Der portugiesische Kurienkardinal Jose Saraiva Martins findet die Kritik des Wiener Kardinals Christoph Schönborn an der früheren Vatikanlinie zum Umgang mit Missbrauchsfällen „nicht opportun“. Mit diesen Worten zitiert ihn an diesem Wochenende eine Internetseite. Schönborns Anliegen – das in italienischen Medien großes Echo ausgelöst hat – sei ehrenhaft, erweise in der geäußerten Form der Kirche aber keinen guten Dienst, sagte der frühere Präfekt der Heiligsprechungskongregation. Schönborn hatte Teilen des Vatikan Versäumnisse im so genannten Fall Groer vorgehalten. Der heutige Papst sei 1995 für eine genaue Untersuchung der Missbrauchsvorwürfe gegen den damaligen Wiener Kardinal Hans Herrmann Groer gewesen; das sei aber u.a. vom heutigen Kardinaldekan Angelo Sodano verhindert worden, so Schönborn vor Journalisten. Der Wiener Kardinal äußerte auch die Sorge, dass Sodano am Ostersonntag mit seiner Kritik am „Geschwätz des Augenblicks“ die Gefühle von Missbrauchsopfern verletzt habe. Mit seiner Äußerung habe Schönborn „über die Medien“ den Eindruck einer „von Polemik zerrissenen Kirche erweckt“, so Saraiva. Der Kardinal hätte doch andere Mittel wählen können, etwa das einer „brüderlichen Zurechtweisung“. Jetzt drohe die Gefahr, „dass sich der Brand noch weiter ausbreitet“. Eine öffentliche Desavouierung des Kardinaldekans sei „nicht opportun“, so der portugiesische Kurienkardinal. (rv)
Tag: 10. Mai 2010
Deutschland: Zollitsch stärkt Priestern den Rücken
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, ruft angesichts des Missbrauchsskandals Priester und Gläubige dazu auf, ihr Leben immer wieder neu an der Botschaft Jesu auszurichten. Bei einer Priesterweihe in Freiburg bedauerte der Erzbischof, dass „gerade im Jahr des Priesters die schrecklichen Verfehlungen sichtbar wurden, die auch in der Kirche und von Priestern verübt wurden“. Dies mache deutlich: „Es gibt für uns alle mit der Weihe keinen Automatismus, der von alleine alles in die rechten Bahnen lenkt. Wir haben uns stets neu auszurichten am Evangelium Jesu Christi…“ Auch Zollitschs Vorgänger im Amt des Bischofskonferenz-Vorsitzenden, Kardinal Karl Lehmann von Mainz, sprach am Wochenende von einem Ansehensverlust, unter dem die katholische Kirche in Deutschland zu leiden habe. Zugleich bedauerte Lehman im „heute journal“, dass die Diskussion über den Zölibat im Zusammenhang mit der Missbrauchsdebatte geführt werde. Er sei allerdings sicher, dass Papst Benedikt XVI. auch über den Zölibat nachdenke.
Der Tübinger Theologe Hans Küng erneuerte am Sonntag seine grundsätzliche Kritik an der priesterlichen Ehelosigkeit. Im Zwangszölibat kulminiere „die verklemmte Haltung der Kirche zur Sexualität“, so der Theologe, dem Rom 1979 die kirchliche Lehrerlaubnis entzogen hatte.
