Päpstliches Motu Proprio: Porta Fidei – Tür des Glaubens

An diesem Montag stellt der Vatikan das am Sonntag angekündigte apostolische Schreiben Papst Benedikt XVI. zum Jahr des Glaubens vor, das am 12. Oktober 2012 beginnen wird. Stefan von Kempis hat das Motu Proprio für uns gelesen.
Worum geht es Papst Benedikt mit seinem „Jahr des Glaubens"?

Er weist in seinem Motu Proprio „Porta fidei" selbst darauf hin, dass schon Paul VI. 1967 ein solches Jahr durchgeführt hat – und dass es damals um die Umsetzung des kurz zuvor beendeten Konzils ging. Auch Benedikt dem XVI. geht es bei seiner Initiative um das Zweite Vatikanische Konzil, darum startet sein Glaubensjahr zum 50. Jahrestag der Konzilseröffnung. Er fordert die Gläubigen dazu auf, sich die Konzilstexte anzueignen und sich vor allem mit – wie er schreibt – „einer der wichtigsten Früchte des Konzils" zu beschäftigen, nämlich dem Weltkatechismus. Dieser war zu Anfang der 90er Jahre vom heutigen Papst zusammengestellt worden; Joseph Ratzinger war damals Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation. Also, es geht dem Papst wesentlich um eine Wiederaneignung von Glaubenstexten: „Nicht zufällig", so bemerkt er, „waren die Christen in den ersten Jahrhunderten dazu angehalten, das Credo auswendig zu lernen."

Was schlägt der Papst an Aktionen für das „Jahr des Glaubens" vor?

Er äußert sich nicht konkret dazu, ob er – wie 1967 Papst Paul VI. – im Namen der Kirche ein feierliches Glaubensbekenntnis verfassen und vorlesen wird. Stattdessen verweist er auf die Bischofssynode zur Neuevangelisierung, die genau zum Start des Glaubensjahres im Vatikan stattfindet, und lädt alle Bischöfe dazu ein, das Jahr in einer, wie er schreibt, „würdigen und fruchtbaren Weise" zu begehen. Er schlägt den Bistümern, Pfarreien und katholischen Gruppierungen weltweit ein „öffentliches Bekenntnis des Credo" vor in der Form, die sie für richtig halten, und kündigt an, dass es bald konkrete Vorschläge aus der Glaubenskongregation zum „Jahr des Glaubens" geben wird. Wichtig ist dem Papst aber nicht nur das öffentliche Glaubensbekenntnis von Einzelnen und Gruppen: Die Menschen sollen dem Glauben „ihre Herzen öffnen" und ihn auch in der Öffentlichkeit leben.

Die Öffentlichkeit in den westlichen Ländern wirkt aber nicht sehr offen für das Zeugnis von Glaubenden…

Das erwähnt Benedikt XVI. in seinem Motu Proprio auch. Es werde heute oft geleugnet, dass der Glaube „eine offensichtliche Voraussetzung für das Zusammenleben" sei; die „Glaubenskrise" sei weitverbreitet. Aber er wolle nun einmal „nicht akzeptieren, dass das Salz schal wird und das Licht unter den Scheffel gestellt wird": „Auch der Mensch von heute", so der Papst wörtlich, „kann von neuem das Bedürfnis spüren, wie die Samaritanerin zum Brunnen zu kommen, um Jesus zu hören… Wir müssen den Geschmack wiederfinden, uns vom Wort Gottes und vom Brot des Lebens zu nähren".

Steckt hinter dem Glaubensjahr die Vorstellung, dass die Katholiken einfach mal wieder öffentlich zeigen müssen, wer sie sind?

„Nicht nur – Benedikt ruft in seinem Motu Proprio auch nach einer „Erneuerung der Kirche". Aber die gebe es eben vor allem – so wie er das auch bei seiner Deutschlandreise betont hat – „durch ein erneuertes Zeugnis des Lebens bei den Gläubigen". Darum wünscht sich der Papst allem voran „eine authentische und erneute Umkehr zum Herrn", einen „Glauben, der durch Gelebtwerden stärker wird". Und davon ausgehend dann ein neuer Elan der Kirche, damit auch andere „wieder die Freude am Glauben entdecken". Er zeigt übrigens wieder mal seinen tiefen Respekt vor allen, die nicht glauben, aber auf der Suche nach dem Sinn des Lebens sind. Diese Suche nennt er „eine echte Präambel zum Glauben". Übrigens betont der Papst auch, dass er im „Jahr des Glaubens" auf eine intensivierte Caritas hofft – das gehört für ihn nämlich zum Glauben mit dazu."

