Porträt Georg Gänswein: Der Vertrauensmann des Papstes

Titularerzbischof GänsweinEr hat sich einmal als den „Schneepflug des Papstes“ bezeichnet: An diesem Sonntag wird der Privatsekretär des Papstes, Georg Gänswein, von Papst Benedikt XVI. zum Bischof geweiht, als Titularerzbistum wird er Urbisaglia erhalten. Gleichzeitig übernimmt er das vakante Amt des Präfekten des päpstlichen Hauses zusätzlich zu seinen Aufgaben als Privatsekretär des Papstes. Ein Schneepflug sei er, weil es die Aufgabe des Sekretärs sei, den Papst vor der Lawine der täglichen Anfragen zu schützen. Ein anderes mal verglich Gänswein sein Amtsverständnis mit einer Scheibe: selbst unsichtbar will er schützen und damit den Tagesablauf des Papstes strukturieren.

Gänswein wird 1956 in einer katholischen Familie in Riedern am Wald in Baden-Württemberg geboren. Das Älteste von fünf Kindern eines Schmiedes verbringt eine unbeschwerte Kindheit im erzkatholischen Schwarzwald. Gleich nach dem Abitur 1976 tritt er in Freiburg ins Priesterseminar ein, und beginnt ein Studium der Theologie. Es folgt ein Studienaufenthalt in Rom.

1984 wird er zum Priester geweiht und ist zuerst Kaplan in Baden, bevor er zwei Jahre später wissenschaftlicher Assistent am Institut für Kirchenrecht an der Universität München wird. Er wird 1993 zu Fragen des zweiten Vatikanischen Konzils promoviert. Nach zwei Jahren als Kaplan und Sekretär des Erzbischofs von Freiburg erreicht ihn 1995 der Ruf aus Rom, an die Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung. Doch schon ein Jahr später wechselt er auf Wunsch von Kardinal Joseph Ratzinger an die Kongregation für Glaubenslehre. In Rom ist er neben seiner Arbeit in der Kurie auch als Professor für kanonisches Recht an der Päpstlichen Universität Santa Croce tätig.

Anfang 2003 wird er persönlicher Assistent von Joseph Ratzinger. Als dieser zwei Jahre später Papst Benedikt XVI. wird, nimmt er seinen treuen Privatsekretär in den apostolischen Palast mit.

Schneepflug des Papstes
Die Bischofsweihe diesen Sonntag darf als Dank und Vertrauensbeweis an Gänswein verstanden werden, nach einem turbulenten Jahr in der päpstlichen Familie mit der Aufdeckung des Vatileaks-Skandals, bei der Gänswein auch eine Rolle spielte, und der Verhaftung des damaligen Kammerdieners Paolo Gabriele.

Drei weitere Weihen
Gemeinsam mit Gänswein werden auch drei andere Kurienmitarbeiter zu Bischöfen geweiht. Der Italiener Vicenzo Zani, der kürzlich zum Sekretär der Kongregation für das katholische Bildungswesen ernannt wurde, der Nigerianer Fortunatus Nwachukwu, ehemaliger Leiter des Protokols der Kurie, der nun einen Posten als apostolischer Nuntius in Nicaragua antritt, sowie der Franzose Nicolas Thévenin, der Nuntius in Guatemala wird. (rv)

Das wichtigste Ziel erreichen sie immer

Bischof Stephan AckermannSie wollen auch in den Gazastreifen reisen: Bischöfe aus Europa und Nordamerika treffen sich ab diesem Samstag im Heiligen Land. Zum 13. Mal findet dieser Solidaritätsbesuch schon statt, Hauptort ist dieses Jahr Betlehem. 1998 hatte die Bischofskonferenz von England und Wales die Sache ins Rollen gebracht; der Weihbischof von Birmingham William Kenney gehört heute zu den Organisatoren. „Zu den wichtigsten Punkten im Besuchsprogramm gehört diesmal das Treffen mit Flüchtlingen, in Jordanien und in mehreren Gebieten Palästinas“, erklärt Kenney uns von Radio Vatikan. „Bei unserer Visite im Gazastreifen werden wir versuchen zu verstehen, was bei dem Krieg neulich dort geschehen ist und inwiefern das die kleine christliche Minderheit betrifft. Ansonsten werden wir über die anhaltende Besetzung des Westjordanlandes sprechen und über die Lage der Christen.“

Die Bischofsreise findet kurz vor den israelischen Parlamentswahlen statt, bei denen allgemein mit einer Stärkung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gerechnet wird. Dazu kommen, als gar nicht mal so fernes Donnergrollen, der Konflikt in Syrien und der Atomstreit mit dem Iran. „Das alles schafft viel Unbehagen – vor allem die Lage in Syrien. Da ist die Lage ausgesprochen ernst, weil niemand weiß, was passieren wird, wenn ein solches Schlüsselland außer Kontrolle gerät. Und ich fürchte, dass auch hier wieder einmal die Flüchtlinge und die Armen den höchsten Preis zahlen werden.“