Der Kölner Kardinal Joachim Meisner überlegt unterdessen, sich mit einem eigenen Hirtenbrief speziell an Kinder zu wenden. Vor der Vollversammlung des Diözesanrats der Katholiken im Erzbistum Köln äußerte Meisner erneut Fassungslosigkeit und Scham über die Vergehen von Priestern. Zum Umgang mit den Tätern meinte der Kardinal, der erste Weg zur Therapie führe über eine Anzeige des Geschehens. Es dürfe nichts mehr unter den Teppich gekehrt und keine „fromme Soße“ über verbrecherische Taten gegossen werden. Der Kardinal appellierte an die Täter, ihre Opfer um Vergebung zu bitten. Engagierte Katholiken sollten aber angesichts der jetzigen Skandale nicht resignieren. Meisner wörtlich: „Wir dürfen jetzt nicht hocken bleiben und uns selbst bedauern.“ (rv)
Deutschland: Neuanfang in Augsburg
Beschädigtes Vertrauen bei den Gläubigen wiedergewinnen: Das sieht der Augsburger Diözesanadministrator Weihbischof Josef Grünwald als seine wichtigste Aufgabe an. Das sei nach dem Rücktritt von Bischof Walter Mixa aber nicht einfach „machbar“, sondern gehe nur mit Selbstkritik, betonte Grünwald am Montag in Augsburg. Zugleich kündigte er offene und transparente Entscheidungen der Bistumsleitung an. Weihbischöfe und Domkapitel müssten auf die Gläubigen zugehen. Auch die Priesterschaft gelte es wieder zu einen. Dies gehe alles nur im Gespräch. Grünwald sagte, er habe mit „Bereitschaft und Bangen“ das Amt des Administrators angenommen. Es sei für ihn schon das zweite Mal nach 2004 bis 2005, dass er die Diözese in der Sedisvakanz führe. Mit dem zurückgetretenen Bischof Mixa habe er bereits telefoniert. Dieser habe ihm alles Gute für seine Aufgabe gewünscht. Mixa ist wegen Vorwürfen der Misshandlung von Kindern und der Veruntreuung von Geldern zurückgetreten; außerdem wird gegen ihn auch wegen sexuellen Missbrauchs ermittelt. – Das Domkapitel werde bald eine Dreierliste mit möglichen Kandidaten für den Bischofsstuhl beim Vatikan einreichen, sagte Grünwald. (rv)
Vatikan: Jesusbuch II fertig
Papst Benedikt ist fertig mit seinem zweiten Jesusbuch: Der zweite Band von „Jesus von Nazareth“ geht jetzt in Druck. Das hat der Vatikanische Pressesaal bestätigt. Der deutsche Originaltext sei in den letzten Tagen dem Herder-Verlag überreicht worden; bis zur Herausgabe würden allerdings noch einige Monate vergehen, schließlich solle das Buch gleichzeitig in allen großen Sprachen erscheinen. Der erste Band des Jesusbuches, das der Papst noch als Kardinal begonnen hatte, ist im Mai 2007 erschienen und stand monatelang auf den Bestseller-Listen. Der zweite Band wird sich vor allem mit Tod und Auferstehung Jesu beschäftigen. (rv)
Portugal: In ein paar Stunden kommt der Papst
In ein paar Stunden beginnt die Papstreise nach Portugal: Am Dienstagmorgen wird Benedikt XVI. in Lissabon eintreffen, wenn es ihm die neuerliche Aschewolke erlaubt. An diesem Montag war der Flughafen von Lissabon bis 10 Uhr geschlossen. Der Papst will nicht der Aschewolke, wohl aber einem anderen Himmelsphänomen seine Reverenz erweisen: den Marienerscheinungen von Fatima nämlich. Zwei der drei Seher dieser Erscheinungen von 1917 wurden vor genau zehn Jahren selig gesprochen.
„Es gibt eine starke Beziehung Benedikts XVI. zu Fatima", sagt der portugiesische Kurienkardinal Jose Saraiva Martins. „Der damalige Kardinal Ratzinger hat einmal die Welt-Wallfahrt nach Fatima geleitet, zu der Hunderttausende von Menschen kamen. Und dann war ja auch er es, der die Veröffentlichung des letzten Teils des so genannten Geheimnisses von Fatima vorbereitet hat. Der Text, den er zusammen mit seinen Mitarbeitern an der Glaubenskongregation vorbereitet hatte, wurde vor zehn Jahren nach der Seligsprechungsmesse mit Johannes Paul II. in Fatima verlesen."