Es gab unter Benedikt XVI. schon ein Priester- und ein Paulusjahr, jetzt also ein Jahr des Glaubens. Was kommt danach?

„Das weiß man noch nicht. Allerdings darf man wohl zu diesem Glaubensjahr, womöglich auch schon vorher, mit einer Enzyklika Benedikts zum Thema Glauben rechnen. Und der Papst betont, dass es mit einem Glaubensjahr von gut 13 Monaten – es endet ja erst Ende November 2013 – nicht getan ist: Wer die „Tür des Glaubens", die immer offenstehe, durchschreite, der sei „auf einem Weg, der das ganze Leben dauert". (rv)

 

Original Text des >>  Motu Proprio hier

Vatikan: Weltfriedenstreffen in Assisi Ende Oktober

Am Weltfriedenstreffen in Assisi Ende Oktober soll als Atheist auch der frühere Vorsitzende der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ), Walter Baier, teilnehmen. Das teilte der Präsident des Päpstlichen Kulturrates, Kardinal Gianfranco Ravasi, am Freitag vor Journalisten im Vatikan mit. Als weitere Nichtglaubende reisen nach Ravasis Angaben die aus Bulgarien stammende und in Paris lebende Psychoanalytikerin Julia Kristeva sowie die Philosophen Anthony Garling aus Großbritannien, Guillermo Hurtado aus Mexiko und Remo Bodei aus Italien in die umbrische Franziskus-Stadt. (rv)

Rom: Weihe des neuen australischen Pilgerzentrums

Der Papst weiht nächsten Mittwoch das neue australische Pilgerzentrum in Rom ein. Damit folgt Benedikt XVI. der Einladung des Erzbischofs von Sydney, Kardinal George Pell. Australische Katholiken, besonders die vietnamesische Gemeinde von Sydney, hatten das neue Pilgerzentrum mit ihren Spenden finanziert. An der Einweihung des Büros in der Nähe des Hauptbahnhofs Termini nehmen auch die australischen Bischöfe teil. Sie halten sich gegenwärtig zu ihrem Ad-Limina-Besuch in Rom auf, um dem Papst und der Kurie über die Lage ihrer Ortskirchen Bericht zu erstatten. (rv)

„Wir müssen wieder missionarische Begeisterung finden“

Was ist Neuevangelisierung? Mit welchen Mitteln, über welche Kanäle erreicht die Frohe Botschaft Menschen, die mitten in einer säkularisierten Welt vage auf der Suche der Gott sind? Und wie ist jemand, dem es gelingen kann, andere für den Glauben zu interessieren? Darüber sprach Gudrun Sailer mit Nikolaus Buhlmann; der Augustiner Chorherr wirkt am Päpstlichen Rat für die Förderung der Neuevangelisierung. Am kommenden Samstag und Sonntag treffen sich im Vatikan 8.000 Menschen zu einer Begegnung im Sinn der Neuevangelisierung – ein echter Paukenschlag für eine neue Verkündigung.

„Der Rat besteht jetzt seit einem Jahr. Wir haben begonnen, uns selber zu organisieren, haben einige Fachtagungen veranstaltet, aber jetzt wird es dringend Zeit, dass wir hinausgehen und das, was unsere Aufgabe ist, die Neuevangelisierung, auch umsetzen und wenigstens damit beginnen. Dieses zweitägige Treffen soll ein Paukenschlag sein, der Beginn unserer öffentlichen Tätigkeit. Wir haben Personen und Gruppen eingeladen, die im Bereich der Neuevangelisierung tätig sind; insgesamt sind 115 Gruppen dieser Einladung gefolgt, sie kommen aus der ganzen Welt. Wir erwarten über 8000 Teilnehmer an diesen beiden Tage, darunter auch einige 100 aus Deutschland und Österreich. Wir wollen uns stärken, indem wir Zeugnisse anhören von solchen Personen und Vertretern von geistlichen Bewegungen, die auf diesem Gebiet schon lange tätig sind und Erfahrungen vorweisen können, wir wollen uns vor allem aber auch stärken in der Begegnung mit dem Nachfolger Petri, Papst Benedikt XVI., der am ersten Tag zu uns kommt und am Sonntag mit uns eine Heilige Messe im Petersdom feiert. Eine Messe, für die übrigens zum ersten Mal ein neues Messformular verwendet wird, „pro nova evangelisatione", die sind im Original immer auf Latein, es existiert aber auch schon in einer deutschen und in anderen Übersetzungen. Das Messformular soll dann auch regulär ins Messbuch aufgenommen werden."

