Vor zwei Tagen musste die Türkei ein Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes aus Straßburg akzeptieren: Da entschieden die Richter, Ankara müsse ein Waisenhaus auf einer Insel vor Istanbul an das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel zurückgeben. Das ist zunächst einmal eine gute Nachricht für die bedrängten orthodoxen Christen in der Türkei, ja für die Christen dort überhaupt. Otmar Oehring ist missio-Menschenrechtsexperte und Türkei-Kenner – er sagt:
„Ich denke, dass der Europäische Menschenrechtsgerichtshof die letzte Hoffnung für alle Minderheiten in der Türkei ist – und das ist nicht nur die christliche, sondern auch die jüdische Minderheit, die Bahai und andere Gruppen. In gewisser Weise gilt das auch für die Aleviten, auch wenn man sich fragen kann, inwieweit die mit rund 30 Prozent Bevölkerungsanteil überhaupt noch als Minderheit anzusehen sind. Das Problem mit allen Entscheidungen des Menschenrechtsgerichtshofs mit Bezug auf die Türkei ist allerdings die Umsetzung. Die Türkei lässt tatsächlich die Fristen ablaufen, in denen sie gegen entsprechende Urteile des Straßburger Gerichtshofs Revision einlegen könnte – aber sie handelt dann immer wieder nicht im Einklang mit den Urteilen.“
Und genau das könnte jetzt auch im Falle des Waisenhauses passieren, über das am 15. Juni die Richter in Straßburg befunden haben.
„Eigentlich hätte der türkische Staat dieses Waisenhaus schon vor über einem Jahr an das Patriarchat zurückgeben müssen; das hat er aber nicht getan, obwohl er auch damals die Frist hat ablaufen lassen, ohne Widerspruch einzulegen. Die Frage ist, was jetzt passiert – es gibt in Istanbul die Befürchtung, dass der türkische Staat (fintenreich, wie er eigentlich immer agiert hat) auch diesmal wieder versuchen könnte, das Gebäude an eine Stiftung „zurückzugeben“, die seit 1902 dieses Waisenhaus im Auftrag des Ökumenischen Patriarchats verwaltet hat, die aber natürlich nie Eigentümer dieses Waisenhauses war und deren Mitglieder im Streit mit dem Ökumenischen Patriarchat liegen.“ (rv)
Tag: 17. Juni 2010
D: Hinweis zur angestrebten Rehabilitierung des emer. Bischof Dr. Walter Mixa
Wie aus einem Interview der Zeitung "Die Welt" hervorgeht, beabsichtigt der emeritierte Bischof von Augsburg Dr. Walter Mixa seine Rehabilitierung im Vatikan zu erreichen. Unter anderem bezieht sich Dr. Mixa auf den Codex des kanonischen Rechtes (Codex Iuris Canonici – CIC). Im Interview heißt es:
„Mixa sieht sich als Opfer, denn er sei Vertreter einer ‚kultiviert-konservativen’ Richtung im Bistum, die nicht allen gefallen habe. Ferner spekuliert Mixa im Interview, das Kirchenrecht könne ihm zu Hilfe kommen: Canon 125 sehe vor, dass unter Druck vorgenommene Handlungen als nicht geschehen gelten könnten. So könne er – über den päpstlichen Gerichtshof – vielleicht wieder als Bischof zurück nach Augsburg, er würde dies „erwägen und bedenken”.
Der Canon 125 des CIC sagt folgendes aus:
Can. 125-§ 1. Wenn eine Handlung dadurch zustande kommt, dass einer Person von außen her Zwang zugefügt wurde, dem sie auf keine Weise widerstehen konnte, gilt diese Handlung als nicht vorgenommen.
§ 2. Eine Handlung, die aufgrund schwerer, widerrechtlich eingeflößter Furcht oder aufgrund arglistiger Täuschung vorgenommen wurde, ist rechtswirksam, wenn nicht etwas anderes im Recht vorgesehen ist; sie kann aber durch das Urteil eines Richters aufgehoben werden, sei es auf Antrag der geschädigten Partei oder ihrer Rechtsnachfolger, sei es von Amts wegen.
Der Vatikansprecher Pater Federico Lombardi bestätigte gegenüber Radio Vatikan, dass Papst Benedikt XVI. Bischof Mixa in den nächsten Wochen in Audienz empfangen werde. Es sei aber „nicht anzunehmen, dass die Entscheidung des Papstes noch einmal geändert werde”, so Lombardi weiter.
Ob nun der emer. Bischof Dr. Mixa eine Rehabilitierung seiner Person erreichen wird, muss man abwarten. Ein sexueller Missbrauch ist zwar ausgeräumt, aber nach wie vor stehen Prügelstrafen und Veruntreuung von Stiftungsgeldern im Raum. (vh)
Vatikan: Nahostexperten treffen sich vor großer Synode
Vor der großen Nahost-Bischofssynode im Herbst treffen sich Nahost-Experten im Vatikan. Vom 21. bis 25. Juni findet die 83. Vollversammlung von Hilfswerken für die Kirchen im Nahen Osten (ROACO) statt, wie der Vatikan am Mittwoch mitteilte. Die Synode werde das „verknüpfende Band“ der Arbeiten der ROACO sein, heißt es in einer Mitteilung. „Wir hoffen, dass die Aufmerksamkeit, die die Synode auf die Situation der Christen im Nahen Osten lenkt, auch Früchte der Großzügigkeit mit sich bringen kann und eine Sensibilisierung für die Kirchen im Heiligen Land.“ Unter den Teilnehmer der ROACO sind der Apostolische Nuntius in Israel und der Kustos im Heiligen Land. Die Leitung des Treffens übernimmt ROACO-Präsident Kardinalpräfekt Leonardo Sandri. Zum Abschluss der Vollversammlung ist eine Audienz mit Benedikt XVI. geplant. (rv)