Zypern: Programm der Papstreise

Programm der Papstreise nach Zypern vom 04.-06.06.2010

Freitag, 4. Juni 2010

Rom
09.30 Abflug vom Internationalen Flughafen „Leonardo da Vinci“ in Fiumicino (Rom) nach Paphos  

Paphos
14.00 Ankunft auf dem Internationalen Flughafen Paphos  
  Begrüßungszeremonie auf dem Internationalen Flughafen Paphos Ansprache des Hl. Vaters
15.15 Ankunft in der Kirche von Agia Kiriaki Chrysopolitissa in Paphos  
15.30 Ökumenische Feier auf dem archäologischen Gelände der Kirche von Agia Kiriaki Chrysopolitissa in Paphos Ansprache des Hl. Vaters

Samstag, 5. Juni 2010

Nicosia
09.15 Höflichkeitsbesuch beim Präsidenten der Republik im Präsidentenpalast von Nicosia  
09.45 Begegnung mit den zivilen Autoritäten und dem Diplomatischen Korps im Garten des Präsidentenpalastes von Nicosia Ansprache des Hl. Vaters
10.45 Begegnung mit der katholischen Gemeinschaft Zyperns auf dem Sportplatz der Grundschule „St. Maron“ in Nicosia Ansprache des Hl. Vaters
12.15 Höflichkeitsbesuch beim Erzbischof von Zypern, Chrysostomos II., im Orthodoxen Erzbischöflichen Sitz von Nicosia Grußworte des Hl. Vaters
13.30 Mittagessen mit Chrysostomos II., Erzbischof von Zypern und verschiedenen Delegationen im Orthodoxen Erzbischöflichen Sitz von Nicosia  
17.30 Hl. Messe mit den Priestern, Ordensleuten, Diakonen, Katecheten und Vertretern der kirchlichen Bewegungen Zyperns in der lateinischen Pfarrkirche vom Hl. Kreuz in Nicosia Predigt des Hl. Vaters

Sonntag, 6. Juni 2010

09.30 Hl. Messe anlässlich der Vorstellung der Instrumentum Laboris der Sonderversammlung der Bischofssynode für den Nahen Osten im Sportpalast Elefteria von Nicosia Predigt des Hl. Vaters
  Gebet Angelus Domini Worte des Hl. Vaters
13.00 Mittagessen mit den Patriarchen und Bischöfen des Sonderrates der Bischofssynode für den Nahen Osten, mit dem Erzbischof von Zypern Chrysostomos II. und dem Päpstlichen Gefolge in der Apostolischen Nuntiatur von Nicosia  
16.00 Abschied von der Apostolischen Nuntiatur in Nicosia  
16.30 Besuch der Maronitischen Kathedrale von Zypern in Nicosia Grußworte des Hl. Vaters

Larnaca
17.45 Abschiedszeremoie auf dem Internationalen Flughafen Larnaca Ansprache des Hl. Vaters
18.15 Abflug vom Internationalen Flughafen Larnaca nach Rom  
 
Rom
20.45 Ankunft auf dem Flughafen Ciampino – Rom. (vh)