115 Gruppen sind präsent, die sich, wie Sie sagen, bereits der Neuevangelisierung gewidmet haben. Da stellt sich die Frage nach der Geschichte dieser neuen „Disziplin", der Neuevangelisierung. Seit wann ist das Problem erkannt, dass es eine Neuevangelisierung braucht?

„Die Neuevangelisierung ist nicht so neu, wie man meinen könnte. Der Begriff ist von Papst Johannes Paul II. geprägt, aber zum ersten Mal gesprochen von der Aufgabe einer Neuevangelisierung hat eigentlich Papst Paul VI. in seinem apostolischen Schreiben „evangelium nuntiandi" von 1975. Er hat festgestellt, dass in den Ländern, die wir als christlich bezeichnen wollen und würden, allmählich die Menschen verlorengehen, dass immer weniger Prägekraft des christlichen Glaubens da ist, er hat all das schon vor 30, 35 Jahren festgestellt, aber noch nicht organisatorische Schlüsse daraus gezogen. Das hat auch Johannes Paul II. nicht, obwohl er eigentlich den Begriff der Neuevangelisierung ständig im Mund geführt hat. Es war Papst Benedikt, der dafür eine neue Kurienbehörde gegründet hat im Rang eines päpstlichen Rates, der eben jetzt seit einem Jahr arbeitet."

Welches ist Ihre Aufgabenstellung?

„Wir wenden uns nicht an die selbsterklärten Atheisten, die Agnostiker, wir wenden uns auch nicht an die Länder der Dritten Welt, für die weiterhin die Missionskongregation zuständig ist, sondern unsere Aufgabe betrifft die Regionen und Gebiete des Westens. Dazu treten mittlerweile auch schon einzelne Staaten Osteuropas, die Polen etwa, die ein lebhaftes Interesse an unserer Arbeit haben. Und wir müssen feststellen, dass zu uns auch indische Bischöfe kommen, einige sogar in letzter Zeit, und sagen, auch wir haben eine Neuevangelisierung nötig. Die Aufgabe präsentiert sich offenbar umfassender als von uns angenommen, und diese Abgrenzung, die ich eben vorgenommen haben, einerseits zu den Atheisten, andererseits zu den Aufgaben der Missionskongregation, ist in der Praxis schwerer vorzunehmen, weil die Grenzen sich etwas verwischen."

Gleich zweimal wird Papst Benedikt selbst den Teilnehmern des Kongresses begegnen, was ungewöhnlich ist. Wie kommt das?

„Wir dürfen davon ausgehen, dass Papst Benedikt ein ganz lebhaftes, ehrliches Interesse an unserer Arbeit hat. Das ist ihm ein Anliegen, die Neuevangelisierung voranzutreiben in den Ländern Europas, die er ja sehr gut kennt. Er hat ja auch schon einige Male über die Lage des Christentums gesprochen, zuletzt in Deutschland. Der Papst will, indem er zweimal zu uns kommt, zeigen, es ist mir ein wichtiges Anliegen, ich möchte, dass ihr Erfolg habt."

Es geht bei der Neuevangelisierung nicht darum, Glaubensinhalte zu schmälern, sondern es geht darum, eine neue Sensibilität für Glaubensferne und eine neue Sprache des Glaubens zu entwickeln. Welche Instrumente muss man dazu finden?

„Logischerweise kann es nicht darum gehen, neue Glaubensinhalte zu definieren, sondern Neuevangelisierung meint neue Formen der Vermittlung. Im 21. Jahrhundert sind die elektronischen Kommunikationsformen von größter Bedeutung, besonders das Internet. Der päpstliche Rat für die Sozialen Kommunikationsmittel, mit dem wir zusammenarbeiten, hat in diesem Jahr ein erfolgreiches Bloggertreffen organisiert: Da geht eine Tür auf, von der wir meinen, dass wir sie entschlossen durchschreiten sollten, dass wir mit den neuen Möglichkeiten versuchen, über diesen Weg neu über den Glauben ins Gespräch zu kommen. Am Ende geht es immer um ein persönliches glaubwürdiges Zeugnis eines Einzelnen. Wie das vermittelt wird, das hat seine Bedeutung, weil wir eben davon ausgehen müssen, dass viele Menschen etwa gar nicht mehr dazu in der Lage sind, an einem Gottesdienst teilzunehmen, sie wüssten gar nicht, was sie da tun sollten. Sie sind aber dazu bereit, sich mit Inhalten zu befassen, die in einer geeigneten Form an sie herangetragen werden. Also wird es unsere Aufgabe sein, und wir haben damit schon begonnen, mit Agenturen, mit kirchlichen Gruppen zusammenzuarbeiten, die bereit sind, auf diesem Feld mitzuarbeiten und die technischen Möglichkeiten zu nutzen.

