Radioakademie- Religiöse Symbole: Kruzifix

Um religiöse Symbole in öffentlichen Räumen wird in Europa heiß diskutiert. Wird Sichtbarkeit von Religion immer mehr zum roten Tuch? Der zweite Teil unserer Radioakademie wirft ein Schlaglicht auf aktuelle Debatten und begibt sich auf die Spuren des wohl wichtigsten Symbols des Christentums. Ein Ausblick von Anne Preckel.

Kreuz und Schweißtuch sind „Zeichen der Hoffnung", so Papst Benedikt zuletzt beim Gebet vor dem Turiner Grabtuch. Das Abbild des Gekreuzigten zeuge von „radikalster Solidarität" und „paradoxer Herrschaft", dem Sieg des Lebens über den Tod. Die Christenheit brauchte aber lange, um die Scheu vor dem Kreuz zu verlieren, galt die Kreuzigung doch lange als eine der qualvollsten und schamvollsten Hinrichtungsformen Pater Bieger, Autor des „Kleinen Buches der christlichen Symbole": „Erst die mittelalterliche Frömmigkeit, die wesentlich von Franziskus und seiner Leidensmystik bestimmt wurde, hat sich getraut, ein Marterinstrument in den Raum zu hängen, das an sich für die Auferstehung steht." (rv)

Papst in Lissabon: „Hafen und Hort vieler Hoffnungen“

Papstbesuch in Portugal: 1. Tag

Man hat ein vielleicht zu großes Vertrauen in die kirchlichen Strukturen und Programme gelegt, in die Verteilung der Macht und der Aufgaben. So der Papst in der Predigt am Dienstagabend in Lissabon. Der Papst traf am Dienstag zu einem viertägigen Pastoralbesuch in Portugal ein. Höhepunkt ist dabei in den nächsten Tagen ein Besuch im Marienwallfahrtsort Fatima. Das katholische Kirchenoberhaupt äußerte sich bei seiner ersten großen Messe in Portugal besorgt über einen Rückgang an Glaubenssubstanz. Benedikt XVI. rief zu einer christlichen Erneuerung auf. Man sorge sich oft mühevoll um die sozialen, kulturellen und politischen Auswirkungen des Glaubens und setze dabei als selbstverständlich voraus, dass dieser Glauben auch vorhanden sei.

„Das entspricht aber leider immer weniger der Wirklichkeit“, sagte das Kirchenoberhaupt am Dienstagabend, 11.Mai, bei dem Gottesdienst auf dem zentralen Platz Terreiro do Paco von Lissabon.Beim Eintreffen zur Messe wurde Benedikt XVI. mit lebhaftem Jubel und Sprechchören empfangen. Mitglieder der religiösen Bruderschaft vom Allerheiligsten Sakrament in ihren traditionellen roten Übergewändern warfen Blütenblätter auf das Papamobil.

In der Predigt erinnerte Benedikt XVI. daran, dass von Portugal aus in der Vergangenheit Missionare in alle Welt gelangten und den christlichen Glauben verbreiteten. Heute lege man vielleicht zu großes Vertrauen in die kirchlichen Strukturen und Programme, in die Verteilung der Macht und der Aufgaben. Die Priorität müsse dagegen darin bestehen, dass alle christlichen Frauen und Männer die Ideale des Evangeliums in Welt, Familie, Kultur, Wirtschaft und Politik lebten, unterstrich das Kirchenoberhaupt.

Es komme darauf an, die Botschaft vom Tod und der Auferstehung Christi entschlossen zu verkündigen und zu leben. Sie stelle sicher, dass „keine gegnerische Macht je die Kirche zerstören können wird“.

„Cristo-Rei“ – Orientierung für jeden Gläubigen

Nach dem Gottesdienst erinnerte Benedikt XVI. in einer eigenen Botschaft an die Fertigstellung des Christkönigsdenkmals – ein Wahrzeichen Portugals – vor 50 Jahren auf dem anderen Ufer des Tejo. Die 28 Meter hohe Statue auf ihrem 75 Meter hohen Sockel, die mit ihrem ausgebreiteten Armen an die Christus-Figur von Rio de Janeiro erinnert, war nach einem Gelübde in Dankbarkeit dafür errichtet worden, dass Portugal vom Weltkrieg verschont wurde.

