Kardinal Ravasi: „Kurie braucht jetzt Exerzitien als Freiraum für Gott“

RavasiAn diesem Sonntag Abend beginnen im Vatikan die jährlichen Fastenexerzitien. In diesem Jahr predigt Kardinal Gianfranco Ravasi, Präsident des Päpstlichen Kulturrats und Bibelwissenschaftler. Es geht um die Psalmen; drei mal täglich kommen Benedikt XVI. und seine engsten Mitarbeiter zu den Meditationen in der Kapelle Redemptoris Mater im Apostolischen Palast zusammen. Alle öffentlichen Termine sind wie gewohnt abgesagt, auch die Generalaudienz findet nicht statt. Durch den Amtsverzicht des Papstes erhalten die Exerzitien in diesem Jahr wohl einen ganz besonderen Charakter. Das bestätigt im Gespräch mit Radio Vatikan Kardinal Ravasi:

„Ich muss sagen, dass sich die erste Aufregung wegen des Amtsverzichts inzwischen gelegt hat aus mindestens zwei Gründen: Zum einen hat der Papst selber an diesen Exerzitien festgehalten, als eine Art ruhige Oase nach diesem Mediensturm, den sein Schritt verursacht hat. Von daher wird dies ein Moment des Ruhe sein. Auf der anderen Seite sind die Exerzitien immer auch ein familiäres Erlebnis gewesen, denn es sind die Menschen da, die den Alltag der Kurie prägen und damit den Alltag des Papstes. Es ist ein Geschehen sozusagen im inneren Kreis, das wichtig ist für die Kirche, die sich in einer Phase der Stille und Reflektion befindet. Vielleicht haben wir hier, die wir die engsten Mitarbeiter des Papstes sind, niemals mehr als gerade jetzt einen solchen Freiraum nötig, eine Leerstelle sozusagen, und wo man alleine stehen kann vor seinem Gewissen und vor Gott.“

Das Thema der Exerzitien lautet: „Ars orandi, ars credendi. Das Antlitz Gottes und das Amtlitz des Menschen im Psalmengebet.“ (rv)

Kardinal Turkson: Die „Macht“ der Kirche liegt im Dienen

Kardinal TurksonAls Benedikt XVI. den aus Ghana stammenden Kardinal Peter Turkson 2009 zu seinem „Friedensminister“ ernennt, wurde dies aufmerksam registriert. Turkson ist nicht der erste Schwarzafrikaner mit einem wichtigen Kurienamt. Doch der Leiter des „Päpstlichen Rats für Gerechtigkeit und Frieden“ hat im Vatikan eine Schlüsselfunktion im Gespräch mit der Gesellschaft. P. Max Cappabianca OP hatte jüngst Gelegenheit zu einem Interview mit dem Kardinal und früheren Erzbischof von Cape Coast in Ghana. Dabei betonte Turkson, dass die Kirche den Armen zu dienen habe:

„Als ich 2003 zum Kardinal ernannt wurde, die letzte Gruppe unter Johannes Paul II., haben deutsche Journalisten ein Interview mit geführt. Sie wollten es nennen „In den Fluren der Macht“. Damals habe ich gesagt: Dass wir uns nicht falsch verstehen: Für mich heißt Macht, die Fähigkeit zu dienen. Je mehr jemand zum Dienen in der Lage ist, desto „mächtiger“ ist er. Das scheint eigenartig, aber es ist wirklich so. Woher kommt die Macht Jesu? Er war mächtig, nicht weil er andere zu etwas hätte zwingen können, sondern weil er diente. Schon immer ist die Kirche vor allem von den armen Menschen unterstützt worden. Und deswegen ist die Grundlage der „Macht“ der Kirche die Nachfolge der einfachen und armen Menschen, denen die Kirche zu dienen hat. Das ist eine Erfahrung, die ich gemacht habe, als ich in Ghana war und das hat mich immer geleitet.“

Vom Fach her ist Turkson Bibelwissenschaftler. Da wird er schon mal leidenschaftlich, wenn es um die Predigt Jesu in der Synagoge von Nazaret geht als dieser die Worte des Propheten Jesaja auf sich: „Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze.“ Könnte man diese Worte als eine Regierungserklärung Jesu verstehen?

Regierungsprogramm Jesu?