Sie sind also auf viel Mithilfe angewiesen?

So ist es. Unsere Behörde hat genau fünf Mitarbeiter auf der Arbeitsebene, daraus ergibt sich, dass wir selber die Neuevangelisierung nicht in eigener Person vorantreiben können. Wir brauchen Helfer und Partner, und das ist auch einer der Gründe, warum wir diese vielen Vereinigungen, Gruppen, Bewegungen eingeladen haben, nach Rom zu kommen. Wir wollen sie kennenlernen, wir wollen, dass sie uns kennenlernen, wir wollen untereinander Vernetzung schaffen. Es kommt durchaus vor, zB auch in Deutschland, dass Gruppen auch auf einem relativ begrenzten Raum in einer Region zusammenarbeiten, sich aber gar nicht kennen. Wenn wir dazu beitragen können, dass sie sich kennenlernen und dann vielleicht es schaffen, Dinge gemeinsam zu tun oder sich auch nur abzusprechen über das, was sie tun, haben wir, denke ich, schon einen Erfolg erzielt."

Die Verantwortung für die Neuevangelisierung liegt also auf den Schultern einzelner Menschen, besonders glaubwürdig auftretender Katholiken. Wie ist jemand, der als Neuevangelisator in Erscheinung treten kann? Was kann und wie ist der oder die?

„Das ist nicht notwendigerweise ein Berufschrist, also ein Priester, eine Ordensfrau oder ein Ordensmann, sondern was wir eigentlich brauchen sind Menschen, die dort wo sie arbeiten und leben, in der Berufswelt, in ihrer familiären freundschaftlichen Welt, bereit sind, den Mund aufzutun und die Schweigespirale zu durchbrechen. Das heißt, Gott wieder ins Gespräch zu bringen. Dazu muss man möglicherweise gut ausgebildet sein, zunächst aber einmal muss man überzeugt sein. Man muss selber brennen, damit man andere mit diesem Feuer der Begeisterung anstecken kann. Naturgemäß wird man solche Menschen, Frauen und Männer, eher in den katholisch geprägten Vereinigungen finden, also in den Gruppen und neuen geistlichen Bewegungen. Denn in den Pfarren, die häufig ums Überleben kämpfen, ist es leider schwer geworden, diese ursprüngliche Begeisterung des Christentums zu finden und zu entdecken. Nichtsdestotrotz gibt es sie, es gibt viele Pfarreien, die hervorragende Arbeit leisten, und am Ende könnten wir auch erst sagen, dass wir mit dem neuen päpstlichen Rat die Arbeit getan haben, wenn es uns gelingt, über die Bewegungen wieder an die ganz normale Pfarrarbeit anzudocken und Möglichkeiten zu schaffen, dass von den Pfarreien aus wieder eine neue Welle des Christentums entfacht wird."

Was sind denn kalkulierbare Reaktionen auf eine Initiative wie diese zur Neuevangelisierung? Meinen Sie, diese Neuevangelisatoren werden Ablehnung erfahren oder eher Gleichgültigkeit?

„Ich halte alles für möglich, von Zustimmung bis zu echter Ablehnung. Denn im Augenblick geht es ja um nichts Geringeres als um eine regelrechte Mentalitätsänderung. Diese Mentalitätsänderung bedeutet, wir Christen in den westlichen Ländern müssen akzeptieren, dass wir zu Minderheit geworden sind oder zumindest dabei sind, zur Minderheit zu werden. Das heißt wir müssen des weiteren akzeptieren, dass wir, wenn wir überleben wollen, darauf setzen müssen zu wachsen. Wir müssen missionarische Züge entwickeln. Das lag bislang nicht im Wesen des europäischen Katholizismus. Das haben wir ein bisschen den Evangelikalen und den Freikirchen überlassen. Von denen können wir in der Tat einiges lernen, nämlich den Mut zum Zeugnis. Es geht nun ganz sicher nicht darum, die katholische Kirche evangelikal zu machen, aber wir müssen uns von den Methoden, die dort bei den Brüdern und Schwestern dieser kirchlichen Gemeinschaften seit langem schon im Schwange sind, etwas abschauen und lernen und es hinbekommen, dass wir eine missionarische Mentalität und Begeisterung bekommen. Wir müssen akzeptieren und bereit sein, etwas dafür zu tun, damit wir wieder wachsen. Zunächst müssen wir uns erst einmal zutrauen, dass wir wachsen können. Schon das scheint mir nicht einfach zu sein und deswegen braucht es stärkende Begegnungen, wie diese des kommenden Wochenendes es hoffentlich sein wird."

