China: Bischofsweihe?

Die angekündigten Bischofsweihen sorgen im Vatikan für Irritationen. Der Apostolische Stuhl sei nicht erfreut über Meldungen, nach denen Bischöfe in China gezwungen werden sollen, an einer unerlaubten Bischofsweihe teilzunehmen. Das sagte Vatikansprecher Federico Lombardi an diesem Donnerstag. Der betreffende Weihekandidat Joseph Guo Jincai habe nicht die Erlaubnis des Papstes erhalten, zum Bischof geweiht zu werden. Wenn die Berichte über die angebliche Weihe auf dem chinesischen Festland wahr sind, wäre dies ein grober Missbrauch der Religions- und Gewissensfreiheit. Die Beziehungen zwischen Apostolischem Stuhl und der Volksrepublik China würden darunter leiden, sagte Pater Lombardi. (rv) 

Hadrian VI.: Ein Reformpapst vor seiner Zeit

Er war der letzte Nichtitaliener auf dem Stuhl Petri vor Johannes Paul II., der letzte Deutsche vor Benedikt XVI., auch wenn das Wort „deutsch" hier ziemlich weit verstanden werden muss. Zu diesem 1523 nach nur einem Jahr Pontifikat verstorbenen Papst fand an der Kirche der deutschsprachigen Pilger in Rom, Santa Maria dell’ Anima, an diesem Mittwoch ein Symposion statt.
 „Vor allem dürfen wir auf die Art und Weise stolz sein, wie er Papst und vorher Priester und Professor in Löwen und Erzbischof von Tortosa war. Sein Zeitalter wird nicht als eine der besten Perioden der Kirchengeschichte betrachtet."
So stellte Erzbischof Willem Eijk, Bischof der Heimatstadt Adrians Utrecht, den Papst und seine Zeit vor. Missbrauch, Ämterkauf, Abwesenheit von Bischöfen von ihren Diözesen, niedriger Bildungsstand der Kleriker, Vetternwirtschaft, Prachtliebe in Rom und anderswo: dies alles ist uns aus den Vorwürfen Martin Luthers bekannt, der genau zu der Zeit zu protestieren begann, als Hadrian Papst wurde. Die Welt war nicht mehr wirklich christlich, auch wenn die Prachtbauten der Renaissance und die Macht der Bischof Anderes suggerierte. Dies ist eine der Einsichten Hadrians, so Eijk:
„Das Leben nach christlichen Werten und Prinzipien sei vielleicht selbstverständlicher und leichter, wenn die ganze Gesellschaft sie mit Leib und Seele verbreitet." Nicht so in der Zeit Hadrians VI. „in einer solchen Situation kommt es auf die persönliche Spiritualität an, das heißt einen durchlebten Glauben und einen lebendigen Kontakt mit Gott. Diese geben die Kraft, gegen den Strom zu schwimmen. Gottvertrauen zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben des Hadrian."
Adrian war als Asket verschrien, die Römer wollten einen sparsamen und die Kardinäle mit Bedingungen überhäufenden Ausländer nicht akzeptieren. Seine Vorgänger Leo X., Julius II. und Alexander VI. waren Politiker gewesen, die viel Geld ausgegeben hatten. Nicht so Hadrian. Er wurde in einem Konklave gewählt, dass der Historiker nur als politisch erbärmlichen Kompromiss bezeichnen könne, so Eijk. Adrian von Utrecht, damals Erzbischof von Tortosa, war noch nicht einmal präsent bei diesem Konklave und wollte auch nie Papst werden. Seinen Unwillen machte er auch kund:
„Ich zitiere: ‚Wenn es stimmt, was man mir mitteilt, habe ich viele Gründe, um traurig und wehmütig zu sein’. Das hielt ihn aber nicht davon ab, schnell einen Anfang zu machen mit den notwendigen Umgestaltungen. Während er sich noch in Saragossa aufhielt, um die Seereise nach Italien vorzubereiten, erließ er schon seine Statuten für die päpstliche Kanzlei."
Kardinäle mussten ihren Luxus-Lebensstil aufgeben, Gottesdienst sollte wieder in den Mittelpunkt des kirchlichen Lebens, Reformen in der Ämtervergabe durchgeführt und Frieden statt Kriegsbeteiligung das Programm des Kirchenstaates werden. Hadrian wollte sich auch anders als seine Vorgänger dem Wirken Martin Luthers zuwenden. Er sah nicht wie noch Leo X. nur einen aufmüpfigen Mönch.
Hadrian dachte anders. Aber er sah in seinem Auftreten als erstes ein Auftreten gegen die Missstände der Kirche." Ein Überwinden dieser Missstände würde also wieder zu Einheit führen. „Das hat er wohl falsch eingeschätzt. Aber es brauchte ihn wohl zu einer einmaligen Tat. Als erster Papst in der Geschichte sprach er ein ‚mea culpa’ aus, wegen der Missstände in der Kirche. Er hatte den Mut, die Schuld auch bei sich selbst zu suchen." 1523 war das, beim Reichstag zu Worms. Der Erfolg blieb aber aus. „Die Anwesenden Prälaten fühlten sich beleidigt und waren nicht bereit, mitzuwirken. Die Lutheraner misstrauten seinem ‚mea culpa’."
Ob er als gescheitert angesehen werden muss? Erzbischof Eijk sieht, dass die Zeit für einen wie Hadrian noch nicht reif gewesen sei, erst 50 Jahre später sei es zu den von ihm gewollten Reformen gekommen. Eine Einsicht, die sich bereits auf dem Grab Hadrians in der Kirche Santa Maria dell’Anima nachlesen lässt:
„pro dolor quantum refert in quae tempora vel optimi cuiusque virtus incidat – Ach, es macht doch einen großen Unterschied, in welche Zeit die Verdienste von sogar dem besten Manne fallen." (rv)

