Wie wird der Papstbesuch in Norditalien von der italienischen Presse aufgenommen? Enthusiasmus und Aufhorchen über Papst Benedikts Forderung nach mehr Verantwortung in der italienischen Politik – diese beiden Aspekte tauchen in den Berichten der italienischen Blattmacher immer wieder auf. Hier die Presseschau von unserem Korrespondenten Stefan von Kempis.
Mehr als neunzig Prozent der Menschen im italienischen Nordosten glauben an Gott – aber nur einer von dreien ist auch davon überzeugt, dass es eine Auferstehung gibt. Dieses Umfrage-Ergebnis bringt die Zeitung „Il Gazzettino" in ihrer Ausgabe von diesem Sonntag. Die Zahlen unterlegen dem Papstbesuch eine ernste Note: So gibt es heute in der Region nur noch halb so viele Priester wie 1970, die geistlichen Berufungen scheinen auszusterben; immerhin sind noch neun von zehn Menschen im „Nordest" getauft. Auf diesem Hintergrund erklärt sich, warum Benedikt XVI. schon in seiner ersten großen Rede am Samstag in Aquileia auf das Thema Neuevangelisierung zu sprechen kam.
Die Medien allerdings – wir sind ja hier in Italien – stürzen sich vor allem auf einen Satz Benedikts, der gar nicht so zentral war in seiner Rede: „Papst fordert eine neue politische Klasse." Das war auch in den diversen lokalen und nationalen Fernsehnachrichten die Haupt-Schlagzeile. Dabei gehen die Medien automatisch davon aus, dass dieser Papst-Satz nicht auf den (immer mehr von der umstrittenen „Lega Nord" geprägten) Nordosten zielt, sondern auf Rom: auf Berlusconi. Benedikts Ruf nach jüngeren, verantwortlichen und christlichen Politikern wird direkt in die von einem wilden Hin und Her gekennzeichnete innenpolitische Debatte eingespeist. Allerdings ist der Satz von Aquileia auch wieder nicht explizit genug, um darauf jetzt eine Neuorientierung des katholischen Wählerblocks aufzubauen; die katholischen Stimmen könnten das Zünglein an der Waage sein, sie sind derzeit noch trotz gewisser Bauchschmerzen mehrheitlich auf Berlusconis Partei PdL konzentriert.
Die großen Zeitungen („Corriere della Sera" und „Repubblica") informieren erst auf den mittleren Seiten über die Papstreise; die Regionalzeitungen dagegen bringen, wie sich das gehört, viele Farbseiten mit einer Fülle von Artikeln. Der feierliche Einzug des Papstes auf dem Markusplatz („der Piazza der Welt") wird als „historisch" gewertet, sein Lob für die Weltoffenheit Venedigs gerühmt – der Tenor der Berichterstattung ist ausgesprochen freundlich, ja enthusiastisch. Sorgsam vermerkt „La Nuova di Venezia e Mestre", dass Venedigs Bürgermeister die Stadt in seinem Gruß an den Papst als „zugleich säkular und christlich" beschrieben hat. Dem gegenüber stehen Artikel über die Proteste eines Atheisten-Verbands, der Unterschriften gegen die öffentlichen Subventionen für den Besuch sammelt, unter dem Motto: „In Italien gibt es einen Notstand beim Säkularen" (emergenza laica).
Hörbar ist in den Medien das Grummeln der Händler aus Venedigs Innenstadt: „Auf dem Markusplatz sind doch mehr Carabinieri als Touristen! Wenn der Papst hier solche Unsicherheit schafft, dann wäre es besser, er bliebe im Vatikan." Die Sicherheitsmaßnahmen, die den Besuch begleiten, werden von den Leuten nach Angaben der Presse allgemein als übertrieben empfunden: „Bei anderen Papstbesuchen gab es mehr Spontanität", „Da waren die Kontrollen nicht so streng."
(rv)
Jahr: 2011
Schweizergarde: „Ihr seid eigenartige Soldaten“
„Am Morgen des 6. Mai 1527 gab der Generalhauptmann Bourbon das Zeichen zum Angriff. Nach kurzem Zögern durchbrachen die spanischen Söldner die Porta del Torrione während die Landsknechte in den Borgo Santo Spirito und den Borgo San Pietro einfielen. Die Schweizergarde, die sich vollzählig beim Obelisken eingefunden hatte und die wenigen römischen Truppen leisteten verzweifelten Widerstand."