Die Figur verweise auf das Kreuz, an dem „Jesus den Frieden für die Welt errungen und sich als König und Knecht offenbart hat, da er der wahre Erlöser der Menschheit ist“, sagte der Papst. Er äußerte die Hoffnung, dass das Heiligtum immer mehr zu einem Ort der Besinnung werde, an dem „jeder Gläubige prüfen kann, wie die Merkmale des Reiches Christi sein Leben aus der Taufe prägen, um das Reich der Liebe, der Gerechtigkeit und des Friedens durch das gesellschaftliche Engagement zugunsten der Armen und der Unterdrückten aufzubauen“.

Besuch beim Präsidenten

Am frühen Nachmittag hatte Benedikt XVI. dem Präsidenten von Portugal einen Höflichkeitsbesuch in dessen Amtssitz im Belem-Palast abgestattet. Bei der rund 20-minütigen Unterrechung mit Anibal Cavacao Silva ging es dem Vernehmen nach um Gesetzesprojekte, die die rechtliche Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Paaren in Portugal der klassische Ehe und Familie gleichstellen wollen.

Besuch beim Bürgermeister

Vor der Messe machte Benedikt XVI. im Papamobil einen Abstecher zum historischen Rathaus. Dort übergab ihm der Bürgermeister Antonio Costa die Schlüssel der Stadt. Bei der Gelegenheit grüsste der Papst mehrere Hundert Kranke. Für sie waren vor dem Rathaus eigene Plätze vor einem Grossbildschirm reserviert.Freiwillige Ordnungskräfte der Pfadfinder und anderer Organisationen hatten seit dem Morgen (7.30 Uhr) den Terreiro do Paco gesichert und Besucher eingewiesen. Angestellte des öffentlichen Dienstes hatten den Nachmittag arbeitsfrei. Auch viele private Geschäfte blieben aus Anlass des Papstbesuchs geschlossen. Für Donnerstag sollte der Sonderurlaub öffentlicher Angestellter landesweit ausgedehnt werden.

Zur ersten Messe des Papstes in Portugal hatten sich Pilgergruppen aus zahlreichen Bistümern eingefunden. Auch viele geistliche Bewegungen zeigten mit Transparenten ihre Anwesenheit an. Die Kommandozentrale für die Sicherheit des Papstbesuchs in Lissabon ist auf einer Fregatte im Hafen stationiert. Dort werden die Einsätze der Luftüberwachung und der übrigen Streitkräfte koordiniert. Den Bereich hinter der am Wasser gelegenen Altarbühne sichern Hafenpolizei, Kampftaucher und Schnellboote. Für die Dauer des Aufenthalts des Papstes in der Stadt gilt ein Überflugverbot für alle nichtkommerziellen Maschinen. (rv)

Papst: „Die Feinde der Kirche sind im Inneren“

Die größte Verfolgung der Kirche kommt nicht von außerhalb, sondern „entsteht aus der Sünde innerhalb der Kirche". Das sagte Papst Benedikt XVI. während seines Flugs nach Lissabon am Dienstag vor mitreisenden Journalisten. Dabei bezog er sich auf die Krise, die durch sexuellen Missbrauch Minderjähriger durch Kleriker ausgelöst wurde.
„Die Leiden der Kirche kommen gerade aus dem Innern. Die Sünde existiert im Innern der Kirche. Nötig ist deshalb die Bereitschaft zu Buße und Reinigung, aber auch zu einer juristischen Aufarbeitung und Vergebung. Man muss realistisch sein und anerkennen, dass es immer Attacken des Bösen geben wird; am Ende jedoch ist Christus aber stärker."
Das sogenannte dritte Geheimnis von Fatima, in dem von Angriffen auf einen in Weiß gekleideten Bischof die Rede ist, habe sich in erster Linie auf Johannes Paul II. bezogen, erklärte Benedikt XVI.
„Die „Notwendigkeit des Leidens der Kirche ist aber für die ganze Kirche zu verstehen. Bezeichnend ist, dass Fatima auf diese Prophezeiung eine allgemeine Antwort gibt: den Aufruf zu dauernder Bekehrung, Busse und Gebet."
In den Visionen der drei Seherkinder im Jahr 1917 gebe es einen „übernatürlichen Impuls". Die Erscheinungen stammten nicht aus der Einbildungskraft der Seher, sondern kämen von der Gottesmutter Maria, betonte der Papst.