Cordes-Nachfolger Sarah: Helfen auf „Katholisch“

Der neue vatikanische Entwicklungshilfe-Verantwortliche Erzbischof Robert Sarah will das katholische Profil kirchlicher Entwicklungshilfe stärken. Diese dürfe nicht von Ideologien, sondern müsse vom christlichen Glauben geprägt sein, sagte er am Dienstag vor Journalisten in Rom. Die Hilfswerke sollten ihre Aufgabe nicht nur in der Verwirklichung von „Projekten" sehen; zugleich müssten sie sich als Teil der Kirche und ihres Auftrages begreifen. Als Grundlage für seine Arbeit als Präsident des Päpstlichen Rates „Cor Unum" bezeichnete Sarah die Enzyklika „Deus caritas est" von Papst Benedikt XVI. aus dem Jahr 2006. Der aus dem westafrikanischen Guinea stammende Sarah ist seit Oktober Nachfolger des deutschen Kurienkardinals Paul Josef Cordes. Am Samstag beruft Papst Benedikt XVI. Sarah ins Kardinalskollegium. Eine bedeutende Rolle für die Stärkung des kirchlichen Profils spielen laut Sarah insbesondere geistliche Exerzitien für Mitarbeiter katholischer Hilfswerke. Die dritte Veranstaltung dieser Art findet nach Angaben von „Cor Unum" vom 29. November bis zum 3. Dezember mit rund 320 Teilnehmern im polnischen Tschenstochau statt. (rv) 

Großbritannien: Mehr Seminaristen

In England und Wales zeigen die Zahlen der katholischen Priesteramtskandidaten nach oben: Dieses Jahr wurde mit 56 Eintritten ins Priesterseminar ein Rekord für die letzten zehn Jahre erreicht. Das meldet die Nachrichtenagentur ccn. Die Kirche führt die steigenden Zahlen u.a. auf eine stärkere Berufungspastoral in den Bistümern und auch an katholischen Schulen zurück. Ein erstes Festival mit dem Titel „Invocation", das im Juli junge Leute in Birmingham für das Ordens- bzw. Priesterleben interessieren sollte, wurde auf einer Konferenz in der Stadt jetzt als Erfolg gewertet; es solle im nächsten Sommer wiederholt werden. (rv) 