Turkson zögert. Hier von einem „politischen Programm“ Jesu zu sprechen, sei irreführend. Es gehe vielmehr um seinen Anspruch als Sohn Gottes, in dem ein „anthropologisches Programm“ steckt: Der Mensch wird durch und mit Jesus aus dem Exil der Sünde geführt, zurück in die Freundschaft und Nähe Gottes. Nur – was heißt Sünde? Eher sprechen Menschen doch von Missständen wie Krieg, Hunger, Ausbeutung und Ungerechtigkeit. Ja, kontert Turkson, aber in den heutigen Krisen wird doch viel über Auswirkungen, aber wenig über Ursachen nachgedacht. Deswegen sei es seine wichtigste Aufgabe: die Krisen der globalisierten Gesellschaft im Licht des theologischen Menschenbildes zu lesen: Inwieweit kann die „Gottfähigkeit“ des Menschen ethisch fruchtbar gemacht werden?

„Alles Handeln hat eine Bedeutung für Gott“

Dies etwa war ein wichtiges Thema bei einer Tagung zur Finanzkrise im Jahr 2011 im Vatikan: Warum sind Menschen habgierig? Warum handeln sie verantwortungslos? „Es reicht nicht, nur über die Symptome zu sprechen, ohne die Ursachen in den Blick zu nehmen“, sagt Turkson. Stolz ist der Kardinal über die jüngste Veröffentlichung seines Büros: „Zum Unternehmer berufen! Eine Ermutigung für Führungskräfte in der Wirtschaft“ ist der Titel der Schrift, erarbeitet mit dem Bund Katholischer Unternehmer in Deutschland. „Berufung“ ist ein Schlüsselbegriff dieses Textes. Turkson: „Alles menschliche Handeln, auch das unternehmerische, hat eine Bedeutung für Gott. Deswegen muss man auch bei Führungskräften in der Wirtschaft von Berufung sprechen: Sie verantworten ihr Tun und werden zugleich von Gott dazu befähigt und bestärkt, an einer besseren Welt mitzubauen!“

Kardinal Turkson setzt bei dem an, was Menschen zunächst gut können. Deswegen geht es seiner Ansicht nach darum, die Sorgen und Nöte der Menschen zu teilen, so wie es die Pastoralkonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils sagt: „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi.“

Werten des Evangeliums Gehör verschaffen

Dass diese Fragen im Vatikan nicht theoretisch bleiben, dafür sorgt der Kardinal. Schließlich war er 17 Jahre lang Erzbischof von Cape Coast. Das westafrikanische Ghana ist ein junges, dynamisches Land, das aber unter wirtschaftlicher Ungerechtigkeit zu leiden hat. Traditionell leben die Menschen von der Landwirtschaft, von der Fischerei oder dem Anbau von Kakao. Doch die Goldvorkommen in dem Land interessieren ausländische Konzerne. Einige wenige Einheimische erzielen durch den Abbau von Gold einen kurzfristigen Profit. Doch durch Zerstörung der Kakaoplantagen wird den Menschen dauerhaft die Existenzgrundlage entzogen.

Probleme der Globalisierung

Aber auch andere globale Probleme beschäftigen den Kirchenmann Tag für Tag. Ein wichtiges Thema in vielen Schwellenländern sei etwa der ökologische Raubbau zur Gewinnung von Biodiesel, berichtet er. Riesige Landflächen würden Kleinbauern weggenommen oder für lächerlich wenig Geld aufgekauft, ohne dass die Menschen vor Ort etwas davon hätten. Als weiteres Beispiel nennt Kardinal Turkson den Klimawandel und das Ansteigen der Meeresspiegel; die Bischöfe aus asiatischen Ländern und dem Pazifik seien darüber sehr besorgt. In vielen Ländern geschehe zu wenig, um Ungerechtigkeit, Raubbau, Klimawandel und andere Probleme zu lösen. Immerhin: Überall vor Ort seien Priester, Laien und Bischöfe engagiert und suchten das Gespräch mit Politikern und Unternehmern, um den Werten des Evangeliums Gehör zu verschaffen.