So begann der „Sacco di Roma" – die Einnahme Roms – vor 484 Jahren, wie ein Gardist zu Beginn der Vereidigungsfeier am Freitag im Vatikan erinnerte. 34 neue Mitglieder der Schweizergarde legten im Damasushof ihren Diensteid auf Papst Benedikt XVI. ab. Bei einer Zeremonie gelobten sie, dem Papst und seinen rechtmäßigen Nachfolgern „treu, redlich und ehrenhaft zu dienen". Der Kommandant der Garde, Daniel Rudolf Anrig, wies in seiner Rede auf die Bedeutung des Papstschutzes hin:
„Diese Ehre und dieses Vertrauen sind eine Herausfoderung. Wir haben unser eigenes Leben in konsequenter Weise mit dieser Herausfoderung in Einklang zu bringen, und damit mit alledem, was dies mit sich bringt. Damit ist nicht nur ein ehrenhaftes Verwalten im Dienst gemeint, welches vielleicht vom einen oder anderen als Voraussetzung für Treueprämien oder Überlassen der Uniform oder Ordensverleihungen betrachtet werden; wir haben auch unsere übrigen Lebensbereiche danach auszurichten. Die Gaben des Heiligen Geistes sind Weisheit, Verstand, Rat und Stärke sowie Erkenntnis und Frömmigkeit. Weiter zählen auch die Kardinalstugenden wie Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mässigung. Mögen diese Voraussetzungen unsere Ehre noch weiter vergrössern."
Der Kaplan der Garde, Alain de Reamy, erläuterte die Besonderheit der Schweizergarde.
„Ihr seid wirklich eigenartige Soldaten. Ein Soldat muss im Kriegsfall bereit sein das Leben des Einen mit dem Töten des Anderen zu verteidigen. So freut man sich sogar heutzutage noch über den Tod eines Feindes. Andere wiederum reissen den Feind mit sich in den Tod und werden Märtyrer genannt. Ihr, Gardisten, kennt aber nur ein Opfer: das eigene. Ein Opfer für den anderen, ein Opfer gegen niemanden." (rv)
Deutschland: Als Militärbischof dem Frieden dienen
An diesem Freitag wird der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck in der Berliner Sankt-Johannes Basilika in sein Amt als Militärbischof eingeführt. Papst Benedikt XVI. hatte Overbeck Ende Februar zum neuen Militärbischof ernannt. Der mit 46 Jahren jüngste deutsche Bischof übernimmt damit die Verantwortung und die Leitung für die Seelsorge unter den deutschen Soldaten und deren Familienangehörigen. Vor seiner Amtseinführung haben wir mit dem Militärbischof über die Position Deutschlands in der Libyen-Krise gesprochen:
„Die Bundesrepublik Deutschland hat eine politische Entscheidung getroffen. Der katholische Militärbischof für die deutsche Bundeswehr hat eher zu bewerten, was ethisch möglich und vertretbar ist. Das bedeutet, dass es wichtig ist, dafür zu sorgen, dass das, was die deutsche Bundeswehr tut, dem Frieden dient. Das gilt in dieser Situation, in der sich viele arabische Länder bewegen, und das gilt auch für Libyen, wie wir in der derzeitigen Lage sehen. Als katholischer Militärbischof sage ich es ist gut, dass wir die Dinge tun, die dem Frieden dienen und uns jeder möglichen Gewaltausübung enthalten."
