Ende des zweiten Vatileaks-Prozesses: Schuldspruch für Claudio Sciarpelletti

Zwei Monate Haft auf Bewährung: So lautet das Urteil des vatikanischen Gerichts im Fall des Computertechnikers Claudio Sciarpelletti. An diesem Samstag ging mit dem zweiten Verhandlungstag der Prozess gegen den zweiten Angeklagten zu Ende. Sciarpelleti wurde Begünstigung von schwerem Diebstahl vorgeworfen. Die vatikanische Gendarmerie hatte im Mai in seinem Schreibtisch einen Briefumschlag mit der Aufschrift „P. Gabriele persönlich" sichergestellt. Über den Besitz dieser Dokumente hatte Sciarpelletti sich widersprechende Angaben gemacht, dies war Gegenstand des Prozesses.
Vatikansprecher Pater Federico Lombardi trat nach der Urteilsverkündigung vor die Presse und berichtete:

„Heute morgen wurden der Angeklagte und vier Zeugen verhört. Danach kamen der Staatsanwalt und der Verteidiger zu Wort. Dann wurde für etwa eine Stunde beraten. Schließlich verlas der Präsident des Gerichts den Urteilsspruch."

Unter den Zeugen waren Paolo Gabriele, der vor vier Wochen wegen schweren Diebstahls verurteilt worden war, Monsignore Carlo Maria Polvani, William Kloter, der Vizekommandant der Schweizer Garde, und Gianluca Gauzi Broccoletti von der Gendarmeria. Auf die Aussage von Gendarmerie-Chef Domenico Gianni wurde verzichtet.

Pater Lombardi wiederholte anschließend das Urteil gegenüber der Presse noch einmal. Hier die wichtigsten Punkte:

„Der Angeklagte Claudio Sciarpelleti wird im Sinne der Anklage der ihm vorgeworfenen Delikte schuldig gesprochen. Er hat dazu beigetragen, die Untersuchungen zu erschweren. Sciarpelletti wird zu einer viermonatigen Haftstrafe verurteilt. Diese Strafe wird auf zwei Monate reduziert, da Sciarpelletti keine Vorstrafen hat. Diese Strafe wird gemäß der gesetzlichen Bedingungen auf fünf Jahre zur Bewährung ausgesetzt."

Außerdem muss der Informatiker die Prozesskosten tragen. Sciarpelletis Anwalt kündigte an, in Berufung gehen zu wollen. (rv)

D: „Nicht immer nur Nein sagen“

Die Präimplantationsdiagnostik PID wird wieder Thema der politischen Debatte: Das Bundeskabinett und der Bundesrat werden in den kommenden Wochen eine Rechtsverordnung beraten, die der deutsche Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr im Sommer erstellt hatte. Der Bundestag hatte nach langer Debatte ein Gesetz erlassen, dessen Ausführung nun ansteht, die PID kommt also Anfang 2013 in Gang.

„Da geht es ja darum, dass Gendefekte menschlicher Embryonen selektiert und verworfen werden. Es wird niemanden in Deutschland überraschen, dass die katholische Kirche das ablehnt", so kommentiert der Münchner Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, die aktuelle Gesetzgebungsdebatte zur PID. Die Herbstvollversammlung der bayrischen Bischöfe hatte dieses Thema beraten, Kardinal Marx fasste bei einer Pressekonferenz am Donnerstag die Überzeugung der Bischöfe zusammen. Man lehne die gesamte PID samt den geplanten Beratungszentren und Ethik-Kommissionen ab.

„Das ist eine eindeutige und klare Ablehnung, und deswegen werden wir uns auch nicht an den Ethik-Kommissionen beteiligen. Das geht nicht! Wir sind der Meinung, dass dies nicht akzeptabel ist, dass der Gedanke der Selektion jetzt sozusagen voranschreitet. Wir lehnen jegliche Tötung menschlicher Embryonen ab und wenden uns deshalb auch gegen eine Ausweitung der Zahl von Zentren in den Bundesländern, deren Beratung die Voraussetzung einer Anwendung von PID ist."

Die Gefahr liege aber nicht nur im Gedanken der Selektion menschlichen Lebens, in der Gesetzgebung lauere eine weitere Gefahr. Die Bischöfe glauben nämlich nicht, dass es bei Einzelfällen bleiben wird, sondern sehen eine Ausweitung: Wenn erst einmal die Infrastruktur dafür da sei, würden sicherlich marktwirtschaftliche Dynamiken greifen.