Sich von Jesus an die Hand nehmen lassen

Jedem, der an den Ungerechtigkeiten der Welt oder der Unzulänglichkeit seiner Kirche leidet, verrät der Kardinal seine eigene Strategie: Jesus vertrauen und sich von ihm an die Hand nehmen lassen, wie Petrus, der über das Wasser geht und aus Angst unterzugehen droht! Oder, mit einem Beispiel aus der Tierwelt: sich nicht bewegen wie eine Schildkröte, die den Kopf nach unten hält und beim kleinsten Hindernis anstößt und hängenbleibt. Sondern aufrecht stehen wie ein Pinguin, der den Kopf nach vorne ausstreckt, um weiter zu sehen und weiter zu gehen. Immerhin geht es doch um gute Nachrichten, um Heilung und um Freiheit. (rv)

Vatikan: Papst Benedikt XVI. nach Castel Gandolfo

Mater_EcclesiaeWie aus dem Vatikan am Samstag verlautet, wird Papst Benedikt XVI. am letzten Tag seines Pontifikats, Donnerstag den 28. Februar 2013, gegen 17.00 Uhr mit einem Hubschrauber in die Sommerresidenz Castel Gandolfo fliegen. Hier wird er für etwa zwei Monate bleiben. In dieser Zeitspanne soll seine künftige Wohnung in den Mauern der Vatikanstadt fertiggestellt sein und der ehemalige Bischof von Rom, Joseph Ratzinger, wird hier in das Kloster „Mater Ecclesiae“ (Bild) einziehen. (vh)

Angelus: „Danke für euer Gebet in diesen für mich schwierigen Tagen“

Bene_Angelus_170213Über 50.000 Menschen sind an diesem Sonntag zum vorletzten Angelusgebet mit Papst Benedikt XVI. auf den Petersplatz in Rom geströmt. „Danke, dass ihr so zahlreich gekommen seid! Auch das ist ein Zeitchen der Zuneigung geistigen Verbundenheit, dass ihr mit in diesen Tagen erweist“, sagte Benedikt vor der Menschenmenge, die ihn mit langem Applaus und „Viva-il-papa-Rufen“ begrüsste.
In seiner Kurzkatechese ging der scheidende Papst auf das Sonntagsevangelium von den Versuchungen Jesu in der Wüste ein. In ihnen zeige sich die Gefahr der Instrumentalisierung Gottes für unsere eigenen Zwecke. Gott werde zweitrangig und zähle nicht mehr, wenn man nur vermeintlich gute Ziele anstrebe. Er forderte mit Bezug auf die Kirchenväter dazu auf, – an der Seite Christi – gegen die Versuchungen zu kämpfen, um Gott wieder neu in die Mitte des Lebens zu stellen.

„Als Jesus sein öffentliches Wirken begann, musste er die falschen Bilder vom Messias entlarven und zurückweisen, die der Versucher ihm zeigte. Aber diese Versuchungen sind auch falsche Bilder des Menschen, die zu jeder Zeit das Gewissen bedrohen, indem sie sich als sinnvolle und wirksame, sogar gute Vorschläge verkleiden. Die Evangelisten Matthäus und Lukas sprechen von drei Versuchungen Jesu und unterscheiden sich nur in der Reihenfolge.
Ihr innerster Kern besteht immer in der Instrumentalisierung Gottes für die eigenen Zwecke, indem dem Erfolg oder materiellen Gütern eine höhere Bedeutung geschenkt wird. Der Versucher ist hinterlistig: Er drängt nicht direkt zum Bösen, sondern zu einem falschen Gut, und lässt einen glauben, dass die Macht und die Bedürfnisbefriedigung die eigentliche Wirklichkeit seien. Auf diese Weise wird Gott zweitrangig, wird zu einem Mittel zum Zweck reduziert und wird tatsächlich irreal, er zählt nicht mehr, verschwindet. Letztlich geht es bei den Versuchungen um den Glauben, denn es geht um Gott. In den entscheidenden Momenten des Lebens, aber eigentlich jederzeit, stehen wir vor dem Scheideweg: Wollen wir dem Ich folgen oder Gott? Den individuellen Interessen oder dem wahren Gut, dem was wirklich gut ist?“

Benedikt XVI. nahm auch an diesem Sonntag wieder Bezug auf die Kirchenväter:

„Wie uns die Kirchenväter lehren, sind die Versuchungen Teil der „Herabkunft“ Jesu in unsere menschliche Verfasstheit, in den Abgrund der Sünde und seiner Folgen. Eine „Herabkunft“, die Jesus bis zum Ende vollzogen hat, bis zum Tod am Kreuz und in die Hölle extremer Gottferne. So ist er die Hand, die Gott den Menschen entgegenstreckt, und dem verlorenen Schaf, um es zu retten.
Der heilige Augustinus lehrt: Jesus hat von uns die Versuchungen genommen, um uns seinen Sieg zu geben. Wir brauchen also keine Angst haben, gegen den Geist des Bösen zu kämpfen. Wichtig ist, dass wir es mit Ihm machen, mit Christus, dem Sieger.
Und um mit ihm vereint zu sein, wenden wir uns an die Mutter Maria: Rufen wir sie an mit kindlichem Vertrauen in der Stunde der Versuchung, und sie wird uns die machtvolle Gegenwart ihres göttlichen Sohnes spüren lassen, um die Versuchungen mit dem Wort Christi abzuwehren, und um so Gott wieder in die Mitte unseres Lebens zu stellen.“

In seiner Muttersprache sagte der Papst:

„Von Herzen heiße ich alle deutschsprachigen Pilger willkommen. Die Lesungen und das Evangelium des heutigen Sonntags stellen uns vor Augen, dass der Mensch sich oft unwürdig und bedürftig empfindet, wenn er Gott gegenübersteht, und er ist es ja auch. Aber der Herr kommt dem Sünder entgegen und erneuert ihn. Suchen wir immer wieder die Begegnung mit Christus, aus der wir Nahrung und Orientierung für unsere Aufgaben in der Welt schöpfen können.
Ich danke euch vor allem für die zahlreichen Beweise eurer Verbundenheit und für euer Gebet in diesen für mich schwierigen Tagen. Ich bitte euch, mir und der Römischen Kurie besonders in der heute beginnenden Woche nahe zu sein, während wir unsere alljährlichen Exerzitien halten. Der Heilige Geist begleite uns alle auf unserem geistlichen Weg in der Fastenzeit.“

Bei dem Gebet war auch eine offizielle Abordnung der Stadt Rom präsent mit Bürgermeister Alemanno an der Spitze, und dem offiziellen „Banner“ der Kapitale. Benedikt verabschiedete sich mit herzlichen Worten von seiner „geliebten Stadt Rom“. (rv)

Zur Papstrede vor dem römischen Klerus: „Der ungehobene Schatz des Konzils“

Benedikts Ansprache vom Donnerstag wird insbesondere in den italienischen Medien als geistliches Vermächtnis des Papstes gehandelt. In seiner frei gehaltenen Rede vor dem römischen Klerus hatte sich Benedikt XVI. von den Priestern und Bischöfen verabschiedet, denen er als Bischof von Rom auf diözesaner Ebene vorsteht; nicht wenige der Anwesenden hatten Tränen in den Augen, als er von seinen Erfahrungen des Zweiten Vatikanischen Konzils berichtete. Fabio Bartoli ist Priester der römischen Kirche San Benedetto und berichtet im Radio Vatikan-Interview von dem intensiven Erlebnis:

„In diesen Tagen habe ich, so wie viele von uns, Momente der Unsicherheit, der Schwierigkeiten erlebt. Ich habe mir immer wieder gesagt, ruhig zu bleiben, und dass der Stellvertreter Christi sicherlich viel besser als ich weiß, was er macht, dass er derjenige ist, der die Kirche führt. Dennoch blieb tief in mir ein Gefühl des Verwaistseins, als hätten wir einen enorm wichtigen Bezugspunkt verloren. Doch als wir mit der Heiligenlitanei in die Basilika einzogen, und wir alle diese Heiligennamen aussprachen, hörten wir in gewisser Weise auch eine Übersicht über die Kirche: hinter jedem von ihnen steht eine Geschichte, die ich kenne: die Entscheidungen, die sie getroffen haben, die Leiden, die sie ertragen haben. Und in diesem Moment hatte ich das starke Gefühl darüber, was wir als Kirche darstellen: Wir haben eine Identität, die so tiefe Wurzeln in der Vergangenheit hat, dass sie wirklich unzerstörbar ist. Und in diesem Moment hat sich das vage Gefühl des Verlorenseins in eine große Hoffnung verwandelt. Das war ein spirituell sehr ergreifender Moment.“

Die lange Ansprache, die der Papst frei hielt, sei ein wundervolles Erlebnis gewesen, so der Priester. Nicht nur die Klarheit und starke Präsenz, die der Papst bei dieser Gelegenheit gezeigt habe, sondern auch die Stringenz und Tiefe seiner Worte haben Bartoli stark beeindruckt.