Wird man sich auch lächerlich machen als Neuevangelisator?

„Das ist denkbar, das ist möglich und wird da und dort vorkommen, besonders im großstädtischen Milieu. Und es wird eine harte Herausforderung sein für alle, die damit zu tun habe. Aber ich glaube, wir dürfen ihnen das zumuten, trotzdem diese Mission weiterzutragen, weil wir auch wissen – das ist uns zugesagt durch den Herrn der Kirche – dass er bei denen sein wird, die für ihn sprechen. Dass er die nicht verlassen wird und mit seinem Geist beschenken wird, die den Mut haben, ihm zu folgen."

Kann man denn zum jetzigen Zeitpunkt etwas wie eine erste Zielgruppe für die Neuevangelisierung ausmachen? Ist es sinnvoll, auf eine intellektuelle Zielgruppe oder andere Multiplikatoren zu setzen? Oder ist die Basis, die man ansprechen will, wirklich eine breitere Basis?

„Es ist eine breitere Basis, denn es ist durchaus legitim zu sagen, die Journalisten können eine Zielgruppe sein oder die Unternehmer können eine Zielgruppe sein. Nun sind das zwei Gruppen, mit denen wir uns auch im päpstlichen Rat für Neuevangelisierung beschäftigen, aber der Fokus dieses Treffens ist wirklich breiterer, allgemeiner Natur. Uns bricht ja, wenn Sie die soziologische Struktur der Pfarren anschauen, eine ganze Generation und mittlerweile schon mehrere Generationen weg, weil dann nämlich nach der Beendigung von Erstkommunion und Firmung im Grunde genommen ein großes Loch sich darbietet. Die Bevölkerungsgruppen in den 30er, 40er, 50er Jahren drohen zu verschwinden. Wir müssen tatsächlich den Anspruch haben, die insgesamt anzusprechen."

In der Fastenzeit nächstes Jahr kommt eine neue große Initiative des päpstlichen Rats für Neuevangelisierung und das ist die Stadtmission. Das ist eine Initiative, die bereits Vorgänger hat – etwa in Köln und in Wien – ist denn die Veranstaltung, die Sie jetzt am Wochenende haben, auch eine Vorbereitung darauf?

„Ganz sicher. Wir haben mit dieser Stadtmission vor allem folgendes vor: Wir wollen die Bischöfe, die ja die Beauftragten, die ersten Lehrer ihrer Diözesen sind, dazu bringen, die Initiative zu ergreifen und Katechesen anzubieten. Sie haben darauf hingewiesen, dass es dafür durchaus erfolgreiche Vorgänger gibt. Ich nenne insbesondere Christoph Kardinal Schönborn in Wien, der jetzt eine neue Reihe von Katechesen begonnen hat bzw. in den nächsten Tagen beginnen wird und der das schon seit Jahren mit großen Erfolg macht. Wir wollen die Bischöfe dazu bringen, sich zu besinnen und dieser Aufgabe nachzukommen. Die Kathedra, also ihren bischöflichen Stuhl in der Bischofskirche, als einen Ort der Verkündigung zu betrachten, natürlich aber mit dem Ziel, dass solche Aktivitäten – wenn nicht in allen, so doch in einen Pfarren der Bischofsstadt und darüber hinaus – auch fortgeführt werden von den jeweiligen Pfarrern. Wir schlagen vor, dass es eine kontinuierliche Bibellesung gibt, und wir wollen aus einem Buch vorlesen lassen und darüber auch die Diskussion ermöglichen, ein Buch, das uns in besonderer Weise geeignet scheint, auch der Situation des modernen Menschen gerecht zu werden, das sind die confessiones, die Bekenntnisse, des Heiligen Auigustinus."

Welche konkreten Erfolge hat denn die Stadtmission in Wien vorzuweisen? Warum kann das ein Modell für die Neuevangelisierung generell sein?

