Das Papstprogramm in dieser Woche

In den kommenden Tagen wird Papst Benedikt XVI. seine Amtsgeschäfte wie vorgehabt und angekündigt weiter führen. Nach den Ereignissen des Aschermittwochs mit Generalaudienz und der Liturgie in Sankt Peter am frühen Abend werden das bis zum Sonntag folgende Ereignisse sein.

Am Donnerstag wird der Papst die Pfarreien seines Erzbistums in der Audienzhalle empfangen, auch das wird ein öffentliches Ereignis sein.

Am Freitag wird Benedikt XVI. den Präsidenten Rumäniens, Traian Băsescu, in Audienz empfangen, am Samstag den Präsidenten Guatemalas, Otto Fernando Pérez Molina. Ebenfalls am Freitag und Samstag empfängt er Bischöfe Italiens zum Besuch Ad Limina.

Am Sonntag beginnen dann die Fastenexerzitien der Kurie, während dieser Woche wird es traditionell keine Auftritte, Gottesdienste und auch keine Generalaudienz geben. (rv)

„Danke für euer Gebet in diesen für mich nicht einfachen Tagen“

VatikanplatzPapst Benedikt XVI. hat an diesem Aschermittwoch seine vorletzte Generalaudienz geleitet. In der vollständig gefüllten Audienzhalle hatte sich ein buntes Meer an Pilgern und Besuchern versammelt, die sich vom Papst verabschieden wollten. Ohne Stock trat der Papst vor sein Publikum, das ihm zujubelte und jedes seiner Worte gespannt verfolgte. Neue Erklärungen zu seinem Amtsverzicht gab er bei der Generalaudienz nicht ab; er bekräftigte allerdings seine Worte vom Montag: Nachlassende Kräfte seien der Grund für die Rücktrittsentscheidung gewesen. Die Pilger würdigten seine Worte mit Applaus – „danke für eure Zuneigung“, sagte dazu der Papst, der sichtlich gerührt war. Und er erklärte weiter:

„Ich habe dies in voller Freiheit zum Wohl der Kirche getan, nachdem ich lange gebetet und vor Gott mein Gewissen erforscht habe, im Bewusstsein um den Ernst dieses Aktes, aber zugleich bewusst darum, nicht mehr in der Lage dazu zu sein, das Petrusamt mit der Kraft auszuführen, die es erfordert. Mich unterstützt und erleuchtet die Sicherheit, dass die Kirche die Kirche Christi ist, der ihr nie seine Führung und Sorge fehlen lassen wird. Ich danke allen für die Liebe und das Gebet, mit dem ihr mich begleitet habt. Danke, ich habe fast physisch in diesen für mich nicht einfachen Tagen die Kraft des Gebetes und die Liebe der Kirche gespürt, euer Gebet trägt mich. Betet weiter für mich, für die Kirche, für den zukünftigen Papst, möge der Herr uns führen.“

„Was zählt wirklich in unserem Leben?“, fragte der Papst dann in seiner Katechese. Diese stand ganz im Zeichen der Fastenzeit, die ja an diesem Aschermittwoch beginnt. Benedikt XVI. ging darin auf die Versuchungen Jesu in der Wüste ein – den Moment des „irdischen Lebens des Gottessohnes“, wie er formulierte. Die Wüste sei ein Ort der Stille und Armut, ein Ort der Einsamkeit und des Todes, so der Papst. Hier suchte der Teufel Jesus heim:

„Zunächst redet er Jesus ein, er möge befehlen, dass aus Steinen Brot werde. Dann verspricht er Macht auf dieser Erde. Und schließlich schlägt er vor, der Herr solle sich von der Zinne des Tempels stürzen und dabei die Leute ins Staunen bringen.“

Der Kern dieser drei Versuchungen sei die Instrumentalisierung Gottes für die Interessen des Menschen, der sich letztlich selbst an die Stelle Gottes setzen wolle. Jesu habe diese Versuchungen auf sich genommen, „um so das Böse zu besiegen und uns den Weg zu Gott hin zu öffnen“, so der Papst. Dieser Weg sei ein „Weg der Umkehr“:

„,Umkehr‘ bedeutet hier, die rechte Ordnung anzuerkennen, Gott den richtigen, das heißt den ersten Platz zu geben. Dann kehren wir uns zu Gott hin, zu unserem Schöpfer und der Quelle aller Liebe. Diese innere Bekehrung, diese Hinkehr zu Gott, verlangt unsere ganze Entschiedenheit gerade in unserer Zeit, in der so vieles den Werten des Glaubens entgegensteht. Und erst in dieser Hinwendung zu Gott wird unser Leben recht und finden wir unseren Frieden.“

Im italienischen Redetext unterstrich der Papst die Notwendigkeit beständiger Umkehr und Erneuerung des Glaubens; Christen stünden heute im persönlichen und öffentlichen Leben vor zahlreichen Herausforderungen. Der Papst zählte hier unter anderem die Gefährdung der christlichen Ehe und des Lebensschutzes auf sowie Tendenzen in einer säkularisierten Welt, die den Glauben aufweichen.

In seinen Grüßen an die deutschsprachigen Pilger und Besucher erinnerte der Papst an die Notwendigkeit der inneren Erneuerung, zu der Fastenzeit Gelegenheit biete:

„In dieser österlichen Bußzeit wollen wir den Weg der Erneuerung gehen und die Versuchung überwinden, uns selbst zum Zentrum zu machen. Lassen wir Gott Zeit, geben wir ihm unsere Zeit in täglichen Gebeten, um damit offen zu werden für Ihn und für den Nächsten. Die selige Jungfrau Maria begleite euch auf diesem Weg. Danke für Ihre Aufmerksamkeit!“

Aschermittwochs-Liturgie mit dem Papst im Petersdom
Am Nachmittag leitet der deutsche Papst mit der Aschermittwochs-Liturgie im Petersdom zum letzten Mal eine große liturgische Feier gemeinsam mit den Kardinälen und Bischöfen der Kurie. Zu dem Gottesdienst mit der Austeilung des Aschekreuzes werden Hunderte Besucher erwartet. Die Verlegung der Messe von der Kirche Santa Sabina in den Petersdom erfolgte aus Platzgründen. Radio Vatikan berichtet von der Feier live und mit deutschem Kommentar.
Am Donnerstag wird der Papst die Pfarreien seines Erzbistums in der Audienzhalle empfangen, auch dies wird ein öffentliches Ereignis sein. Am Freitag empfängt Benedikt XVI. den Präsidenten Rumäniens, Traian Băsescu, in Audienz, am Samstag dann den Präsidenten Guatemalas, Otto Fernando Pérez Molina. Ebenfalls am Freitag und Samstag empfängt er Bischöfe Italiens zum Besuch Ad Limina. Am Sonntag beginnen die Fastenexerzitien der Kurie, während dieser Woche wird es traditionell keine Auftritte, Gottesdienste und auch keine Generalaudienz geben. (rv)

Benedikts Wegweiser „auf der letzten Wegstrecke meines Lebens“

Bene_140110Papst Benedikt XVI. predigte anlässlich seines 85. Geburtstages am 16. April 2012 in freier Rede vor seinen engsten Mitarbeitern und einigen deutschen Kardinälen und Bischöfen; auch sein Bruder Georg Ratzinger hört ihm zu. Der Papst deutete seinen eigenen Geburtstag vom Ostergeheimnis her, sprach von Tod und Auferstehung und von einem Vertrauen, das sich ganz aus dem Glauben speist. Zu diesem Zeitpunkt war seine Entscheidung zum Rücktritt, den er ein knappes Jahr später verkündete, bereits gefallen. Damals sagte Benedikt XVI. seinen Zuhörern im Vatikan:

„Ich stehe vor der letzten Wegstrecke meines Lebens und weiß nicht, was mir verhängt sein wird. Aber ich weiß, dass das Licht Gottes da ist, dass er auferstanden ist, dass sein Licht stärker ist als alles Dunkel; dass Gottes Güte stärker ist als alles Böse dieser Welt. Und das lässt mich in Gewissheit weitergehen. Das lässt uns weitergehen, und allen, die dieses ,Ja’ Gottes immer wieder durch ihren Glauben auch mir gewiss machen, danke ich von ganzem Herzen in dieser Stunde.“

Der Papst führte in seiner Ansprache aus, was ihm persönlich und als Papst Orientierung gibt: das „Gedächtnis der heiligen Bernadette Soubirous, der Seherin von Lourdes“, der Heilige Benedikt Joseph Labre und das Ostergeheimnis, das Geheimnis von Kreuz und Auferstehung.

Benedikt XVI. kündigte seinen Rücktritt am 11. Februar, dem Gedenktag Unserer Lieben Frau von Lourdes, an. Benedikt betonte, dass mit der Bernadette Soubirous einem „einfachen Kind reinen Herzens“ die Gottesmutter erschienen sei – für Benedikt XVI. ein Bild für die Reinheit des Glaubens, der sich aus Wahrheit speist:

„Ich denke, wir dürfen dieses Wasser als Bild ansehen für die Wahrheit, die uns im Glauben zukommt: die unverstellte, unverschmutzte Wahrheit. Denn wir brauchen, um leben zu können, um rein zu werden, in uns die Sehnsucht nach dem reinen Leben, nach der unverfälschten Wahrheit, nach dem Unverschmutzten von Korruption, nach dem nicht befleckten Menschsein. So ist dieser Tag, diese kleine Heilige, für mich immer ein Zeichen gewesen, wo das lebendige Wasser herkommt, dessen wir bedürfen – das Wasser, das uns reinigt und Leben gibt – und ein Zeichen dafür, wie wir sein müssen: dass wir in allem Wissen und Können, das notwendig ist, das einfache Herz, den einfachen Blick des Herzens nicht verlieren dürfen, der das Wesentliche zu sehen vermag, und den Herrn immer bitten müssen, dass wir die Demut behalten, damit das Herz hellsichtig bleibt – das Einfache und Wesentliche sehen kann, die Schönheit und die Güte Gottes – und damit die Quelle finden kann, von der das Wasser kommt, das Leben gibt und reinigt.“

Der Papst beweist mit seinem angekündigten Rücktritt Demut, Verantwortlichkeit, aber auch Menschlichkeit – ist in vielen Reaktionen zu Benedikts Entscheidung in diesen Stunden zu hören. Neben der Demut, die Benedikt XVI. für sich beansprucht, ist ein anderes Charakteristikum der Blick auf das Wesentliche. Armut und Innerlichkeit liegen Benedikt XVI. am heiligen Benedikt Joseph Labre am Herzen, einem frommen Pilger des 18. Jahrhunderts, der seine Berufung als Bettler fand:

„Mit nichts, auf nichts gestellt und auch nichts behaltend von dem, was er bekam und was er nicht direkt brauchte – durch ganz Europa zu pilgern, zu allen Heiligtümern Europas, von Spanien bis Polen und von Deutschland bis Sizilien: ein wahrhaft europäischer Heiliger! Wir können ruhig sagen: ein sonderbarer Heiliger, der nur bettelnd herumzieht von Heiligtum zu Heiligtum, nichts tun will als beten und damit Zeugnis geben, worauf es ankommt in diesem Leben: auf Gott. Er ist sicher kein Vorbild, das wir nachahmen sollten, aber ein Wegweiser, ein ausgestreckter Finger auf das Wesentliche hin. Er zeigt uns, dass (…) von Gott her die Grenzen fallen, dass nur Gott die Grenzen beseitigen kann, weil von Gott her wir alle nur Geschwister sind, wir alle zueinander gehören, dass die Einzigkeit Gottes zugleich die Geschwisterlichkeit und die Versöhnung der Menschen ist, der Abbau der Grenzen, der uns eint und heilt. So ist er ein Heiliger des Friedens, gerade als ein Heiliger der Unbedürftigkeit, der mit nichts stirbt und doch mit allem gesegnet ist.“