„Die Ansprache war wirklich der Höhepunkt der Meditationen in der Kirche. Denn der Papst hat, indem er uns von der Vergangenheit erzählte, in Wirklichkeit auf die Zukunft hingeführt. Er hat uns erklärt, wie die Kirche lebt, und letztlich hat er uns gesagt: Das große Geschenk des Konzils, seine große Kraft und seine Neuheit liegen noch vor uns! Speziell gegen Ende seiner Ansprache, als er vom Unterschied zwischen dem realen Konzil und der Wahrnehmung des Konzils gesprochen hat, hat er uns wahrnehmen lassen, wie sehr der Schatz des Zweiten Vatikanischen Konzils noch zu erforschen sei. Wenn wir erst einmal, wie er es ausgedrückt hat, mit den vielen falschen Interpretationen und den vielen nur partiellen Lesarten des Konzils aufgeräumt haben, wird sich ein enormer Schatz vor unseren Augen auftun. Das lässt uns wirklich für die Zukunft hoffen und ist ein großartiges Zeichen.“ (rv)

Kardinal Ravasi: Papst mahnt Kirche zu „Selbstreinigung“

Kardinal Gianfranco RavasiEin kurzer Abschnitt aus der Aschermittwochspredigt des Papstes hat in den Medien große Beachtung gefunden. In seiner letzten Messfeier in St. Peter hatte der scheidende Papst Benedikt daran erinnert, „welche Bedeutung das christliche Glaubens- und Lebenszeugnis eines jeden von uns und unserer Gemeinschaften für das Gesicht der Kirche hat und wie dieses bisweilen verunstaltet wird“. Wörtlich fuhr er fort: „Ich denke besonders an die Vergehen gegen die Einheit der Kirche, an die Spaltungen im Leib der Kirche.“ Und er rief dazu auf, „die Fastenzeit in einer intensiveren und sichtbareren Gemeinschaft mit der Kirche zu leben, indem man Individualismen und Rivalitäten überwindet“. Der Präsident des Päpstlichen Kulturrates, Kardinal Gianfranco Ravasi, sagt im Gespräch mit Radio Vatikan zu diesen Papstworten:

„Sicher haben sie in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung, weil die ganze Gesellschaft Leiden und Schwierigkeiten erlebt. Die Worte des Papstes sind mit Sicherheit eine große Mahnung, die vor allem von der kirchlichen Gemeinschaft gehört werden muss. Sie gehören gewissermaßen auch ins Herz der fastenzeitlichen Botschaft – darum hätten sie auch in jeder Fastenzeit in diesen Jahren ausgesprochen werden können. Sie gehören nämlich zu der grundlegenden Entscheidung zu einer Selbstreinigung, die die Gemeinschaft der Kirche durchführen muss.“

Kardinal Ravasi gehörte am Montag zu den Kardinälen, die die Rücktritts-Ankündigung von Benedikt XVI. im Vatikanpalast miterlebten. Natürlich sei er überrascht gewesen, sagt Ravasi:

„Ich muss aber sagen, dass ich dann vor allem Bewunderung gespürt habe, denn der Papst hat die Größe der petrinischen Mission gezeigt, gerade indem er erklärte, dass seine physische Gebrechlichkeit diesen Dienst härter mache. Ich glaube wirklich, man kann ihn nur bewundern, denn er hat in gewisser Hinsicht einen theologischen Akt vollzogen: Er hat auf eindringliche Weise gezeigt, was der Petrusdienst wirklich ist – genau in dem Moment, in dem er sich für physisch außerstande erklärte, ihn noch fortsetzen zu können.“

„Unter deinen Schutz und Schirm flüchten wir, oh heilige Gottesmutter“: Diesen Text twitterte Kardinal Ravasi auf Lateinisch kurz nach der Rücktritts-Ankündigung Benedikts. Die bislang letzte Nachricht auf seinem Zwitscher-Account, vom 14. Februar, stammt hingegen aus Psalm 71 (Gott, die Zuflucht bis ins Alter): „Verlass mich nicht, wenn meine Kräfte schwinden“.

