Während der Seligsprechung auf dem Petersplatz dabei war unser Redaktionsleiter Pater Bernd Hagenkord. Wie war das, dabei zu sein?
„Zunächst einmal war es unglaublich voll. Die Organisatoren haben das Ganze wunderbar im Griff gehabt, aber bei der Masse Menschen in einer Stadt ist das gar nicht so einfach. Ich habe eine würdige aber auch sehr freudige Feier erlebt. Und als Höhepunkt kam genau mit der Seligsprechung auch die Sonne hervor. Augenzwinkernd kann man das also als himmlische Zustimmung deuten. Aber im Ernst, die weltweite Kirche hat gefeiert."
Vor sechs Jahren hat man auf dem Platz ‚santo subito’ gehört, ist die Verehrung für Johannes Paul ungebrochen?
„Zur Seligsprechung gehört die fama sanctitatis, also der Ruf der Seligkeit unter den Gläubigen. Das konnte man heute sehen. Und hören. Da feierte sich die Kirche nicht selber, da haben Hunderttausende einen Gläubigen gefeiert, der für sie Vorbild im Glauben und ein großer Verkündiger war. Und der nun als Seliger verehrt wird. Das Andenken und die Verehrung für diesen Papst ist vielleicht nicht mehr von den emotionalen Momenten seines Todes und den letzten ausdrucksstarken Lebensjahren geprägt, man sieht jetzt wieder auf das ganze Leben des Papstes, aber die Verehrung ist ungebrochen. Und das ‚santo subito’ war auch heute wieder zu hören."
Hier vor dem Radio hat man Jubel und Applaus gehört und aus dem Fenster können wir die Menschenmassen sehen, wie hat sich das auf dem Platz von einer der anderen kirchlichen Großevents unterschieden.
„Die Menschen haben einen Seligen gefeiert. Da war wenig Festivalcharakter oder Geschiebe, es wurde gebetet und gefeiert. Die Stille, die bei Papstgottesdiensten mittlerweile ein fixes Element ist, war besonders beeindruckend. Die Menge, so divers und müde sie auch war, sie hat dort Gottesdienst gefeiert."
Von den angereisten Pilgern konnten ja nicht alle auf dem Platz oder auch nur auf der Straße zum Petersdom dabei sein.
„Es gab jede Menge Menschen, die nichts sehen und kaum etwas hören konnten. Und doch waren sie dabei. Wie mir ein Techniker nachher sagte: Hier kann man Glauben sehen." (rv)
Jahr: 2011
„Habemus Beatum!“
Mehr als eine Million Menschen haben an diesem Sonntag die Seligsprechung Johannes Pauls II. am Petersplatz gefeiert. Dicht gedrängt standen die Menschen vom Petersplatz zurück bis hinter die Engelsburg.
„Habt keine Angst!", unter diesem zum Leitwort gewordenen Satz aus der ersten Ansprache Johannes Pauls II. stand die gesamte Feier. Und um 10.37 Uhr war es dann soweit: Zu Beginn der Messfeier, nachdem der Generalvikar für das Bistum Rom, Kardinal Agostino Vallini, den Papst offiziell um die Seligsprechung gebeten und eine Vita des 2005 verstorbenen Papstes vorgelesen hatte, nahm Benedikt XVI. die Seligsprechung vor.
„Wir haben den Wunsch unseres Mitbruders Agostio Vallini entgegengenommen, unseres Generalvikars für das Bistum Rom, und von vielen anderen Brüdern im Bischofsamt und von vielen Gläubigen. Nachdem wir die Meinung der Kongregation für die Heiligsprechungen angehört haben, erlauben wir nun mit unserer apostolischen Autorität, dass der verehrungswürdige Diener Gottes Papst Johannes Paul II. von jetzt an selig genannt werden darf und dass sein Gedenktag an den Orsten und nach den Weisen, die das Kirchenrecht festgesetzt hat, jährlich am 22. Oktober gefeiert wird."
Rund 16 Staatschefs haben an der Seligsprechung teilgenommen, darunter Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi, der ehemalige Staatspräsident Polens, Lech Walesa, sowie der Präsident Simbabwes, Robert Mugabe, der wegen des Vorwurfs der Menschenrechtsverbrechen für seinen Besuch ein EU-Einreiseverbot umgehen musste. Überraschend ist auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel nach Rom gekommen. Ebenso nahmen Mitglieder europäischer Königshäuser wie Spaniens Kronprinz Felipe und Prinzessin Letizia an der Messe teil.
