Stammzellforschung im Vatikan

Der Heilige Stuhl ermuntert zur – ethisch unbedenklichen – Forschung an adulten Stammzellen. Zu diesem Zweck debattieren ab diesem Mittwoch Ärzte, Theologen, Politiker, Unternehmer und auch Patienten im Vatikan über die Perspektiven dieses Forschungszweiges. Das sehr breite Spektrum an Teilnehmern ist Absicht, erklärt Kardinal Gianfranco Ravasi, der Präsident des päpstlichen Kulturrates, an dem auch eine Abteilung „Forschung und Glaube" beheimatet ist.

„Wenn wir über medizinische Phänomene reden, handelt es sich in Wirklichkeit nie um bloß medizinische, bloß biologische, bloß technische Fragen. Es handelt sich vielmehr um symbolische Fragen, die über die einfache Physiologie weit hinausgehen. Die Notwendigkeit einer umfassenderen kulturellen Sichtweise liegt in der Natur der Sache selbst. Die große Wissenschaft schreitet heute voran, indem sie mehrere Stimmen einbezieht und sich nicht auf die Technik beschränkt."

Stammzellforschung gibt es heute in zwei großen Strängen. Die Untersuchungen an embryonalen Stammzellen sind aus kirchlicher Sicht ethisch bedenklich, weil dabei der Embryo als beginnendes menschliches Leben zerstört wird. Anders bei adulten Stammzellen: Diese stammen beispielsweise aus Nabelschnurblut, die Untersuchung an ihnen ist also nicht „verbrauchend", wie es heißt. Überdies
scheinen die Ergebnisse an Forschungen an adulten Stammzellen vielversprechender als jene an embryonalen Stammzellen. Allerdings wird die Studienlage immer komplexer. Der Kongress im Vatikan will nicht zur Vertiefung und Verwirrung beitragen, sondern hat im Gegenteil zum Ziel, die verschiedenen Disziplinen miteinander ins Gespräch zu bringen, sagt Tomasz Trafny, der Verantwortliche für „Forschung und Glaube" am päpstlichen Kulturrat:

„Der Kongress ist ein Versuch, eine derart komplexe Wissenschaft einem Publikum zugänglich zu machen, das den engen Kreis der Fachleute übersteigt. Das ist ein schwieriges Unterfangen. Ziel ist es, einen Kommunikationskanal zwischen den verschiedenen wissenschaftlichen Fachkreisen und dem großen Publikum zu öffnen."

Als Mitveranstalter hat sich der Vatikan die Unterstützung eines US-amerikanischen biopharmazeutischen Konzerns gesichert, NeoStem. Geschäftsführerin ist Robin Smith, sie sagte bei der Vorstellung des Kongresses:

„Heute gibt es mehr als zwölf Millionen Krebskranke auf der Welt, 346 Millionen Diabetiker und 583 Millionen Menschen mit Immunschwächen. Hinter diesen Statistiken sind reale Menschen und viele Hoffnungen. In einer nicht zu fernen Zukunft werden wir dazu in der Lage sein, mit adulten Stammzellen menschliche Gewebe herzustellen, um beschädigte Organe zu reparieren. Und das, ohne einen Embryo zu zerstören."

Dass der Vatikan für den Kongress mit einem kommerziellen Unternehmen zusammenarbeitet, erläuterte Trafny mit dem Hinweis, dass beide Seiten an der ethisch einwandfreien adulten Stammzellenforschung interessiert sind. Die meisten Universitäten und Institute schieden als Kooperationspartner aus, weil sie auch mit embryonalen Stammzellen arbeiten, hieß es. (rv)

Papst wird Ehrenbürger in Südtirol

Benedikt XVI. hat am Mittwoch eine Ehrendelegation von Natz-Schabs, dem Südtiroler Heimatort seiner Großmutter, empfangen. Der Bürgermeister der Gemeinde, Peter Gasser, überreichte dabei dem Papst die Ehrenbürgerurkunde. Unter den 250 Gästen war auch der Generalvikar des Bistums Bozen-Brixen, Josef Matzneller. Bereits bei der Generalaudienz am Mittwochvormittag auf dem Petersplatz begrüßte Benedikt XVI. die Delegation und bekundete seine Freude und seinen Dank. Die Großmutter des Papstes, Maria Tauber-Peintner, war am 29. Juni 1855 im zu Natz-Schabs gehörenden Ortsteil Raas geboren worden, auch seine Urgroßmutter, Elisabeth Maria Tauber, stammt aus Raas. Der Papst ist unter anderem schon Ehrenbürger von Brixen, Traunstein, Freising, seinem Geburtsort Marktl am Inn, sowie von Introd im Aostatal. (rv)

