Einen Monat lang war Südafrika das Zentrum der Weltöffentlichkeit, seit gestern ist alles vorbei: Spanien ist Weltmeister, Deutschland muss weiter auf den vierten Stern hoffen, für die Heimmannschaft war leider schon in der Vorrunde Schluss. Doch nach der WM ist vor der WM: Für die Mitarbeiter der Organisation „Catholic Welfare Development“ muss die Arbeit weitergehen, auch wenn Fernsehkameras und Fanmeile wieder abgebaut sind. Deswegen hat das Hilfswerk die „Kampagne 2011″ gestartet. Ziel dieses Projektes ist es, das Interesse an Südafrika mit all seinen Problemen wachzuhalten und soziale Projekte auch abseits der WM fortzuführen. Wir haben mit Alrika Hefers gesprochen, Mitarbeiterin des „Catholic Welfare Development“ in Kapstadt.
„All die jetzt begonnenen Initiativen sind erst der Anfang der Initiativen, die wir im nächsten Jahr fortführen werden. Wir haben gerade ein Café und einen Laden für Kunsthandwerk eröffnet, auch unsere Jugendprogramme werden weiterlaufen. Wir möchten auch bei der Frauenfußball-WM in Deutschland im nächsten Jahr eine größere Rolle spielen. In den verschiedenen Townships haben wir jeweils einen Koordinator, mit denen wir unsere Jugendprogramme direkt in den Townships abstimmen. Für viele schwarze Frauen haben sich die Dinge nicht verändert, manchen geht es schlechter als vor ein paar Jahren. Deswegen liegt unser Augenmerk hauptsächlich auf den Jugendlichen und den Frauen am Rande der Gesellschaft.“
Bereits während der WM waren die Projekte des katholischen Entwicklungswerkes ein voller Erfolg, wie Alrika Hefers erzählt. Es war die einzige soziale Organisation, die auf der Fanmeile in Kapstadt vertreten war. So konnte sie den bis zu 300.000 Fans ihre Projekte vorstellen und mit dem Verkauf von Hotdogs Geld für die „Kampagne 2011″ sammeln.
Der Angst, dass nach der WM wieder fremdenfeindliche Unruhen gegen Immigranten ausbrechen, sollte man nicht zuviel Bedeutung beimessen, findet Alrika Hefers:
„Wir wissen nicht, was uns erwartet. Vor einer Woche gab es ein Treffen zwischen Regierung und Nichtregierungs-Organisationen, bei dem wir geplant haben, was im Fall von fremdenfeindlichen Angriffen zu tun ist und welche präventiven Maßnahmen zu treffen sind – denn wir spielen eine große Rolle in der Gesellschaft. Heute Morgen gab es keine Gewalt. Ich bin auch nicht sicher, inwieweit Gerüchte dabei helfen, Menschen zum Handeln zu bewegen. Wir passen auf, nicht auf Gerüchte zu reagieren. Aber wenn Gewalt ausbricht, werden wir sofort eingreifen und unsere Aufgabe erfüllen.“ (rv)
Tag: 12. Juli 2010
Dem. Rep. Kongo: „Selbstbedienungsladen“ im Herzen Afrikas
Am 30. Juni 2010 beging der Kongo den 50. Jahrestag seiner Unabhängigkeit. Zu den pompösen Festlichkeiten war sogar der König Albert II. in die ehemalige belgische Kolonie gereist. Viel zu feiern hat das afrikanische Land jedoch nicht, unterstreicht Cornelia Füllkrug-Weitzel. Sie ist Direktorin der Diakonie Katastrophenhilfe und soeben von einer zweiwöchigen Reise durch den Ostkongo zurückgekehrt, wo die Pfarrerin Hilfsprojekte der Diakonie und von Brot für die Welt besuchte. Im Interview mit Radio Vatikan schildert sie ihre Eindrücke:
„Wir haben dort erfahren, dass es zwar keine kriegerische Gewalt mehr gibt, aber dass das Maß an alltäglicher Gewalt extrem hoch ist. Es gibt außerdem nach wie vor 1,5 Millionen Binnenvertriebene im Ostkongo, die keinerlei Unterstützung haben staatlicherseits, die also darauf angewiesen sind, dass die Bevölkerung ihnen hilft. Und die steht selbst täglich unter einem hohen Maß an Terror, weil sie von Vergewaltigungen, Soldaten und Rebellen bedroht werden.“