ÖKT: Ackermann kritisiert Missbrauchsdiskussion

Mit engagierter Beteiligung des Publikums wurde beim 2. Ökumenischen Kirchentag (ÖKT) in München über die Ursachen und Folgen von Missbrauch diskutiert. Bischof Stephan Ackermann zeigte sich „sehr erschrocken“ über den verengten Blick der auf dem ÖKT geführten Missbrauchdiskussion. Seiner Meinung nach seien die Debatten zum Thema zu sehr auf die Kritik an der Institution Kirche konzentriert. Die Opfer gingen stattdessen aus dem Blick verloren, so Ackermann.
Die deutschen Bischöfe wollen die Opferarbeit stärker bedenken. Die Oberhirten arbeiten mit Hochdruck an neuen Leitlinien, die bis zur Herbstvollversammlung überarbeitet werden sollen. Das kündigte Ackermann an.
„Und insofern werden wir bei den Leitlinien – und das kann man bereits jetzt sagen – auch stärker empfehlen, dass die Beauftragten in den Bistümern die Zugänge zu ihnen erleichtern. Frauen tun sich vielleicht selbst schon schwer bei einem männlichen Gesprächspartner. Das sehen wir beispielsweise bei der Hotline. Es muss auch jemand sein, der nicht amtlich mit der Kirche verbunden ist.“
Die Podiumsdiskussion am Freitagvormittag war aufgrund des großen Andrangs trotz der größten Messehalle, die man gewählt hatte schon eine Stunde vor Beginn überfüllt. Es wurde kritisiert, dass kein Opfer offiziell vertreten wurde.
„Den Vorwurf gab es bereits beim Runden Tisch. Hier bei der Podiumsdiskussion ist das Präsidium des Ökumenischen Kirchentages zuständig. Ich will nochmals betonen, dass wir beim Runden Tisch Experten eingeladen. Das sind Leute, die jahrzehntelang mit Opfern arbeiten. Sie bringen die Perspektive der Opfer ein. Daher ist so, auch wenn die Opfer nicht am Tisch sitzen, sie doch dabei sind.
Das Thema sexueller Missbrauch führte zu sehr emotional geladenen Statements. Zwischenrufe störten immer wieder die Redner.
„[Zwischenrufe: Es stimmt nicht, das ist eine Lüge!] Das schwierige ist, wie wir die Opfer gut an den Tisch bekommen. Es gibt jene, die lautstark artikulieren und möglicherweise auch zu Lasten anderer. Da ist es in der Tat schwierig, ein gutes Mittel zu finden. Ich selber habe angekündigt, dass ich mich mit Opfern aus meinem Bistum Trier treffen werde. Ich bin deshalb im Gespräch mit Psychologen, die mit Opfern arbeiten. Sie sagen mir, dass ein solches Treffen sehr sorgfältig geplant sein soll. Es kann ja nicht sein, dass sich Opfern gegenseitig versuchen zu übertrumpfen.“ (rv)

Abschiedszeremonie- die Papstansprache im Wortlaut

Papstbesuch in Portugal: 4. Tag

Herr Präsident der Republik, sehr geehrte Vertreter des öffentlichen Lebens, geschätzte Mitbrüder im Bischofsamt, liebe Freunde! Am Ende meines Besuchs kommen mir die zahlreichen und dichtgedrängten Erlebnisse auf dieser Pilgerreise durch Portugal in den Sinn. Tief in meiner Seele bewahre ich die Herzlichkeit Ihres liebevollen Empfangs, die so lebhaft und spontan geknüpften Bande mit den Gruppen, denen ich begegnet bin, wie auch das Engagement, das die Vorbereitung und die Durchführung des Programms dieses Pastoralbesuchs gekennzeichnet hat.
Beim Abschied sage ich nun allen meinen aufrichtigen Dank: dem Herrn Präsidenten der Republik, der mich seit meiner Ankunft mit seiner Anwesenheit beehrt hat; meinen bischöflichen Mitbrüdern, mit denen ich die tiefe Einheit im Dienst am Reich Gottes erneuert habe; der Regierung und den Vertretern der Zivilbehörden wie des Militärs, die während des ganzen Aufenthalts mit augenscheinlicher Hingabe großen Einsatz gezeigt haben. Ihnen allen wünsche ich alles Gute! Die Medien haben es ermöglicht, daß ich viele Personen erreichen konnte, denen ich nicht aus der Nähe begegnen konnte. Auch ihnen möchte ich sehr danken.
Allen Portugiesen, seien sie katholischen Glaubens oder nicht, den Männern und Frauen, die hier leben, auch wenn sie nicht hier geboren sind, gilt mein Gruß in dieser Stunde des Abschieds. Die Eintracht höre nicht auf unter Ihnen zu wachsen. Sie ist wesentlich für einen festen Zusammenhalt. Sie ist der notwendige Weg, um in gemeinsamer Verantwortung die Herausforderungen anzugehen, die vor Ihnen liegen. Möge diese ruhmreiche Nation weiter Geistesgröße zeigen, ein tiefes Bewußtsein für Gott, eine solidarische Offenheit füreinander, die durch von einem christlichen Humanismus geprägte Prinzipien und Werte geleitet ist. In Fatima habe ich für die ganze Welt gebetet – daß die Zukunft zu größerer Brüderlichkeit und Solidarität führe, zu mehr gegenseitigem Respekt und zu neuem Vertrauen und neuer Zuversicht in Gott, unseren Vater im Himmel.
Es war für mich eine Freude, Zeuge des Glaubens und der Frömmigkeit der portugiesischen kirchlichen Gemeinschaft zu sein. Ich habe den Enthusiasmus der Kinder und Jugendlichen gesehen, die treue Hingabe der Priester, Diakone und gottgeweihten Männer und Frauen, den seelsorglichen Einsatz der Bischöfe, den in der Welt der Kultur offenkundigen Willen, nach der Wahrheit und Schönheit zu suchen, die Kreativität der in der Sozialpastoral Tätigen, die spürbare Lebendigkeit des Glaubens bei den Gläubigen in den Diözesen, die ich besucht habe. Mein Wunsch ist, daß mein Besuch Ansporn zu einem erneuerten spirituellen und apostolischen Eifer wird; daß das Evangelium in seiner Vollständigkeit angenommen und von jedem Jünger Jesu leidenschaftlich bezeugt wird, damit es sich als Sauerteig einer echten Erneuerung der gesamten Gesellschaft erweist!
Ganz Portugal und all seinen Söhnen und Töchtern erteile ich meinen Apostolischen Segen als Unterpfand für Hoffnung, Frieden und Starkmut: Das erbitte ich von Gott auf die Fürsprache Unserer Lieben Frau von Fatima, an die Sie sich in großem Vertrauen und fester Liebe wenden. Laßt uns weiter in der Hoffnung voranschreiten! Leben Sie wohl! (rv)