Somalia: Religionsübergreifend gegen Dürre und Hunger

Trotz widriger Umstände findet die kirchliche Hilfsarbeit ihren Weg nach Somalia. Das berichtet Giorgio Bertin, Bischof von Dschibuti und Apostolischer Administrator von Mogadischu, im Gespräch mit Radio Vatikan. Gerade weil die politische Lage in dem Land am Horn von Afrika so unsicher ist, hat die Jahrhundertdürre dort besonders verheerende Folgen: Zu Hunger und Armut kommen Unruhen und Gewalt, was viele Menschen in die Flucht treibt. Und während Hilfsorganisationen in den Nachbarländern Äthiopien und Kenia vor Ort das Schlimmste zu verhindern suchen, wäre ihr Einsatz in Somalia tödlich. Dazu Bischof Bertin:

„In Somalia können wir leider nicht so direkt arbeiten wie in Äthiopien oder Dschibuti. Denn die am meisten betroffene Region ist Zentral- und Südsomalia. Und da gibt es keinen Staat. Wenn wir dort physisch arbeiten, gehen wir große Risiken ein, getötet oder entführt zu werden. Deshalb helfen wir durch lokale somalische Partner. Das sind Muslime, mit denen wir seit 20, 30 Jahren Kontakte pflegen und ein Vertrauensverhältnis aufgebaut haben. Normalerweise präsentieren sie eine Art Projekt, wir prüfen das, senden ihnen das Geld und sie kaufen vor Ort die wichtigsten Dinge: Essen und derzeit vor allem Plastikplanen, denn in den letzten Monaten gab es viel Regen hier."

Zum Hunger als Folge der Dürre kämen seit etwa drei Monaten starke Regenfälle hinzu, berichtet der Bischof weiter. Diese setzten auch den zahlreichen Flüchtlingen zu, die nach Kenia und Äthiopien geflohen sind. In einigen Regionen kann der Regen zwar Erleichterung bringen, der Hunger kann damit aber nicht so schnell beendet werden. Denn nur unter besseren Sicherheitsbedingungen kann wieder richtig Landwirtschaft betrieben werden:

„Wir sehen in Somalia die perversen Effekte der Abwesenheit des Staates. Die Situation betrifft das gesamte Horn von Afrika, aber sie ist besonders dramatisch in Zentral- und Südsomalia, denn es kommen die Kämpfe hinzu, die in den letzten 20 Jahren in Somalia zwischen verschiedenen Gruppen an der Tagesordnung sind."

Dass den Menschen in Somalia erst langfristig geholfen werden kann, wenn die Sicherheitslage dort stabiler ist – darüber sind sich Kirchenvertreter, Hilfsorganisationen und westliche Politiker einig. Die Bundesrepublik Deutschland machte ihre Entwicklungszuschüsse für das Land in den vergangenen Jahren von der politischen Stabilität des Landes abhängig. Wegen der aktuellen verheerenden Notsituation hat der deutsche Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel, in diesen Tagen diese eingefrorenen Geldmittel für Somalia freigegeben. Niebel äußerte sich zur Frage in Berlin bei einem Treffen mit einem Vertreter der somalischen Übergangsregierung, Vizepremier Ibrahim. Die zehn Millionen Euro sollen unter anderem zum Erhalt und zur Wiederaufstockung von Viehbeständen verwendet werden.
Für Bischof Bertin heißt langfristige Hilfe auch Vorbeugung weiterer Dürre- und Hungerkatastrophen. So hat er großes Interesse daran, den Ursachen der Krise auf den Grund zu gehen:

„Catholic Relieve Services hatte ein Team geschickt, um sich das Dürreproblem näher anzusehen und eine Studie durchzuführen. Ich habe sie nach Dschibuti eingeladen und gebeten, bei uns eine ähnliche Untersuchung zu machen. Denn es gibt da ähnliche Erfahrungen: Die Dürre hat hier wie dort Bauern und Nomaden zugesetzt, die mit Kamelen, Ziegen und Kühen in der Landschaft leben. Die brauchen Regen und Wasser. Obwohl Dschibuti nicht hauptsächlich von Viehwirtschaft lebt, sondern von Handel, leben dennoch immerhin ein Fünftel der Bevölkerung so." (rv)

„Weltjugendtag von Rio hat längst angefangen“

Bei der Deutschen und bei einigen weiteren Bischofskonferenzen hat es sich längst eingebürgert, dass nach ihren Vollversammlungen der Vorsitzende nach Rom fliegt und dort Bericht erstattet. Das machen die Brasilianer jetzt genauso: Der im Mai gewählte Vorsitzende der Bischofskonferenz aus dem größten katholischen Land des Planeten zieht gerade in der Ewigen Stadt von einer Kongregation zur anderen, auch den Papst wird er treffen. Uns sagte Kardinal Raymundo Damasceno Assis, Erzbischof des Wallfahrtsortes Aparecida:

„Ja, das ist das erste Mal, dass die Führungsspitze der Brasilianischen Bischofskonferenz nach Rom kommt und die vatikanischen Dikasterien aufsucht. Uns liegt sehr an einem engeren Kontakt zum Heiligen Stuhl; diese Reise ist sehr wichtig für uns. Wir wollen vom Heiligen Vater eine Bestätigung für das, was wir in der Bischofskonferenz und in unseren Ortskirchen tun, und wir wollen, dass die Organismen des Heiligen Stuhls Bescheid wissen über alles, was wir in Brasilien tun, welche Programme und Projekte die Kirche hat."

In knapp zwei Jahren wird Benedikt XVI. wohl den Besuch erwidern: Dann findet nämlich in Rio de Janeiro der kirchliche Weltjugendtag statt. Ein Ereignis, das schon intensiv vorbereitet wird:

„Ja, der Weltjugendtag hat längst angefangen – ab dem Moment, in dem wir letzten September in Rio das Kreuz und die Marienikone der Weltjugendtage in Empfang genommen haben. Als die beiden ankamen, haben wir etwa 100.000 Jugendliche zusammengebracht: Das zeigt doch, dass zum Weltjugendtag nach Rio sehr viele kommen werden, vielleicht sogar mehr als zum Weltjugendtag von Madrid, also mehr als zwei Millionen. Wir hoffen in Rio de Janeiro auf drei Millionen Jugendliche oder noch mehr. Also, der Weltjugendtag hat angefangen – gut angefangen."
(rv)

Vatikan/Irland: Irland ernennt keinen neuen Botschafter für den Heiligen Stuhl

Die Regierung der Republik Irland hat entschieden, ihre Botschaft beim Heiligen Stuhl zu schließen. Das wurde an diesem Donnerstag Abend gleichzeitig in Dublin und im Vatikan bekannt gegeben. Es sei eine bedauerliche Entscheidung, so habe der Außenminister Irlands, Eamon Gilmore, dem Erzbischof von Armagh, Kardinal Séan Brady, mitgeteilt; leider lasse die ökonomische Situation keine andere Entscheidung zu. Kardinal Brady sagte, ihm sei versichert worden, dass die Schließung nichts mit den jüngsten diplomatischen Schwierigkeiten zwischen dem Vatikan und Irland im Zug des Missbrauchsskandals zu tun habe. Außenminister Gilmore habe ihn angerufen und ihm die Entscheidung mitgeteilt, so Brady.
Wichtig seien die diplomatischen Beziehungen zwischen Irland und dem Heiligen Stuhl an sich, und diese seien nicht zur Disposition gestellt. So kommentiert Vatikansprecher Pater Federico Lombardi die Entscheidung Irlands. Jeder Staat sei selbstverständlich frei, nach seinen Möglichkeiten und Interessen zu handeln.
Kardinal Brady hingegen äußerte seine Enttäuschung darüber, dass es keinen in Rom residierenden Botschafter geben werde, das erste Mal seit dem ersten Austauschen von gegenseitigen Vertretern im Jahr 1929. Bei der Gründung der Republik habe die Anerkennung durch den Vatikan eine große Rolle gespielt, die aktuelle Entscheidung scheine das zu verkennen. Er hoffe, dass trotz der bedauerlichen Entwicklung die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Gerechtigkeit und des Friedens weiter gehen werde.
Von den Sparbeschlüssen der Regierung in Dublin ebenfalls betroffen sind die Botschaften im Iran und in Osttimor. Auch sie werden geschlossen. Man müsse diese Schnitte machen, um die Vorgaben des Internationalen Währungsfonds und der EU zu erfüllen, so eine Stellungnahme des Außenministeriums. (rv)