Bischof Kenney tut nicht so, als rechne er mit spürbaren politischen Auswirkungen der Bischofsreise auf das komplexe Geschehen in Nahost. „Trotzdem glaube ich, dass diese Besuche immer ihr Ziel erreichen – in dem Sinn nämlich, dass sie den Christen dort signalisieren, dass wir uns auch weiterhin um sie kümmern und sie nicht vergessen haben. Also, dieses Ziel erreichen wir immer. Und wenn wir dann in unsere Länder zurückkehren, versuchen wir jedesmal, auch unsere Regierungen für die Lage der Christen im Nahen Osten hellhörig zu machen.“

Die Solidaritätsreise wird am 10. Januar mit einer Messfeier in der Grabeskirche von Jerusalem und einer Pressekonferenz enden. Auf der Liste der angereisten Bischöfe stehen u.a. die Erzbischöfe Joan-Enric Vives (Spanien) und Richard Smith (Kanada) sowie die Bischöfe William Kenney und Declan Lang (beide Großbritannien), Gerald Kicanas (USA) und Michel Dubost (Frankreich). Deutschsprachig sind die Bischöfe Stephan Ackermann (Deutschland) und Peter Bürcher (Island). (rv)

Zentralafrika: Die Menschen haben Angst

Kardinal FiloniIn der Republik Zentralafrika verschärft sich der Konflikt zwischen Regierung und Rebellen; für Freitag wird dazu eine von Frankreich geforderte Erklärung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen erwartet. Die Erklärung soll die Friedensverhandlungen zwischen den Rebellen der Gruppe Seleka und dem Präsidenten Bozizé unterstützen. Für den kommenden Dienstag ist ein Treffen im Nachbarstaat Gabon vorgesehen. Schätzungen der Vereinten Nationen sprechen von weit über 300.000 Personen, die von der Gewalt der vergangenen Wochen betroffen seien, tausende befänden sich auf der Flucht in Richtung Kamerun und die Demokratische Republik Kongo. Pater Stefano Molon ist Karmelitenpater und seit 25 Jahren im Land. Er befürchtet, dass es zu einem Versorgungskollaps kommen könnte, wenn die Situation nicht schnell gelöst werden würde:

„Da sind die Rebellen, die an die Macht wollen. Das ist offensichtlich. Die alten Missionare erinnern sich noch daran, was vor 10 Jahren passiert ist, als das Land von der Krise gebeutelt wurde, die schließlich den aktuellen Präsidenten an die Macht gebracht hat. Das Land ist in einen Abgrund der Armut gestürzt. Es ist eine Krisensituation! Entweder gehen die Rebellen, oder sie schließen Frieden, oder sie erringen die Macht. Wir sind in Wartestellung. Es gab eine Übereinkunft zwischen den Rebellen, der Opposition und der Regierung. Es scheint, dass der Präsident diese nicht respektiert hat. Meiner Ansicht nach hätten die Rebellen ins offizielle Militär integriert werden müssen, oder ein Gehalt erhalten müssen; stattdessen sind sie weiterhin Rebellen geblieben.“

Die Spannung im Land sei hoch, doch die Rebellen hätten angeboten, zu Friedensgesprächen bereit zu sein. Allerdings wisse man nicht, so Pater Molon, wie verlässlich derartige Informationen tatsächlich seien. Denn oft handele es sich dabei um Machtmanöver. Die Lage in der Hauptstadt verschlechtere sich unterdessen.

„Als ich heute aus Kamerun zurückgekommen bin, habe ich keinen einzigen Lastwagen gesehen, der in Richtung Hauptstadt unterwegs war. Zentralafrika hängt vollständig vom Ausland ab, es wird fast nichts hier produziert. Deshalb kommt fast alles aus Douala, vom Hafen, aus Kamerun. Die Straße wird gerade fertig gestellt, und wenn die Fertigstellung gestoppt würde – das heißt, wenn die Rebellen die Straße einnehmen würden, dann wäre das ganze Land lahm gelegt. Das heißt, auch die Lebensmittellieferungen und alles andere, das aus Kamerun kommt, würde ausfallen und die Stadt bliebe ohne Versorgung, wenn die Situation nicht gelöst wird. Das bedeutet, dass fast einer Million Menschen die Grundnahrungsmittel fehlen werden – die Preise gehen nach oben und die Leute geraten in die Krise und werden gewalttätig. In den vergangenen Tagen gab es Barrikaden, Reifen wurden verbrannt: Die Menschen haben Angst!“

Unterdessen hat auch die Kongregation für die Evangelisierung der Völker ihrer Sorge über die Zustände in Zentralafrika Ausdruck verliehen. Kardinal Angelo Filoni wandte sich mit einer Botschaft an die Bischöfe und Gläubigen der Zentralafrikanischen Republik. In dieser bringt der Präfekt die geistige Verbundenheit mit den zentralafrikanischen Bürgern zum Ausdruck und lädt sie dazu ein, die Hoffnung auf Frieden nicht aufzugeben. Gleichzeitig appelliert er an das Verantwortungsbewusstsein der beteiligten Parteien, durch Dialog den Kreislauf der Gewalt zu beenden, der nur zum Anwachsen der Not eines Volkes führe, das bereits zu lange darunter leide. (rv)

