Vatikan: Neues Gerichtsjahr in der Vatikanstadt

In der Vatikanstadt – „Città del Vaticano" – hat an diesem Samstag ein neues Gerichtsjahr begonnen. Dabei wird traditionell die Bilanz des letzten Jahres vorgestellt. Das Vatikangericht sprach diesmal von 1.126 Zivilverfahren insgesamt im Jahr 2010. Die Zahl der Strafverfahren wird mit 171 angegeben. Wie immer weist der Vatikan darauf hin, dass in seinen Mauern nicht besonders streitlustige Menschen wohnen (die tatsächlichen Bewohner des Vatikans sind nur 492 Personen); die hohe Zahl der Ordnungsverstöße hängt vielmehr mit den Taschendieben und ähnlicher Kleinkriminalität auf dem Petersplatz und in den Vatikanischen Museen zusammen. So sei de facto nur ein Prozent der Vatikaneinwohner tatsächlich in Strafverfahren verwickelt. Jedes Jahr besuchen nach Vatikan-Angaben über 18 Millionen Touristen und Pilger die Vatikanstadt: Das lockt Langfinger an.

Die neuen Normen gegen Geldwäsche sind aus Vatikan-Sicht strenger als die italienischen Normen. Die neue Finanzaufsichtsbehörde, die der Papst eingerichtet hat, wird, so das Vatikangericht, eng mit Verantwortlichen anderer Staaten zusammenarbeiten. Ein Leiter für die neue Behörde ist noch nicht vom Papst ernannt worden; in italienischen Medien zirkuliert der Name von Kardinal Attilio Nicora, der der Vatikanischen Güterverwaltung APSA vorsteht. (rv)

Großbritannien: Kirchliche Struktur und Weihe für Ex-Anglikaner

Der Vatikan hat sein Versprechen wahrgemacht, für frühere Anglikaner eigene kirchliche Strukturen innerhalb der katholischen Kirche zu errichten. Am Samstag hat die vatikanische Glaubenskongregation auf dem Gebiet der Bischofskonferenz von England und Wales ein so genanntes „Personalordinariat" errichtet. Es soll Anglikanern, die zur katholischen Kirche übertreten, dabei helfen, weiter vertraute kirchliche Traditionen zu bewahren. Den Weg dazu hatte Papst Benedikt vor über einem Jahr mit einer so genannten „Apostolischen Konstitution" freigemacht.
Das „Personalordinariat Unserer Lieben Frau von Walshingham" (benannt nach einem traditionellen Wallfahrtsort in Südengland) bekommt als ersten Leiter Keith Newton: Das ist einer von drei früheren anglikanischen Bischöfen, die zum ersten Januar in die katholische Kirche aufgenommen worden sind. Newton und die zwei anderen Übergetretenen haben an diesem Samstag in London die katholische Priesterweihe empfangen. Der Feier in der „Westminster Cathedral" stand der Londoner Erzbischof Vincent Nichols vor, der auch die Bischofskonferenz von England und Wales leitet. Alle drei früheren anglikanischen Bischöfe sind verheiratet und haben Kinder.
Die Webseite der Kathedrale spricht von einem „historischen Moment" und einem „bemerkenswerten Start in die Weltgebetswoche für die Einheit der Christen", die am nächsten Dienstag beginnt. Die BBC geht davon aus, dass die katholische Priesterweihe für frühere anglikanische Bischöfe „die Kirche, die sie zurücklassen, tiefgreifend verändern könnte". Die katholischen Bischöfe haben 250.000 britische Pfund aufgebracht, um das neue Ordinariat zu finanzieren. Newton geht davon aus, dass etwa fünfzig anglikanische Kleriker sich in den nächsten Monaten den neuen Strukturen innerhalb der katholischen Kirche anschließen werden; viele werden aber wohl erstmal abwarten, wie sich das Ordinariat entwickelt.
Die Bereitschaft des Papstes, übertrittswilligen Anglikanern weit entgegenzukommen, hat die anglikanische Weltgemeinschaft in den letzten Monaten einer weiteren Belastungsprobe ausgesetzt. Die „anglican communion" ist tief gespalten in liberalere und traditionellere Richtungen; da geht es um heikle Themen wie homosexuelle Kleriker oder Bischofsweihe für Frauen. Der anglikanische Primas von Canterbury, Rowan Williams, hofft, dass ein so genannter „Anglikanischer Bund" (anglican covenant) zu neuer Einheit in seiner Kirche führt. (rv)