Vatikan: Neues Medien-Portal

Der Päpstliche Medienrat richtet eine neue Internetseite ein. Auf ihr sollen die Informationsdienste des Vatikans zusammenfließen, nämlich Radio Vatikan, Osservatore Romano, Pressesaal, Fernsehzentrum und der fides-Infodienst. Das kündigte Erzbischof Claudio Maria Celli vom Päpstlichen Medienrat am Dienstag an. Als Name der Homepage sei „Vatican news" im Gespräch, doch eine Entscheidung sei noch nicht getroffen. Ein Datum für das Freischalten der Seite nannte Celli nicht. Der Erzbischof stellte im Vatikan den Regiebus des Vatikanfernsehens vor, der jetzt auch HD-Aufnahmen möglich macht. Übrigens gab es am Dienstag auch eine weitere Vereinbarung über eine vatikanische Homepage: Der Päpstliche Kulturrat und die italienische Raumfahrtagentur unterzeichneten einen Rahmenvertrag über einen gemeinsamen Kosmologie-Internetauftritt. (rv) 

„Regnum Christi“-Visitator: „Eile ist kein guter Ratgeber“

Der Apostolische Visitator der Bewegung „Regnum Christi" zieht eine Zwischenbilanz: Vor zwei Wochen traf Erzbischof Ricardo Blazquez im spanischen Valladolid Vertreter der Bewegung. Sein Wunsch sei es, die Visitation spätestens bis zum 30. Juni 2011 abzuschließen. Danach will er den Abschlussbericht verfassen.
 „Regnum Christi" ist eine sogenannte Apostolatsbewegung. Sie wurde von P. Marcial Maciel gegründet, der auch die Kongregation der Legionäre Christi ins Leben rief. Mit einem Dekret vom 10. März 2009 ordnete der Heilige Stuhl eine außerordentliche Visitation der Legionäre Christi an, um Missstände der Kongregation zu untersuchen. Von der Visitation ist also auch „Regnum Christi" betroffen. In dem Brief von vergangener Woche betont der zuständige Visitator, Ricardo Blazquez, dass er die Häuser der Bewegung besuchen möchte und auch persönliche Gespräche mit deren Mitgliedern aufnehmen möchte. Eile sei kein guter Rat, so Blazquez weiter. Deshalb sollte die ganze Visitation in „angemessener Zeit" durchgeführt werden. Der Visitator der Legionäre Christi ist Kurienerzbischof Velasio De Paolis CS, Professor für Kirchenrecht und renommierter Ordensrechtler. (rv)

Papst: „Besser kommunizieren“

Die Kirche soll sich neuer Sprechweisen und neuer Kommunikationsmöglichkeiten bedienen, um die Frohe Botschaft zu verbreiten. Das hat Benedikt XVI. vor den Angehörigen des Päpstlichen Kulturrates angeregt. Nötig sei dazu aber nicht nur ein „neuer Elan", sondern auch eine aufmerksam-kritische Haltung gegenüber eben diesen neuen Kommunikationsmöglichkeiten. „Die sprachliche Unfähigkeit, den tiefen Sinn und die Schönheit der Glaubenserfahrung mitzuteilen, kann zur Gleichgültigkeit vieler, besonders Jugendlicher, beitragen", warnte Papst Benedikt.
 Kardinal Peter Erdö hat als Mitglied des Kulturrates an der Vollversammlung und an der Papstaudienz teilgenommen. Er erinnerte daran, dass es immer schwierig war, das Evangelium weiterzugeben.
„Es ist klargeworden, dass man in der Welt der heutigen elektronischen Kommunikation nicht alles ausdrücken kann, was unser Glaube enthält. Man muss gleichzeitig verschiedene Sprachen und Kommunikationsformen beherrschen. Man muss weiterhin sprechen können, schreiben können, verfassen können. Das heißt, wir sind verantwortlich auch für die Weitergabe des Evangeliums im schriftlichen Sinn des Wortes, und wir müssen auch die logische Beweisführung weiterhin vertiefen – und gleichzeitig meinetwegen auch Reklametechniken verwenden. Es ist also eine mehrfache Herausforderung, aber die Kirche scheint davor keine Angst zu haben." (rv)