Ägyptischer Bischof: „Wir brauchen eine neue Revolution!“

ÄgyptenIm Januar vor zwei Jahren begannen die Umbrüche in Ägypten: Massendemos auf dem Tahrir-Platz von Kairo, Rücktritt von Präsident Mubarak, Frühlingsgefühle. Seitdem ist Ernüchterung eingekehrt, zumindest bei den Christen, die ungefähr zehn Prozent der ägyptischen Bevölkerung ausmachen. Der koptisch-katholische Bischof von Assiut, Kyrillos William, sagt im Interview mit Radio Vatikan:

„Seit der Revolution vom 25. Januar 2011 träumten eigentlich alle von einer besseren Zukunft für Ägypten, mit mehr Rechten und Demokratie. Die jungen Leute, die – egal, ob Muslime oder Christen – auf den Plätzen zusammen demonstrierten, haben auch zusammen gebetet und zusammen nach Demokratie gerufen. Das alles ist mittlerweile, wie wir sehen, auf der Strecke geblieben. Was wir sehen, ist, dass extremistische Muslime an die Macht gelangt sind, weil sie – anders als die jungen Demonstranten – gut organisiert sind und über Anführer verfügen. Jetzt bleibt uns nur, einfach auf das, was da noch so kommt, zu warten – mit Gottvertrauen, aber auch mit Vertrauen in die jungen Leute, die die Ideale ihrer Revolution nicht aufgegeben haben! Vielleicht kommen ja von ihrer Seite neue Umbrüche?“

Der Bischof, der auch für den erkrankten katholischen Patriarchen von Alexandria die Amtsgeschäfte führt, äußert sich nicht dazu, dass Oppositionskräfte kürzlich sogar mit Vertretern des alten Mubarak-Regimes gemeinsame Sache gemacht haben: als es nämlich darum ging, die von den Islamisten getextete Verfassung zu bekämpfen. Die Verfassung wurde per Volksabstimmung Ende Dezember angenommen, doch für Bischof Kyrillos William steht fest:

„So wie jetzt können wir nicht weitermachen, weil die Verfassung nicht die ganze ägyptische Bevölkerung repräsentiert. Das Komitee, das diesen Text geschrieben hat, hat seine Sicht der Dinge durchgesetzt; die Christen haben zunächst noch versucht, da noch etwas mehr Gleichgewicht hineinzubringen, mußten dann aber aufgeben und haben sich konsequenterweise ganz aus dem Gremium zurückgezogen. Sie wollten nicht zu Komplizen werden bei einer Verfassung, die nicht das bringt, wovon die Ägypter träumen.“

Wie könnte aus seiner Sicht eine Lösung für Ägypten aussehen? Die Antwort überrascht etwas aus dem Munde eines katholischen Bischofs:

„Die einzige Lösung ist eine neue Revolution! Eine Revolution im Sinne des 25. Januars vor zwei Jahren. Darauf warten wir. Es muss sich etwas ändern. Schließlich hat sich mittlerweile herausgestellt, dass die Muslimbrüder nicht die Kompetenz haben, ein so großes Land zu führen. Im Moment herrscht ziemliche Verwirrung, die Dinge sind nicht sehr klar. Dabei bräuchte Ägypten jetzt vor allem eine kompetente Wirtschaftspolitik von erfahrenen Leuten.“

Die ägyptische Wirtschaft steht vor dem Zusammenbruch, eines von vielen Problemen, denen man sich im Jahr zwei der Revolution am Nil gegenübersieht. Der Bischof von Assiut hofft, dass 2013 zumindest der heikle innere Friede im Land gewahrt werden kann.

„Wir werden dieses Jahr zum zweiten Mal überhaupt einige Tage lang gemeinsame Gebete mit unseren muslimischen Brüdern und allen christlichen Konfessionen abhalten. Wir beten dabei, am Freitag hier in unserer Kathedrale, um den Frieden. Dabei greifen wir das Thema auf, das der Heilige Vater dem Welttag des Friedens gegeben hat: Selig, die Frieden stiften! Eingeladen sind Orthodoxe, Protestanten und Muslime – letztes Jahr waren diese Gebete wirklich sehr, sehr bewegend, und ich glaube, das wird dieses Jahr ähnlich sein.“ (rv)

Momentan kann im Vatikan nur bar bezahlt werden

Pater Lombardi PressekonferenzIn den Geschäften des Vatikanstaates wird es bald wieder möglich sein, auf elektronischem Wege zu bezahlen. Das erklärte Vatikansprecher Federico Lombardi an diesem Donnerstag vor Journalisten. Lombardi wies darauf hin, dass die Verträge einiger Geschäfte des Vatikanstaates mit einem externen Dienstleister in diesen Tagen ausliefen; dabei gehe es um die technische Bereitstellung der Möglichkeit zur Zahlung mit Kredit- oder EC-Karten. Wegen dieser auslaufenden Verträge ist es momentan nicht möglich, in vatikanischen Einrichtungen auf elektronischem Wege zu bezahlen, davon betroffen sind auch öffentlich zugängliche Einrichtungen wie beispielsweise das Postbüro oder die Apotheke. Der Vatikan, so Lombardi, stehe momentan in Verhandlungen mit mehreren Anbietern. Daher könne man davon ausgehen, dass es bald wieder möglich sein werde, Waren auf elektronischem Wege zu bezahlen.
Italienische Medien hatten berichtet, dass die italienische Zentralbank die Nutzung elektronischer Zahlungsmittel seit Jahresbeginn vorläufig ausgesetzt habe. Grund für diese Maßnahme sollen Anti-Geldwäsche-Vorschriften sein, wurde vermutet. (rv)