Wirtschaftspositivismus und Ethik

Im Blick auf die auch Portugal betreffende Wirtschafts- und Finanzkrise warnte der Papst vor einer nach seiner Auffassung falschen Trennung zwischen einem Wirtschaftspositivismus einerseits und Ethik andererseits. Die Krise zeige, „dass ein reiner ökonomischer Pragmatismus, der von der Wirklichkeit des Menschen als ethisches Wesen absieht, nicht gut ausgeht, sondern unlösbare Probleme schafft". Ethik stehe nicht außerhalb von Vernunft und pragmatischem Handeln, sondern liege in deren Innerem, so der Papst. (rv)

Begrüßungsrede des Papstes in Portugal – Wortlaut

 

Lesen Sie hier die Begrüßungsrede im vollem Wortlautf auf Deutsch des Papstes bei seiner Ankunft in Lissabon.

Herr Präsident der Republik,
sehr geehrte Vertreter des Landes,
liebe Mitbrüder im Bischofsamt,
meine Damen und Herren!

Erst jetzt war es mir möglich, die freundlichen Einladungen des Herrn Präsidenten und meiner bischöflichen Mitbrüder anzunehmen und diese geschätzte und geschichtsträchtige Nation zu besuchen, die heuer die Hundertjahrfeier der Ausrufung der Republik begeht. Während ich den Boden dieses Landes zum ersten Mal betrete, seit die Göttliche Vorsehung mich auf den Stuhl Petri gerufen hat, fühle ich mich durch Ihrer aller freundliche Anwesenheit und Gastfreundschaft sehr geehrt und bekunde Ihnen meine Dankbarkeit. Ich danke Ihnen, Herr Präsident, für Ihre herzlichen Worte der Begrüßung, mit denen Sie die Empfindungen und die Hoffnungen des portugiesischen Volkes zum Ausdruck gebracht haben. Allen, unabhängig von ihrem Glauben und ihrer Religion, gilt mein freundschaftlicher Gruß und besonders jenen, die zu dieser Begegnung mit mir nicht kommen konnten. Als Pilger komme ich zur Muttergottes von Fatima, der ich vom Höchsten den Auftrag erhalten habe, meine Brüder zu stärken, die auf ihrer Pilgerschaft zum Himmel voranschreiten.
Seit den Anfängen seiner nationalen Existenz hat sich das portugiesische Volk an den Nachfolger Petri gewandt, um als eigenständige Nation anerkannt zu werden. In der Folge hat einer meiner Vorgänger Portugal – in der Person seines Königs – für die großen und langjährigen Dienste für die Sache des Evangeliums mit dem Titel „Fidelissimus" geehrt (vgl. Papst Pius II., Breve Dum tuam, 25.1.1461). Das Geschehen vor 93 Jahren, als sich der Himmel gerade über Portugal auftat – wie ein Fenster der Hoffnung, das Gott öffnet, wenn der Mensch ihm die Türe verschließt –, um im Schoß der Menschheitsfamilie die Bande brüderlicher Solidarität wieder herzustellen, die auf der gegenseitigen Anerkennung ein und desselben Vaters ruhen, ist ein Werk der liebenden Vorsehung Gottes. Es hängt nicht vom Papst ab, noch von irgendeiner kirchlichen Autorität: „Es war nicht die Kirche, die Fatima durchgesetzt hat", – hätte Kardinal Manuel Cerejeira seligen Angedenkens gesagt – „sondern es war Fatima, das sich in der Kirche behauptet hat".
Die Jungfrau Maria ist vom Himmel gekommen, um uns an Wahrheiten des Evangeliums zu erinnern, die für eine lieblose und heilsvergessene Menschheit die Quelle der Hoffnung bilden. Diese Hoffnung besitzt als erste und grundlegende Dimension natürlich nicht die horizontale, sondern die vertikale und transzendente Beziehung. Die Beziehung mit Gott ist für den Menschen wesentlich: er ist auf Gott hin geschaffen und ausgerichtet; er sucht die Wahrheit in der eigenen Erkenntnisstruktur; er strebt in der Willenssphäre nach dem Guten, und er ist in seiner ästhetischen Dimension von der Schönheit angezogen. Das Gewissen ist in dem Maße christlich, wie es sich der Fülle des Lebens und der Weisheit öffnet, die wir in Jesus Christus haben. Der Besuch, der jetzt unter dem Zeichen der Hoffnung beginnt, will ein Angebot der Weisheit und der Sendung sein.
Aus einer weisen Sicht des Lebens und der Welt leitet sich die rechte Ordnung der Gesellschaft her. Die Kirche hat ihren Platz in der Geschichte, und sie ist bereit, mit denen zusammenzuarbeiten, welche die menschliche Auffassung vom Leben grundsätzlich achten und nicht an den Rand drängen oder auf den Privatbereich reduzieren. Es geht hier nicht um eine ethische Auseinandersetzung zwischen einem laizistischen und einem religiösen System, sondern vielmehr um eine Sinnfrage, der sich die eigene Freiheit überläßt. Der Unterschied besteht darin, welcher Wert der Sinnesproblematik und seinen möglichen Folgen im öffentlichen Leben beigemessen wird. Die republikanische Wende, die vor hundert Jahren in Portugal stattgefunden hat, hat – in der Trennung von Kirche und Staat – einen neuen Raum der Freiheit für die Kirche eröffnet, dem die beiden Konkordate von 1940 und 2004 in kulturellen Bereichen und kirchlichen Vorhaben, die stark von raschen Änderungen geprägt sind, Gestalt gegeben haben. Die durch die Veränderungen hervorgerufenen Schwierigkeiten sind im allgemeinen mutig angegangen worden. Das Leben in einer Pluralität von Wertsystemen und ethischen Vorgaben macht es erforderlich, sich zur Mitte des eigenen Ichs und zum Kern des christlichen Glaubens aufzumachen, um die Qualität des Zeugnisses auf die Heiligkeit hin zu stärken und Wege der Sendung zu finden, die bis zur Radikalität des Martyriums gehen.
Liebe Brüder, liebe portugiesische Freunde, ich danke euch nochmals für den herzlichen Empfang. Der Herr segne alle Anwesenden und alle Bewohner dieser edlen und geliebten Nation, die ich der Muttergottes von Fatima anempfehle, dem zarten Bild der Liebe Gottes, die alle als Kinder in ihre Arme schließt. (rv)