Erzbischof Koch: „Wir brauchen eine Situationsvergewisserung“

Der Einheitsrat feiert sein 50-jähriges Bestehen – und auch heute noch gibt es einige Herausforderungen für diese Vatikan-Stelle. So haben einige anglikanische Bischöfe diese Woche angekündigt, zum Katholizismus übertreten zu wollen. Das kommt fast ein Jahr nach dem Papst-Erlass „Anglicanorum coetibus", der am 9. November 2009 erschienen ist. Mario Galgano hat den Ökumene-Verantwortlichen im Vatikan, den Schweizer Erzbischof Kurt Koch, gefragt, was diese Ankündigung der anglikanischen Bischöfe für eine Bedeutung hat.
 „Dass Einzelne auch im Zeitalter der Ökumene von einer Kirche in eine andere übertreten, hat es immer gegeben. Es hat auch Priester gegeben, die in der Vergangenheit übergetreten sind. Neu ist, dass auch Bischöfe teils mit ganzen Gruppierungen übertreten. Hier in Rom haben wir eine klare Arbeitsteilung. Der Rat für die Einheit der Christen ist zuständig für den ökumenischen Dialog. Die Frage der Aufnahme der Anglikaner, die konvertieren möchten, gehört zum Zuständigkeitsbereich der Glaubenskongregation."
Es ist nun auch so, dass unter diesen anglikanischen Bischöfen auch etliche gibt, die verheiratet sind. Ist das für die katholische Kirche nicht eine unüberwindbare Herausforderung?
„Bei den Priestern haben wir bereits Erfahrungen. Sie bleiben verheiratete Priester. In der Tat besteht das Problem bei den verheirateten Bischöfen, weil unsere Tradition – und das gilt im Übrigen auch bei den Orthodoxen – keine verheirateten Bischöfe kennt. Hier muss also eine Lösung gefunden werden."
Einer dieser anglikanischen Bischöfe hat in der „Times" angekündigt, dass mehrere tausend Anglikaner konvertieren möchten. Ist das aus Sicht des Dialogs mit den Anglikanern nicht ein Problem? Die anglikanische Kirche wird ja kaum Freude daran haben.
„Das ist sicher eine schwierige Situation für die anglikanische Gemeinschaft. Das ist die eine Seite. Was unsere Kirche betrifft, so geht es darum, Menschen zu helfen, die bei uns sozusagen anklopfen und in die Gemeinschaft der Kirche aufgenommen werden möchten. Der Heilige Vater kann nichts anderes tun, als die Türe öffnen und sie empfangen, wenn die richtigen Voraussetzungen gegeben sind. Das sollte den ökumenischen Dialog nicht belasten, weil nichtsdestotrotz die Einheit gesucht wird. Insofern sehe ich darin keinen Gegensatz."
Apropos Einheit: Der Einheitsrat feiert nun sein 50-jähriges Bestehen. Das waren sicherlich Jahrzehnte mit einigen Höhepunkten und Schwierigkeiten. Sie sind zwar erst seit wenigen Monaten Präsident dieses Rates, aber welche Bilanz ziehen Sie dennoch nach 50 Jahren Einheitsrat?
„Es war eine große Tat von Papst Johannes XXIII., dass er noch vor dem Konzil das Sekretariat zur Förderung der Einheit der Christen begründet hat. Damals der Leitung von Kardinal Augustin Bea beauftragt hat. Sie haben dafür gesorgt, dass die zwei Grundanliegen von Johannes XXIII. – nämlich die Förderung der Einheit der Christen und die Erneuerung der katholischen Kirche – im Konzil guten Eingang gefunden haben. In dieser Zeit hat es sehr viel Arbeit gegeben. Es sind sehr viele Dialoge geführt worden. Der Einheitsrat führt heute mit 15 verschiedenen Kirchen Dialoge. Da konnte in der Tat sehr viel erzielt werden. Aber es ist auch sehr viel Veränderung geschehen. Das gilt insbesondere für jene Gemeinschaften, die aus der Reformation entstanden sind. Hier ist das Ziel der Ökumene immer mehr undeutlich geworden. Wir brauchen heute eine Situationsvergewisserung, in welche Richtung wir gemeinsam weitergehen wollen."
