Papst Benedikt XVI. hat die Bevölkerung Siziliens aufgerufen, entschieden gegen das organisierte Verbrechen und das Böse in der Welt einzutreten. „Wir müssen uns schämen für das Schlechte, das der zivilen und religiösen Gemeinschaft durch Handlungen angetan wird, die lieber nicht ans Tageslicht kommen wollen", sagte der Papst am Sonntag während einer Messe unter freiem Himmel in Palermo. Diese Taten seien eine Beleidigung Gottes und des Menschen, sagte er, ohne die Mafia ausdrücklich zu erwähnen. Zugleich ermutigte der Papst die Gläubigen, sich nicht durch die organisierte Kriminalität, Arbeitslosigkeit und Zukunftsängste einschüchtern zu lassen.
Mehr als 200.000 Gläubige, mehr als doppelt so viel wie erwartet, waren zu dem Gottesdienst an der Strandpromenade in Palermo bei strahlendem Sonnenschein zusammengekommen. Am Beginn der Messe wurde dem Papst eine Statue der Unbefleckten Empfängnis Mariens überreicht, die in Sizilien besonders verehrt wird. In seiner Predigt sagte Benedikt XVI. er sei gekommen, um die Gläubigen nachdrücklich zu ermutigen, ohne Furcht entschieden für menschliche und christliche Werte einzutreten.
„Habt keine Angst, den Glauben zu leben und zu bezeugen in den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen, in den unterschiedlichen Situationen der menschlichen Existenz, besonders in den schwierigen. Der Glaube gibt euch die Kraft Gottes, um vertrauensvoll, mutig und mit neuer Entschiedenheit voranzuschreiten, um die notwendigen Initiativen zu ergreifen, die unserer Erde ein schöneres Angesicht verleihen."
Dies sei nicht immer einfach, so der Papst:
„Und wenn ihr den Widerstand der Welt erfahrt, dann hört die Worte des Apostels: „Schäme dich nicht, dich zu unserem Herrn zu bekennen." (2 Tim 1,8) Man muss sich schämen für das Übel; für das, was Gott beleidigt; für das, was den Menschen beleidigt. Man muss sich schämen für das, was der zivilen und religiösen Gemeinschaft Schaden zufügt durch Handlungen, die nicht gern ans Licht kommen."
Die einzige Waffe gegen das Übel sei ein starker Glaube.
„Die Versuchung des Entmutigtseins, der Verzweiflung befällt den, der schwach ist im Glauben, der das Böse mit dem Guten verwechselt, der glaubt, dass man angesichts des oft tief sitzenden Bösen doch eh nichts machen könne. Wer hingegen fest im Glauben verwurzelt ist, wer Gott voll und ganz vertraut und in der Kirche lebt, ist in der Lage, die aufbrechende Kraft des Evangeliums weiter zu tragen."
Als Vorbild nannte Benedikt XVI. den 1993 von der Mafia in Palermo erschossenen Priester Pino Puglisi. Das Kirchenoberhaupt erinnerte zudem an die grosse Vergangenheit Siziliens. Die süditalienische Insel sei eine der ersten italienischen Regionen, in denen sich das Christentum ausgebreitet habe, sagte der Papst. Zudem würdigte er den hohen Stellenwert, den die Familie auf Sizilien genieße. Beim Angelusgebet am Ende der Messe erwähnte Benedikt XVI. die Seligsprechung der Ehegattin und Mutter Anna Maria Adorni, die zeitgleich in Ancona stattfand. – Die Messe auf der Strandpromenade der sizilianischen Hauptstadt war der Höhepunkt der eintägigen Pastoralreise des Papstes nach Palermo. Anschliessend ist eine Zusammenkunft mit den Bischöfen Siziliens im erzbischöflichen Palais der Stadt vorgesehen. Am Nachmittag steht eine Begegnung mit Priestern, Ordensleuten und Seminaristen in der Kathedrale der Stadt auf dem Programm. Zum Abschluss der Reise trifft Benedikt XVI. auf der Piazza Politeama in der Innenstadt mit Jugendlichen zusammen. Der Besuch ist die 21. Italienreise Benedikts XVI. und die erste nach Sizilien. Zuletzt hatte sein Vorgänger Johannes Paul II. (1978-2005) die süditalienische Insel im Jahr 1993 besucht. (rv)
Tag: 3. Oktober 2010
Vatikan: P. Lombardi widerspricht Adriaenssens
Papstsprecher Federico Lombardi widerspricht dem früheren Leiter der belgischen Untersuchungskommission zu kirchlichen Missbrauchsfällen. Der Kinderpsychiater Peter Adriaenssens hatte geäußert, dass aus seiner Sicht auch der Papst angesichts der Missbrauchsskandale zurücktreten müsse. Schließlich seien in Belgien auch zwei Minister zurückgetreten, als der Kinderschänder Marc Dutroux einmal aus der Haft geflohen sei. Der Jesuit Lombardi entgegnet darauf, dass er großen Respekt vor der Arbeit Adriaenssens habe. Die Äußerungen des Belgiers hätten ihn aber „überrascht", so Lombardi. Man könne doch „Verantwortungen und Autorität in der Weltkirche und bei Behörden, die ihrer Natur und Organisation nach völlig verschieden sind", nicht vermengen: „Dieser Vergleich funktioniert aus unserer Sicht nicht". Lombardi wörtlich: „Der Papst sollte nicht zurücktreten, sondern er sollte weiterarbeiten, um die Kirche zu leiten und uns die Orientierung zu geben, die wir dann auch in die Praxis umsetzen müssen!" Der Vatikansprecher verweist darauf, dass sich Papst Benedikt mutig „zu seiner Verantwortung als Hirte der Weltkirche bekannt" habe, und zwar „nicht nur mit Worten des Bedauerns, sondern auch mit Gesten wie etwa der Begegnung mit Opfern, und nicht zuletzt mit seinem Eintreten für Gerechtigkeit, für eine Erneuerung der Normen des kanonischen Rechts und konkreter Ermutigung für Präventionsarbeit". (rv)