„Der Papst zeigt wirklich, dass das Dienstamt – lateinisch ministerium – wirklich ein Dienstamt ist. Dieses Wort ist von der politischen Tradition ins Negative gekehrt worden, dabei trägt es in seinem Herzen das ,minus‘. Das heißt: im Dienst von etwas stehen, weniger sein, nicht beherrschend sein. Ein Kaiser kann die Macht in seiner Hand behalten und als das ihm ausschließlich Zustehende ausüben. Wenn sie hingegen ein Dienstamt ist, dann muss man auch in der Lage sein, ,minus‘, also weniger zu werden, sich also zu entziehen, um dem Platz zu lassen, der es in umfänglicherer Weise auszuüben versteht.“ (rv)

Vatikan: Konklave schon früher?

Pater LombardiPater Federico Lombardi hat an diesem Samstag vor der Presse einige weitere Details im Zusammenhang mit der kommenden Sedisvakanz und den letzten Terminen des Papstes bekannt gegeben. Der Beginn des Konklaves könnte unter gewissen Umständen, so Pater Lombardi, bereits vor dem 15. März angesetzt werden, sollten bereits alle Kardinäle in Rom anwesend sein. Am 28. Februar, also mit Beginn der Sedisvakanz, wird sich Papst Benedikt in die Sommerresidenz Castel Gandolfo zurückziehen, wo er möglicherweise zwei Monate verbringen wird. Der Camerlengo und seine Mitarbeiter haben laut Lombardi bereits mit den Vorbereitungen für die Sedisvakanz begonnen, erste Informationen dazu werden allerdings wohl erst gegen Ende des Pontifikats bekannt gegeben werden.

Wie vorgesehen wird Papst Benedikt XVI. an diesem Samstag um 18 Uhr den amtierenden Premierminister Mario Monti empfangen. In der kommenden Woche werden aufgrund der Fasten-Exerzitien keine Papsttermine stattfinden, die laufenden Geschäfte werden aber dennoch wahrgenommen. Am Samstag wird er wie geplant den italienischen Staatspräsidenten Napolitano treffen. (rv)

Zum Thema: Konklavebeginn vorziehen?

Pressemitteilungen: Vorgezogener Konklavebeginn am 10. März?

Pater Lombardi PressekonferenzDerzeit tauchen Meldungen in den Medien auf, wonach es im Vatikan Stimmen gibt, den Beginn des Konklaves auf den 10. März vorzuziehen. Agenturen berufen sich hier auf eine Meldung der Nachrichtenagentur I.Media. Begründet wird dieses Vorziehen mit dem Beginn des Osterfestes Ende März.

Da bis zum 28. Februar die Katholische Kirche immer noch einen rechtmäßigen Papst hat, könnte Benedikt XVI. von sich aus eine Entscheidung zur Abänderung der Apostolischen Konstitution „Universi dominici gregis“ (UDG) erlassen und somit einen vorgezogenen Konklavebeginn auf eine kirchenrechtliche Basis stellen. Doch erscheint ein solches Vorhaben eher unwahrscheinlich. Somit kann eigentlich nur eine zweite Möglichkeit in Erwägung gezogen werden. Eine Entscheidung nach dem 28.Februar durch die Generalkongregation der Kardinäle. Doch welche Vollmachten hat diese Generalkongregation eigentlich? Und wer gehört zu dieser Generalkongregation?

Zur Generalkongregation gehören alle Kardinäle, die nicht rechtmäßig verhindert sind, sobald sie über die Vakanz des Apostolischen Stuhles unterrichtet wurden. Kardinäle über dem 80. Lebensjahr, können der Generalkongregation fern bleiben und müssen somit nicht zwangsläufig daran teilnehmen. Im Klartext – die Gesamtheit des Kardinalskollegiums kann die Generalkongregation bilden. Im Kapitell I der UDG sind die Vollmachten des Kardinalskollegiums während der Vakanz des Apostolischen Stuhles geregelt. Hier heißt es in Nr. 5: „Falls Zweifel über die in der vorliegenden Konstitution (UDG) enthaltenen Vorschriften oder über die Art und Weise ihrer Durchführung auftreten sollten, so verfüge ich förmlich, dass dem Kardinalskollegium alle Vollmacht zusteht, diesbezüglich ein Urteil zu fällen. Diesem erteile ich deswegen die Erlaubnis, die zweifelhaften oder strittigen Punkte zu interpretieren, wobei ich bestimme, dass es bei den Beratungen über diese und andere ähnliche Fragen, mit Ausnahme des Aktes der Papstwahl selber, genügt, dass die Mehrheit der versammelten Kardinäle zur gleichen Auffassung kommt.“