„Das Bundesgesetz hat ja ausdrücklich von Einzelfällen gesprochen. Durch eine solche Ausweitung sehen wir die Gefahr der Multiplizierung von Fällen und eines Wettbewerbs um Kunden für künftige PID-Beratung in diesen Ethik-Zentren."

Aber damit nicht genug: Die PID ist nicht das einzige gesellschaftlich-ethische Thema, zu dem sich die bayrischen Bischöfe in ihrer Versammlung positioniert haben. Sie wenden sich ebenfalls klar gegen die gewerbsmäßige Suizidbeihilfe, ebenfalls ein Thema, bei dem Marktwirtschaft und Ethik kollidieren.
Seit Mitte Oktober beräte der deusche Bundesrat ein Gesetz, das wegen mangelnder gesetzlicher Regelung in dieser Frage in die Kritik gekommen ist. So hatte der Deutsche Hospiz- und Palliativverband darauf hingewiesen, dass der Gesetzentwurf befördert, was er eigentlich verhindern will – weil durch die „völlig unzureichenden Regelungen" Anreize geschaffen würden für andere Formen der organisierten oder geschäftsmäßigen Beihilfe zum Suizid. Ähnlich sehen das auch die bayrischen Bischöfe. Kardinal Marx:

„Wir haben begrüßt, dass der Gesetzentwurf die gewerbsmäßige Suizidbeihilfe verbieten soll, aber wir kritisieren, dass das Verbot eines ärztlich assistierten Suizids in dem Entwurf nicht hinreichend geregelt ist."

Hier sehe er auch eine Gemeinsamkeit mit Ärzten, welche die Sterbehilfe nicht als Aufgabe eines Arztes ansähe. Die Kirche wende sich gegen jede Form von aktiver Sterbehilfe. Die Kirche sei aber nicht nur dagegen, sie setze sich gleichzeitig auch aktiv für einen anderen, menschlichen Umgang mit dem Sterben ein.

„Deswegen bemühen wir uns nach unseren Kräften, im Bereich der Palliativ- und Hospizarbeit unseren Beitrag zu leisten. Ich bin ziemlich froh, dass das in den letzten Jahren, ja Jahrzehnten ein ganz entscheidender Bereich geworden ist und dass sich die Kirchen – beide Kirchen – intensiv bemühen. Denn es geht darum, nicht immer nur Nein zu sagen und zu sagen, was man nicht will; man muss auch zeigen, was man positiv beitragen will. Da sind die Hospizbewegung und die Palliativversorgung ein ganz entscheidender Bereich, und da wollen wir auch weiterhin mithelfen. (rv)

Fünfzig Jahre Vatikanischer Pressesaal

Fünfzig Jahre Konzil? Ja, aber nicht nur: Auch der vatikanische Pressesaal feiert in diesen Tagen fünfzigjähriges Jubiläum. Da merkt man schon, dass das eines der ersten konkreten „Aggiornamenti" im Vatikan war, die das Konzil mit sich brachte. Kardinal Cicognani weihte am 5. Oktober 1962 – also ein paar Tage vor Beginn des Konzils – ein Konzilspressebüro ein; auf einem Foto erkennt man ein kleines Zimmer voller Tische mit klobigen Schreibmaschinen. 17. Oktober 62: Die Nachrichtenagentur kathpress meldet „Fortschritt in der Pressepolitik des Konzils". Zitat: „Die zahllosen Kritiken und Beschwerden über die schlechte Informationspolitik des Konzilspresseamtes haben einen ersten Erfolg gezeitigt. Neuerdings dürfen die Leiter der sieben Sprachgruppen im Konzilspressebüro an den Generalkongregationen des Konzils teilnehmen; die direkte Initiative dazu ging von einem internationalen Kreis katholischer Journalisten in Rom aus."

„Das Konzil hatte Flitterwochen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Medienwelt begonnen – die wurden 1968 brüsk unterbrochen", erzählt bemerkenswert offen der „Osservatore Romano" an diesem Mittwoch. Im Mai 1986 richtet Papst Johannes Paul II. dann den Vatikanischen Pressesaal in seiner heutigen Form ein.

„Der Papst half mir sehr, wenn ich irgendwelche Zweifel bei irgendeinem Thema hatte", berichtet der Spanier Joaquin Navarro-Valls, erster Laie an der Spitze des Pressesaals. „Ich hatte Zugang zum Papst, und in ein paar Minuten hatten wir uns immer auf eine Lösung geeinigt, ich konnte das an die Presse geben. Auch als Kardinal Ratzinger zum Papst gewählt wurde, ging die gute Arbeit weiter; wir hatten häufig Kontakt, und die Leute nahmen die Meldungen mit großem Interesse auf."