Die Lateran-Uni und ihre Kinder

Vatikanisches DokumentDie Päpstliche Lateran-Universität kennen viele. Aber nur wenige wissen, dass etwa fünfzig Unis, Lehranstalten oder Institute weltweit an sie angeschlossen sind. Der Rektor der Lateran-Universität, ein Monsignore namens Enrico Dal Covolo, reist in diesen Tagen durch den Nahen Osten, um einige seiner „Filialen“ zu besuchen. Wir erreichten ihn telefonisch im internationalen Missionsseminar von Galiläa am See Genezareth:

„Ab dem 15. Dezember war ich im Libanon. Dort haben wir in Beirut an der „Université La Sagesse“ eine Kirchenrechtsfakultät, die als Institut zu unserem Lateran-Rechtsbereich gehört. In Jordanien habe ich mich dann über eine gerade erst gegründete und im Aufbau befindliche Universität informiert, die vom Lateinischen Patriarchen von Jerusalem geleitet wird. Vielleicht können wir ja bald mit ihr eine Vereinbarung schließen? Dann konnte ich zwei Zentren besuchen, die von unserer Theologischen Fakultät abhängen: eines auf palästinensischem Territorium, das andere in Israel.“

Diese Aufspaltung in zwei Zentren liegt daran, dass das Studienzentrum des Lateinischen Patriarchats von Jerusalem in Beit Jala, im Gebiet der Palästinensischen Autonomie, eine Außenstelle im Norden Israels, eben in Galiläa, gegründet hat. Dort leben viele arabische Christen.

„Ich muss sagen: Neben der akademischen Arbeit habe ich in diesen Zentren vor allem einen starken Willen gespürt, etwas für den Aufbau des Friedens zu tun. Darum wird auch die akademische Arbeit nicht einfach aseptisch aufgefasst, sondern als etwas, das eine gewisse Elite heranbildet. Leute, die eine Rolle im sozialen und politischen Leben spielen können, die etwas für Frieden, Gerechtigkeit und echte Werte tun können.“

Dem Rektor der Lateran-Uni geht es mit seinen Außenbeziehungen darum, etwas für die „ursprüngliche Idee von Universität“ zu tun, wie er formuliert. „In Europa lassen wir es oft geschehen, dass die Universität vor den Karren bestimmter Interessen gespannt wird. Dabei sollte Universität von ihrem Wesen her eine kritische Kraft sein, die auch alternative Werte zum herrschenden System entwickelt. Wenn wir sagen, Universität sollte der Ort eines globalen Wissens sein, meinen wir damit nicht, sie sollte soviel Fakultäten haben wie möglich, sondern: Sie sollte offen sein für eine philosophisch-theologische Synthese. Da muss es um die Grundfragen gehen: Wer bin ich, wozu bin ich auf der Welt, welchen Sinn hat das Leben? Diese Fragen dürfen aus dem akademischen Ambiente nicht verbannt werden, sie sind eher ein roter Faden, der die einzelnen Disziplinen untereinander verbindet.“ (rv)

Jahresabschluss mit Benedikt XVI.: „Eine tragfähige Hoffnung“

Benedikt XVI.„Dich, Gott, loben wir, dich, Herr, preisen wir“: Diese Worte des Te Deum, das in der Jahresabschlussvesper an diesem Montag im Petersdom gesungen wurde, enthält eine tiefe Weisheit über die Welt: Es gibt das Gute in der Welt und auf dieses Gute setzen die Gläubigen ihre Hoffnung. Das sagte Papst Benedikt XVI. in seiner Predigt aus Anlass der Feier. Das „Te Deum“ spreche eine tiefere Realität des menschlichen Lebens und der Wirklichkeit aus, so der Papst.

„Es ist zugegeben manchmal schwierig, diese tiefe Realität zu begreifen, denn „das Schlechte macht mehr Lärm als das Gute; ein unmenschlicher Mord, die verbreitete Gewalt, die schweren Ungerechtigkeiten: Das alles sind Nachrichten. Im Gegensatz dazu bleiben die Gesten der Liebe und des Dienstes, die mit Treue und Geduld gelebten Mühen des Alltags im Schatten, sie kommen nicht vor. Auch aus diesen Gründen dürfen wir nicht nur bei den Nachrichten stehen bleiben, wenn wir das Leben und die Welt verstehen wollen. Wir müssen fähig sein, in der Stille zu verweilen, in der Meditation, in einer ruhigen und verlängerten Reflexion; wir müssen fähig sein, anzuhalten um zu Denken.“

