Gaudí-Ausstellung im Vatikan eröffnet

Antoni Gaudí macht seinen Gegenbesuch im Vatikan: Vor ziemlich genau einem Jahr hat Papst Benedikt die Basilika Sagrada Familia geweiht, die der berühmte Architekt in Barcelona entworfen hat. Jetzt kommt eine Ausstellung über Gaudí in den Vatikan – ein Verfahren zur Seligsprechung des Katalanen ist ebenfalls im Gang. Im Vatikanischen Pressesaal machte Kardinal Lluís Martínez Sistach von Barcelona deutlich, dass er die Ausstellung in einem Gebäude am Petersplatz für den Beginn einer wunderbaren Freundschaft zwischen dem Vatikan und Barcelona hält.

„Der Papst hat mir bei einem Mittagessen gesagt, dass er die Weihe der Sagrada Familia niemals vergessen wird, und der Nuntius hat mir das später nochmals wiederholt. Auch beim Angelus am 6. November kam der Heilige Vater auf die Sagrada Familia zurück, er sprach von einer „Summe von Technik, Schönheit und Glauben". Mit Kardinal Ravasi, der den Päpstlichen Kulturrat leitet, habe ich verabredet, dass wir in Rom und Barcelona gemeinsame Projekte durchführen werden. Als erstes wird im kommenden Mai eine Sitzung der Stiftung „Vorhof der Völker" in Barcelona stattfinden, zum Thema Kunst, Schönheit, Glauben. Der Präsident des Päpstlichen Rates für Neuevangelisierung, Erzbischof Fisichella, war so beeindruckt von der Sagrada Familia, dass er sie als Symbol für seinen Rat gewählt hat. Auf seinen Vorschlag hin führen wir in der Fastenzeit 2012 in Barcelona wie in elf anderen europäischen Städten eine „Missio Metropolis" durch."

Seit dem Papstbesuch sei die Zahl der Besucher der Sagrada Familia noch einmal um vierzig Prozent gestiegen, so der Kardinal stolz: „Dieses Jahr werden wir die Dreimillionenmarke überschreiten."

„Ich weiß, dass viele sich fragen, wann denn der Bau der Basilika endgültig fertiggestellt wird. Gaudí selbst sagte immer, der heilige Josef werde sie vollenden: Das hat sich in der Hinsicht erfüllt, dass das Kirchenschiff von innen unter einem Papst fertiggestellt wurde, der den Taufnamen Josef trägt. Und die äußeren Bauteile? Es fehlen noch zehn Türme, drei Kapellen, zwei Sakristeien und der Kreuzgang. Ich hätte gerne, wenn alles 2026 vollendet wäre, zum hundertsten Todestag von Antoni Gaudí. Was seine Seligsprechung betrifft, hoffe ich, dass sie so bald wie möglich erfolgt. Gaudí war ein Christ des Wortes und der Tat, Mann und Baumeister Gottes. Wir beten alle, dass der Herr durch seine Fürsprache ein Wunder wirkt, damit er zum Seligen erklärt werden kann." (rv)

Internationale Theologenkommission berät über Soziallehre

Die katholische Soziallehre ist ein Thema der diesjährigen Vollversammlung der Internationalen Theologenkommission. Wie der Vatikan am Montag mitteilte, tagt das Beratergremium der Glaubenskongregation vom 28. November bis zum 2. Dezember im Vatikan. Den Vorsitz führt der Präfekt der Kongregation, Kardinal William Joseph Levada.

Es gehe insbesondere um die Stellung der katholischen Soziallehre innerhalb des kirchlichen Lehramtes, heißt es in der Mitteilung. Weitere Themen seien methodische Fragen der gegenwärtigen Theologie sowie der Monotheismus. Die 1969 von Papst Paul VI. gegründete Internationale Theologenkommission ist eine Art „Denkfabrik" der vatikanischen Glaubenskongregation. Generalsekretär des Gremiums ist gegenwärtig der vor knapp drei Wochen zum Bischof von Lausanne-Genf-Freiburg berufene Schweizer Dominikanerpater Charles Morerod. (rv)