Der Pressesaal liegt außerhalb des Vatikans, an der Via della Conciliazione kurz vor dem Petersplatz. Hinein kommen nur beim Heiligen Stuhl akkreditierte Journalisten. Ihr Ziel: das tägliche Neuigkeiten-Bulletin, das um 12 Uhr am Eingang ausliegt. Oder, im modern-gediegenen Johannes-Paul-Saal, ein Presse-Briefing, wie es sie immer häufiger gibt. Links von diesem Saal ein Raum mit Arbeitsplätzen für die Journalisten: Computer, Kabel, gekrümmte Rücken, das Knöchelgeklapper auf den Tastaturen.

„Ich war immer der Ansicht, Journalismus bedeutet, eine Wahrheit zu vermitteln", erklärt Navarro. „Wenn der Journalist das, was er weitergibt, selber nicht für wahr hält, dann macht er nicht Journalismus, sondern Propaganda." Heute leitet der Jesuitenpater Federico Lombardi den Pressesaal: ein geduldiger Zuhörer, dem der pompöse Auftritt nicht liegt.

„Der Pressesaal ist auch heute eine wichtige Einrichtung für die Beziehung zwischen dem Heiligen Stuhl und der Welt der Kommunikation. Sowas wie eine offene Tür, Kommunikation in zwei Richtungen: die Fragen, die reinkommen, die Antworten, die die Insitution gibt. Im Augenblick sind mehr als vierhundert Zeitungen, Fernseh-, Radiostationen usw. bei uns akkreditiert; der Austausch mit ihnen ist oft sehr interessant auch für mich, das macht auf die Problematiken aufmerksam, wie die Leute sie erleben."

Lombardi hatte als Leiter des Pressesaals keine Schonfrist: Kaum war er bestellt, brach der Skandal um die sogenannte Regensburger Rede von Papst Benedikt los, und dann ging das so weiter: Missbrauchsskandale, Vatileaks und und und. „Ich habe viel erlebt in diesen Jahren. Ich stelle fest: Die Erwartungen an kirchlicher Transparenz steigen immer mehr. Kirchlicher Umgang mit Missbrauchsfällen oder Finanzgebaren des Heiligen Stuhls bleiben auch langfristig wichtige Themen. An einem Ort wie dem Pressesaal merkt man, dass, wenn die Kirche keine Erklärungen und Antworten gibt, sehr bald Gerüchte und negative Meinungen über die Kirche aufkommen."
(rv)

Vatikan fordert Anerkennung der ordentlichen Form des Ritus

Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone fordert die Anhänger des außerordentlichen Ritus der Messfeier auf, auch den ordentlichen Ritus ohne Vorbehalte anzuerkennen. Die Botschaft Bertones in französischer Sprache wurde am Samstag bei einer Messfeier im außerordentlichen Ritus im Petersdom verlesen; der Vatikan hat den vollständigen Text bisher aber noch nicht veröffentlicht.

Alter Ritus, neuer Ritus – schon diese Bezeichnungen sind aus der Sicht des Vatikans falsch: Es gibt nur einen einzigen römisch-katholischen Messritus, hat Papst Benedikt XVI. vor fünf Jahren in einem Motu Proprio bekräftigt. Was manche fälschlich den alten Ritus nennen, ist nur eine außerordentliche Form des einen Ritus, und diese außerordentliche Form wurde vor fünf Jahren unter bestimmten Auflagen wieder zugelassen. „Mit seinem Motu Proprio wollte der Heilige Vater auf die Erwartungen der Gläubigen eingehen, die den liturgischen Formen aus der Zeit vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil anhängen", so Kardinal Bertone in seiner im Auftrag Benedikts verfaßten Botschaft. Und wörtlich: „Es ist eine gute Sache, die Reichtümer zu bewahren, die im Glauben und im Gebet der Kirche gewachsen sind, und ihnen ihren gerechten Platz zu geben. Dabei müssen aber gleichzeitig auch der Wert und die Heiligkeit der ordentlichen Form des römischen Ritus in vollem Umfang anerkannt werden."

