an uns selbst anlegen. Ich glaube, die Gründe für die Missbrauchsfälle gehen zurück auf Änderungen in der Gesellschaft, auf die die Kirche und Priester nicht vorbereitet waren. Etwa: Wie kann man in Zeiten der sexuellen Revolution zölibatär leben? Das ist einer der Gründe, würde ich sagen."
Frage an Kardinal Levada: Hat die Kirche in der Vergangenheit Missbrauchsfälle vertuscht?
„Ich glaube, da darf man einen Aspekt nicht vergessen, der die Kirche betrifft, aber auch die ganze Gesellschaft: dass das nämlich ein Lernprozess war. Und dieser Prozess ist auch noch nicht zu Ende! Ich wurde 1993 zum Bischof ernannt; in dieser Zeit hatte ich noch nie auch nur von einem Fall gehört, in dem ein Priester ein Kind missbraucht hätte. Dabei fand das hinter verschlossenen Türen längst statt, wie wir heute wissen – keiner meldete das. Wir haben viel Zeit gebraucht, zu verstehen, wie man damit umzugehen hat. Und Zeit, zu verstehen, wieviel Schaden durch diese Taten den Opfern, den Kindern, angetan wird… Wenn man zum ersten Mal von so einem Fall hört, dann denkt man: Das ist ein Einzelfall, dann realisiert man nicht, dass da alle sechs Monate neue Fälle gemeldet werden. Das mussten wir erst lernen, und auch, wie man damit effektiver umgeht."
Zu den Angriffen auf Papst Benedikt für den Umgang mit Missbrauchsfällen hat sich Levada vor einem Monat schon ausführlich geäußert – schließlich war der jetzige Papst an der Spitze der Glaubenskongregation sein Vorgänger.
„Diese Kritik war im wesentlichen unfair; die Fälle lagen alle Jahrzehnte zurück, es ging nicht um aktuelle Fälle… ich glaube nicht, dass der Papst in diesen Fällen zu Recht kritisiert werden kann."
Italienische Medien spekulieren in den letzten Tagen über ein öffentliches Mea Culpa des Papstes – etwa zum Abschluss des Priesterjahres im Juni. Levada dazu:
„Ich bin kein guter Prophet – er ist der Papst, ich leite diese Behörde. Ich sage ihm, was ich mache, aber er sagt mir nicht, was er plant. Wir müssen abwarten, was er tun wird… aber ich wäre nicht überrascht." (rv)