Vatikan: Neuer Erzpriester für S. Maria Maggiore

Der spanische Erzbischof Santos Abril y Castello wird neuer Erzpriester der römischen Basilika Santa Maria Maggiore. Abril y Castello ist langjähriger Kuriendiplomat und außerdem Vize-Camerlengo der katholischen Kirche. Er folgt auf den US-amerikanischen Kardinal Bernard Francis Law, der dieses Amt seit 2004 innehatte. Das Amt des Erzpriesters an einer der vier Patriarchal-Basiliken Roms ist in erster Linie eine Auszeichnung für verdiente Kirchenmänner. Die Erzpriester sind im Namen des Papstes für die Liturgie in ihrer Basilika zuständig. Die große römische Marienkirche ist traditionell eng mit Spanien verbunden. Erzbischof Abril war bis Januar dieses Jahres Apostolischer Nuntius in Mazedonien und Slowenien. Zuletzt hatte er auf Geheiß des Papstes in den Streit zwischen einem kroatischen Bistum und italienischen Benediktinern über die Immobilie des kroatischen Klosters Dajla eingegriffen. (rv)

D: Bischöfe wollen sich von Weltbild-Konzern trennen

Der Verband der deutschen Bistümer (VDD) will sich von der Verlagsgruppe Weltbild GmbH trennen. Das gab die Bischofskonferenz an diesem Dienstag bekannt. Der Verband selbst hält 24,2 Prozent der Anteile, der Rest gehört einzelnen Bistümern. Die Bischöfe hätten sich an diesem Montag bei der Versammlung des ständigen Rates der Bischofskonferenz über das Thema Weltbild beraten.

In der Erklärung heißt es, die Geschäftsführung kenne „die verpflichtenden Vorgaben der Gesellschafter in Bezug auf die Werteorientierung des Unternehmens". Trotzdem sei es der Geschäftsführung nicht gelungen, den den Verkauf via Internet von Medien, die den ideellen Zielen der Kirche widersprächen, zu unterbinden. Dadurch habe die Glaubwürdigkeit der Verlagsgruppe und auch die der Bistümer gelitten.

Maßnahmen
Man werde jetzt eine Gesellschafterversammlung einberufen, um die notwendigen Schritte bis zum Verkauf zu gehen, „ohne jeden Verzug". Über die Berichterstattung in diversen Medien äußern die Bischöfe, dass sie „die verzerrende und unangemessene Weise der publizistischen Auseinandersetzung mit den anstehenden Fragen namentlich in Medien, die der Kirche nahestehen" bedauern.

Vertrauen
Zugleich sprach die Vollversammlung den beiden vom Verband entsandten Aufsichtsratsmitgliedern, Jesuitenpater Hans Langendörfer und Matthias Meyer, ihr uneingeschränktes Vertrauen aus. Die VDD-Vollversammlung dankt in der Erklärung den beiden Vertretern im Aufsichtsrat für ihre Initiative, die Geschäftsführung zur Einhaltung der kirchlichen Werte anzuhalten.

Verkauf
Zum Verkauf heißt es in der Unternehmensmitteilung, alle Beteiligten seien verpflichtet, zum Erhalt des Unternehmenswertes beizutragen. Die „kirchlichen und sozialen Implikationen" eines Verkaufs der Gruppe verdienten „eine besondere Beachtung". Die Verlagsgruppe Weltbild mit Sitz in Augsburg gehört zu den größten Medienhandelsunternehmen in Europa. Rund 6.500 Mitarbeiter erwirtschafteten zuletzt rund 1,654 Milliarden Euro Umsatz (Geschäftsjahr 2009/2010). Das aus dem katholischen Zeitschriftenverlag Winfried-Werk hervorgegangene Unternehmen ist auf dem Buchmarkt mit mehr als 500 Filialen im deutschsprachigen Raum, einem Onlineshop weltbild.de und im Katalogversandhandel tätig. Neben Büchern und Zeitschriften vertreibt die Verlagsgruppe auch CDs, DVDs, Elektronik, Geschenkartikel und Haushaltsartikel. Weltbild ist unter anderem zu 50 Prozent an der Verlagsgruppe DroemerKnaur beteiligt.