Vatikan/Vietnam: Rücktritt Erzbischof von Hanoi

Papst Benedikt XVI. hat an diesem Mittwoch den Rücktritt des Erzbischofs von Hanoi, Joseph Ngô Quang Kiêt, angenommen. Der Erzbischof legte sein Amt wegen gesundheitlicher Probleme nieder. Nachfolger soll Erzbischof Peter Nguyen Van Nhon werden, den Benedikt XVI. zuletzt zum Koadjutor für das Hauptstadt-Bistum ernannt hatte. Der neue Erzbischof wird von Vietnams Regierung im Gegensatz zu Joseph Ngô Quang Kiêt unterstützt. Der Rücktritt des Erzbischofs werde von der Regierung derzeit sogar als „Sieg der Regierung“ dargestellt, berichtet die Nachrichtenagentur asianews an diesem Mittwoch. Damit wollten die Machthaber ihre Macht auch über Religionsfragen demonstrieren. Beobachtern zufolge setzt Benedikt XVI. in Erzbischof Peter Nguyen Van Nhon, den Nachfolger Kiêts, die Hoffnung, für größere Einheit in der Ortskirche zu sorgen. (rv)

Anmerkung von VH: Das Erzbistum HANOI steht traditionsgemäß in der Kardinalstradition. Man darf also davon ausgehen, dass Erzbischof Peter Nguyen Van Nhon mit dem Kardinalshut rechnen kann.

Zur Kardinalstradition siehe: >>Kardinalstradition<<

Fliegende Pressekonferenz im Wortlaut

Papst Benedikt XVI. hat sich am Dienstag auf dem Flug von Rom nach Portugal zum Säkularisierungsprozess, zur Wirtschaftskrise sowie zu den Missbrauchsskandalen geäußert. Hier eine Dokumentation der Pressekonferenz in der offiziellen vatikanischen Übersetzung.