Wenn man den ökumenischen Dialog betrachtet, so hat man den Eindruck – zumindest als Nicht-Experte – dass der Dialog mit den Kirchen des Ostens weniger problematisch ist. Vor Kurzem hat der orthodoxe Metropolit von Minsk, Filaret, behauptet, dass ein Treffen des Papstes mit dem Moskauer Patriarchen unmittelbar bevorstehe. Wie sehen Sie den Dialog mit den Orthodoxen? Gibt es da wirklich weniger Schwierigkeiten?
„Jeder Dialog hat seine eigenen Probleme. Mit den Kirchen des Ostens muss man klar unterscheiden: Es gibt die orthodoxen Kirchen. Und es gibt die altorientalischen Kirchen. Diese haben ihre eigenen Fragen und eigene Fortschritte sowie eigenen Schwierigkeiten. Im Dialog mit den Orthodoxen haben wir vor einiger Zeit in Ravenna einen großen Schritt unternehmen können. Beide Kirchengemeinschaften sind darüber einig, dass es auf der Ebene des Ortes und der Region sowie der universalen Dimension einen Protos – also einen Ersten – braucht. Die Frage, die wir uns vorgenommen hatten, ist, wie dieser Protos als Bischof von Rom im ersten Jahrtausend einer uns gemeinsamen Geschichte ausgeübt hat. Da sind wir aber ein bisschen ins Stocken geraten. Beide Seiten dieselbe Geschichte anders lesen. Wir werden jetzt den Dialog weiter führen mit einer theologischen Reflexion über das Verhältnis zwischen Primat und Synodalität der Kirche."
Sie haben auch von den Altorientalen gesprochen. Das sind ja vor allem Kirchen, die im Nahen Osten sind. Was ist Ihr Fazit von der Nahostsynode im Vatikan aus Sicht der Ökumene?
„Die katholischen Ostkirchen haben eine grundlegende Bedeutung. Sie können eine Brückenbaufunktion ausüben, weil sie auf der einen Seite die orientalische Tradition leben. Sie haben ihre Riten. Auf der anderen Seite stehen sie in voller Einheit mit dem Bischof von Rom. Insofern leben sie im Grunde genommen schon etwas vorweg, was in der Ökumene mit den Orthodoxen noch gefunden werden muss."
Um den Kreis zu schließen: Der Papst hat Sie ernannt, weil es ihm auch ein Anliegen ist, den Dialog mit den evangelischen Kirchen zu fördern. Wie sieht es im Augenblick aus? Gibt es überhaupt einen Dialog mit den reformierten Gemeinschaften?
„Man muss zunächst einmal sehen, dass innerhalb des Weltprotestantismus keine nennenswerten Bewegungen auf mehr Einheit hin stattfinden. Es gibt im Gegenteil viele neue Fragmentierungen. Immer mehr Gruppierungen suchen den Dialog mit uns. Sie fühlen sich nicht mehr in den großen Bünden beheimatet. Was vom Inhalt her notwendig ist, ist die Frage: Was ist überhaupt Kirche? Denn die Aussage des Dokuments „Dominus Jesus" von 2000, dass die aus der Reformation hervorgegangenen kirchlichen Gemeinschaften nicht Kirche im eigentlichen Sinne sind, hat ja ungeheuer viel Ärger ausgelöst. Aber es hilft ja nicht 30 Jahre lang traurig darüber zu sein. Jetzt muss vielmehr der Dialog in Gang kommen, was wir als katholische oder protestantische Gemeinschaft überhaupt unter Kirche verstehen. Eine weitere Frage ist, wie wir Schritte unternehmen können, um auf ein gemeinsameres Kirchenverständnis zu machen."
Herr Erzbischof Koch, herzlichen Dank für das Gespräch. (rv)