Papst bereist Portugal als Fatima-Pilger und Missionar

Nicht die Kirche hat Fatima eingesetzt, Fatima selbst hat zur Kirche gefunden. Das hat Papst Benedikt gleich zu Beginn seiner Portugal-Reise auf dem Flughafen von Lissabon unterstrichen. In seiner Ansprache betonte er, dass er seinen Besuch vor allem als Fatima-Pilger angetreten habe.
„Die Jungfrau ist vom Himmel herab gekommen, um uns an die Wahrheit des Evangeliums zu erinnern, das für Humanität steht. Denn ohne die Liebe und die Hoffnung auf Rettung würde jede Quelle der Hoffnung versiegen. Diese Hoffnung ist nicht zuerst horizontaler, sondern ganz entschieden vertikaler und transzendentaler Natur. Die Beziehung zu Gott ist bestimmend für den Menschen, der von Gott geschaffen und auf ihn hingeordnet ist. Mit seinem Verstand sucht er die Wahrheit, in seinem Wollen strebt er nach dem Guten und von der ästhetischen Dimension des Schönen ist er angezogen. Je nach dem, wie sehr wir uns der Fülle des Lebens und der Weisheit öffnen, die Jesus Christus für uns ist, erweist sich unser Bewusstsein demnach als christlich."
Seine Reise, so der Papst, sei ein Aufruf dazu, dieser Weisheit zu folgen. Denn im Hier und Jetzt gewinne diese Weisheit ein ganz konkretes Gesicht:
„Eine von dieser Weisheit bestimmte Vision vom Leben und von der Welt bringt eine gerechte Ordnung der Gesellschaft mit sich. In der Geschichte verankert, ist die Kirche aufgeschlossen, mit all denjenigen zusammenzuarbeiten, die die essentielle Bedeutung des Lebens nicht herabwürdigen oder auf das Private beschränken. Der Knackpunkt besteht nicht darin, ein säkulares System mit einem religiösen ethisch zu konfrontieren, oder unser Verständnis von Freiheit näher zu bestimmen. Entscheidend ist, herauszustellen, was das Sinnhafte ist, und dem im öffentlichen Leben Ausdruck zu verleihen."
Die Trennung von Staat und Kirche vor 100 Jahren, hätte für die Kirche in Portugal nicht nur eine große Herausforderung bedeutet, sondern ihr auch neue Spielräume eröffnet. Sie habe in Zeiten des schnell voranschreitenden gesellschaftlichen Wandels beständig Einfluss auf kulturelle und kirchliche Fragestellungen genommen.
„In einem pluralen System mit verschiedenen Wertvorstellungen und ethischen Ausrichtungen zu leben, bedeutet eine Reise zum Innersten der eigenen Identität und dem Kern des Christentums. So erstarkt wieder die Bedeutung des Glaubenszeugnisses und der Ruf der Mission, bis hin zur radikalsten Form im Martyrium." (rv)