Im Jahr des Glaubens und angesichts des 50-Jahre-Jubiläums des Konzils lädt Kardinal Bertone im Namen des Papstes „alle Gläubigen ein, in besonderer Weise ihre Einheit im Glauben zu zeigen". Die Botschaft des Kardinalstaatssekretärs wurde am Samstag vor Anhängern der außerordentlichen Ritus-Form vorgetragen, die zu einer internationalen Pilgerfahrt nach Rom gekommen waren. Organisator waren mehrere katholische Gruppen und Bewegungen, die sich unter dem Titel „Coetus internationalis Summorum Pontificum" zusammengeschlossen haben. Mit ihrem Namen spielen sie auf den Titel des Motu Proprio von Papst Benedikt an: Summorum Pontificum. Der Präfekt der vatikanischen Gottesdienstkongregation, der spanische Kardinal Antonio Cañizares Llovera, feierte in der Apsis des Petersdoms mit den Teilnehmern eine Messe nach dem Messbuch von 1962. Es war das erste Mal seit der Wiederzulassung der außerordentlichen Form des Ritus, dass ein Leiter einer Vatikanbehörde die Messe an einem Hauptalter des Petersdomes in der ausserordentlichen Form feierte.

Mit dem Erlass „Summorum Pontificum" hatte Benedikt XVI. den von manchen auch als „tridentinisch" bezeichneten Ritus von September 2007 an als ausserordentliche Form wiederzugelassen. Das Konzil von Trient hatte Mitte des 16. Jahrhunderts den bisherigen Ritus erneuert – nicht die erste und nicht die letzte Liturgiereform der Kirche. Nach den „tridentinischen" Messbüchern wurde über Jahrhunderte hinweg weltweit die Messe auf Latein zelebriert. Sie wurden vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) schrittweise angepast und nach dem Konzil durch eine erneuerte Liturgie ersetzt, die in der Regel in der jeweiligen Landessprache gefeiert wird. Latein blieb aber weiterhin Sprache der Liturgie. (rv)

 

Honduras: Kardinal Rodriguez Maradiaga veruteilt Politikermord

Der honduranische Kardinal Oscar Andres Rodriguez Maradiaga verurteilt den Mord an einem Politiker im Vorfeld parteiinterner Vorwahlen in dem mittelamerikanischen Land. „Diese Gewalt ist unchristlich und nicht hinnehmbar", zitieren honduranische Medien den Erzbischof von Tegucigalpa und Präsident von Caritas Internationalis. Rodriguez reagierte damit auf die Ermordung des linksgerichteten Bürgermeisterkandidaten Edgardo Motino von der neu gegründeten Partei Libre des 2009 gestürzten Staatspräsidenten Manuel Zelaya. Der Kardinal weiter: „Wer angreift, wer beleidigt, wer verletzt, sagt damit, dass er keine Kraft besitzt; seine Schwäche mündet in Gewalt". Am 18. November finden in dem mittelamerikanischen Land Vorwahlen statt. Damit bestimmen drei Parteien ihre Kandidaten für die Regionalwahlen und die Präsidentschaftswahl 2013. (rv)

Erster Verhandlungstag im zweiten Vatileaks-Prozess

An diesem Montag hat im Vatikan der zweite Prozess zur Affäre ‚Vatileaks’ begonnen. Angeklagt ist Claudio Sciarpelletti, ein Computertechniker im vatikanischen Staatssekretariat. Der Vorwurf: Begünstigung von schwerem Diebstahl. Vor drei Wochen war Benedikts früherer Kammerdiener Paolo Gabriele des schweren Diebstahls für schuldig befunden worden, zu Beginn dieses ersten Prozesses war auf Antrag der Verteidigung der Prozess Sciarpelletti vom Prozess Gabriele abgetrennt worden. Dem Vatikanangestellten wird nun Begünstigung vorgeworfen, was nicht dem schwer wiegenderen Tatbestand der Beihilfe entspricht. Ihm droht bis zu einem Jahr Haft. Nach der ersten Verhandlung trat Vatikansprecher Pater Federico Lombardi vor die Presse:

„Während der Sitzung an diesem Montag sind ausschließlich Anträge der Verteidigung vorgestellt und diskutiert worden. Den Anträgen ist weitgehend stattgegeben worden. Der Antrag auf Nichtzulassung der Anklageschrift ist nicht angenommen worden. Vor uns liegt nun der zweite Verhandlungstag, der am Samstagmorgen ab 9 Uhr stattfinden wird. Dort wird der Angeklagte befragt werden und auch der Zeuge Paolo Gabriele."