„Zunächst einmal ist es gelungen, die religiösen Inhalte im Gespräch zu halten in einer Ortskirche, die wie die deutsche auch in der letzten Zeit stark von dem Missbrauchsskandal befallen worden ist und darunter gelitten hat. Wir meinen, dass diese Katechesen der Bischöfe und der Pfarrer noch ergänzt werden sollten – wir werden das auch für das kommende Jahr vorschlagen – durch Hausbesuche. Dann erreichen wir noch eine größere Breitenwirkung, wenn wir mit solchen Aktivitäten in den Medien sind, das ist die eine Sache. Die andere Sache ist es, an möglichst viele Menschen unmittelbar heranzukommen. Also hoffen wir, dass es möglich sein wird, übrigens wieder mit Hilfe der Bewegung, denn andere Helferinnen und Helfer haben wir ja nicht, den Versuch zu unternehmen, möglichst viele Menschen zu Hause aufzusuchen." (rv)

Kurienkardinal unter Bloggern

Als erster römischer Kurienverantwortlicher hat Kardinal Gianfranco Ravasi einen Blog eröffnet. Auf der Webseite der italienischen Tageszeitung „Il Sole 24 Ore", für deren Sonntagsfeuilleton der Präsident des Päpstlichen Kulturrates seit Jahren schreibt, will Ravasi nun in loser Folge kurze Texte veröffentlichen. Der Blog heißt „Parola e Parole", zu Deutsch: Wort und Worte. Einige Zeilen seines jüngsten Eintrags widmet der Kardinal der am Dienstag in Bukarest stattfindenden Neuauflage des „Vorhofs der Völker". „Ich werde mit nicht glaubenden Freunden einen Dialog führen, ausgehend von Überlegungen von Cioran und Ionesco, zwei Figuren, die von einer Glaubenserfahrung weit entfernt sind, sich aber mit der Dimension der Transzendenz gründlich auseinandergesetzt haben", so Ravasi. Der italienische Kardinal war federführend bei der Einladung zum ersten vatikanischen Blogger-Treffen mit 150 Internet-Publizisten im Mai 2011. (rv)

Italien: „Keine inhaltliche Einmischung bei Zenit“

Die katholische Presseagentur Zenit verliert weitere leitende Mitarbeiter. Nach dem Rücktritt des Chefredakteurs Jesus Colina haben weitere verantwortliche Redakteure der Agentur ihr Ausscheiden mitgeteilt. Zenit ist mit den Legionären Christi verbunden, der Orden verantwortet die in sieben Sprachen in Rom erscheinende Agentur. Die Journalisten hatten als Begründung für ihren Rückzug unter anderem auf die „Betonung der institutionellen Abhängigkeit der Agentur" durch die Legionäre Christi verwiesen. Aus Sicht der Kongregation stellt sich der Abschied der Journalisten in anderer Perspektive dar. Pater Andreas Schöggl, Sprecher der Gemeinschaft der Legionäre Christi in Rom:

„Herr Colina hat in den vergangenen zwei, drei Jahren auf eigene Initiative zwei neue Nachrichtenagenturen gegründet, und zwar H2O News für Kurzvideos und kürzlich auch Aleteia für Social Media und Fragen und Antworten über den katholischen Glauben, wo er auch als Gründer und Leiter dieser Initiativen stark involviert war. Das hat dazu geführt, dass der Leitungsrat von Zenit ihn vor die Entscheidung stellen musste, entweder seine persönlichen Projekte weiterzuführen oder mit voller Kraft weiter als Chefredakteur von Zenit zu arbeiten. So kam es zu einer einvernehmlichen Trennung. Und es ist nicht unbedingt überraschend, dass einige seiner Mitarbeiter bei Zenit auch bei seinen neuen Projekten mitarbeiten werden und daher die Agentur Zenit verlassen."

Die Agentur Zenit ist aus der Kongregation hervorgegangen und wird auch in ihrer Arbeit von den Legionären begleitet. So sind im Leitungsrat der Agentur Patres der Kongregation vertreten. Die nun ausscheidenden Redakteure hatten geäußert, die Legionäre Christi würden „die institutionelle Abhängigkeit zu sehr betonen", also sich in das Redaktionsgeschäft einmischen. Pater Schöggl weist das zurück: In der täglichen Arbeit seien die Journalisten unabhängig.