Die Polizei hat den Vatikan und die römische Innenstadt kilometerweit abgeriegelt. Hubschrauber haben den Flugraum überwacht, Polizeiboote haben auf dem nahe gelegenen Tiber patrouilliert. Tausende Pilger, viele von ihnen aus Polen, hatten die Nacht in Schlafsäcken unter den Tiber-Brücken und auf den umliegenden Plätzen und Straßen verbracht, bis der Petersplatz in den frühen Morgenstunden seine Tore bereits eine Stunde als geplant öffnete, weil der Andrang einfach zu groß war.
Nach Feier der Messe verehrte Papst Benedikt seinen Vorgänger an dessen Sarg, der für diesen Tag in der Petersbasilika aufgebart wurde. Danach haben auch die Gläubigen die Gelegenheit, ihre Verehrung dort auszudrücken. (rv)
Seligsprechung: Weltumspannendes Gebet für Johannes Paul II. im Zirkus Maximus
In Rom beginnen an diesem Samstag die Feiern zur Seligsprechung von Papst Johannes Paul II.. Zur geistlichen Vorbereitung auf das Ereignis findet an diesem Samstag im römischen Zirkus Maximus ab 20 Uhr eine Gebetsvigil für den polnischen Papst statt. Geleitet wird das Rosenkranzgebet, das in fünf Heiligtümern der Welt parallel übertragen wird, vom römischen Generalvikar, Kardinal Agostino Vallini. Papst Benedikt reist dazu um 18.00 Uhr von Castelgandolfo aus per Hubschrauber zum Vatikan und ist dann über eine Videoschaltung mit den Gläubigen verbunden. Dank der Fernsehübertragung kann so ein weltumspannendes Gebet entstehen, das Gläubige weltweit und sichtbar verbindet.
Zu den verbundenen nationalen Gedenkstätten gehören Krakau in Polen, Dodoma in Tanzania, Beirut im Libanon, Mexico City in Mexiko und die Mariengedenkstätte Fatima in Portugal, die Papst Johannes Paul II. selbst im Heiligen Jahr 2000 besuchte. Enge Mitarbeiter des polnischen Papstes und ihm nahe stehende Personen wie zum Beispiel sein ehemaliger Privatsekretär und jetzige Krakauer Erzbischof Stanislaw Dziwisz und die französische Ordensschwester Marie Simon-Pierre, an der das Heilungswunder geschah, kommen weiter zu Wort.
Für die musikalische Gestaltung des Abends sorgen der Chor der Diözese Rom und das Orchester des Konservatoriums Santa Cecilia unter der Leitung von Monsignor Marco Frisina, dem musikalischen Leiter der Diözese Rom. Als Solist tritt der italienische Sänger Gianni Proietti auf, andere Gasteinlagen geben mit traditionellen Stücken der Chor der philippinischen Gemeinschaft in Rom und der Chor „Gaudium Poloniae". Für die Pilger sind die Nacht über acht römische Kirchen durchgehend geöffnet. (rv)
Vietnam: „Zuerst waren die Bischöfe perplex“
Zum ersten Mal seit 1975 hält sich wieder ein offizieller diplomatischer Vertreter des Vatikans in Vietnam auf: Erzbischof Leopoldo Girelli, im „Hauptberuf" Päpstlicher Nuntius in Singapur, ist nicht-residierender Repräsentant des Heiligen Stuhls in Vietnam. In diesen Tagen nimmt er an Beratungen der vietnamesischen Bischofskonferenz teil. Seine Mission war vom Papst an Neujahr angekündigt worden – ein Schritt auf dem steinigen Weg hin zu diplomatischen Beziehungen zwischen Papst-Staat und Volksrepublik. Der französische Pater Jean Mais von der kirchlichen Nachrichtenagentur „Eglises d`Asie" hat lange in Vietnam gelebt. Er sagt auf die Frage, ob Girellis Vietnam-Visite ein historisches Ereignis ist:
„Für den Moment ist das eine Etappe. Ob das ein historisches Ereignis ist, wird sich erst noch herausstellen. Als der Heilige Stuhl und Vietnam einen nicht-residierenden Vertreter des Vatikans für Vietnam angekündigt haben, war die Kirche im Land davon überrascht und wusste nicht, worauf das hinauslaufen würde. Als der Vertreter in der Karwoche dann in Hanoi eintraf, waren die Bischöfe immer noch etwas perplex. In einem Interview für „Radio Free Asia" sagten zwei Bischöfe, sie wüssten nicht, welche Mission genau er habe und was das überhaupt bedeute: ein nicht-residierender Vertreter. Allmählich setzt sich aber das Gefühl durch, dass das vielleicht etwas Historisches ist. Auch wenn man in der Presse wenig davon gesprochen hat, hat er doch schon kurz nach seiner Ankunft Spitzenvertreter des Staates getroffen und Gespräche im Außenministerium geführt. Und es lässt aufhorchen, dass er in Saigon an der Frühjahrsvollversammlung der vietnamesischen Bischofskonferenz teilnimmt: Da hat er mehrmals das Wort ergriffen und sehr klar erkennen lassen, dass er seine Rolle ernstnimmt. Vor allem hat er den Bischöfen auch genau erklärt, welchen Status er hat!" (rv)