Geschäftsführer übernimmt Verantwortung
Nach Bekanntwerden des Beschlusses äußerte sich der Geschäftsführer der Verlagsgruppe Weltbild, Carel Halff, gegenüber der Katholischen Nachrichtenagentur: „Ich nehme das sehr ernst, es ist ein sehr schmerzhafter Moment". Halff räumte ein, dass die Geschäftsführung kein besonderes Augenmerk auf problematische, teilweise pornografische Inhalte gehabt habe. „Wer sucht bitte bei Weltbild nach diesen Titeln?" Er bedaure zutiefst, „dass durch einzelne Internetangebote, mögen sie wirtschaftlich noch so unbedeutend gewesen sein, die Glaubwürdigkeit des Unternehmens und der Gesellschafter gelitten hat". Nun gelte es, einen neuen und geeigneten Inhaber für das Unternehmen zu suchen. Dies werde angesichts der Komplexität von Weltbild nicht innerhalb von ein paar Wochen gelingen. Der Zeitraum werde „eher bei 18 als bei 12 Monaten" liegen.

Personelle Veränderungen
Die Gesellschafter von Weltbild beschlossen auch personelle Veränderungen im Aufsichtsrat. Wie das Unternehmen mitteilte, scheiden die früheren Finanzdirektoren Sebastian Anneser (München und Freising), Adolf Bauer (Diözese Würzburg) und Klaus Donaubauer (Diözese Augsburg) aus dem Aufsichtsrat aus. An ihre Stelle treten die Generalvikare Peter Beer (Erzbistum München und Freising), Michael Fuchs (Bistum Regensburg) und Georg Holkenbrink (Bistum Trier). Neben Langendörfer und Meyer bleiben auch die Aufsichtsratsmitglieder Paul-Bernhard Kallen, Albert Post (Bistum Fulda) und Stefan Schnittmann weiterhin im Aufsichtsrat. (rv)

Pater Lombardi: „Botschaft der Hoffnung ist angekommen“

Von Abtreibung über Aids bis zur Zusammenarbeit der Religionen bietet die Apostolische Exhortation „Africae Munus", die Benedikt XVI. am Wochenende in Benin unterzeichnete und überreichte, Afrika konkrete Antworten an. Versöhnung, Gerechtigkeit und Frieden bilden dabei den Grundtonus, der in die Zukunft weist. Vatikansprecher Pater Federico Lombardi resümiert die Reise am Mikrofon von Radio Vatikan:

„Jetzt geht es darum, diesen Weg zu gehen und in die Praxis zu übersetzen. Ich denke, dass sich dieses Dokument dazu anbietet, denn es enthält verschiedene sehr konkrete Vorschläge für die Pastoral der Kirche in verschiedensten Bereichen, darunter auch Initiativen, die schon bald beginnen können: Ein Jahr der Versöhnung oder auch einzelne Tage oder Wochen der Versöhnung, die lokal von den Bischofskonferenzen organisiert werden können. Dieser Weg ist also lebendig. Und er darf jetzt absolut nicht unterbrochen werden, als wäre schon das Ziel erreicht. Im Gegenteil: das ist ein Ausgangspunkt!"

Mit dem Aufruf für eine bessere Zukunft Afrikas habe sich der Papst konkret an die Politiker und Entscheidungsträger dort gewandt, unterstreicht Pater Lombardi. Doch auch für den Westen hatte Benedikt XVI. eine wichtige Botschaft mit im Gepäck:

