Vatikan im Fußballfieber

Einer aktuellen Studie zufolge wird der Fußballweltmeisterschafts-Erfolg umso wahrscheinlicher, je größer der Katholikenanteil in einem Land ausfällt. Man denke hierbei an die Rekordhalter Brasilien oder Italien. Auf der anderen Seite vermag die Korrelation so hoch nun auch wieder nicht auszufallen, sonst müsste ja der Vatikan Rekordweltmeister sein. Das sagte Roland Loy dem „Rheinischen Merkur" vergangene Woche. Loy war Berater Franz Beckenbauers beim Titelgewinn 1990 in Italien. Zwar ist der Vatikan nicht bei der WM dabei, dennoch gibt es hinter den vatikanischen Mauern Fußballexperten in Hülle und Fülle. 

Bertone für Italien 

Unsere Kollegen von der italienischen Zeitschrift „Panorama" haben mal genauer nachgeforscht. Der wohl fußballverückteste Kurienmann ist zweifellos Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone. Als er noch Erzbischof von Genua war, kommentierte er ab und an im italienischen Fernsehen Fußballspiele. Er gilt als alter Juventus-Turin-Fan. Fast die Hälfte der italienischen Nationalmannschaft sind Spieler jener norditalienischen Mannschaft. Sein Fußballherz schlägt eindeutig für Italien. 

Etchegaray für Frankreich

Der ehemalige Vatikan-Diplomat, Kardinal Roger Etchegaray, ist ein großer Frankreich-Fan. Früher sah er sich alle Spiele seiner Nationalmannschaft im Fernsehen an. Als 87-jähriger kümmere er sich weniger um Fußball, sagt er mittlerweile. Es sei für ihn die Zeit gekommen, an Fußballaustragungen im Himmel zu denken, so der französische Kardinal. 

Rodé für Slowenien

Der Präfekt für die Institute des gottgeweihten Lebens, Kardinal Franc Rodé, ist glücklich, dass seine Nationalmannschaft bei der WM in Südafrika dabei ist. Slowenien ist nämlich erst zum zweiten Mal präsent. Kardinal Rodé kennt seine Mannschaft gut: Der Star der Slowenen sei klar die Mannschaft. Jeder kämpfe für jeden. Die Mannschaft sei eine klare Einheit und als solche stark, so Rodé. Mit dieser Stärke besiegten die Slowenen übrigens bereits auch stärkere Teams, wie Russland im entscheidenden WM-Relegationsspiel für die WM-Endrunde in Südafrika. 

Fox Napier für Südafrika 

Als Gastgeber gilt Kardinal Wilfrid Fox Napier: Der Erzbischof von Durban wird alle Spiele im TV anschauen. Er ist zuversichtlich, dass die Bafana Bafana sehr weit kommen werden. Die südafrikanische Mannschaft bestehe aus guten Kickern, so Kardinal Fox Napier. 

P. Funes hofft auf Argentinien 

Der argentinische Stürmerstar Lionel Messi hat auch im Vatikan viele Anhänger. Unter ihnen ist sein Landsmann Jesuitenpater José Gabriel Funes. Der Direktor der vatikanischen Sternwarte liebt Fußball. Maradona sei ein guter Trainer und könne die Spieler sicher gut motivieren. 

 

Monteiro de Castro für Portugal

 

Der Sekretär der Bischofskongregation, Erzbischof Manuel Monteiro de Castro, trägt selber einen Namen, der nach Kickerstar klingt. Der Portugiese spielte einmal selber Fußball. Seinen größten Triumph erlebte er aber als Nuntius in Madrid. Da konnte er nämlich seinen Lieblingsspieler persönlich treffen: Cristiano Ronaldo wurde damals frisch von Manchester United eingekauft. Wichtig ist dem Kurienmitarbeiter aber, dass alle Spieler bei der WM korrekt, fair und spielstark auf dem Spielfeld sind. (rv)

 

 