Johannes Paul II.: Elfte Seligsprechung eines Papstes in 300 Jahren
Johannes Paul II. ist erst der elfte Papst, der in den vergangenen 300 Jahren selig gesprochen wird. Im selben Zeitraum sind überhaupt lediglich zwei Päpste heilig gesprochen worden, und zwar Pius V. und Pius X.. Während seines Pontifikats hat Johannes Paul II. selbst zwei Päpste selig gesprochen, und zwar Pius IX. und Johannes XXIII. Damals, am 3. September 2000, hatte es seit 44 Jahren keine Seligsprechung eines Nachfolgers Petri mehr gegeben. An diesem ersten Mai wird zum ersten Mal ein Papst seinen Vorgänger selig sprechen. (rv)
Vatikan: Hommage an Johannes Paul II. mit Internetseite
Zur Seligsprechung von Johannes Paul II. hat der Vatikan eine eigene Webseite erstellt: Die Seite ist eine Hommage an Papst Johannes Paul II. und lässt einige der bedeutendsten Momente des Lebens und Pontifikats des polnischen Papstes Revue passieren. Man wolle vor allem die Bilder sprechen lassen, heißt es in einer Pressemeldung des Vatikans von diesem Freitag. Demnach sind auf der Seite 500 mit Bildunterschriften versehene Fotos und 30 Videos zu sehen, die nach Kategorien wie Papstwahl, Jugend, Jubiläum, Attentat usw. organisiert sind. Die den Pontifikatsjahren gewidmete Sektion besteht ausschließlich aus Videos. Eine der Sektionen ist den Gebeten Papst Wojtylas gewidmet. Dank der auf der Webseite verfügbaren Live-Streams können die Pilger die gesamten Seligsprechungsfeierlichkeiten live miterleben. Zudem eigne sich die Seite für jede Art von Technologie, heißt es – PC, Laptop, mobile Geräte, Smartphone, iPhone und iPad – so dass die Pilger überall und mit jedem Gerät auf die Seite zugreifen können. Beteiligt an dem Projekt sind neben dem Vatikanischen Internetbüro und der Direktion für Telekommunikation die Vatikanzeitung „L‘Osservatore Romano", Radio Vatikan, das Vatikanische Fernsehzentrum, das Amt für die Liturgischen Feiern des Papstes, die Vatikanische Verlagsbuchhandlung, das Presseamt des Heiligen Stuhls und der Päpstliche Rat für die sozialen Kommunikationsmittel, das Römische Pilgerwerk und die Kongregation für die Evangelisierung der Völker. (rv)
Vatikan: Sterbliche Hülle Johannes Pauls II. ausgebettet
Die sterbliche Hülle Papst Johannes Pauls II. ist an diesem Freitagmorgen aus der Päpstlichen Gruft unter dem Petersdom ausgebettet worden. Nach der Öffnung des Grabes hat Kardinal Angelo Comastri ein kurzes Gebet gehalten und zu den liturgischen Gesängen angestimmt. Während der Gesänge ist der Schrein zum Grab des Apostels Petrus gebracht und dort mit einem goldenen Grabtuch verhüllt worden. An der Zeremonie haben unter anderem auch Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone, Kardinal Giovanni Lajolo und der Erzbischof von Krakau, Kardinal Stanislao Dziwisz, teilgenommen. Der Schrein mit den sterblichen Überresten von Johannes Paul II. wird am Sonntagmorgen vor dem Hauptaltar zu seinem Gedenken für alle Gläubigen nach der Seligsprechung zugänglich sein. Bis dahin sind keine Besuche in den Päpstlichen Gruften möglich. Der Sarg, in dem Johannes Paul bestattet wurde, besteht aus einem Holzsarg, der mit einer Hülle aus Blei versiegelt ist. Die äußere Hülle ist wieder aus Holz gefertigt und in einem guten Zustand, weist aber auch schon einige Zeichen der Zeit auf. Der Marmorsarkophag, in dem der Sarg des Papstes bisher aufgebahrt war, wird in eine Kirche nach Krakau gebracht, die nach dem künftigen Seligen benannt ist. Die letzte Ruhestätte wird Johannes Paul II. voraussichtlich am Abend des 2. Mai unter dem Altar der neu restaurierten Kapelle des Heiligen Sebastian im zweiten rechten Seitenschiff des Petersdoms finden. (rv)
Vatikan: Radio hat Zukunft!