Der Angestellte des vatikanischen Staatssekretariats hatte in ersten Vernehmungen widersprüchliche Aussagen über sein Verhältnis zu Gabriele gemacht. Zunächst sprach er von „Arbeitsbeziehungen"; später räumte er ein, auch privat in Kontakt mit Gabriele gestanden zu haben. Das bedeute aber nicht, dass dieser Prozess nun im Gegensatz zum ersten stehe, so Lombardi. Der erste Prozess hatte festgestellt, dass Gabriele allein gehandelt habe.

„Die Anklage der Begünstigung bedeutet nicht, dass ihm Komplizenschaft vorgeworfen wird. Er hat bei der Untersuchung widersprüchliche Angaben über einen Umschlag gemacht, in dessen Besitz der Angeklagte war. Was genau die Begünstigung bedeuten wird, das wird sicherlich Thema des Prozesses sein, aber es geht ganz klar nicht um Komplizenschaft, sondern um Begünstigung."

Die vatikanische Gendarmerie hatte im Mai in Sciarpellettis Schreibtisch einen Briefumschlag mit der Aufschrift „P. Gabriele persönlich" sichergestellt. Er enthielt Unterlagen und eine Schmähschrift gegen den Kommandanten der vatikanischen Gendarmerie, Domenico Giani, mit dem Titel „Napoleon im Vatikan". Über den Besitz dieser Dokumente hatte Sciarpelletti sich widersprechende Angaben gemacht, dies ist nun der Gegenstand des Prozesses, so Lombardi.

Während des Prozesses stellte Sciarpelletti nach Agenturangaben fest, nicht mit Paolo Gabriele befreundet gewesen zu sein. Von dem Verhalten des bereits Verurteilten berichtete er, dass dieser sich schon seit sechs Jahren geweigert habe, Technikern den Zugang zu seinem Computer zu erlauben. Sciarpelletti war unter anderem für die Wartung der Rechner im Apostolischen Palast zuständig. (rv)

Vatikan: Kardinal Dziwisz bei Papst Benedikt XVI.

Papst Benedikt XVI. hat den früheren Privatsekretär seines Vorgängers Johannes Paul II., Kardinal Stanislaw Dziwisz von Krakau, an diesem Freitag in Privataudienz empfangen. Dziwisz diente Johannes Paul II. (1978-2005) von 1966 bis zu dessen Tod im April 2005 als Sekretär, zunächst in dessen Zeit als Krakauer Erzbischof und später während des Pontifikates. Er gehörte zu den engsten Vertrauten von Johannes Paul II. und wurde im Juni 2005 von Benedikt XVI. zum Erzbischof von Krakau ernannt. (rv/kna)

Allerseelen – Feiertag im Vatikan

Es war der Abt Odilo von Cluny, der Allerseelen im Jahr 998 einführte: als Gedächtnistag aller verstorbenen Gläubigen. Der Gedenktag breitete sich unter dem Einfluss der Reformbewegung von Cluny aus und wurde auch in Rom ab dem 14. Jahrhundert gefeiert. Im Vatikan ist Allerseelen ein Feiertag.

Dass Christen für ihre Verstorbenen beten und die Eucharistie feiern, ist schon seit dem 2. Jahrhundert bezeugt. Nicht zuletzt römische Katakomben und auch die Ausgrabungen rund um das Petrusgrab unter dem Vatikanhügel legen beredtes Zeugnis davon aub. Der Besuch auf dem Friedhof, das Schmücken der Gräber und die Kerzen sind österliche Zeichen des Lebens. Die Verbundenheit mit den Verstorbenen kommt in dem Wunsch zum Ausdruck, dass die Toten das ewige Leben bei Gott erlangen und in ihm die ewige Ruhe und den Frieden finden, die Christus schenkt. Der Papst besucht jedes Jahr am Abend von Allerseelen privat die Gräber seiner Vorgänger in den Vatikanischen Grotten von Sankt Peter. (rv)

Nigeria: Kardinal Arinze feiert 80. Geburtstag

Francis Kardinal Arinze feiert heute seinen 80. Geburtstag. Er wurde am 25.05.1985 durch Papst Johannes Paul II. in den Kardinalsstand erhoben. Davor, von 1967 bis 1985 war er Erzbischof von Onitsha (Nigeria). Mit der Kardinalswürde erhielt er die Diakonie "S. Giovanni della Pigna". Diese hatte er bis 1996 in Besitz. Anschließend erhob ihn der Papst zum Kardinalpriester (pro hac Vice). Seit 2005 ist er Kardinalbischof von Velletri-Segni. 1985 bis 2002 war er Präsident des Päpstlichen Rates für den interreligiösen Dialog und 2002 bis 2008 leitete er als Präfekt die Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung.