„Konsum statt Wachstum führt in die Krise“

Der vatikanische Chef-Banker geht hart ins Gericht mit der westlichen Finanzpolitik. Die Vereinigten Staaten und Europa hätten dabei „versagt", den wirtschaftlichen Verfall aufzuhalten, weil sie die Tatsache ausgeblendet hätten, dass menschliche Entwicklung immer ganzheitlich sein muss, sagte Ettore Gotti Tedeschi gegenüber Radio Vatikan. Der Leiter des vatikanischen Geldinstituts IOR äußerte sich mit Blick auf den G20-Gipfel, der an diesem Donnerstag in Cannes beginnt.

„Der Mensch ist aus Seele, Geist und Körper gemacht. Das haben wir komplett vergessen. Wenn ein Instrument wie die Wirtschaft und die Finanz vergisst, dass es ein Instrument ist, eben ein Mittel zum Zweck, dann geht das zwangsläufig gegen den Menschen. Jetzt ist uns die Lage entglitten. Wir haben keine Kontrolle mehr über die Schulden, über die Inflation, die Produktion, den Konsum, über die Arbeitskraft und wie wir sie erhalten können."

Die Politik der Industrienationen hat aus Sicht Gotti Tedeschis enttäuscht, weil sie zuließ, dass die Finanz „eine Art moralische Autonomie" gewinnt. In den vergangenen drei Jahren habe die Politik nach außen hin einen Optimismus gezeigt, der an der Realität der Dinge vorbeigehe.

„Die Politik hat die Ursachen der Krise verkannt. Seit drei Jahren behauptet sie, der Finanzmarkt sei Ursache des Problems, der Schuldenberg der Banken und der Wachstumsstopp wegen der niedrigen Geburtenrate. Aber soeben wurde der siebenmilliardste Mensch geboren. Die westliche Welt hat die Stirn gehabt, die Tatsche zu ignorieren, dass, wenn die Wirtschaft stabil und ausgeglichen wachsen soll, auch die Bevölkerung stabil und ausgeglichen wachsen muss. Auf diese Art haben wir fast die Würde des Menschen beleidigt, weil wir die Leute gleichsam dazu genötigt haben, sich materiell zu befriedigen, um den Konsum anzukurbeln."

Aus Sicht des renommierten Finanzfachmanns gibt es nur noch ein Mittel, aus der Krise herauszufinden: sparen. Man müsste „eine lange Zeit der Kargheit ausrufen", sodass sich die Fundamente der Wirtschaft erholen können. Die Politik sträube sich aber, unpopuläre Maßnahmen umzusetzen.

„Die Teilnehmer am G20-Gipfel sollten mit einer großen Portion Demut auftreten, sie müssen die Tragweite ihrer Entscheidungen verstehen. Es muss ihnen klar sein, dass sie in diesem Moment eine historische Verantwortung für die gesamte Menschheit tragen." (rv)

„Der Papst kommt nicht, um Lektionen zu erteilen“

In zwei Wochen wird Benedikt XVI. nach Benin reisen – warum gerade nach Benin? Päpste besuchen – das ist ein Teil der Antwort – immer nur politisch stabile Staaten; nicht jede Destination in Afrika ist also möglich. Das kleine Benin hingegen erfüllt die Kriterien der päpstlichen Reiseplaner. Zwar ist es schon das dritte Mal, dass ein Papst nach Benin kommt, aber dieses Mal ist mit den anderen nicht zu vergleichen aufgrund seiner Tragweite. Das denkt der Priester und Intellektuelle André Quenum, Leiter der katholischen Wochenzeitung „La Croix du Benin" und Pressesprecher des Papstbesuches. Er sagte uns in einem Interview:

„Der Papst kommt nach Benin, aber nicht nur für Benin, sondern für ganz Afrika. Er unterzeichnet und überreicht eine wichtige Botschaft, die Postsynodale Exhortation der Afrika-Synode. Die Leute von Benin sollen verstehen, dass das hier ein großer Besuch ist, dass der Papst mit einer Botschaft kommt, die sich an ganz Afrika richtet, damit Afrika sich erhebt und den Weg der Versöhnung einschlägt, der Gerechtigkeit und des Friedens."