Der europäische Rundfunk tagt, und zwar zum 80. Geburtstag von Radio Vatikan in diesem Jahr in Rom. Seit gestern findet im Päpstlichen Medienrat die jährliche Versammlung der EBU statt, der European Broadcasting Union.
Die öffentlich-rechtlichen Radiosender tagen einmal im Jahr, um gemeinsame Probleme und Herausforderungen zu besprechen, in den letzten Jahren vermehrt auch zu den neuen Medien. Darauf nahm in seiner Ansprache am Donnerstagabend auch der Präsident des Medienrates, Erzbischof Claudio Celli, Bezug:
„Mir ist sofort aufgefallen, wie sehr Ihre Themen mit unseren Themen im päpstlichen Medienrat übereinstimmen. In den letzten Jahren haben wir gemeinsam mit Journalisten und Medienfachleuten die Möglichkeiten und Herausforderungen untersucht, die die radikalen Änderungen in der Welt der Kommunikation uns stellen. Radio war lange Zeit ein Schlüsselmedium im Leben der Kirche. Radio hat auch im Kontext der außergewöhnlichen Entwicklungen der neuen Medien heute eine aufregende Zukunft."
Das Potential des Rundfunks werde erst jetzt wirklich sichtbar, so Celli, da ohne die Begrenzungen von Zeit und Raum alle Menschen erreicht werden können, ohne dass diese ihre Aufmerksamkeit ausschließlich auf das Medium richten müssten. Wie beim Autofahren könne man immer hören, der unschlagbare Vorteil dieses Mediums.
Weiter ging der Erzbischof auf die Bedeutung ein, die die Massenmedien heute hätten – sowohl in den Augen der Kirche als auch in den Augen ihrer Macher. Medien helfen der Gesellschaft durch das Vermehren und den Respekt vor Freiheit, im Dialog und im Übernehmen von Verantwortung, so Celli. Öffentlicher Rundfunk müsse hier den höchsten Ansprüchen genügen: Wenn die Medien das Denken fehlleiten, dann wird die Öffentlichkeit vergiftet.
„Visuelle und elektronische – also die dominierenden – Medien brauchen eine bestimmte Art des Inhalts. Sie leben von Kürze, Geschwindigkeit, Wandel, Dringlichkeit, Verschiedenheit und Gefühl. Denken braucht aber das Gegenteil. Denken braucht Zeit. Denken braucht Stille und die Methode der Logik. Radio kann – wenn es gut gemacht ist – Nachdenken und Reflexion stimulieren, Debatten stärken, informieren und bilden."
Wenn die Kirche kommuniziere, werde sie Wort und Botschaft. Ohne Dialog gehe das nicht, zitiert Celli Papst Benedikt. Die Kirche könne und wolle sich dieser Welt nicht entziehen. Andere Kulturen sollten die Kirche bereichern, genauso wie die Kirche der Welt all das anbietet, was ihr geschenkt sei. Radio sei immer noch und bleibe ein hervorragendes Medium dazu. (rv)
Die Schritte vom Seligen zum Heiligen
Der Vatikan blickt überden 1. Mai hinaus: Nach der Seligsprechung Johannes Paul II. wird der Prozess für eine mögliche Heiligsprechung des Papstes anlaufen. Wie lange dieser Schritt in Anspruch nehmen wird, kann der Vatikan-Verantwortliche für Selig- und Heiligsprechungen nicht sagen. Dafür ist nämlich ein Wunder vonnöten. Kardinal Angelo Amato:
„Es ist da bei allen eine gewisse Dringlichkeit spürbar. Das ist positiv. Ich möchte aber hinzufügen, dass die Zeit bist zur Heiligsprechung nicht als leere Zeit des Wartens zu betrachten ist. Diese Monate und Jahre dienen dazu, die Figur des Seligen noch besser kennen zu lernen, um seinem Beispiel mit größerer Treue zu folgen. Ein Heiliger ist nicht nur jemand, den man feiert, sondern vor allem jemand, den man nachahmt."