Mit seinem 80. Geburtstag verliert Arinze sein aktives Wahlrecht in einem künftigen Konklave. Insgesamt hat das Kardinalskollegium somit noch 115 Purpurträger mit Wahlrecht und 90 Kardinäle ohne Wahlrecht für eine künftige Papstwahl. (vh)

Zehn katholische Thesen zu Luther

Vor knapp 500 Jahren hat Martin Luther in Wittenberg theologische Thesen veröffentlicht – und damit die Reformation in Gang gebracht. Jetzt versucht sich auch ein katholischer Bischof an einem Thesenanschlag: Der „Ökumenebischof" der Deutschen Bischofskonferenz, Gerhard Feige, hat rechtzeitig vor dem Reformationstag von diesem Mittwoch zehn „katholische Thesen" veröffentlicht. Sie kreisen um das Reformationsgedenken in fünf Jahren. Im Kölner Domradio sagte der Magdeburger Bischof:

„Ich wollte die ganze Problematik einmal zusammenfassen und bin davon ausgegangen, dass es zunächst eine evangelische Angelegenheit ist. Wir sind zwar inzwischen eingeladen, aber wir sehen eben die Reformation nicht unbedingt so begeistert wie die evangelische Seite. Bislang können wir jedenfalls nicht fröhlich mitfeiern, aber wenn der Charakter stimmt, d.h. wenn diese Gedenkfeiern – wie EKD-Präses Nikolaus Schneider einmal gesagt hat – im Kern ein Christusjubiläum wären und wir damit ein gemeinsames Glaubenszeugnis für die Welt geben könnten, dann könnte ich mir vorstellen, dass wir 2017 auch aktiver mit dabei sind!"

Katholiken könnten und wollten sich „durchaus konstruktiv und kreativ mit der Reformation und ihren Folgen auseinandersetzen". Doch empfänden sie „die damit zusammenhängende Spaltung der abendländischen Kirche als tragisch", so Bischof Feige. Katholiken, Protestanten und Reformierte sollten versuchen, Geschichte „nicht zu harmonisieren, aber doch zu einer gemeinsamen Sichtweise zu kommen". Das müsste natürlich bei Martin Luther selbst anfangen:

„Luther scheidet die Geister. Er ist nicht nur ein geistlicher Mensch gewesen, sondern hatte auch seine Ecken und Kanten und war eine recht sperrige Persönlichkeit. Nicht alles, was von ihm stammt, ist positiv zu werten. Aber wie auch der Papst betont hat: Luther hat leidenschaftlich um Gott gerungen und war sehr christusbezogen. Und das ist etwas, was auch Katholiken zum Nachdenken und zur Besinnung bringen könnte. Es war 1983 schon einmal möglich, dass Theologen der evangelischen und der katholischen Kirche in einer hochrangigen internationalen Kommission Luther als Zeugen des Evangeliums, Lehrer im Glauben und Rufer zur geistlichen Erneuerung gemeinsam werten konnten!"

Bis in die Gegenwart litten Christen – vor allem in konfessionsverschiedenen Ehen und Familien – an der Spaltung, so Bischof Feige. Das sollte „nicht verdrängt oder beschönigt, sondern zur Kenntnis genommen und aufgearbeitet werden". Im Blick auf 2017 begrüßt der Bischof Vorschläge, im katholisch-evangelischen Verhältnis eine „Reinigung des Gedächtnisses" oder „Heilung der Erinnerungen" anzustreben und ein konkretes Zeichen der Buße und der Bereitschaft zur Vergebung, der Umkehr und Versöhnung zu setzen. Ein solches gemeinsames Auftreten sei heute nötiger denn je:

„Ich lebe ja hier in einer Gegend, wo inzwischen über achtzig Prozent der Bevölkerung keiner Kirche, aber auch keiner anderen Religion mehr angehören. Da drängt es uns besonders, gemeinsam in dieser gesellschaftlichen Situation das Evangelium glaubwürdig zu leben und zu bezeugen. Und da hoffe ich darauf, dass auch dieser Kontext uns dazu bringt, noch gemeinsamer, ökumenischer auf 2017 zuzugehen!" (rv)