Papst Benedikt XVI. wird am 28. Februar zurücktreten, und noch vor Ostern sitzt wohl ein neuer Papst auf dem Stuhl Petri. Warum hat Benedikt XVI. die Fasten- und Osterzeit gewählt, um seinen Rücktritt zu verkünden? Einen Tag vor seiner Erklärung, am Sonntag, hatte der Papst diesen Tweet ins Netz geschickt: „Wir dürfen der Kraft der Barmherzigkeit Gottes vertrauen. Wir sind alle Sünder, doch seine Gnade verwandelt uns und macht uns neu.“ Dieses Vertrauen ist es, was der Papst auch in seiner Predigt zu seinem 85. Geburtstag im Blick auf das Ostergeheimnis unterstrich:

„So gehört zur Geburt die Wiedergeburt, die Gewissheit, dass in der Tat es gut ist da zu sein, weil die Verheißung stärker ist als die Drohungen. Dies ist der Sinn der Wiedergeburt aus Wasser und Geist: eingetaucht werden in die Verheißung, die nur Gott selbst geben kann: Es ist gut, dass Du bist, Du darfst dessen gewiss sein, was immer kommen mag. Aus dieser Gewissheit durfte ich leben, wiedergeboren aus Wasser und Geist.“ (rv)

Der Papstrücktritt aus kirchenrechtlicher Sicht

Benedikt XVI. hat als erster Papst in der neueren Kirchengeschichte von seinem Recht zurückzutreten Gebrauch gemacht. Das Kirchenrecht kennt diesen Schritt, und dennoch bleiben einige Fragen offen, etwa, welchen Status eigentlich ein zurückgetretener Papst in der Kirche hat. Dazu Pater Markus Graulich, Kirchenrechtler und Richter an der römischen Rota:

„Ich denke, er ist der zurückgetretene Papst, der emeritierte Bischof von Rom, aber wie tritt er noch auf? Das ist ungeklärt. Ich wurde gestern etwa gefragt: Bleibt er unfehlbar? Das bleibt er nicht, denn das ist eine Sache, die nicht an die Person gebunden ist, sondern an das Amt; das Amt hat er nicht mehr inne, und so hat er auch nicht mehr dieses Charisma, diese Geistesgabe.“

Bis zum 28. Februar, gut zwei Wochen noch, bleibt Benedikt im Amt. Es handelt sich dabei nicht um eine Art vorgezogene Sedisvakanz, erklärt Graulich.

„Der Papst könnte jetzt beispielsweise noch seine Enzyklika über den Glauben veröffentlichen, die ja, wie man hört, bereits fertig ist. Er wird bestimmt noch Ernennungen vornehmen, gestern ist ja auch eine erfolgt; er kann alle Akte des Pontifikates noch setzen, er wird natürlich noch die Exerzitien machen wie sie vorgesehen waren, da fällt eine Woche weg, aber: Er ist bis 28. Februar 20 Uhr, warum auch immer 20 Uhr, im Amt.“

Das größte Risiko im Fall eines Papstrücktritts ist eine mögliche Kirchenspaltung. Papst Paul VI., erinnert sich Graulich, fürchtete eine solche im Fall eines eventuellen Rücktritts und hätte aus diesem Grund sein Amt nur im alleräußersten Notfall niedergelegt.

„Natürlich ist es eine Frage, wie Papst Benedikt das gestalten wird und wie zurückgezogen er leben wird. Es funktioniert ja auch in den Diözesen, wo man akzeptiert, dass ein Altbischof hin und wieder einmal zu sehen ist, aber sich nicht einmischt. Ich könnte mir vorstellen, dass der Papst sich noch radikaler zurückzieht, dass er gar nicht mehr auftreten wird. Rechtlich ist es kein Problem, die Probleme sind eher emotionaler und nichtrationaler Natur. Es kommt auch darauf an, wie der Abschied gestaltet wird, ob es da noch eine Feier geben wird. Es könnte eine liturgische Feier geben, wo er die Insignien, die bei der Amtsübernahme überreicht wurden, auf den Altar legt und dann einfach weggeht. Es wird irgendeine Form noch geben müssen, die uns auch optisch verstehen lässt: Er ist jetzt nicht mehr Papst.“