Für die Heiligsprechung muss erst noch ein Wunder geschehen, ein Wunder, das Johannes Paul nach seiner Seligsprechung erwirkt haben muss. So sieht es das Kirchenrecht vor. Das Wunder gilt dabei als Zeichen Gottes, das der Kirche nach all ihren umfangreichen Untersuchungen zur Person und zu den Tugenden des Seligen beweist, dass der Betreffende tatsächlich im Paradies ist. Nicht in Frage kommen für die Heiligsprechung also die möglichen Wunder, die Johannes Paul in den gut sechs Jahren nach dem Tod erwirkt haben soll. Kardinal Amato zufolge waren es viele.
„Eine Seligsprechung verlangt zwei Elemente. Die fama sanctitatis, den Ruf der Heiligkeit. Und die fama signorum, den Ruf der Wundertätigkeit. Beide sind im Fall von Johannes Paul reichlich vorhanden. Die Gnaden auf Fürsprache des verstorbenen Papstes, die uns Gläubige aus der ganzen Welt angezeigt haben, sind zahllos. Eines davon war das Heilungswunder an Schwester Marie Simon-Pierre. Auch heute noch erreichen uns Zeugnisse in dieser Richtung. Die Schriftstellerin Margherita Enrico beispielsweise erzählt in ihrem neuen Buch unter anderem über die unerklärliche Heilung ihres kleinen Sohnes."
Wird nach der Seligsprechung ein mögliches Wunder angezeigt, kommt es zu einer Untersuchung auf diözesaner Ebene, ehe der Fall nach Rom geht. Dort untersucht ihn erst eine wissenschaftliche Kommission, später ein Theologenrat. Die Kardinäle und Bischöfe der Kongregation für Selig- und Heiligsprechung müssen ein positives Votum geben. Geht alles glatt, trägt der Präfekt den Fall Papst Benedikt vor, der seine Unterschrift unter das Dekret setzt und in einer eigens anberaumten Kardinalsversammlung, einem Konsistorium, einen Termin für die Heiligsprechung festlegt. (rv)
Reisemarschall Pater Tucci: Erinnerungen an die Reisen mit Johannes Paul II.
Einer der ständigen Begleiter auf den Reisen von Johannes Paul II. war Kardinal Roberto Tucci, der letzte Woche sein 90. Lebensjahr vollendet hat. Der Jesuitenpater und ehemalige Direktor von Radio Vatikan war als Päpstlicher Reisemarschall für die Organisation und den Ablauf aller Apostolischen Auslandsreisen des Papstes verantwortlich. Kardinal Tucci kann sich an einige herausragende Erfahrungen mit Johannes Paul II. erinnern:
„In erster Linie hat es sich um einen Mann des Glaubens gehandelt, der seinen Glauben auf die Kraft des Gebets gebaut hat. Man kann sagen, dass er ständig gebetet hat. Ich habe gesehen, wie er im Auto den Rosenkranz oder einfach nur ein Stoßgebet gebetet hat, im Hubschrauber, im Zug, im Flugzeug. Es war ein ständiges Gebet, auch wenn wir in eine Kirche kamen und in Verspätung waren. Er ging vor zur Sakristei und stand dort zehn, zwanzig Minuten lang. Prinzipiell, wenn er eine Kirche betrat, in der bereits viele Menschen waren, war schon zu Beginn wegen des Applauses und der begeisterten Zwischenrufe ein großer Lärm. Als sie dann aber sahen, dass dieser Mann still und ohne Bewegung vor dem Altar steht, als ob er den ganzen Lärm gar nicht hörte und es fast schien, als sei er gar nicht anwesend, legte sich der Lärm und die Menschen waren still. Eine Kirche voll begeisterter Menschen, die still waren und der Papst, der mit großer Intensität betete. Manchmal, wenn ich ihn dann nach einer Weile darauf hinwies, dass wir in Verspätung sind, sagte er mir: „Pater, das Gebet ist wichtiger als die Pünktlichkeit." Damit hatte ich verstanden, dass ich falsch lag, und zog mich wieder zurück."