Johannes Paul war überzeugt davon, dass dieses dritte Geheimnis von Fatima sich auf das Attentat bezog, welches ihm im Mai 1981 fast das Leben gekostet hatte. Der Text sprach von einem in Weiß gekleideten Bischof, der unter den Kugeln von Soldaten zusammenbrach. Ratzinger deutete die düstere Szene etwas weiter – als Sinnbild für den Weg der Kirche durch das 20. Jahrhundert. Aber ist damit jetzt wirklich die ganze Botschaft von Fatima bekannt, gibt es wirklich keine geheimen Texte mehr?
„Ich weiß, einige reden noch von einem vierten Geheimnis von Fatima – aber ich glaube nicht, dass das wirklich existiert. Das ist eine Behauptung, die sich auf keine Fakten stützt. Das dritte Geheimnis von Fatima ist das letzte, und es gibt keinen Grund zu behaupten, da wäre noch ein vierter Teil. Ich weiß, dass es sogar Bücher zu diesem Thema gibt, aber ich sehe zu einer solchen Behauptung keine Grundlage." (rv)
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Lombardi: „Fatima schenkt uns einen reinen Blick“
Die Papstreise nach Fatima ist ein Wegweiser für die Gläubigen im dritten Jahrtausend. Das betont Vatikansprecher Federico Lombardi in seinem wöchentlichen Editorial für Radio Vatikan. Nachdem Papst Johannes Paul II. vor zehn Jahren das sogenannte „dritte Geheimnis“ von Fatima vorstellte, gebe es noch eine weitere Botschaft aus dem portugiesischen Marienwallfahrtsort, so Lombardi.
„Der damalige Kardinal Ratzinger schrieb in einem Beitrag über das Geheimnis von Fatima. Sein Fazit: Es geht um die Handlung Gottes, dem Herrn der Geschichte und der Mitverantwortung der Menschen mit ihren dramatischen und gleichzeitig wertvollen Freiheiten. Das sind die zwei Stützen, an denen sich die Menschheit halten kann. Die Muttergottes von Fatima erinnere uns an diese vergessenen Werte, sagte damals Kardinal Ratzinger weiter. Wir brauchen einen reinen und unschuldigen Blick, wie die Hirtenkinder, die die Jungfrau sahen.“
Dieser neue Blick sei ein Geschenk deshalb ein Geschenk an die Gläubigen. (rv)
Pius XII.: „Retten statt Reden“
Die Katholische Kirche und das Dritte Reich: Das Thema ist heiß umstritten und bis heute von zahllosen Kontroversen und Debatten gekennzeichnet. Anpassung oder Widerstand, Kollaboration oder Distanz – das sind die Pole der Kontroversen. Besonders heftig ist der Streit um Papst Pius XII. und den Holocaust. Aldo Parmeggiani hat Dr. Karl-Joseph Hummel, Direktor der Kommission für Zeitgeschichte an der Forschungsstelle Bonn, gesprochen. Auf die Frage, ob es wahr ist, dass Papst Pius XII. geschwiegen hat, obwohl er hätte reden können, sagt er:
„Wir hatten in der Vergangenheit die Situation, dass Pius XII. reduziert worden ist auf die Frage: Der Papst und der Holocaust. Durch die Öffnung der vatikanischen Archive wissen wir, dass hier sehr viel mehr Perspektiven eine Rolle spielen. Hier kann man eine letztlich gültige Antwort erst geben, wenn wir die Akten zur Verfügung haben bis 1945 oder 1958. Aber man kann soviel bereits sagen, dass es wahrscheinlich ein vatikanisches Konzept gegeben hat mit der Bezeichnung ‚retten statt reden‘. Wenn man die vielfältigen Aktivitäten sieht, die über die Nuntiaturen unternommen worden sind, um Juden zu retten, dann hat dieses Konzept ‚retten statt reden‘ eben zur Folge, dass es unterhalb der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit stattfindet und das wäre eine Erklärung für das öffentliche, diplomatische Schweigen des Papstes. Weil das die Voraussetzung für Rettung von Juden gewesen ist.“ (rv)