„Wir sind es in den anderen Teilen der Welt zu sehr gewohnt, nur die negativen Dinge zu sehen. Die gibt es in Afrika zwar, Konflikte, Leiden, Krankheiten usw., aber sie verschließen eine positive Sicht. Man muss das Leid mit den Ressourcen überwinden, die es gibt, die man unterstützen und freisetzen muss: gute Regierungsführung, Ausbildung, Entwicklungshilfe und die Verkündigung christlicher Hoffnung. Ich glaube, dass die Afrikaner ohne viel Worte diese Botschaft der Hoffnung verstanden haben. Das hat ihre Freude beim Empfang des Papstes gezeigt."
Pater Lombardi hob weiter hervor, dass der Papst in Benin nicht die Solidarität des Westens mit Afrika eingefordert habe. Stattdessen habe er an die Eigenverantwortlichkeit der Afrikaner appelliert und sie aufgerufen, ihr Potential zu nutzen. Rund 80.000 Menschen hatten nach Vatikanangaben an der Messe im Stadion von Cotonou mit Papst Benedikt XVI. am Sonntag teilgenommen. Im Stadion waren 40.000 Menschen, weitere 40.000 hätten die Feier außerhalb über Großbildschirme verfolgt, gab Pater Lombardi an. Die Messe war der Höhepunkt der dreitägigen Afrika-Reise des Papstes. Bei der Veranstaltung wurde die Apostolische Exhortation „Africae Munus" übergeben, die Papst Benedikts abschließende Überlegungen zur Afrika-Synode von 2009 zum Thema Versöhnung, Gerechtigkeit und Frieden zusammenfasst.

Weiter positive Reaktionen von afrikanischer Seite

Positive Reaktionen zur Afrikareise des Papstes kommen derweil weiter von afrikanischer Seite. DerPapst habe keine Scheu gehabt, auch schwierie Themen anzusprechen und starke Botschaften zu lancieren, lobte zum Beispiel der Generalsekretär der Bischofskonferenz von Benin, Bischof Eugène Houndékon, in einem Interview. (rv)

Kardinal Gantins Freundschaft

Kardinal Bernardin Gantin, an dessen Grab Papst Benedikt XVI. in Ouidah am Samstag gebetet hat, ist bis heute die größte spirituelle Führungsfigur Benins. Bischof Jean Yves Riocreux von Pontoise in Frankreich war persönlich mit Kardinal Gantin befreundet, und er besucht Benin im Zug dieser Papstreise bereits zum zehnten Mal. Kennen gelernt hat er den afrikanischen Kirchenmann damals in Rom, als Gantin Präfekt der Bischofskongregation war.

„Ich war beeindruckt von diesem großen Mann, seiner Intelligenz, seiner Aufmerksamkeit für den Menschen, seiner große Demut und seinem Dienst an der Kirche. Als der Kardinal in Paris am 13. Mai 2008 starb, hatte ich, so möchte ich es sagen, die Gnade, seinen Leichnam nach Benin zu begleiten. Das war ein Tag nationaler Trauer für Benin, aber auch in Frankreich nahm man das sehr zur Kenntnis, wo er außerordentlich geschätzt wurde. Ich durfte auch die Freundschaft zwischen dem heutigen Papst und Kardinal Gantin beobachten, die entstand, als sie gleichzeitig 1977 in den Kardinalsrang erhoben wurden. Deshalb war ich sehr berührt, als ich im Flugzeug von Rom nach Cotonou Papst Benedikts Hommage an Kardinal Gantin hörte."

Bischof Riocreux zieht als Beobachter der Papstreise aus nächster Nähe folgende Bilanz:

„Ein großer Erfolg, zunächst für die Organisation des Landes, und dann auch für die Kirche in Erinnerung an Kardinal Gantin. Und schließlich liegt in dieser Reise eine Kraft für ganz Afrika, denn wir sind hier seit drei Tagen mit einer Menge afrikanischer Bischöfe zusammen, von Nord- bis Südafrika, und wir leben diesen Moment als Erinnerung an die Afrika-Bischofssynode 2009. Diese Reise richtet sich an ganz Afrika, mehr noch, an die ganze Welt." (rv)

Schick: „Afrikaner sollten auch in der Kurie größere Rolle spielen“

Einer von Deutschlands Bischöfen hat die Papstreise durch Benin besonders genau beobachtet: Ludwig Schick. Der Bamberger Erzbischof ist nicht nur der Mann fürs Weltkirchliche innerhalb der Deutschen Bischofskonferenz, sondern hat auch im Herbst 2009 an der Afrika-Bischofssynode im Vatikan teilgenommen. Er sagt dem Münchener Kirchenradio mit Blick auf Europa:

„Es ist wichtig, dass wir Afrika sehen und wahrnehmen, dass wir auch das Wachsen der Kirche dort miterleben. Weltkirchliche Arbeit ist ja immer win-win-Situation: Das heißt, wir können uns auch von der Glaubensfreude, der lebendigen Liturgie, vom Glaubenszeugnis in oft auch schwierigen Situationen anstecken lassen. Das kann uns hier helfen, auch wieder unseren Glauben freudiger und mutiger zu bekennen und dadurch auch wieder lebendigere Kirche zu werden hier bei uns!"