„Die Legionäre Christi haben Zenit gegründet als einen Dienst an der Kirche, und es gab immer eine große Bandbreite für alles, was katholisch ist, sowohl was die Mitarbeiter anlangt, als auch was die Inhalte anlangt. Wir haben keine Absicht, uns verstärkt im Redaktionsbereich zu involvieren oder dort andere Richtlinien aufzustellen. Die Mission von Zenit bleibt dieselbe wie bei der Gründung vor 14 Jahren." (rv)

Heute vor 49 Jahren: Das Konzil beginnt

„Venerabiles Fratres", Papst Johannes XXIII., Petersbasilika heute vor 49 Jahren: „Ehrwürdige Brüder! Es jubelt die Mutter Kirche, weil durch besondere Gnade der göttlichen Vorsehung dieser hochersehnte Tag angebrochen ist, an dem hier am Grabe des hl. Petrus unter dem Schutz der jungfräulichen Gottesmutter, deren Mutterwürde heute festlich begangen wird, das Zweite Vatikanische Ökumenische Konzil seinen Anfang nimmt."

Es sind die ersten Worte, die im Zweiten Vatikanischen Konzil – auf Latein – gesprochen werden. Im nächsten Jahr werden wir ausführlich an dieses Konzil erinnern, denn dann jährt sich seine Einberufung zum 50. mal. Die Glaubensversicherung und das Verständnis der Kirche in der Welt von heute, nichts weniger hatte sich das Konzil auf die Fahnen geschrieben. Und Johannes XXIII. machte den Anfang. Und der war zunächt einmal symbolisch: Der Papst ließt sich in der Basilica nicht wie damals üblich tragen, sondern ging zu Fuß, er trug nicht die päpstliche Tiara, sondern eine Bischofsmitra: Alles bereits Zeichen von dem, was kommen sollte. Die Basilika war zur Aula umgebaut, Bischöfe aus 133 Ländern hatten sich versammelt. Ihre Beratungen und ihre Dokumente prägen die Kirche bis heute. (rv)

Ägypten: Blutige Nacht in Kairo

Schwere Zusammenstöße in Ägyptens Hauptstadt Kairo: Mindestens 36 Menschen, die meisten christliche Kopten, wurden letzte Nacht am Rand einer Demonstration getötet. Mehr als 320 Menschen sollen verletzt worden sein. Es waren die schwersten Ausschreitungen in Ägypten seit dem Sturz des früheren Präsidenten Hosni Mubarak. Aber der Sprecher der (katholischen) griechisch-melkitischen Kirche Ägyptens, Rafic Greiche, präzisiert:

„Das ist nicht das erste Mal seit der Revolution überhaupt, dass so etwas passiert – es ist vielmehr schon das dritte Mal innerhalb von neun Monaten. Und es liegt daran, dass die Regierung nichts für die Sicherheit tut. Schon zu Zeiten des alten Regimes Mubarak kam es manchmal zu solchen Konflikten, Kirchen brannten undsoweiter: Aber die Regierung sorgte immer wieder schnell für Sicherheit. Das ist jetzt nicht mehr so. Um zwei Uhr nachts hat der Premierminister die Menschen einfach gebeten, sich zu beruhigen; er hat aber keinerlei Befehle erteilt oder klare Entscheidungen getroffen!"

Der hier kritisierte Premierminister Essam Sharaf meinte in einer ersten Reaktion, Ägypten sei „in Gefahr": Der Konflikt zwischen Muslimen und Christen bedeute das „schwerwiegendste Risiko für die Sicherheit des Landes". Offenbar, so erklärt er, gebe es Kräfte, die vor den Wahlen Chaos im Land hervorrufen wollten und denen daran gelegen sei, „einen Keil zwischen Militär und Bevölkerung zu treiben". Die ägyptische Militärführung verhängte eine Ausgangssperre für die Nachtstunden. An diesem Nachmittag will das Militärregime ein Krisentreffen abhalten. Die Generäle haben die Regierung zu einer gründlichen Untersuchung aufgefordert. Aber der Melkiten-Sprecher hält das für nicht hinreichend:

„Die tun überhaupt nichts, in allen Bereichen, nicht nur in der Krise zwischen Christen und Muslimen. Darum hält diese Spannung an. Ich bitte den Papst und die ganze christliche Welt, für uns zu beten, denn das ist wirklich ein schwieriger Moment, und wir haben keinerlei Hoffnung. Vielleicht beruhigt sich die Lage nach dem Krisentreffen von diesem Montag wieder ein bisschen, und in ein paar Monaten kommt dann alles wieder hoch…"