Ferner ergänzt Nr. 6: “Ebenso soll das Kardinalskollegium, wenn ein Problem vorliegen sollte, das nach Auffassung der Mehrheit der versammelten Kardinäle nicht auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden kann, nach Ansicht der Mehrheit Verfügungen treffen.“

Die genannten Vollmachten der Generalkongregation sind eindeutig und klar umrissen. Die Nachrichtenagentur I.Media scheint sich aber genau auf diese Vollmachten zu beziehen, wenn sie den Konklavebeginn auf den 10. März vordatiert. Doch sollte man zu erst den „Normalfall“ und nicht die „Ausnahme“ bei der Terminierung des Konklavebeginns beachten. Der Konklavebeginn ist klar in der Nr. 37 der UDG festgelegt:

„Ferner bestimme ich, dass die anwesenden wahlberechtigten Kardinäle nach Eintritt der rechtmäßigen Vakanz des Apostolischen Stuhles fünfzehn volle Tage auf die Abwesenden warten müssen; allerdings überlasse ich es dem Kardinalskollegium, den Beginn der Wahl, wenn schwerwiegende Gründe vorhanden sind, noch um einige Tage hinauszuschieben. Doch nach Ablauf von höchstens zwanzig Tagen nach Beginn der Sedisvakanz sind alle anwesenden wahlberechtigten Kardinäle gehalten, sich zur Wahl zu begeben.“

Diese Vorgehensweise wird nochmals in der Nr. 49 der UDG ergänzt:

Nachdem die Trauerfeierlichkeiten für den verstorbenen Papst vorschriftsmäßig gehalten worden sind und alles vorbereitet worden ist, was zum geordneten Ablauf der Wahl notwendig ist, versammeln sich am festgesetzten Tag — also am 15. Tag nach dem Tode des Papstes, oder, gemäß der Verfügung in Nr. 37 dieser Konstitution, nicht später als am 20. Tag — die wahlberechtigten Kardinäle in der Petersbasilika im Vatikan oder, je nach der Gegebenheit und den Anforderungen der Zeit und des Ortes, an einem anderen Ort, um an einer feierlichen Eucharistie mit der Votivmesse Pro eligendo Papa (19) teilzunehmen. Das soll möglicherweise zu geeigneter Stunde am Vormittag geschehen, damit am Nachmittag all das stattfinden kann, was in den folgenden Nummern dieser Konstitution vorgeschrieben ist.“

Spitzfindige Zeitgenossen könnten jetzt natürlich auf die Idee kommen, da die Sedisvakanz nicht wie über Jahrhunderte üblich, durch den Tot eines Papstes sondern den Amtsverzicht von Papst Benedikt XVI. eingetreten ist, die Wartezeit von 15. Tagen zu verkürzen. Eine Bestattungszeit bzw. Trauerfeierlichkeiten sind ja nicht zu berücksichtigen und die Zeitspanne zur Anreise der Konklavekardinäle ist lang genug.

Auch für diesen Fall hat die UDG unmissverständlich vorgesorgt und besagt in Nr. 77:

Ich bestimme, dass die Anordnungen, die all das betreffen, was der Wahl des Papstes vorausgeht, sowie deren Ablauf selbst, auch dann gänzlich zu beachten sind, wenn die Vakanz des Apostolischen Stuhles durch den Amtsverzicht des Papstes gemäß can. 332, § 2 des Kodex des kanonischen Rechtes und can. 44, § 2 des Kodex der Kanones der Orientalischen Kirchen erfolgen sollte.