Eigene kirchenrechtliche Verordnungen, um der Gefahr der Spaltung vorzubeugen, braucht es aus Graulichs Sicht aber nicht,

„weil sowohl das Kirchenrecht diesen Schritt in der Weise, wie er geschah, vorsieht: also frei und ungezwungen. Genauso sieht die Wahlkonstitution ,Universi Dominici Gregis‘ die Vakanz des Apostolischen Stuhles durch den Tod des Papstes oder seinen Rücktritt vor; jeder, der vernünftig denken kann, muss das hinnehmen und muss diesen Schritt akzeptieren, sosehr der Schritt zu bedauern ist.“

Mit seiner Entscheidung zum Rücktritt hat Papst Benedikt nach Graulichs Ansicht eine Bresche geschlagen: Jeder Papst, der nach ihm kommt, kann sich auf Benedikts Rücktritt berufen. Das hat Auswirkungen nicht nur auf das kommende Konklave, sondern auch auf alle zukünftigen, glaubt der Kirchenrechtler.

„Die Kardinäle können auch einen jüngeren zum Papst wählen und müssen nicht denken, den haben wir jetzt 30 Jahre. sondern der kann dann mit 75 oder mit 80 sagen, gut, jetzt ist es genug, nun lässt du, Herr, deinen Knecht in Frieden scheiden; er hat immer diesen Präzedenzfall der jüngeren Geschichte. Für einen Nachfolger hat er damit vieles leichter gemacht.“

Dass dadurch geradezu ein Druck auf alle folgenden Päpste entsteht, das Amt aus allerlei möglichen Gründen zurückzulegen, glaubt Graulich nicht.

„Ich denke, das ist in der heutigen Gesellschaft ein normaler Prozess, dass Menschen von ihren Ämtern zurücktreten.“ (rv)

Coelestin V. und Benedikt XVI

Papst Cölestin V.

Dass Papst Benedikt XVI. eines Tages abdanken würde, war bei näherem Hinsehen nicht so unwahrscheinlich wie es heute für viele aussieht. Eine kleine Geste unter mehreren: 2009 legte der Pontifex aus Bayern sein Pallium am Grab Papst Coelestin V. nieder – jenes Papstes, der 1294 von seinem Amt zurücktrat, weil er wieder ein einfacher Mönch werden wollte. Erst im Nachhinein betrachtet gewinnt diese Geste Benedikts – das Niederlegen des Palliums an Coelestins Grab – ihre volle Tragweite: Die weiße Wollstola des Papstes signalisiert seine kirchliche Autorität als Bischof von Rom. Sie ist mit Nagelsymbolen bestickt, die auf die Leiden Jesu verweisen. Benedikt XVI. würdigte Coelestin noch ein zweites Mal, nämlich anlässlich dessen 800. Geburtstag im Juli 2010: Bei einem Gottesdienst in der Abruzzenstadt Sulmona lobte der Papst den heiligen Papst und Einsiedler als Vorbild für die heutige Kirche.

Pater Klaus Schatz, emeritierter Professor für Kirchengeschichte an der Jesuitenhochschule Sankt Georgen, sagte im Jahr 2010 gegenüber Radio Vatikan über Papst Coelestin:

„Das besondere an Coelestin ist, dass er nach weniger als einem halben Jahr als Papst abgedankt hat, weil er seiner Aufgabe nicht gewachsen war. Es hat zwar auch andere Päpste in der Geschichte gegeben, die zurückgetreten sind, Coelestin V. bietet aber den einzigen Fall eines Rücktritts eines Papstes, dessen Legitimität nicht bestritten war.“

Es waren schwierige Zeiten, das Papsttum steckte Ende des 13. Jahrhunderts in einer Krise, und römische Adelsfamilien stritten mit allen Mitteln um die Macht in Mittelitalien. Die Papstwahlen fielen dem zum Opfer, und so gab es immer wieder lange Zeiten ohne Papst.