Die Grenzregion zu den Nachbarländern Sudan, Uganda und Ruanda kommt nicht zur Ruhe. Nach Ende des Kongokrieges 2003 blüht dort der internationale Waffenhandel weiter. Ethnisch instrumentalisierte und wirtschaftliche Konflikte brechen im Ostkongo immer wieder auf. Füllkrug-Weitzel:
„Zum einen sind nach wie vor die Hutu-Rebellen aus Ruanda aktiv auf ostkongolesischem Gebiet. Weiter ist an der Grenze die ugandische Lord Resistance Army aktiv. Es haben sich inzwischen auch viele Trittbrett fahrende Banden, ich sage mal „ganz normale Kriminelle“, zusammengetan. Es sind die Soldaten und Milizen, die die Bevölkerung terrorisieren, weil sie selber keinen Lohn haben und sich nur mit dem über Wasser halten, was sie der Bevölkerung wegreißen. Das gilt auch für die Rebellen.“
Angesichts dieser anarchischen Zustände müsse schnellstens für Recht und Ordnung gesorgt werden, so Füllkrug-Weitzel, wenn nicht von Staatsseite, dann mit Hilfe der internationalen Gemeinschaft. Ein großes Problem sei jedoch, dass selbst die Exekutive – also Militärs und Polizei – die Bevölkerung beraubten oder sie gar terrorisierten statt sie zu schützen.
„Nicht nur die fremden Rebellengruppen, sondern auch die eigenen Militärs vergewaltigen im Ostkongo Frauen im massiven Umfang. Man geht davon aus, dass 60-70 Prozent aller Frauen zwischen 10 und 90 Jahren mindestens einmal oder mehrmals in den vergangenen Jahren vergewaltigt worden sind, entweder von Militärs und Soldaten oder von Rebellen! Solange das nicht geahndet wird mit aller Entschiedenheit, wird sich daran auch wenig ändern.“
Für die Befriedung der Region seien nicht nur humanitäre, sondern auch finanzielle Hilfen unerlässlich. Das gesamte Rechtssystem des Landes müsse neu „befähigt“ werden:
„Entscheidend ist, dass die Polizei und das Militär einen regulären Lohn bekommen. Wenn sie keinen Pfennig sehen, obwohl sie den ganzen Tag im Einsatz sind, fallen sie über die Felder und Viehbestände her, und diese Lösung nimmt die Regierung billigend in Kauf. Sie bereichern sich gnadenlos auf Kosten der Bevölkerung.“
Der Kongo werde aber auch von ganz anderer Seite ausgebeutet, erinnert die Direktorin der Diakonie Katastrophenhilfe. Das Land sei reich an Rohstoffen und Bodenschätzen; ob Tropenholz, Gold und Diamanten oder Mineralien – die Schätze des Kongo zögen nicht nur afrikanische Interessenten an:
„Wir profitieren alle mit großer Freude an den Ressourcen des Kongo, ohne Geld im Land lassen zu wollen. Dazu ist ja die Gewalt so „schön“ – da muss man keine Regeln finden, wie zumindest ein Teil der Einkünfte im Land bleiben kann. Auch europäische Firmen sind in massivem Umfang am Waldeinschlag im Kongo beteiligt. Hier wird behauptet, das würde alles nach guten Regeln geschehen. Wenn man aber vor Ort ist, hört und sieht man ganz und gar das Gegenteil. Solange das nicht klappt, solange wir das Land nach wie vor als großen Selbstbedienungsladen betrachten, solange die Regierung Teil dieser Selbstbedienung ist und noch dazu ermuntert wird statt Verantwortung für das Gemeinwohl zu übernehmen, ist es natürlich sehr schwierig.“
Die Diakonie Katastrophenhilfe und das Hilfswerk Brot für die Welt setzen sich im Ostkongo vor allem für die Binnenflüchtlinge ein. Davon gibt es rund 1,5 Millionen bei einer Gesamtbevölkerung von 6,5 Millionen. Sie werden, genau wie die lokale Landbevölkerung, mit Decken, Töpfen, Saatgut und Anbauhilfen für die Landwirtschaft versorgt. Ein weiterer Schwerpunkt der Hilfswerke ist die psychosoziale und medizinische Betreuung vergewaltigter Frauen. (rv)