Erzbischof Schick wünscht sich eine stärkere Rolle der Afrikaner auch in der Verantwortung für die Weltkirche. Mit dem Beniner Kardinal Bernardin Gantin und weiteren Kirchenleuten hätten ja schon Afrikaner den Aufstieg an die Spitze eines Vatikan-Ministeriums geschafft – darauf ließe sich aufbauen.

„Die Zahl der Christen in Afrika wächst schnell, und das wird sich sicher auch in der Gesamtkirche auswirken – und auch in der Kurie. Es soll ja so sein, dass die Kurie auch die Gesamtkirche repräsentiert. Das heißt: Wo es zahlenmäßig wächst, da muss es auch an der Kurie wachsen." (rv)

Postsynodales Schreiben „Africae Munus“: Im Detail

Ein Dokument mit weitem Horizont – das ist die Apostolische Exhortation „Africae Munus", der Auftrag Afrikas. Es handelt sich um Papst Benedikts abschließende Überlegungen zur Afrika-Synode von 2009 zum Thema Versöhnung, Gerechtigkeit und Frieden. Samstagmittag hat Benedikt XVI. das Schreiben in Benin feierlich unterzeichnet, und zwar in der Basilika von Oudiah, der ersten Kathedrale Westafrikas.
Gudrun Sailer hat das Dokument gelesen. Was ist die Essenz daraus?

„Man könnte diese Botschaft an Afrika vielleicht so auf den kürzesten Nenner bringen: Afrika ist ein Kontinent der Hoffnung und damit der Zukunft. Aber es bleibt noch viel zu tun, damit Versöhnung und Gerechtigkeit eines Tages zu Frieden in allen afrikanischen Ländern führen können."

Welche „Baustellen" macht der Papst für die Kirche in Afrika aus, damit dieses Ziel irgendwann erreicht werden kann?

„Zunächst einmal: Die Kirche mischt sich nicht ein in politische Belange, schreibt der Papst. Sie hat aber den Auftrag, die Gewissen der Männer und Frauen zu formen und so – quasi über den Umweg der Bildung, auch der Bewusstseinsbildung – für gerechtere Verhältnisse zu sorgen. Die afrikanischen Christen werden aber nur dann einen nachhaltigen Beitrag leisten können, wenn ihre, so schreibt der Papst wörtlich, „Intelligenz des Glaubens" an ihre „Intelligenz der Realität" heranreicht. Deshalb betont der Papst sehr die Frage der religiösen Ausbildung und der Katechese. Nur gebildete Christen sind dazu imstande, ein neues Afrika zu bilden, das wäre ein Afrika, in dem die von Gott vorgesehene Gerechtigkeit herrscht."

Der Papst wird teilweise sehr konkret, wenn er Ungerechtigkeiten in afrikanischen Gesellschaften benennt. Welche sind die Missstände, die er aus dem christlichen Blickwinkel besonders hervorhebt?

„Konkret nennt er die Ausbeutung von Rohstoffen, ohne dass die Bevölkerung etwas davon hätte, das bezeichnet der Papst als „inakzeptabel und amoralisch", und da dürfen sich auch westliche Konzerne mitgemeint fühlen. Gerecht ist auch, und das wiederum ist ein Appell an alle, die in Afrika politische Verantwortung haben, z.B. Wasser und Boden allen zur Verfügung zu stellen und nicht an Private zu verkaufen, außerdem nicht eigensüchtig und nicht korrupt zu sein, sondern im politischen Amt mehr Diener als Herrscher zu sein. Das alles ist recht konkret und reflektiert auch deutlich Aussagen, die in der Afrika-Synode 2009 oft und oft gefallen sind."

Was schreibt der Papst in seinem Afrika-Dokument über die traditionellen Religionen?