Für Kardinal Tucci steht zweifellos fest, dass der Glaube an Gott Johannes Paul II. die Kraft gab, um vor Hindernissen nicht stehen zu bleiben und sie zu überwinden.
„Mich hat oft seine Fähigkeit beeindruckt, in den verschiedensten Situationen zum Gebet zu finden. Zum Beispiel damals, als wir von Bombay, Indien, zurück nach Rom geflogen sind. Die Piloten konnten das Flugzeug nicht landen, weil es geschneit hatte, und wir landeten schließlich um ein Uhr Nachts in Neapel. Ich ging also hin zu ihm, um ihm zu sagen, dass es leider keine andere Möglichkeit gibt, als mit dem Zug nach Rom zu fahren, denn auch der Hubschrauber konnte nicht fliegen. Er hat sich daraufhin in aller Ruhe in sein Gebet zurück gezogen, eine Stunde lang, bis alles bereit zur Abfahrt war. Er beschwerte sich nicht, er war gefasst in seinem Gebet und alles ging gut."
Die Fähigkeit Johannes Pauls II. in den unterschiedlichsten Momenten zu beten, zeigt sich auch in der Erinnerung des Kardinals an eine Reise ins Heilige Land:
„Vor allem eine Situation hat mich beeindruckt, weil sie etwas ganz besonderes war: Damals in Israel, als wir im Hubschrauber am Weg von Jerusalem nach Nazareth waren. Es war der Tag von Maria Verkündigung, und ich saß neben ihm im Hubschrauber. Einer jener seltenen Fälle, als ich im Päpstlichen Hubschrauber neben dem Papst mitgeflogen bin – und er saß am Fenster, sah sich aber nicht die Landschaft an, die unter uns vorbeizog. Ich sah, dass er ein paar bedruckte Zettelchen in der Hand hielt, die von einem Faden zusammen gehalten waren. Er las eine dieser Seiten, dann machte er das Kreuzzeichen und blieb ganz im Gebet versunken. Dann blätterte er die Seite um, machte wieder ein Kreuzzeichen, und betete weiter. Ich wurde also neugierig und warf einen Blick auf die Zettelchen, um zu sehen, was denn da zu lesen war. Es war die Via Crucis, der Kreuzweg. Es war Freitag, und er betete jeden Freitag den Kreuzweg, und da er an jenem Tag ein sehr enges Programm hatte, wusste er nicht, ob dafür am Abend Zeit bleiben würde. Also betete er ihn im Hubschrauber, in großer Einfachheit. Er allein, in sich selbst versunken, vor dem Herrn."
Für Kardinal Tucci war Johannes Paul II. ein Freund, der nicht selten auch für Scherze zu haben war.
„Ich kann mich noch an sehr sympathische Anekdoten erinnern, wie er scherzte und mich manchmal auf den Arm nahm. Er kümmerte sich ja nicht viel um organisatorische Probleme. Einmal jedoch, während einer Sitzung beim Mittagessen, begann er, mir lauter Fragen zu stellen, wie man dies und das organisiere. Dann gingen wir raus in die Kapelle – man ging zehn Minuten vor und zehn Minuten nach dem Mittagessen in die Kapelle, um zu beten – und er griff meinen Arm und sagte: „Armer Pater Tucci, wie tief ist er von der Theologie abgefallen!" Dies deshalb, weil ich ihn während des Zweiten Vatikanischen Konzils kennen gelernt hatte, ich als Theologe und er als Bischof. Er machte lauter Scherze wie diesen! Oder, an meinem Namenstag, das Fest des Heiligen Robert Bellarmin im September, machte der Papst immer eine kleine Feier für mich. In der Früh, noch vor Arbeitsbeginn, rief er mich zu sich, dann kam die Gefolgschaft des Papstes, und sie beglückwünschten mich. Einmal, um mich auf den Arm zu nehmen, sagte er vor allen Anwesenden: „Glaubt ihr nicht auch, dass Pater Tucci die Reisen immer so plant, dass sie auf seinen Namenstag fallen?" Ich war dann etwas vorlaut weil ich sagte: Heiliger Vater, sie wissen besser als ich, dass sie es sind, der die Zeiträume der Reisen festlegt. Dann hat er mich umarmt und alle haben herzlich gelacht. Denn er wusste auch den Humor zu schätzen." (rv)