Spanien: Migration als menschliche und nicht soziologische Herausfoderung

Bischöfe aus ganz Europa beraten ab heute über Migration und Mobilität in Europa. „Europa der Menschen in Bewegung. Ängste überwinden, Perspektiven aufzeigen" – mit diesem Motto ist das Treffen im spanischen Malaga überschrieben. Die Bischöfe und Fachleute wollen darüber beraten, was genau Menschen zur Migration bewegt und welche Konsequenzen sich aus diesen Migrationsströmen für die Kirche ergeben. Der Generalsekretär des Rates der europäischen Bischofskonferenzen Duarte da Cunha erklärte in einem Interview mit Radio Vatikan die die Perspektive, unter der das Problem diskutiert würde:
„Wir wollen über Menschen sprechen, über Migranten als Menschen, mit Würde und nicht nur von einem soziologischen Blickpunkt aus. Wie leben Migranten genau in ihren Gemeinschaften, Familien, in der Gesellschaft. Ist ihre Lebenssituation nach der Migration besser, das wollen wir uns angucken. Also, wir gucken uns den Menschen an, die menschliche Person."
Schätzungen nach gibt es weltweit rund 200 Millionen Migranten. Das Problem der Migration ist eine weltweite Herausforderung, meint da Cunha. Daher ist es auch ein Thema für alle Staaten in Europa und nicht nur ein Problem der Mittelmeer-Anrainer:
„Was wir vor allem während der Vorbereitung des Gipfels gesehen haben, ist, dass Migranten heute über ganz Europa verteilt sind. Es ist also sehr wichtig, dass wir diesen Punkt ernst nehmen. Wir müssen deshalb die Europäer von West nach Ost, von arm nach reich, aller unterschiedlichen Kulturen zusammenbringen und zum Dialog aufrufen. Das ist natürlich nichts, was sofort passiert, aber es ist eine Aufgabe der Kirche, diese Dialogkultur zu fördern."
Sehr aktiv zeigt sich die Kirche vorallem in der Sozialarbeit, wenn es darum geht, etwa Flüchtlingen zu helfen oder arme Zuwanderer mit dem Nötigsten zu versorgen. Doch Kirche dürfe nicht nur eine soziale Mission betreiben, mahnt da Cunha:
„Wie können wir mit so vielen Veränderungen, sei es im Glauben oder wie Menschen heutzutage leben, wie können wir da das Evangelium verkünden und den Menschen Jesus nahe bringen. Das wird auch ein Teil unseres Kongresses sein. Wie kann die frohe Botschaft verkündet werden in einer Migrantenkultur, in diesem Europa, das sich stetig wandelt."
Viele Menschen seien heute durch die Arbeit zu Flexibilität aufgerufen, zu Umzügen auch über die Grenzen der Heimatländer hinweg. Für sie gibt es bereits viele Anlaufstellen, meint der Generalsekretär des Rates der europäischen Bischofskonferenzen. Diese bestehenden Angebote werden auch von den Kongressteilnehmern bis Samstag diskutiert. Ein weiterer Aspekt wird aber auch das Angebot der Kirche für ausländische Studenten sein.
„Auch für die Studenten, da ist ja auch so viel in Bewegung, innerhalb der EU. Da gucken wir, wie die Universitäten und Schulen die ausländischen Studenten aufnehmen. Aber wir fragen uns auch, wie die Kirche die jungen Menschen aufnehmen kann. Wie kann Sie Ihnen helfen, eine Identität zu finden und ihren Glauben zu leben." (rv)

Großbritannien: Spitzenpolitiker unterstützen Papstbesuch

Gespannt warten viele auf die Papstreise nach Großbritannien im kommenden September. Medien berichteten kürzlich, dass es Gruppen geben, die den Papst auf britischem Boden verhaften wollen im Zusammenhang mit den Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche. Auf politischer Seite hingegen gilt der Papstbesuch einhellig als positive Sache.
Die Kandidaten für das Amt des britischen Premierministers unterstützen den Besuch von Papst Benedikt XVI. in Großbritannien. Gordon Brown, David Cameron und Nick Clegg sagten in einer Fernsehdebatte am Donnerstagabend, sie begrüßten die Visite des Kirchenoberhaupts im September. Zugleich äußerten sie die Erwartung, dass die Kirche die aktuelle Missbrauchskrise aufarbeite.
Der amtierende Premier Brown sagte, er wolle aus zwei Gründen, dass der Papst nach Großbritannien komme: Zum einen, weil die katholische Kirche ein großer Teil der Gesellschaft sei. Zum anderen müssten die Schranken zwischen unterschiedlichen Religionen niedergerissen werden.
Oppositionschef David Cameron sagte, er unterstütze eine Reise des Papstes und wolle als Premier alles tun, um sie zum Erfolg zu machen. Er stimme aber nicht mit allem überein, was der Papst sage; etwa zu Verhütung und Homosexualität. Der Liberaldemokrat Nick Clegg meinte im Hinblick auf die Missbrauchsdebatte, man könne Sünden nicht unter dem Deckel halten.
Der sprichwörtliche englische Humor einiger Mitarbeiter hat derweil die britische Regierung in Bedrängnis gebracht: Am Sonntag entschuldigte sich das Außenministerium für ein internes Papier mit provokanten Ideen für den bevorstehenden Papst-Besuch. Darin heißt es unter anderem, Benedikt XVI. solle eine Abtreibungsklinik eröffnen, ein homosexuelles Paar segnen und Kondome verteilen. Der Vatikan teilte mittlerweile mit, dass für ihn die Angelegenheit mit der Entschuldigung der Regierung erledigt sei. (rv)