„Benedikt hebt klar und wiederholt den Wert traditioneller afrikanischer Religionen und Kulturen hervor. Was Gutes in ihnen ist, das muss vom Inneren her quasi erleuchtet werden. Der Papst bringt auch Wertschätzung für traditionelle afrikanische Ältestenräte zum Ausdruck, die können viel zum Frieden zwischen den Stämmen beitragen. Er ruft aber z.B. die Männer als Ehemänner und Väter dazu auf, bestimmte rituelle Praktiken abzulehnen, die insbesondere die Frau unterdrücken, da kann man z.B. an Genitalverstümmelung denken. Männer und Frauen sind gleich an Würde, leider aber, schreibt der Papst, setzt sich dieses Bewusstsein in Afrika zu langsam durch. Und er benennt auch als bleibendes Problem eine „doppelte Religionszugehörigkeit", also Synkretismus, Christen, die auch an Hexerei-Zeremonien und ähnlichem sich beteiligen."

Was sagt der Papst über die Beziehungen mit Muslimen?

„In einigen Ländern Afrikas, nicht in allen, gibt es Schwierigkeiten mit aggressiven Formen muslimischer Religiosität. In anderen, wie beispielsweise in Benin, ist es ein friedliches und respektvolles Zusammenleben. Der Papst hebt hervor, dass Katholiken in jedem Fall und auch mit Hartnäckigkeit muslimischen Gläubigen ihre Wertschätzung zeigen sollen."

Benedikt beschreibt auch Schritt für Schritt die verschiedenen Ordnungen von Berufungen innerhalb der Kirche: Bischöfe, Ordensleute, Priester, Seminaristen, Katecheten und schließlich Laien. Welchen Stellenwert räumt der Papst den Laien in Afrika ein?

„Eine hohe, etwa was ihre Rolle in der Gesellschaft betrifft. Die katholischen Laien müssen ihrer Verantwortung aber auch gerecht werden, indem sie die Soziallehre der Kirche gründlich studieren. Der Papst ruft die Laien dazu auf, sich aktiv in Wirtschaft, Politik, Bildung, Kultur einzubringen und dort ihre Werte weiterzugeben. Ganz besonders muss die Kirche in den afrikanischen Medien aktiver als bisher sein, schreibt der Papst. Das versteht man gut, wenn man an die Unzahl kleiner afrikanischer Radiostationen denkt, die in der Steppe senden und von Menschen gehört werden, die selten Zeitungen sehen und die gegebenenfalls nicht lesen können. Diese Buschradios haben eine nicht zu unterschätzende Wirkung auf ihrer Hörer, sie können sie zu Versöhnung und Frieden aufrufen." (rv)

Text des Orignaldokuments:   > > Africae Munus

Papst redet Politikern ins Gewissen: „Amputiert nicht die Freiheit!“

  2. Tag

Papst Benedikt XVI. hat an diesem Samstag seinen Besuch im westafrikanischen Benin fortgesetzt. Am zweiten Tag der Reise traf er am Morgen in Cotonou mit Präsident Thomas Boni Yayi zusammen. Am frühen Nachmittag unterzeichnet er in Ouidah das Schlussdokument zur Afrika-Synode 2009.

Nach einer Privatmesse am frühen Morgen in der Apostolischen Nuntiatur von Cotonou, wo der Papst auch übernachtet hatte, fuhr Benedikt XVI. in den etwa drei Kilometer entfernten Präsidentenpalast, der unmittelbar am Atlantik liegt.

Afrika ist ein Kontinent der Hoffnung – mit dieser Formel, die schon sein Vorgänger Johannes Paul oft verwendet hat, beginnt Benedikt XVI. seine Ansprache an Vertreter der Regierung und Zivilgesellschaft im Präsidentenpalast von Cotonou: „Wenn ich von Afrika als Kontinent der Hoffnung spreche, mache ich nicht einfach nur schöne Worte. Ich drücke eine persönliche Überzeugung aus und gebe die Sicht der Kirche wieder." Entschieden wendet sich der Papst gegen einen ausbeuterischen Blick auf Afrika: Weder moralische Urteile und Vorurteile noch schlaue Analysen oder die Ausbeutung Afrikas als „Reservoir an Energie, Mineralien, Landwirtschaft und Menschen" trage der Vielfalt des Kontinentes Rechnung, vielmehr sei dieses Denken schädlich. „Dies sind herabsetzende und respektlose Ansichten, die zu einer wenig würdigen Verdinglichung von Afrika und seinen Einwohnern führen."