Vor allem im Dialog mit Gott wie etwa im Gebet der Gewissenserforschung lerne der Christ, die eigenen Handlungen und das eigene Leben im Licht der Wahrheit zu sehen. Aber beim persönlichen Glauben der Einzelnen bliebe dieses Gebet nicht stehen:

„Die Kirche, die von ihrem Herrn den Auftrag der Verkündigung bekommen hat, weiß sehr wohl, dass die Frohe Botschaft für alle Menschen bestimmt ist, vor allem für die nachwachsenden Generationen, um den Durst nach Wahrheit zu löschen, den jeder im Herzen trägt und der oft genug verdeckt wird durch die vielen Dinge, die das Leben beschäftigen. Dieser apostolische Dienst ist dann um so wichtiger, wenn der Glaube von kulturellen Kontexten zugedeckt zu werden droht, die verwehren, dass er im Einzelnen Wurzeln schlägt und in der Gesellschaft präsent ist.“

Benedikt XVI. wandte sich vor allem den Herausforderungen zu, die sich im Zuge dieser Verkündigung der christlichen Gemeinde stellt. Die missionarische Dimension der Seelsorge müsse neu betont werden. Der Papst sprach vor allem als Bischof von Rom zu seiner Diözese, er betonte die Wichtigkeit von Bildung in Glaubensdingen und den Ausbau der Familienpastoral. Er lobte die Familiengruppen und Begegnungszentren, die es in den vergangenen Jahren vielen Menschen erlaubt hätten, auch nach Sakramenten wie etwa der Taufe der eigenen Kinder in Kontakt mit der Kirche und ihrem eigenen Glauben zu bleiben. Er hob die Bedeutung von kulturellen Begegnungen und Dialog hervor. Überall hier seien noch vermehrte Anstrengungen nötig. Auch betonte er die Notwendigkeit, allen Menschen zu helfen, ein würdiges Leben zu leben, hier seien neben den kirchlichen auch alle anderen Institutionen gefragt.

„Das Jahr des Glaubens, das die Kirche gerade feiert, möchte in den Herzen eines jeden Glaubenden ein größeres Bewusstsein dafür auslösen, dass die Begegnung mit Christus die Quelle des echten Lebens und eine tragfähige Hoffnung ist. Der Glaube an Jesus erlaubt eine beständige Erneuerung im Guten und die Möglichkeiten, aus dem Treibsand der Sünde herauszukommen und neu zu beginnen. Im fleischgewordenen Wort können wir immer neu das wahre Wesen des Menschen erkennen, das sich als Empfänger der unendlichen Liebe Gottes zeigt, gerufen zur persönlichen Gemeinschaft mit Ihm. Diese Wahrheit, die Jesus Christus zu enthüllen gekommen ist, ist die Sicherheit, die uns dazu drängt, das nun anbrechende neue Jahr mit Zuversicht zu erwarten.“ (rv)

Nicht nur Vatileaks: Das war 2012 für den Vatikan

VatikanfahneDas vatikanische Jahr 2012 war vor allem von drei Dingen geprägt: dem Ausbruch und der Aufklärung des sogenannten Vatileaksskandals; den viel beachteten Reisen von Papst Benedikt nach Mexiko und Kuba sowie inmitten der Syrienkrise in den Libanon; und schließlich von der Eröffnung des Jahres des Glaubens, mit dem Papst Benedikt die Katechese und die Anbetung Gottes wieder in den Mittelpunkt des Glaubensgeschehens rücken will. Weitere Höhepunkte des Jahres, vor allem aus deutschsprachiger Sicht, waren die Schaffung zweier neuer deutscher Kardinäle im Februar, die Heiligsprechung und Erhebung der Hildegard von Bingen zur Kirchenlehrerin sowie die Besetzung eines der wichtigsten Kurienämter, nämlich des Präfekten der Glaubenskongregation, mit dem ehemaligen Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller. Dem Papst persönlich wichtig war aber vor allem ein weiteres Ereignis, wie er bei seiner traditionellen Weihnachtsansprache an die römische Kurie betonte: der Welttag der Familien in Mailand nämlich.

Wie gewohnt hat der Papst am 1. Januar 2012 eine Botschaft zum Weltfriedenstag verkündet. Die jungen Menschen standen dabei im Mittelpunkt: Sie sollten lernen, Gerechtigkeit und Frieden zu schaffen. Damit hatte sich der Papst auch auf den so genannten Arabischen Frühling bezogen, der von der Kirche wohlwollend betrachtet wurde und vor allem von Jugendlichen getragen ist. Verkrustete Regime in der Arabischen Welt waren von der Welle der Jugend- und Frauenbewegungen weggefegt worden. Papst Benedikt hatte gesagt, er bete für ihre Anliegen, und er rufe die „Verantwortlichen der Nationen“ dazu auf, „den nicht zu unterdrückenden Wunsch der Menschheit nach Frieden“ zu erfüllen.