Bei dem Gottesdienst am Freitag in Berlin wird der Apostolische Nuntius, Erzbischof Jean-Claude Périsset, die Päpstliche Ernennungsurkunde verlesen und den Bischofsstab überreichen. Neben dem Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, werden auch Verteidigungsminister Thomas de Maizière und der evangelische Militärbischof Dr. Martin Dutzmann teilnehmen. (rv)
Vatikan: Neue Kongregationsmitglieder
Papst Benedikt hat an diesem Mittwoch eine Reihe wichtiger Personalentscheidungen getroffen. Die meisten bestanden in der Ernennung neuer Bischöfe in Brasilien. Der Papst nominierte auch einen neuen Botschafter für Mazedonien: Der bisherige Nuntius in Bulgarien, Janusz Bolonek, bekommt dieses Amt. Die Kardinäle Velasio De Paolis und Kurt Koch berief Benedikt XVI. in seine Kongregation für Selig- und Heiligsprechungen. Der Schweizer Koch leitet den Päpstlichen Einheitsrat. (rv)
Vatikan: 34 neue Schweizergardisten
In diesem Jahr sind es 34 neue Schweizergardisten, die am Freitag ihren Diensteid auf den Papst ablegen werden. Das teilte die Garde am Donnerstag mit. Bei schönem Wetter wird die Zeremonie im Innenhof des Apostolischen Palastes durchgeführt. Unter den 34 Rekruten sind 28 aus der deutschsprachigen Schweiz, drei stammen aus den französischsprechenden Kantonen. Weiter sind zwei Tessiner und ein Rätoromane bei der Feier. Zu der Vereidigung erwartet die Schweizer Garde nach eigenen Angaben rund 3.000 Gäste aus der Schweiz sowie der römischen Kurie. Die gegenwärtig 114 Mann zählende Schweizergarde bewacht die Päpste und ihren Palast seit 1506. (rv)
Vatikan: Umbettung von Johannes Paul II.
Der Sarg mit den Reliquien des seligen Papstes Johannes Paul II. ist am Montagabend umgebettet worden. Die letzte Ehre erwiesen dem Papst – nach der feierlichen öffentlichen Seligsprechung vom Sonntag und der Dankesmesse vom Montag – diesmal im kleinen Rahmen neun Kardinäle, Bischöfe, Erzbischöfe und Ministranten: Mit einer stillen und doch feierlichen Prozession innerhalb der Petersbasilika, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, wurde der Sarg des polnischen Papstes vom Hauptaltar in die Sebastianskapelle in den Grotten des Petersdoms gebracht. Bis Montag war er noch im Petersdom den Gläubigen zum Gebet zugänglich.
Angeführt von Kardinal Angelo Comastri, dem Erzpriester des Petersdoms, hielt die Prozession vor dem Petrusgrab unter dem Altar des Petersdoms für ein erstes Gebet. Danach zog sie weiter vor den Sebastiansaltar. Nach einer weiteren Gebetslitanei mit dem dreimaligen Ruf „Seliger Johannes Paul" beteten die Geistlichen das Gebet zu Ehren des neuen Seligen. Danach folgte die Einsegnung des Grabes mit Weihrauch, das danach mit einer Marmorgedenktafel versehen wurde. Sie trägt die Aufschrift „Beatus Ioannes Paulus PP".
Unter den Anwesenden waren neben Kardinal Comastri auch Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone und dessen Vorgänger Kardinal Angelo Sodano. Weiter erwiesen Wojtylas Nachfolger im Bischofssitz von Krakau, die Kardinäle Macharski und Dziwisz, ihrem Landsmann die letzte Ehre, ebenso der ehemalige Privatsekretär von Johannes Paul, Erzbischof Mokrzycki. Auch der Postulator des Seligsprechungsverfahrens Slawomir Oder war mit dabei. (rv)
Pilger erweisen Johannes Paul II. die letzte Ehre
Bis Montagmorgen noch waren Pilger zum Sarg Johannes Pauls gekommen. Nach der Seligsprechungsfeier am Sonntag kamen allein 250.000 Gläubige in die Petersbasilika vor den Hauptaltar, um dem Seligen die letzte Ehre zu erweisen. Sie verharrten im Gebet und legten Briefe und Karten, Blumen, Kerzen und andere Geschenke am Fuße des Sarges ab. Diese werden – so will es das Kirchenrecht – unter anderem auch nach einem möglichen Wunder durchsucht, das auf Fürsprache Johannes Pauls erwirkt worden sein soll – nach seiner Seligsprechung wohlgemerkt, sonst kommt das Wunder für einen Heiligsprechungsprozess nicht in Frage.