Federico Lombardi: Heiliger Vater, welche Sorgen und Empfindungen verspüren Sie hinsichtlich der Lage der Kirche in Portugal? Was kann man Portugal sagen, einem Land, das früher zutiefst katholisch war und den Glauben in die Welt hinausgetragen hat, sich aber heute in einem tiefgreifenden Säkularisierungsprozess befindet, sowohl im Alltagsleben als auch im Bereich der Gesetzgebung und der Kultur? Wie kann in einem Umfeld, das der Kirche gleichgültig und feindlich gegenübersteht, der Glaube verkündet werden?
Benedikt XVI.: Zunächst wünsche ich Ihnen allen einen guten Tag. Hoffen wir, dass wir trotz der berühmten Aschewolke, unter der wir uns befinden, eine gute Reise haben. Was Portugal betrifft, empfinde ich vor allem Freude und Dankbarkeit für all das, was dieses Land in der Welt und in der Geschichte geleistet hat und leistet, sowie für die tiefe Menschlichkeit dieses Volkes, die ich bei einem Besuch und im Umgang mit zahlreichen portugiesischen Freunden kennenlernen konnte. Ich würde sagen, es ist wahr und absolut richtig, dass Portugal eine große Kraft des katholischen Glaubens gewesen ist und diesen Glauben in alle Teile der Welt getragen hat; einen mutigen, verständigen und kreativen Glauben; es hat eine große Kultur geschaffen, wie wir es in Brasilien sehen, in Portugal selbst, aber auch am portugiesischen Geist, der in Afrika und in Asien zu finden ist. Andererseits ist die Präsenz des Säkularismus nicht etwas ganz Neues. Die Dialektik zwischen Säkularismus und Glaube hat in Portugal eine lange Geschichte. Schon im 18. Jahrhundert war die Aufklärung stark vertreten. Man braucht nur an den Namen Pombal zu denken. So sehen wir, dass Portugal in diesen Jahrhunderten immer in der Dialektik gelebt hat, die sich natürlich heute radikalisiert hat und alle Züge des heutigen europäischen Geistes zeigt. Darin sehe ich eine Herausforderung und auch eine große Chance. In diesen Jahrhunderten der Dialektik zwischen Säkularismus und Glaube gab es immer Personen, die Brücken bauen und einen Dialog ins Leben rufen wollten, aber leider dominierte die Tendenz des Gegeneinanders und des gegenseitigen Ausschlusses. Heute sehen wir, dass genau diese Dialektik eine Chance darstellt, dass wir die Synthese und einen inhaltsreichen und tiefgehenden Dialog finden müssen. In dem multikulturellen Umfeld, in dem wir uns alle befinden, sieht man, dass eine rein rationalistische europäische Kultur ohne die transzendente religiöse Dimension nicht in der Lage wäre, mit den großen Kulturen der Menschheit in Dialog zu treten, die alle diese transzendente religiöse Dimension haben, die eine Dimension des menschlichen Wesens ist. Es ist daher ein Irrtum zu denken, dass es eine reine, anti-historische Vernunft gibt, die nur in sich selbst existiert, und dass es sich dabei um „die“ Vernunft handelt; wir entdecken immer mehr, dass sie nur einen Teil des Menschen berührt, nur eine bestimmte historische Situation zum Ausdruck bringt und nicht die Vernunft an sich ist. Die Vernunft an sich ist offen für die Transzendenz, und nur in der Begegnung zwischen der transzendenten Wirklichkeit, dem Glauben und der Vernunft findet der Mensch sich selbst. Daher denke ich, dass die Aufgabe und die Sendung Europas in dieser Situation gerade darin besteht, diesen Dialog zu finden, den Glauben und die moderne Rationalität in eine einzige anthropologische Sichtweise zu integrieren, die das menschliche Wesen vollständig erfasst und so auch die Kommunikation unter den menschlichen Kulturen möglich macht. Daher würde ich sagen, dass die Präsenz des Säkularismus etwas Normales ist, aber die Trennung, das Gegeneinander von Säkularismus und der Kultur des Glaubens ist anormal und muss überwunden werden. Die große Herausforderung dieser Zeit ist, dass sich die beiden begegnen und so ihre wahre Identität finden. Das ist, wie erwähnt, eine Sendung Europas und eine menschliche Notwendigkeit in dieser unserer Geschichte.“