André Quenum ist fest davon überzeugt, dass es keine rein innerkatholische Botschaft ist, die Benedikt im Gepäck hat.

„Christen und Nichtchristen sollen die Themen verstehen, die der Papst hier entwickeln wird. Und sie sollen verstehen, dass die Kirche hier auf einem Weg der Hoffnung ist. Afrika hat alles, was es braucht: Es hat Brot, es hat Wasser. Aber es kann sie nicht nutzen, weil es Konflikte und Ungleichheiten gibt. Von Versöhnung sprechen und von Gerechtigkeit sprechen, das ist, worauf Afrika setzen muss, damit der Frieden Wirklichkeit wird. Die Kirche kommt nicht, um hier Lektionen zu erteilen, sondern sie stellt sich in den Dienst dieser Sache."

Was drinsteht in der Botschaft des Papstes an den afrikanischen Kontinent, ist naturgemäß noch nicht bekannt. Doch die Neugier ist groß. Entsprechend panafrikanisch sind die Anfragen, die auf einer ganz handgreiflichen logistischen Ebene die Vorbereiter der Papstreise erreichen. Das Stadion in Cotonou hat eine begrenzte Kapazität, 55.000 Menschen finden dort Platz – viel weniger, als kommen wollen. André Quenum sagt:

„Für die drei Tage des Papstbesuchs versuchen wir ein System zu finden, das der Mehrheit der Pilger das Gefühl gibt, dabei zu sein. Nicht alle werden direkt an den Orten sein können, wo der Papst ist: aus Sicherheitsgründen und auch, weil die Orte so klein sind."

Hintergrund
Der Papst unternimmt vom 18. bis 20. November seine Pastoralreise in den westafrikanischen Staat Benin. Bei seinem zweiten Afrikabesuch wird er das Schlussdokument der Afrikasynode vom Oktober 2009 veröffentlichen. Zudem feiert er mit den Gläubigen den Beginn der katholischen Mission in dem westafrikanischen Land vor 150 Jahren. Benedikt XVI. folgt mit der Reise einer Einladung von Staatspräsident Yayi Boni und seiner Regierung sowie der Bischofskonferenz von Benin. Die Afrikasynode hatte vom 4. bis 25. Oktober 2009 im Vatikan unter dem Motto „Die Kirche in Afrika im Dienst für Versöhnung, Gerechtigkeit und Frieden" getagt. Das Schlussdokument soll Grundlage für die Pastoral der Kirche in den kommenden Jahren sein. (rv)

„Bevölkerungswachstum ist nicht gleich Unterentwicklung“

Sieben Milliarden Menschen leben jetzt auf unserem Planeten – wenn die UNO richtig gezählt hat. Was sagt eigentlich der Papst zum Thema Bevölkerungswachstum? Hier ist die Antwort – drei Auszüge aus seiner letzten Enzyklika „Caritas in Veritate".
„In der Bevölkerungszunahme die Hauptursache der Unterentwicklung zu sehen, ist – auch in wirtschaftlicher Hinsicht – unkorrekt. Man braucht nur einerseits an den bedeutenden Rückgang der Kindersterblichkeit und die Verlängerung des durchschnittlichen Lebensalters in neuen wirtschaftlich entwickelten Ländern zu denken und andererseits an die deutlichen Zeichen einer Krise in solchen Gesellschaften, die einen beunruhigenden Geburtenrückgang verzeichnen…
Die moralisch verantwortungsvolle Offenheit für das Leben ist ein sozialer und wirtschaftlicher Reichtum. Große Nationen haben auch dank der großen Zahl und der Fähigkeiten ihrer Einwohner aus dem Elend herausfinden können. Umgekehrt erleben einst blühende Nationen jetzt wegen des Geburtenrückgangs eine Phase der Unsicherheit und in manchen Fällen sogar ihres Niedergangs – ein entscheidendes Problem gerade für die Wohlstandsgesellschaften. Der Geburtenrückgang, der die Bevölkerungszahl manchmal unter den kritischen demographischen Wert sinken läßt, stürzt auch die Sozialhilfesysteme in die Krise, führt zur Erhöhung der Kosten, schränkt die Rückstellung von Ersparnissen und in der Folge die für die Investitionen nötigen finanziellen Ressourcen ein, reduziert die Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte und verringert das Reservoir der »Köpfe«, aus dem man für die Bedürfnisse der Nation schöpfen muss. Die Offenheit für das Leben steht im Zentrum der wahren Entwicklung." (rv)