Irland:Kardinal O’Connor ruft zu Erneuerung auf

„Ich bin selbst nicht frei von Schuld, sondern musste aus meinen Fehlern lernen, um ein verwundeter Heiler zu werden." Das sagte der emeritierte Erzbischof Kardinal Cormac Murphy-O’Connor zum Abschluss des Priesterjahres in Maynooth. Vor irischen Priestern nahm er in seiner Rede vom Dienstag vor allem zu den Missbrauchsfällen, die die irische Kirche in den letzten Monaten erschüttert hatten, Stellung. Wie schmerzvoll auch die letzte Zeit gewesen sein möge, es sei auch „eine Zeit des Lernens, der Reinigung und des Vertrauens" gewesen, so der Kardinal. Für einen Neuanfang gebe es keine „Zauberformel", mit der die Probleme gelöst werden können. Man müsse jetzt ohne Hast abschätzen, „wo Strukturen und Prozeduren gescheitert sind, und zwar nicht nur auf rechtlicher oder kanonischer Ebene, sondern auf menschlicher Ebene", so der Kardinal wörtlich.
Die drei Schritte auf dem Weg zu Erneuerung seien eine „Verwandlung der Herzen", eine „Erneuerung der inneren Einstellung" und schließlich die „uneingeschränkte Liebe". Zentrum der Erneuerung bliebe dabei stets die Messe – als Quelle von Einheit, Kraft und Hoffnung. O’Connor rief dazu auf, die Laienbewegung fest in das kirchliche Leben zu integrieren: „Das Selbstverständnis und die Mission der Laien in Kirche und Welt zu pflegen und zu fördern – das ist eine Hauptaufgabe der Priester und Bischöfe." Die Angst vor einem Kontrollverlust durch eine stärkere Einbindung der Laien sei unbegründet, so der Kardinal. (rv)

Österreich: Der Bettel-Kongress

Gibt es gute und schlechte Bettler? In Österreich schwillt seit einiger Zeit eine Debatte um das Betteln an. So ist in Wien seit rund zwei Wochen das gewerbsmäßige Bitten um Geld verboten und kann mit einer Strafe von bis zu 700 Euro geahndet werden. Jede österreichische Region oder Stadt hat ihre eigene Regelung. In manchen Gegenden dürfen sich Bettler etwa nicht auf potentielle Spender zubewegen, sondern nur im Sitzen bitten. An diesem Wochenende hat es am Institut für Moraltheologie an der Universität in Wien zum Thema Betteln einen Kongress gegeben. Hier diskutierten Juristen, Soziologen, Historiker und Theologen unter anderem über die Ursachen der starken Ablehnung von Bettlern. Für den Dekan der Universität, Martin Jäggle, steht fest:
„Betteln gehört zu den Grundrechten. Die kirchlichen Bettelorden signalisieren ja auch, dass Betteln nicht etwas Unschickliches ist, sondern einfach auch ein Recht."
Bettelmönche, der Name spricht Bände. Gerade für Ordensmitglieder gehört das Betteln zur Lebensphilosophie, die von Bescheidenheit und der Annahme von Spenden bestimmt ist. Im Alten Testament sei die Rede von der „Sünde, dass es Bettler unter euch gibt". Mit einem Bettelei-Verbot werde „auch die Wahrnehmung realer Armut ausgesperrt", mahnt Jäggle.
„Alle Gesellschaften, soweit ich das überblicke, kennen Betteln, und nur bestimmte Gesellschaften versuchen es aus dem Bereich der Öffentlichkeit zurückzudrängen; das Kennzeichen dieser Gesellschaft ist, dass die sozialen Gegensätze zunehmen, dass sogenannte Wohlstandsregionen „bettelfrei" sein wollen, also sich im Konsum nicht behindern lassen wollen."
Scharfe Kritik übt der Grazer „Obdachlosenpfarrer" Wolfgang Pucher an rechtspopulistischen Politikern. Sie gingen oft gegen besseres Wissen – mit Unterstellungen gegenüber den Roma – auf Stimmenfang. Der Pfarrer berichtete an der Universität von Untersuchungen in Graz. Dort habe eine sechsmonatige Recherche der Polizei, ob es vor Ort „organisierte Bettelei" mit dahinter stehenden kriminellen Ausbeutern gibt, keine Hinweise erbracht, so Pucher. Vorurteile gegen Roma hätten sich jedoch über Jahrzehnte hinweg verfestigt, berichtet Pucher aus eigener Erfahrung.
„Ich muss zugeben, dieses Vorurteil habe ich selbst als Kind noch mitbekommen. In meiner Heimat hieß es, wenn die Roma durch mein Dorf gekommen sind: ´Sperrt die Hühner ein, nehmt die Wäsche ab, tut die Kinder ins Haus, denn die Roma stehlen alles.´ Ich gebe zu, dass ich das selber geglaubt habe. Und jetzt ist in Graz seit dem Jahre 1996 diese Gruppe in einer großen Zahl vertreten, und bis vor kurzem hat es nicht eine einzige Anzeige bei der Polizei wegen Diebstahls gegeben."
Bei dem Workshop „Betteln in Wien" waren weitere Themen die grundrechtlichen Bedenken gegenüber Bettelverboten und rassistische Ressentiments gegenüber bettelnden Roma. Die Teilnehmer planen ein längerfristiges interdisziplinäres Forschungsprojekt. (rv)