Anfang Februar nahmen Bischöfe aus der ganzen Welt in Rom an einem lange vorbereiteten Kongress zu sexuellem Missbrauch in der Kirche teil. Der Kongress bettete sich ein in eine Reihe von Initiativen, die die katholische Kirche in den vergangen Monaten angeregt hat, um die Prävention von Missbrauch und den Opferschutz zu stärken. Im Februar spricht Vatikan-Sprecher Pater Federico Lombardi außerdem angesichts der Enthüllungen von vertraulichen Vatikan-Dokumenten erstmals von „Vatileaks„; dieses Thema sollte sich durch das gesamte Jahr ziehen und schließlich in der Festnahme und Verurteilung des allseits bekannten Kammerdieners des Papstes gipfeln. Paolo Gabriele ist von Papst Benedikt jedoch kurz vor Weihnachten 2012 schließlich begnadigt worden.

In einem großen Konsistorium am 18. Februar sind 22 neue Kardinäle kreiert worden, unter ihnen 2 Deutsche und 7 Italiener. Die beiden neuen Deutschen im Kardinalskollegium sind der Erzbischof von Berlin, Rainer Maria Woelki, und Karl Josef Becker, ein anerkannter Theologe und Dogmatiker, der aufgrund seines Alters von 83 Jahren allerdings keine Wahlberechtigung in einem eventuellen Konklave hätte. Den neuen Kardinälen wurde traditionsgemäß eine eigene Titelkirche in Rom zugewiesen. Bei den beiden neuen deutschen Kardinälen sind dies die römischen Kirchen „San Giovanni Maria Vianney“ für Rainer Maria Woelki und „San Giuliano Martire“ für Karl Josef Becker. Die Zuweisung einer römischen Titelkirche oder Titeldiakonie erinnert an die alte Praxis, nach der die Päpste früher vom Klerus der Stadt Rom gewählt wurden. Die Bindung der Kardinäle an ihre römischen Kirchen beschränkt sich in der Regel jedoch auf gelegentliche Gottesdienste, die der Titelherr mit der Gemeinde feiert.

Im März unternahm der Papst schließlich seine viel beachtete Reise nach Mexiko und Kuba. Die Reise war als Pilgerfahrt anlässlich der 200-Jahrfeier der Unabhängigkeit Mexikos und anderer lateinamerikanischer Länder konzipiert worden, sowie als Teil der 400-Jahrfeier des Gnadenbildes der Jungfrau von El Cobre, Schutzpatronin Kubas. Am 23. März ging es los. So erinnerte sich Papst Benedikt selbst in der Weihnachtsansprache an die Kurie an seine Reise:
„Es waren unvergessliche Begegnungen mit der tief im Herzen der Menschen verwurzelten Kraft des Glaubens und mit der Freude am Leben, die aus dem Glauben kommt. Ich denke daran, wie nach der Ankunft in Mexiko auf dem langen Weg, der zu durchfahren war, endlose Scharen von Menschen grüßten und winkten. Ich denke daran, wie auf der Fahrt nach Guanajuato, der malerischen Hauptstadt des gleichnamigen Staates, junge Menschen ehrfürchtig an der Seite der Straße knieten, um den Segen des Petrusnachfolgers zu empfangen; wie der große Gottesdienst in der Nähe der Christkönigs-Statue zu einer Vergegenwärtigung von Christi Königtum wurde – seines Friedens, seiner Gerechtigkeit, seiner Wahrheit. Dies alles geschah auf dem Hintergrund der Probleme eines Landes, das unter vielfältigen Formen der Gewalt und unter den Nöten wirtschaftlicher Abhängigkeit leidet. Es sind Probleme, die gewiss nicht einfach durch Frömmigkeit gelöst werden können, aber erst recht nicht ohne jene innere Reinigung der Herzen, die aus der Kraft des Glaubens, aus der Begegnung mit Jesus Christus kommt. Und da war das Erlebnis Kuba – auch hier die großen Gottesdienste, in deren Singen, Beten und Schweigen die Gegenwart dessen spürbar wurde, dem man den Platz im Land lange hatte verweigern wollen. Die Suche nach einem rechten Ansatz für das Verhältnis von Bindung und Freiheit in diesem Land kann gewiss nicht gelingen ohne einen Anhalt an jene Maßstäbe, die der Menschheit in der Begegnung mit dem Gott Jesu Christi aufgegangen sind.“
Die kubanische Regierung hat schließlich auf Bitten des Papstes den kurz darauf folgenden Karfreitag zum Feiertag ernannt.

Über die Osterfeiertage machten vor allem Papst Benedikts Mahnung an die Unterzeichner der österreichischen Pfarrerinitiative am Gründonnerstag sowie sein eindringlicher Appell für Frieden in Syrien von sich reden. Doch leider wissen wir, dass die dortige Situation auch am Ende des Jahres immer noch von Gewalt und zunehmenden Flüchtlingsströmen geprägt ist.