Hoffnung bedeute ganz konkret Gerechtigkeit und Frieden, Freiheit und ein würdiges Leben, dekliniert der Papst im Folgenden durch: Dazu gehörten Ernährung und Ausbildung für die eigenen Kinder, der Schutz der Gesundheit und eine Politik, die dem Gemeinwohl dient und die transparent und gerecht ist. „Jedes Volk will die politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen verstehen, die in seinem Namen getroffen werden. Es wird sich der Manipulation bewusst, und seine Reaktion ist manchmal gewalttätig. Es will am guten Regieren teilhaben", erklärt Benedikt XVI. weiter und geht dabei explizit auf die Umbrüche des arabischen Frühlings in Nordafrika ein, die er als grundlegendes menschliches Bedürfnis nach mehr Demokratie ins Allgemeine wendet: „Wir haben es hier mit einem legitimen Anspruch zu tun, der alle Länder betrifft, einen Anspruch auf mehr Würde und vor allem mehr Menschlichkeit".

„Die politischen und wirtschaftlichen Verantwortungsträger der Länder stehen vor maßgeblichen Entscheidungen, denen sie nicht länger aus dem Weg gehen können", redet der Papst der afrikanischen Führungsschicht in Wirtschaft und Politik ins Gewissen: „Sprecht euren Völkern nicht ihre Hoffnung ab. Amputiert nicht ihre Freiheit, indem ihr ihre Gegenwart verstümmelt! Geht die Dinge ethisch an, mit dem Mut eurer Verantwortung, seid gläubig und bittet Gott um Weisheit. (…) Diese Weisheit wird euch verstehen lassen, dass ihr zu wahren Dienern der Hoffnung werden müsst, wenn ihr die Zukunft eurer Völker fördern wollt."

Die Kirche biete keine technischen oder politischen Lösungen an, so der Papst weiter, begleite aber einen Staat, der Hoffnungsträger für sein Volk sei: Wenn Politik und Wirtschaft, Intellektuelle und Kulturvertreter dem Volk eines Landes diese positive Botschaft vermitteln könnten, entstehe Einheit und Gemeinschaft.

Deutlich wendet sich der Papst in seiner Ansprache im Präsidentenpalast, der auch zahlreiche Religionsvertreter beiwohnen, entschieden gegen jede Form von religiös motivierter Gewalt: „Keine Religion und keine Kultur kann den Aufruf zu Gewalt und Intoleranz rechtfertigen. Die Aggressivität ist eine ziemlich archaische Form der Beziehung, die wenig edle Instinkte auf den Plan ruft", so der Papst. Im multireligiösen Afrika, wo die Religionen oftmals vielfältige Verbindungen eingehen, warnt Benedikt XVI. weiter vor den Gefahren des Synkretismus und der Verwirrung im Feld der Religion. Interreligiöser Dialog müsse brüderlich sein und auf der genauen Kenntnis der eigenen Religion beruhen, und er müsse von regelmäßiger Gebetspraxis begleitet sein.

Positives Beispiel für religiöse Vielfalt und Zeichen der Hoffnung sei die afrikanische Familie, so Benedikt XVI.: „Auf eurem Kontinent gibt es viele Familien, deren Mitglieder verschiedenen Religionen nachgehen, und trotzdem bleibt die Familie vereint. Diese Einheit ist nicht nur gewollt von der Kultur, sondern sie besteht aufgrund brüderlicher Zuneigung." Lobend erwähnt der Papst in diesem Zusammenhang auch die gelungene Zusammenarbeit der Religionen im sozialen und kulturellen Bereich.