Lombardi: Danke, Heiliger Vater. Bleiben wir beim Thema Europa. Die Wirtschaftskrise hat sich in letzter Zeit in Europa verschärft und betrifft in besonderer Weise auch Portugal. Manche europäische Führungspersönlichkeiten sehen die Zukunft der Europäischen Union in Gefahr. Welche Lehren können aus dieser Krise gezogen werden, auch auf ethischer und moralischer Ebene? Was sind die Schlüsselpunkte, um die Einheit und die Zusammenarbeit der europäischen Länder in Zukunft zu festigen?
Benedikt XVI.: Ich würde sagen, dass diese Wirtschaftskrise mit ihrer moralischen Komponente, die niemand übersehen kann, ein Anwendungsbeispiel, ein konkreter Fall von dem ist, was ich vorhin gesagt habe, nämlich dass sich zwei voneinander getrennte kulturelle Strömungen begegnen müssen, denn sonst finden wir den Weg in die Zukunft nicht. Auch hier sehen wir einen falschen Dualismus, nämlich einen wirtschaftlichen Positivismus, der glaubt, sich ohne die ethische Komponente entfalten zu können, einen Markt, der sich selbst regulieren soll, allein auf der Grundlage der wirtschaftlichen Kräfte, der positivistischen und pragmatischen Rationalität der Wirtschaft; die Ethik sei etwas anderes und diesem Prozess fremd. In Wirklichkeit sehen wir jetzt, dass ein reiner wirtschaftlicher Pragmatismus, der die Realität des Menschen nicht beachtet – der ein ethisches Wesen ist -, nicht positiv endet, sondern unlösbare Probleme schafft. Daher ist es jetzt Zeit zu sehen, dass die Ethik nicht außerhalb, sondern innerhalb der Rationalität und des wirtschaftlichen Pragmatismus steht.
Andererseits müssen wir auch eingestehen, dass der katholische, der christliche Glaube oft zu individualistisch war, die konkreten wirtschaftlichen Dinge der Welt überliess und nur an das individuelle Heil dachte, an die religiösen Handlungen, ohne zu sehen, dass diese eine globale Verantwortung, eine Verantwortung für die Welt mit sich bringen. Daher müssen wir auch hier in einen konkreten Dialog eintreten. In meiner Enzyklika „Caritas in veritate“ habe ich versucht – und die gesamte Tradition der christlichen Soziallehre geht in diese Richtung -, den ethischen und den Glauben betreffenden Aspekt über das Individuum hinaus auf die Verantwortung gegenüber der Welt und auf eine von der Ethik geformte Rationalität auszuweiten. Andererseits haben die jüngsten Ereignisse auf dem Markt in den letzten zwei, drei Jahren gezeigt, dass die ethische Dimension innerhalb des wirtschaftlichen Handelns steht und darin ihren Platz haben muss, denn der Mensch ist eins, und es geht um den Menschen, um eine gesunde Anthropologie, die alles einschließt, und nur so lässt sich das Problem lösen, nur so entfaltet und erfüllt Europa seine Sendung.
Lombardi: Danke. Jetzt kommen wir zu Fatima, dass gewissermaßen auch der geistliche Höhepunkt dieser Reise sein wird. Heiliger Vater, welche Bedeutung haben heute für uns die Erscheinungen von Fatima? Als Sie den Text des dritten Geheimnisses im Juni 2000 im Presseamt des Heiligen Stuhls vorgestellt haben, waren manche von uns und andere Kollegen von damals dabei, und Sie wurden gefragt, ob die Botschaft von Fatima über das Attentat auf Johannes Paul II. hinaus auch auf andere Leiden der Päpste bezogen werden kann. Können Ihrer Ansicht nach auch die durch den Missbrauch von Minderjährigen verursachten Leiden der Kirche von heute im Rahmen dieser Vision gesehen werden?