„Wir sind im Jahre 1294. Vorangegangen war eine von vielen, in diesem Fall über zwei Jahre dauernde Sedisvakanz. Coelestin war ein Mönch, ein frommer Einsiedler, Pietro Morone mit Namen. Er stand im Rufe der Heiligkeit und hatte wohl durchaus spirituelles Format. Man kann auch nicht sagen, er sei eine völlig weltfremde Persönlichkeit gewesen, er hatte wohl Leitungserfahrung im klösterlichen Bereich. Er hatte eine Botschaft an das Konklave gerichtet und das göttliche Strafgericht angedroht, wenn sie nicht bald einen Papst wählen würden.“

Und das tat das Konklave dann auch, es wählte diesen frommen Einsiedler. Als Zeichen der Demut ritt dieser zu seiner Krönung nach L’Aquila auf einem Esel ein. In der religiös aufgeheizten Zeit war dieser Papst für Viele ein Zeichen.
„Er wurde von vielen Kreisen überschwänglich begrüßt als der Engelspapst, der Papa Angelicus. Aber es zeigte sich bald, dass er auf dem glatten Parkett der Politik überfordert war und ein so kompliziertes Instrument, wie es die römische Kurie schon am Ende des 13. Jahrhunderts war, nicht in den Griff bekam.“

So trat er zurück, einige Historiker behaupten, er tat dies nicht freiwillig. Sein Nachfolger Bonifaz VIII., berühmt geworden durch die Bulle „Unam Sanctam“, führte einen Machtkampf gegen den französischen König. Aber er fürchtete auch seinen Vorgänger, den Engelspapst.

„Bonifaz VIII. fürchtete, dass sich um den ehemaligen Papst Coelestin V., Pietro Morone, ein Widerstandskreis sammeln würde und setzte ihn nach einem gescheiterten Fluchtversuch fest. In dieser Haft ist der ehemalige Papst denn auch gestorben.“

Pietro Morone wollte nicht länger Papst sein, sondern wieder Mönch, so wie vorher. Mönch ist Joseph Ratzinger nie gewesen; doch ist es der Lebensabend, den er sich offenbar wünscht. Der zurückgetretene Papst wird sich, wie es heißt, in das kleine Klausurkloster in den vatikanischen Gärten zurückziehen, das sein Vorgänger Johannes Paul II. 1994 eingerichtet hatte. (rv)

Bischöfe zwischen Schock und Respekt

 Kardinal DziwiszUngläubiges Staunen, Respekt, Betroffenheit: Die Entscheidung des Papstes zum Rücktritt hat viele in der Kirche in ein Wechselbad der Gefühle gestürzt. „Ich bin im wahrsten Sinne des Wortes schockiert!“ Das sagt der Kölner Erzbischof, Kardinal Joachim Meisner, enger Vertrauter des scheidenden Papstes. „Das habe ich mir gar nicht vorstellen können. Damit muss man sich jetzt auseinandersetzen. Jetzt muss ich an einer weiteren Papstwahl teilnehmen, das Kardinalskollegium muss jetzt die Kirche regieren. Da muss ich nach Rom anreisen, da sind die täglichen Sitzungen zur Vorbereitung des Konklaves. Das gab es ja seit 700 Jahren nicht. Da gibt es die Fragen: Gibt es eine Abschiedsfeier? Wo wird er wohnen? Wie wird er dann angesprochen?“