Auch hier ist die Vorgabe klar und eindeutig. Sollte die Verantwortlichen im Vatikan tatsächlich den Konklavebeginn vor den 15. Tag der Sedisvakanz vorverlegen, könnte das sicherlich fatale Folgen haben. Kritiker könnten sich auf die Nr. 76 der UDG berufen:

Wenn eine Wahl in Abweichung von der in dieser Konstitution vorgeschriebenen Form oder unter Nichteinhaltung der von ihr festgesetzten Bedingungen erfolgt sein sollte, ist sie aus diesem selben Grund nichtig und ungültig, ohne dass es einer diesbezüglichen Erklärung bedarf und die Wahl deshalb dem Gewählten keinerlei Rechtsanspruch gibt.

Dem Vatikan muss daran gelegen sein, eine nach kanonischem Recht, gültige Papstwahl durchzuführen. Alles andere ist Unsinn. Auch wenn der Pressesprecher des Heiligen Stuhls, Pater Lombardi, am heutigen Tag den Konklavebeginn vor dem 15. März für möglich hält. Seine Aussage ist mit dem Kirchenrecht nicht vereinbar. (vh)

Indien: Tag des Dankes für das Pontifikat Papst Benedikt XVI.

Kardinal GraciasKardinal Oswald Gracias, der Erzbischof von Bombay, hat den 22. Februar zu einem besonderen Tag des Dankes der indischen Kirche für das Pontifikat von Papst Benedikt XVI. bestimmt. An diesem Tag wird das Fest der „Kathedra Petri“ gefeiert. In einer Pressemeldung würdigt der Kardinal den Einsatz des Papstes für Indien und sein theologisches Schaffen. Die Schriften von Benedikt XVI. hätten mit „intellektueller Klarheit und akademischer Brillanz“ u.a. eine Basis der Verständigung mit den Muslimen geschaffen. Dies sei für Asien besonders wichtig, so Kardinal Gracias, da dort die Mehrheit der Muslime lebe. (rv)

Ernst von Freyberg wird Chef der IOR

Ernst von Freyberg ist der neue Präsident des Aufsichtsrates der Vatikanbank IOR. Das gab der Vatikan an diesem Freitag bekannt. Man habe sich mit der Suche eines neuen Chefs Zeit gelassen und auch externe Hilfe bei der Auswahl in Anspruch genommen, so der Pressesaal in einer Note.

Man habe in die Suche auf Veranlassung des Interimschefs Ronaldo Schmitz eine internationale Personalagentur einbezogen, führte Vatikansprecher Pater Federico Lombardi bei einer Pressekonferenz an diesem Freitag aus. Spencer Stuart mit Sitz Frankfurt am Main habe bei der Suche, den Interviews und der Erstellung eines Profils für den neuen Präsidenten geholfen. Etwa vierzig Kandidaten seien von der Agentur vorgeschlagen worden, sechs seien dann vom Aufsichtsrat in einem Vorstellungsgespräch gehört worden. Aus diesen Kandidaten wurden dann drei ausgewählt, die anschließend von der Kardinalskommission interviewt wurden. Gemeinsam hätten sich der Aufsichtsrat und die Kardinalskommission auf einen Kandidaten geeinigt, dessen Name dem Papst vorgelegt wurde. Die Ernennung sei dann durch den Präsidenten der Kommission erfolgt.

Ernst Freiherr von Freyberg ist 54 Jahre alt. Der Jurist, der eine Investmentbank geleitet hat, ist Ritter des Souveränen Malteser-Ritterordens. Er lebt in Frankfurt, Vatikansprecher Lombardi geht aber davon aus, dass sich der neue IOR-Präsident künftig mehrere Tage in der Woche in Rom aufhalten werde. Im Zuge der Pressekonferenz unterstrich Pater Lombardi, dass der neue Aufsichtsratspräsident in Zukunft exklusiv für die Vatikanbank arbeiten werde. Er bleibe aber Vorstandsvorsitzender der Gruppe Blohm+Voss und werde seine Freiwilligentätigkeit für den Malteserorden weiter fortführen. Auf Nachfrage von Journalisten führte Pater Lombardi weiter aus, dass die Hauptaktivitäten von Blohm+Voss den Umbau und die Reparatur von Kreuzfahrtschiffen beträfen, aber auch Tätigkeiten für die Industrie, die Hochseearbeiten vornimmt und den Bau von Yachten umfassten – zur Zeit sei Blohm+Voss auch Teil eines Konsortiums, das vier Fregatten für die Deutsche Marine fertige.

Die übrigen vier Mitglieder des IOR-Aufsichtsrates behielten ihr Mandat. (rv)