Am 30. Mai beginnt das große Weltfamilientreffen in Mailand, bei dem auch Papst Benedikt selbst anwesend ist und zum wiederholten Mal auf die immense Bedeutung der intakten Familie für die Sozialisation des Einzelnen – auch im Hinblick auf den Glauben – hinweist. In seinen Worten an die Kurie wird auch die Sorge Benedikts XVI. um diese Institution deutlich:

„Die große Freude, mit der in Mailand Familien aus aller Welt einander begegnet sind, zeigt, dass die Familie trotz aller gegenteiligen Eindrücke auch heute stark und lebendig ist. Aber unbestreitbar ist doch auch die Krise, die sie – besonders in der westlichen Welt – bis auf den Grund bedroht.“

Ansonsten verliefen die Monate Juni, Juli und August im Vatikan relativ ruhig. Es gab allerdings eine wichtige Personalie – nämlich die Ernennung des Regensburger Bischofs Gerhard Ludwig Müller zum Leiter der Glaubenskongregation und zum Erzbischof. Außerdem bestand der Vatikan Mitte Juli (18.) den ersten offiziellen Finanztransparenz-Test, dem er sich unterzogen hatte, und erfüllt laut einem Experten-Gutachten von Moneyval neun von 16 zentralen internationalen Standards zur Vorbeugung von Geldwäsche. Das Gutachten ist einzuordnen ist in eine Reihe von Aktivitäten, die der Heilige Stuhl zur Förderung der Kontrolle und Transparenz in seinen Finanzangelegenheiten insbesondere im vergangenen Jahr unternommen hat.

Im September schließlich fand die Reise in den Libanon statt. Lange war es nicht klar, ob diese Visite aus Sicherheitsgründen nicht doch lieber abgesagt werden würde, doch Papst Benedikt war es ein großes Anliegen, den Christen im Nahen Osten durch seine Anwesenheit Mut zuzusprechen und das Postsynodale Schreiben der Bischofssynode für den Nahen Osten, die 2010 im Vatikan stattgefunden hatte, zu überreichen. Papst Benedikt:

„Als weitere Haltepunkte des vergangenen Jahres möchte ich nennen: das große Fest der Familie in Mailand sowie den Besuch im Libanon mit der Übergabe des Nachsynodalen Apostolischen Schreibens, das nun im Leben der Kirchen und der Gesellschaft des Nahen Ostens Wegweisung werden soll auf den schwierigen Wegen der Einheit und des Friedens.“

Benedikt XVI. verurteilte während seiner Reise auch den internationalen Waffenhandel als „schwere Sünde“ und forderte mehr Religionsfreiheit für Christen im Nahen Osten. Gleichzeitig ermutigte er diese, die Heimat nicht zu verlassen und für den Frieden in ihren Heimatländern einzutreten.

Der Oktober ist aus Vatikansicht insgesamt einer der ereignisreichsten Monate des vergangenen Jahres. Zu Beginn einer Bischofssynode erhebt Benedikt XVI. Hildegard von Bingen und Juan de Avila zu Kirchenlehrern. Bis zum 28. Oktober berieten im Vatikan 400 Synodale, darunter 262 Kardinäle, Patriarchen und Bischöfe sowie 140 Experten, Beobachter und Gäste über Strategien zur Neuevangelisierung. Die zahlenmäßig größte Synode der Neuzeit steht unter dem Leitwort: „Die neue Evangelisierung für die Weitergabe des christlichen Glaubens“ und fällt mit der Eröffnung des Jahres des Glaubens am 11. Oktober, genau 50 Jahre nach der Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils, zusammen. Bereits im Januar hatte der Vatikan das so genannte Instrumentum Laboris oder die Leitlinien zum weltweiten „Jahr des Glaubens“ veröffentlicht:
„Das letzte wichtige Ereignis dieses abgelaufenen Jahres war dann die Synode über die Neuevangelisierung, die zugleich ein gemeinsamer Beginn für das Glaubensjahr gewesen ist, mit dem wir der Eröffnung des II. Vatikanischen Konzils vor 50 Jahren gedenken, um es in der veränderten Situation neu zu verstehen und neu anzueignen. Mit all diesen Anlässen sind grundlegende Themen unseres geschichtlichen Augenblicks angesprochen: Familie (Mailand) – Dienst am Frieden in der Welt und Dialog der Religionen (Libanon) sowie die Verkündigung der Botschaft Jesu Christi in unserer Zeit an jene, die ihm noch nicht begegnet sind und an die vielen, die ihn nur von außen kennen und so gerade nicht er-kennen.“
Im Zusammenhang mit der Bischofssynode gab es am 21. Oktober noch eine Premiere: Papst Benedikt hat in einer feierlichen Messe sechs neue Heilige erhoben, darunter mit Kateri Tekakwitha erstmals eine Indianerin. Am 27.10. beendete die im Vatikan tagende Weltbischofssynode zum Thema Neuevangelisierung schließlich ihre Arbeiten mit dem Beschluss eines 20-seitigen Thesenpapiers und darin aufgeführten 58 Empfehlungen.

Ende November erschien dann der lange erwartete letzte Band der Trilogie „Jesus von Nazareth“ von Benedikt XVI./Joseph Ratzinger – bereits wenige Tage nach seinem Erscheinen hat sich herauskristallisiert, dass auch der dritte Band über die Kindheit Jesu wie die Vorgängerbücher ein Verkaufsschlager werden wird. In einem erneuten Konsistorium am 24. November werden sechs neue Kardinäle kreiert – erstmals seit Jahrzehnten sind keine Europäer unter ihnen.