Lombardi: „Assisi als Ausgangspunkt“

Gemeinsam für den Frieden: So fasst Vatikansprecher Federico Lombardi die Stimmung vom Friedenstreffen von Assisi zusammen. In seinem wöchentlichen Editorial für Radio Vatikan sagt der Jesuitenpater, dass der Papst zusammen mit anderen Religionsvertretern ein starkes Zeichen gesetzt habe. Herausgekommen sei die Botschaft, dass man nicht im Namen Gottes töten oder jemand hassen könne. Denn Gott bedeute für alle Glaubenden Liebe, so Pater Lombardi.

„Doch der Menschheit, die aus alten und neuen Gründen nie im Frieden lebt, haben die Pilger von Assisi diesmal eine bescheidene und gleichzeitig offene Botschaft übermittelt. Der Friede kann nur gemeinsam durch alle Suchenden nach Wahrheit erreicht werden. Dies hat der Papst gesagt, weil Gott nicht im Besitz einer Religion ist und weil Religionen sogar oft den Blick auf den wahren Gott verstellen. Der wahre Gott kann nicht von Terroristen hervorgerufen werden und kann auch nicht aus dem menschlichen Blickwinkel verschwinden."

Vatikansprecher Lombardi erinnert weiter an das Charisma des heiligen Franziskus, der durch seine Einfachheit und Liebe gegenüber allen Wesen ein Vorbild für uns sei. Des weiteren geht Lombardi auf die Rede der Vertreterin der Nicht-Glaubenden ein, Julia Kristeva, die von Assisi als Beispiel des friedlichen Zusammenlebens gesprochen hatte.

„Das ist keine Hypothese, sondern eine gemeinsame Pflicht. Assisi wird nochmals ein Ausgangspunkt für den Frieden." (rv)

Assisi-Treffen geht mit Friedensappell zu Ende

„Nie wieder Gewalt! Nie wieder Krieg!" Mit diesem Appell ist am Donnerstagabend das Friedenstreffen der Religionen zu Ende gegangen. In Assisi, der Stadt des heiligen Franziskus, verurteilten die rund 300 Vertreter von zwölf Religionen und 31 christlichen Kirchen jede Form von Terror und Gewalt. Freiheit und Frieden könnten nur durch gegenseitiges Vertrauen garantiert werden. Eingeladen zu dem Friedensgipfel, an dem auch einige Nichtglaubende teilnahmen, hatte Papst Benedikt XVI. Er empfing an diesem Freitagmittag seine Gäste aus aller Welt zu einer Schlussbegegnung im Vatikan.

Kardinal Kasper: „Wirklich ein Zeugnis für den Frieden!"

„Sehr interessant, sehr positiv – und wirklich ein Zeugnis für den Frieden!" So sieht Kardinal Walter Kasper den Gipfel von Assisi. Der frühere Ökumene-Verantwortliche des Vatikans ist einer von vielen, die beeindruckt sind von den Bildern dieses Nachmittags: Papst und Religionsführer, wie sie mit Kerzen in der Hand den Weltfrieden beschwören, dazu der malerische Sonnenuntergang über der Basilika San Francesco. Ein Münchner, angereist mit seiner kleinen Tochter, ist besonders angetan von der Szene, wie Benedikt XVI. in einem weißen Minibus durch Assisi rollt, gemeinsam mit anderen Gipfelteilnehmern. „Das war natürlich ein unglaubliches Bild: Normalerweise fährt der Papst in einem gesicherten Auto, und hier saß er in einem normalen Bus mit allen Vertretern aller Religionen zusammen auf dem vorderen Platz. Ein unglaubliches Bild! Man hat gewissermaßen auf die Sicherheit fast schon verzichtet, damit dieses Bild der Einheit entstehen kann. Das war wirklich erschütternd, ergreifend. Ich hätte mir das nicht vorstellen können!"