Das Gespräch der katholischen Kirche mit den in Afrika vertretenen Religionen komme „von Herzen", versichert den Papst den versammelten Religionsvertretern weiter. Er verweist dabei auf das Zweite Vatikanische Konzil und die interreligiösen Initiativen des Vatikans. (rv)

Kathedrale in Cotonou: Papst würdigt Beitrag der Kirche zur Demokratisierung des Landes

 1. Tag

Am Freitagnachmittag besuchte Papst Benedikt XVI. in Cotounou die alte Kathedrale „Notre-Dame-de-Miséricorde". Die prächtige rot-gelb-gestreifte Kirche bildet das Herzstück der Erzdiözese, die von Kardinal Bernardin Gantin von 1960 bis 1971 geleitet wurde. Auf den Gräbern der Nachfolger von Gantin in der Kathedrale, der letzten Ruhestätte der Erzbischöfe von Cotounou Isidore de Sousa (1990-1999) und Christophe Adimou (1971-1990), hielt der Papst einen Moment inne. In seiner Ansprache erinnerte Benedikt XVI. an den Beitrag dieser beiden katholischen Persönlichkeiten für die Evangelisierung und Demokratisierung des Landes:

„Die beiden waren tapfere Arbeiter im Weinberg des Herrn, und im Herzen der Katholiken und zahlreichen Einwohner von Benin bleibt die Erinnerung an sie immer noch wach. Jeder dieser beiden Geistlichen war auf seine eigene Weise Hirte voll Eifer und Barmherzigkeit. Sie haben sich voll und ganz dem Dienst am Evangelium und am Volk Gottes hingegeben und sich vor allem um die verletzlichsten Menschen gekümmert. Ihr alle wisst, dass Bischof de Sousa ein Freund der Wahrheit war und eine maßgebliche Rolle im demokratischen Übergang Eures Landes gespielt hat."

Der frühere Erzbischof von Cotonou, Isidore de Sousa, leitete nach den Unruhen der Jahre 1989 und 1990 die Nationalkonferenz, auf der Richtlinien für einen demokratischen Neubeginn des Landes festgelegt wurden. Zu den Errungenschaften der folgenden Jahre gehören unter anderem die Zulassung politischer Parteien, die Durchsetzung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit und die Einführung der Marktwirtschaft. Dass sich die marxistisch-leninistische „Volksrepublik Benin" der 70er Jahre bis 1991 zur Demokratie wandeln konnte, ist auch De Sousa zu verdanken.

Papst Benedikt XVI. ging in der Kathedrale von Cotonou weiter auf die Offenbarung der göttlichen Barmherzigkeit ein: Im Akt der Vergebung und in der Anleitung auf dem Weg der Wahrheit zeige sich die Liebe Gottes gegenüber den Menschen; dieses Erbarmen zeige sich besonders in der Figur der Jungfrau und Gottesmutter Maria:

„Unter dem Schutz ihrer Barmherzigkeit heilen die verletzten Herzen, die Übel des Bösen werden vereitelt und die Feinde versöhnt. Maria ist nicht nur ein Modell der Perfektion, sondern auch eine Hilfe, um die Einheit mit Gott und mit unseren Brüdern und Schwestern."

Abschließend lud der Papst alle seine Zuhörer dazu ein, die Gottesmutter um Gerechtigkeit, Versöhnung und Frieden für den afrikanischen Kontinent zu bitten. Besonders die junge afrikanische Bevölkerung schloss Benedikt XVI. in sein Gebet ein: Kinder und Jugendliche, die angesichts von Krankheiten, Hunger, Krieg und politischer Instabilität auf eine bessere Zukunft hoffen.

Ehrenrunde durch die Stadt
Zahlreiche Gläubige jubelten dem Papst zu, als dieser auf dem Papamobil am Sitz der Beniner Bischofskonferenz vorbeifuhr und noch eine große Runde durch Cotonou fuhr, um möglichst viele Gläubige zu begrüßen. Nach Ankunft bei der Kathedrale wurde Benedikt XVI. im schlichten, hellen Innenraum der Kirche vom Rektor der Kathedrale sowie den Bischöfen des Landes empfangen; hunderte von Gläubigen stimmten in Gesänge ein.

Nach dem Besuch in der Kathedrale begibt sich der Papst in die Apostolische Nuntiatur von Cotonou, wo er zu Abend essen und auch übernachten wird. (rv)