Der vatikanische Dezember brachte ein weiteres Novum: am 4. Dezember setzte Papst Benedikt XVI. unter dem Twitternamen @pontifex und weiteren sieben Twitter-Adressen elektronische Kurzbotschaften ab. Nach anfänglicher Skepsis der Medien über den „zwitschernden Papst“ geben ihm die Zahlen allerdings Recht: Bereits nach einer guten Woche Twitterpräsenz hatte der Papst rund 1 Millionen Follower, mittlerweile sind es weit über 2 Millionen, die die wöchentlichen Papstbotschaften erhalten und weiter verbreiten. Außerdem von Belang für die vatikanischen Angelegenheiten: Der Privatsekretär des Papstes Georg Gänswein wird Erzbischof und Leiter des Päpstlichen Haushalts (Casa Pontificia), der unter anderem für die Organisation der Papstreisen in Italien und der Generalaudienzen eine wichtige Rolle spielt. Das Amt des Privatsekretärs wird er auch weiterhin wahrnehmen.

Zum Abschluss unseres vatikanischen Jahres noch ein paar Zahlen: die Besucher bei der wöchentlichen Generalaudienz am Mittwoch haben im Vergleich zum Vorjahr in diesem Jahr 2012 um rund 10 Prozent zugenommen, wie aus den Statistiken eben jenes Päpstlichen Haushaltes hervorgeht. Bei 43 Generalaudienzen auf dem Petersplatz, in der Audienzhalle und in Castel Gandolfo haben insgesamt etwa 447.000 Personen teilgenommen. Den größten Zulauf hatten die Audienzen im Monat Oktober – also zur Zeit der Bischofssynode, der Heiligsprechungen und der Eröffnung des Jahres des Glaubens – mit 90.000 Besuchern, während im Monat August, in dem der Papst zur Sommerfrische in Castel Gandolfo weilte, am wenigsten Besucher kamen – etwa 10.500 Menschen. (rv)

Kardinal Gracias: „Kirche kämpft für Gleichstellung der Frauen in Indien!“

Kardinal GraciasDie katholische Kirche in Indien steht den Frauen und deren Familienangehörigen nahe, die Opfer von Gewalt sind. Das sagt im Gespräch mit Radio Vatikan der Vorsitzende der indischen Bischofskonferenz, Kardinal Oswald Gracias. Der Erzbischof von Bombay fügte an, dass die jüngsten Fälle von Frauen, die an den Konsequenzen der Vergewaltigungen gestorben seien, unerhört und tragisch seien. Unterdessen ist unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen der Leichnam der von mehreren Männern brutal vergewaltigten indischen Studentin eingeäschert worden. Nun müsse die Gewalt gegen Frauen gestoppt werden, so Kardinal Gracias.

„Ich denke, dass nun der Augenblick für unsere Gesellschaft gekommen ist, um unsere Prinzipien neu zu überdenken. Wir haben den Sinn für Ethik, Moral sowie den Respekt vor der Würde des Menschen verloren. Das ist vielleicht auch der Moment, um uns Jesus zu nähern und so den Respekt gegenüber Frauen, aber ganz allgemein gegenüber den Menschen gemäß dem Evangelium wahrzunehmen. Wir müssen Christus ins Zentrum unseres Lebens stellen.“

Am 16. Dezember waren die junge Frau und ihr Freund nach einem Kinobesuch in einen Bus gestiegen, der von mehreren jungen Männern gestohlen worden war. Die Männer fielen in dem Bus mit abgedunkelten Scheiben über die 23-jährige Studentin her und vergewaltigten sie auf brutale Weise mehrfach. Auch ihr Freund wurde schwer verletzt. Der 13 Tage währende Überlebenskampf der jungen Frau hatte in Indien Wut und Schamgefühle ausgelöst. Kardinal Gracias:

„Ich selbst denke, dass Gesetze allein nicht reichen. Es nützt nichts, wenn wir nun neue Gesetze einführen. Vielmehr braucht es einen allgemein verbreiteten Sinn für den Respekt. Die indische Gesellschaft braucht endlich eine Anerkennung der Gleichstellung von Mann und Frau. Wir müssen auch darüber nachdenken, weshalb es zu solchen Vergewaltigungen gekommen ist. Die Kirche in Indien unternimmt sehr viel, um auf dieses Problem aufmerksam zu machen. Wir haben dazu bischöfliche Kommissionen geschaffen, die sich um die Verbesserung der Situation und Rechte der Frauen kümmern. In meiner Diözese haben wir Diskussionsforen gegründet, um das Problem anzusprechen und Lösungsvorschläge zu erarbeiten.“

Auch UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon drückte sein „tiefes Bedauern“ über den Tod der jungen Frau aus. Zugleich habe er das Verbrechen aufs Schärfste verurteilt, teilte ein Sprecher Bans mit. „Gewalt gegen Frauen darf nie hingenommen, nie entschuldigt, nie toleriert werden“, heißt es in der in der Nacht zum Sonntag in New York verbreiteten Erklärung. (rv)