„Nie wieder Gewalt! Nie wieder Krieg! Nie wieder Terrorismus!", ruft Benedikt XVI. den rund 2.000 Gästen auf dem Vorplatz von San Francesco zu. Jede Religion müsse „im Namen Gottes Gerechtigkeit, Frieden, Vergebung, Leben und Liebe" auf der Erde verbreiten. Diese Worte hatte schon Papst Johannes Paul II. bei einem früheren Assisi-Friedensgebet ausgerufen. Der polnische Papst hatte vor exakt 25 Jahren, 1986, zum ersten Mal Religionsführer in das Franziskus-Städtchen eingeladen; dieses Jubiläum hatte Benedikt XVI. zum Einberufen des neuerlichen Friedensgebets bewegt.

Religionen verpflichten sich zu Gewaltlosigkeit

Die Feier am Donnerstagabend erinnert manchmal etwas an die kirchlichen Weltjugendtage; das liegt daran, dass viele junge Italiener unter den Gästen auf dem Platz sind und dass die Begleitmusik eher ihrem Stil entspricht als dem der Religionsvertreter auf dem Podium. Feierlich wird es, als einige Teilnehmer stellvertretend für alle die Erklärung von Assisi proklamieren, eine leicht erweiterte Fassung des Friedensdekalogs von 2002. Ausdrücklich verurteilen die Religionsvertreter in der Erklärung jeden Rückgriff auf die Religion zur Rechtfertigung von Gewalt und Terrorismus.

Der Präsident des Lutherischen Weltbundes, Bischof Mounib Younan, trägt den ersten Punkt vor: „Indem wir jede Gewaltanwendung und den Krieg im Namen Gottes oder der Religion verurteilen, verpflichten wir uns, alles Mögliche zu tun, um die Ursachen des Terrorismus zu beseitigen." Danach ist es ein Vertreter des Islam, Mulana Mohammed Zubair Abid, Präsident einer islamischen Organisation in Pakistan, der die Verpflichtung zu einem „aufrichtigen und geduldigen Dialog" zwischen den Religionen verliest. Bei diesem Dialog dürfe es nicht darum gehen, was die Religionen „wie eine unüberwindbare Mauer" trenne, sondern er müsse zu einem besseren gegenseitigen Verständnis durch Anerkennung der Unterschiede führen. Weiter erklären die Teilnehmer des Friedenstreffens, „einander Irrtümer und Vorurteile in Vergangenheit und Gegenwart zu verzeihen".

Rabbi Schreier: Signal an die politischen Führer

Zum Abschluss der Zeremonie dankt der Papst allen Teilnehmern und Organisatoren: „Das heutige Ereignis ist ein Bild für die Schlüsselfunktion der geistigen Dimension für die Schaffung von Frieden." Diese einzigartige Pilgerfahrt habe einen brüderlichen Dialog ermöglicht, die Freundschaft vertieft und die Teilnehmer im Schweigen und Gebet zusammengeführt. Vor allem aber – das betont im Gespräch mit uns der New Yorker Rabbiner Arthur Schreier, ein langjähriger Freund des Papstes – haben die Anwesenden ein wichtiges Signal der Gemeinsamkeit gegeben, das die Welt von heute braucht. „Es gibt so viele Änderungen in der Welt heute. Die leitenden Religionsführer müssen ihre Verantwortung erkennen, um diese verschiedenen Probleme auch zu lösen. Wir müssen zusammenarbeiten und sogar den politischen Führern zeigen, dass wir bereit sind, zu kooperieren, um Lösungen zu finden für die Probleme, die die Menschen heute haben." Dass Benedikt zu diesem Tag der „Pilgerschaft für den Frieden und die Wahrheit" auch Nichtglaubende eingeladen hat, ist für den Rabbiner kein Problem: „Die Realität ist: Da gibt es Gläubige und Nichtgläubige! Wir sind alle Kinder des Ewigen, und darum ist es nach meiner Meinung eine gute Idee." (rv)