Lettland: Kardinal Pujats feiert 80. Geburtstag

Der aus Lettland stammende Janis Kardinal Pujats feiert heute seinen 80. Geburtstag. Er wurde am 21.02.1998 durch Papst Johannes Paul II. "in pectore" zum Kardinal kreiert. Genau 3 Jahre später wurde er im Konsistorium ernannt. Pujats ist seit Juni diesen Jahres emeritierter Metropolitan-Erzbischof von Riga. Durch seinen Geburtstag sinkt die Zahl der wahlberechtigten Kardinäle auf 101, jedoch durch die angekündigten Kardinalskreierungen am 20.11.2010 wieder auf 121 wahlberechtigte Purpurträger. (vh)

D: 30 Jahre Jesuitenflüchtlingsdienst und der visionäre P. Arrupe

Der Jesuitenflüchtlingsdienst – kurz JRS – feiert in diesen Tagen sein 30-jähriges Jubiläum. Weltweit ist die Organisation in 51 Ländern tätig und beschäftigt gut 1.000 Mitarbeiter, von denen rund zehn Prozent Jesuiten sind. Pater Martin Stark leitet das Deutschlandbüro des JRS in Berlin. Im Interview mit Radio Vatikan erzählt er, dass die Motivation für die Gründung des Dienstes vor 30 Jahren vom damaligen Generaloberen, des Jesuitenordens kam:
 „Das war so eine visionäre Eingebung von Pater Pedro Arrupe damals, der die Berichte von den vietnamesischen ‚Boatpeople’ gehört hatte. Damals gingen ja die Bilder ja durchs Fernsehen, wie die von einem Land zum anderen schipperten, und kein Land sie aufnehmen wollte. Und die Eingebung war damals zu sagen: dieses Phänomen dieser weltweiten Migration ist eigentlich ein Zeichen der Zeit und wir als Orden mit unserer Manpower, mit unsere Institutionen, wir müssen darauf reagieren; wir können uns das nicht einfach nur ansehen, sondern müssen da praktisch etwas tun. Arrupe hat davon gesprochen, dass das auch die Gesellschaft Jesu verändert, wenn man darauf reagiert und wenn man sich für Flüchtlinge engagiert, dass das einen selber verändert."
Im Moment lägen die Schwerpunkte der JRS-Arbeit daher in afrikanischen Flüchtlingslagern, aber ganz besonders auch in Europa:
„Wir schotten uns ab. Anders kann man das nicht bezeichnen. Es wird immer schwerer für Flüchtlinge, Europa zu erreichen und hier um Asyl zu bitten. Das ist auf legalem Weg sozusagen gar nicht mehr möglich. Und eine besonders tragische Geschichte ist natürlich der gesamte Nahe Osten. Besonders die Situation der Christen im Nahen Osten oder vor allem im Irak. Auch hier glaube ich, müssen wir, die Europäischen Länder, stärker Solidarität leisten."
Nach den verheerenden Attentaten auf Christen im Irak hatte der Bundesinnenminister de Maizière vor wenigen Tagen zu Protokoll gegeben, man werde keine zusätzlichen Flüchtlinge aus dem Irak aufnehmen. Der JRS setzt sich mit Lobbyarbeit in der Politik jedoch für die Aufnahme solcher Flüchtlinge in Deutschland ein. – Der Schwerpunkt in vielen Ländern liegt jedoch in der Seelsorge in sogenannten Abschiebehaft-Anstalten:
„Wir gehen da rein als Seelsorger. Deshalb kommen wir da rein, kriegen vieles auch ganz ungeschminkt mit. Wie es dort zugeht, wie es den Leuten geht, auch wer da inhaftiert wird und eigentlich nicht inhaftiert werden sollte. Ansonsten machen wir politische Arbeit, Lobbyarbeit, zum Beispiel für Menschen, die ganz ohne Status und Papiere hier leben, die sogenannten Illegalisierten oder ‚sans papiers’: dass sie zumindest ihre Grundrechte wahrnehmen können:, dass die Kinder zur Schule gehen können, dass sie sich im Krankheitsfall behandeln lassen können, dass sie ihren Lohn einklagen können, wenn sie ausgebeutet werden. Solche Grundrechte sollte jedermann – egal welchen Status – wahrnehmen können." (rv)