Radio Vatikan hat einige Eindrücke der Gläubigen vor dem Sarg eingefangen:
„Ich erinnere mich, als er 1979 in Warschau den Heiligen Geist um Veränderung für unser Land anrief, das war noch zur Zeit des kommunistischen Regimes. Aber für mich war immer sein Glaube am wichtigsten, denn er hat etwas in der Welt verändert. Er hat uns ein Stück des Himmels auf die Erde gebracht."
„Johannes Paul erinnert daran, dass wir alle zur Heiligkeit berufen sind: sie gibt dem Leben Sinn."
„Ich denke, vor allem für Menschen, die leiden oder krank sind, ist er eine große Hoffnung."
(rv)
Vatikan/Medienwelt: 1,3 Presseberichte pro Sekunde
Die Seligsprechung von Johannes Paul II. war ein Medienereignis ohne gleichen: Gemäß einer Presseanalyse wurden am Wochenende 1,3 Artikel pro Sekunde veröffentlicht. Einzig die Verkündung des Todes von Osama Bin Laden hat die Tendenz verlangsamt, so eine Analyse von Radio Vatikan. Weitere Zahlen: Die Medienberichte schwanken zwischen ein und 1,5 Millionen Pilger für die Seligsprechung. Man rechnet mit etwa zwei Milliarden TV-Zuschauer für das Großereignis in Rom.
Die deutschsprachigen Medien
Papst Benedikt XVI. habe seinen Vorgänger Johannes Paul II. „in einer bewegenden Predigt selig gesprochen", schreibt das Hamburger Abendblatt. „Das Jahrhundert Lenins, Stalins, Hitlers oder Maos hatte Johannes Paul II. als eine Gestalt von einem anderen Stern bereichert, als ein Mann vom Himmel", schreibt Paul Badde in der Welt. „Auge in Auge mit dem Vorgänger" fasst die Süddeutsche Zeitung an diesem Montag die Seligsprechung zusammen. „Polen feiern „ihren" Papst", titelt Focus-Online am Sonntag ihren Beitrag zu Feier in Rom. Die katholische Kirche tue gut daran, „das Ansehen des verstorbenen Kirchenführers zu wahren", schreibt die FAZ. Die Online-Ausgabe der „Neuen Zürcher Zeitung" geht hingegen auch auf die kritischen Stimmen ein, die das schnelle Verfahren sowie das Pontifikat Johannes Paul II. kritisiert haben. (rv)
Vatikan/Australien: Bischof suspendiert
Papst Benedikt XVI. hat Bischof William M. Morris die pastorale Leitung des Bistums Toowoomba entzogen. Das teilte der Pressesaal an diesem Montag mit. Bischof Morris hatte sich 2006 in einem Hirtenbrief für die Priesterweihe für verheiratete Männer und für Frauen ausgesprochen. Am Sonntag hatte er allerdings erklärt, er sei missverstanden worden. Er wolle nicht „die Gemeinschaft mit der Kirche" brechen, so Morris. Über die Entscheidung des Papstes gab der Vatikan nichts Weiteres bekannt. (rv)
Vatikan/Spanien: Kardinal Garcia-Gasco verstorben
Kardinal Agustin Garcia-Gasco y Vicente ist am Sonntagmorgen in Rom einem Herzinfarkt erlegen. Der Alterzbischof von Valencia war zur Seligsprechung von Papst Johannes Paul II. in die Ewige Stadt gereist, wie Radio Vatikan meldet. In einem Beileidstelegramm an den Erzbischof von Valencia bekundet Papst Benedikt XVI. seine Trauer und sein Gebet für den Verstorbenen. Kardinal Garcia-Gasco y Vicente starb nur wenige Wochen nach seinem 80. Geburtstag. Nach seinem Tod zählt das Kardinalskollegium noch 198 Mitglieder. Von ihnen könnten jedoch nur die 115 unter 80-Jährigen an einer Papstwahl teilnehmen. Garcia-Gasco leitete die spanische Erzdiözese von 1992 bis 2009. Im Jahr 2006 war er Gastgeber des Papstes zum Weltfamilientag in seiner Bischofsstadt. Im Jahr danach wurde er zum Kardinal erhoben. (rv)
Zum Verzeichnis der >>Verstorbenen<< Kardinäle seit 1996 und ihren Kurzbiographien.