Zunächst friedlich hatten in Kairo mehrere tausend Christen gegen ein Attentat islamischer Fundamentalisten auf eine Kirche in der südlichen Region Assuan demonstriert. Als der Demonstrationszug das Gebäude des staatlichen Fernsehens erreicht hatte, kam es zu ersten Zusammenstößen. Demonstranten warfen Steine auf Polizisten und Soldaten, die das Gebäude bewachten, und setzten Autos in Brand. Die Sicherheitskräfte gaben Schüsse in die Luft ab und setzten Tränengas ein, um die Menge auseinanderzutreiben. In anderen Berichten heißt es, zwei Panzerwagen der Armee seien mitten in die Menge gefahren und hätten mehrere Demonstranten überrollt. Vierzig Personen sollen festgenommen worden sein. Der Bischof von Giza, Antonios Aziz Mina, betont im Interview mit uns:

„Ich muss sagen, dass auch einige Muslime bei der Demonstration an der Seite der Kopten mitgemacht haben: Auch sie forderten für die Christen das Recht, in Frieden zu leben, und dass ihre Kirchen Schutz erfahren, statt niedergebrannt und zerstört zu werden. Leider haben Übeltäter, die in den Tagen nach der Revolution eine Kirche zerstört haben, festgestellt, dass sie damit straflos davonkommen. Das Militär hat entschieden, die Kirche auf seine eigenen Kosten wiederaufzubauen – aber das ist keine Lösung!"

Viele Christen fordern weiterhin einen Rücktritt des Gouverneurs von Assuan, dem sie vorwerfen, nichts gegen die Kirchenzerstörung in seiner Provinz Ende September getan zu haben. Außerdem fordern sie Polizeischutz für Kirchen und ein Recht auf Kirchenbau. Eine islamisch-koptische Dialoggruppe in Kairo fordert in einem Statement an diesem Montag klare, durchsichtige Regeln für Kirchenbau in Ägypten. Bischof Mina:

„Wenn wir so weitermachen, dann gibt es im neuen Ägypten kein Recht und keine Gerechtigkeit. Dabei wäre das das erste Element eines stabilen Staates: das Recht!"

Der Großimam der islamischen Universität al-Azhar in Kairo, Ahmed al-Tayyeb, ruft zu „dringenden Gesprächen" zwischen muslimischen und christlichen Führern auf, „um die Krise einzudämmen. Das berichtet das ägyptische Fernsehen. Tayyeb habe bereits mit dem koptischen Patriarchen, Papst Shenuda III. von Alexandria, gesprochen. Aus Trauer um die Opfer wollen die koptischen Christen drei Tage lang fasten und beten. Die Kopten stellen in Ägypten ungefähr zehn Prozent der Bevölkerung, sie sind überwiegend orthodox, nur ein kleiner Teil gehört der katholischen Kirche an. (rv)

Kardinal Sandri: „Sinnlose Gewalt“

Drei Dutzend Tote in Kairo bei Ausschreitungen zwischen Kopten und Muslimen: Kardinal Leonardo Sandri leitet die Ostkirchen-Kongregation des Vatikans. Wir fragten ihn an diesem Montag, wie der Vatikan auf die Unruhen in Kairo reagiert.

„Wir haben für die Opfer dieser Zusammenstöße gebetet. Unsere koptisch-orthodoxen Brüder, die das Attentat auf eine ihrer Kirchen erleben mussten, wollten wie alle Bürger für ihren Wunsch nach Religionsfreiheit und nach Respekt ihrer Rechte demonstrieren. Stattdessen mussten sie den bitteren Kelch des Todes und des Opfers trinken. Wir vereinen uns im Gebet mit der koptisch-orthodoxen Kirche, mit den Opfern dieser sinnlosen Gewalt, und wir beten auch für unsere katholischen Kopten, auf dass der Schatten dieser Gewalt gegen Kopten nicht auch auf sie fallen möge. Es ist eine kleine Gemeinschaft, aber sehr engagiert für den Frieden. Und wir beten auch darum, dass dieser so genannte Arabische Frühling wirklich ein Vorschuss auf den Frieden sein möge, den alle sich wünschen. Wir beten für Demokratie, für den Respekt der Religionsfreiheit und der Minderheiten, dafür, dass alle sich Hoffnung machen können auf eine sichere Zukunft." (rv)

Polen: Katholiken feiern den „Papsttag“

Die Katholiken in dem Land feiern heute den sogenannten „Papsttag". Jedes Jahr wird am Sonntag vor dem 16. Oktober der Wahl Karol Wojtylas zum Papst gedacht. Die Wahl hatte am 16. Oktober 1978 stattgefunden. Neben geistlichen und kulturellen Initiativen gibt es an diesem Tag eine besondere Kollekte, mit der bedürftigen Studenten ein Stipendium finanziert wird. Dank dieser Initiative konnte bereits 2000 Jugendlichen weiterführende Studien ermöglicht werden. (rv)