Benedikt XVI.: Ich möchte zunächst meine Freude über die Reise nach Fatima zum Ausdruck bringen und darüber, vor der Muttergottes von Fatima zu beten, die für uns ein Zeichen der Gegenwart des Glaubens ist, dass gerade aus den Kleinen eine neue Kraft des Glaubens geboren wird, die nicht auf die Kleinen beschränkt bleibt, sondern eine Botschaft für die ganze Welt hat, und die die Geschichte gerade auch in ihrem Heute berührt und diese Geschichte erleuchtet. Bei der Präsentation im Jahr 2000 habe ich gesagt, dass eine Erscheinung – das heißt ein übernatürlicher Impuls, der nicht bloß der Vorstellungskraft der Person entspringt, sondern tatsächlich von der Jungfrau Maria, vom Übernatürlichen herkommt – dass ein solcher Impuls in das Subjekt eintritt und gemäß den Möglichkeiten des Subjekts zum Ausdruck gebracht wird. Das Subjekt ist von seinen geschichtlichen, persönlichen, und charakterlichen Gegebenheiten bestimmt und übersetzt den großen übernatürlichen Impuls daher in sein Seh-, Vorstellungs- und Ausdrucksvermögen, aber in diesen Ausdrucksweisen, die vom Subjekt geformt sind, verbirgt sich ein Inhalt, der darüber hinausgeht, der tiefer ist, und nur im Lauf der Zeit können wir die ganze Tiefe sehen, die – sagen wir mal – in dieser für die konkreten Personen möglichen Vision „gekleidet“ war. So würde ich sagen, werden auch hier über die große Vision des Leidens des Papstes hinaus, die wir in erster Linie auf Papst Johannes Paul II. beziehen können, Realitäten der Zukunft der Kirche aufgezeigt, die sich nach und nach entfalten und zeigen. Daher ist es richtig, dass man über den in der Vision gezeigten Moment hinaus die Notwendigkeit eines Leidens der Kirche sieht, das sich natürlich in der Person des Papstes widerspiegelt, aber der Papst steht für die Kirche und daher werden Leiden der Kirche angekündigt. Der Herr hat uns gesagt, dass die Kirche auf verschiedene Weise immer leiden würde bis zum Ende der Welt. Wichtig ist dabei, dass die Botschaft, die Antwort von Fatima im Wesentlichen nicht auf bestimmte Andachtsübungen abzielt, sondern auf die grundlegende Antwort, das heißt die ständige Umkehr, die Busse, das Gebet und die drei göttlichen Tugenden: Glaube, Hoffnung und Liebe. So sehen wir hier die wahre und grundlegende Antwort, die die Kirche geben muss, die wir, jeder von uns, in dieser Situation geben müssen. Unter dem Neuen, das wir heute in dieser Botschaft entdecken können, ist auch die Tatsache, dass die Angriffe gegen den Papst und die Kirche nicht nur von Außen kommen, sondern die Leiden der Kirche kommen gerade aus dem Inneren der Kirche, von der Sünde, die in der Kirche existiert. Auch das war immer bekannt, aber heute sehen wir es auf wahrhaft erschreckende Weise: Die größte Verfolgung der Kirche kommt nicht von den äußeren Feinden, sondern erwächst aus der Sünde in der Kirche. Und darum ist es für die Kirche zutiefst notwendig, dass sie neu lernt, Buße zu tun, die Reinigung anzunehmen; dass sie einerseits zu vergeben lernt, aber auch die Notwendigkeit der Gerechtigkeit sieht; denn Vergebung ersetzt die Gerechtigkeit nicht. Mit einem Wort, wir müssen gerade das Wesentliche neu lernen: die Umkehr, das Gebet, die Buße und die göttlichen Tugenden. So antworten wir. Seien wir realistisch darauf gefasst, dass das Böse immer angreift, von Innen und von Außen, aber dass auch die Kräfte des Guten immer gegenwärtig sind und dass letztendlich der Herr stärker ist als das Böse. Und die Muttergottes ist für uns eine sichtbare, mütterliche Garantie der Güte Gottes, die immer das letzte Wort in der Geschichte ist.
Lombardi: Vielen Dank, Heiliger Vater, für die Klarheit und die Tiefe ihrer Antworten und für dieses abschließende Wort der Hoffnung, das Sie uns mitgegeben haben. Wir wünschen Ihnen, dass Sie diese anspruchsvolle Reise in Ruhe machen können und dass Sie sie auch mit der Freude und der geistlichen Tiefe erleben können, die uns die Begegnung mit dem Geheimnis von Fatima schenkt. Wir wünschen Ihnen eine gute Reise und werden uns unsererseits bemühen, unseren Dienst gut zu verrichten und mit Objektivität das zu verbreiten, was sie tun werden. (rv)