Dziwisz: „Benedikt XVI. ist groß“

Er sei „traurig“, „überrascht“, „tief berührt“, sagt Meisner. Italienische Zeitungen behaupten, der Krakauer Kardinal Stanislaw Dziwisz habe eine böse Bemerkung gemacht: Christus sei nicht vom Kreuz herabgestiegen. Dzwisz war Privatsekretär von Papst Johannes Paul II., der trotz seinem Leiden bis zum Tod 2005 im Papstamt durchhielt. Uns gegenüber sagt er: „Ich habe diese Nachricht mit großem Schmerz und Überraschung aufgenommen! Denn ich schätze und liebe den Heiligen Vater, Benedikt XVI. Er war Johannes Paul II. immer so eng verbunden, diesem großen Papst dieses Jahrhunderts. Wir können uns wirklich glücklich schätzen, dass wir einen nach dem anderen Päpste von solch großer Tragweite haben. Man kann die beiden nicht direkt vergleichen, denn jeder hat sein eigenes Charisma.“ Es stimme nicht, dass er zu verstehen gebe, Benedikt XVI. flüchte aus der Verantwortung, so Dziwisz: „Absolut nicht, denn Benedikt XVI. ist groß! So wie Johannes Paul II. groß war und auch Papst Paul VI., dessen Pontifikat von einer großen Öffnung gekennzeichnet war.“

„Er wird uns fehlen“: So reagiert der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch. „Aber es wird viel von ihm bleiben, denn Theologie und Kirche hat er nachhaltig geprägt, als Brückenbauer, als Hirte seiner Herde, als Wissenschaftler und Lehrer.“ Der Freiburger Erzbischof scheint nicht an den völligen Rückzug Benedikts XVI. ins Unsichtbare zu glauben: „Wir wissen, dass er seine Lebenskraft weiterhin in den Dienst der Menschen stellen wird. Wir wünschen ihm dazu die nötigen Kräfte…“

Vingt-Trois: „Papst ist nicht Bischof der ganzen Welt“

Der Pariser Kardinal André Vingt-Trois glaubt, dass die Entscheidung des Papstes zum Rücktritt „wohlüberlegt“ war. „Zunächst einmal bin ich natürlich überrascht, aber mein zweiter Gedanke war gleich große Dankbarkeit für diese acht Jahre als Papst, eine echte Bewunderung für den Mut, den er hatte, um wohlüberlegt diese Entscheidung zu treffen.“ So der Vorsitzende der Französischen Bischofskonferenz im Interview mit Radio Vatikan. „Es ist immer mutig, wenn jemand anerkennt, dass er nicht mehr die Kraft zu seiner Aufgabe hat. Dass wir jetzt alle im Durchschnitt länger leben, führt dazu, dass man jetzt mehr zu entscheiden hat, als einfach auf den Tod zu warten. Dank Benedikt XVI. wissen jetzt auch seine Nachfolger, dass sie sich bis aufs Äußerste einsetzen können, ohne aber bis zum Schluss im Amt bleiben zu müssen.“

Vingt-Trois wird in Paris genau zur Stunde des Rücktritts von Benedikt eine öffentliche Dankmesse für das Pontifikat zelebrieren. Dass die Katholiken in aller Welt sich jetzt als Waisen fühlen müssen, findet der Hausherr der Pariser Notre-Dame-Kathedrale ganz und gar nicht. „Ich habe es bisher immer so gesehen, dass die Bischöfe die Hirten ihrer Herden sind. Ich verstehe nicht ganz, warum die Leute sich verwaist fühlen sollten, weil der Papst zurücktritt – dann sollen sie sich eben im Gebet an Gott wenden. Wenn die Römer sehen, dass ihr Bischof geht, dann verstehe ich, wenn sie sich fragen: Wer kommt denn als Nächstes? Aber der Papst ist nicht der Bischof der ganzen Welt! Man muss nun mal verstehen, dass die Kirche sich keineswegs auf die Person des Papstes reduziert.“

Das sagt Kardinal Meisner noch sporadischer: „Ich weiß nur: Päpste kommen und gehen, die Kirche bleibt. Da bin ich selber gespannt, wie der neue Papst aussehen wird.“ Die Belastungen für einen Pontifex Maximus seien heutzutage enorm, gibt Meisner zu bedenken – das sei „eine Aufgabe, die einen hoffnungslos überfordern kann“. „Vielleicht war die Aussage der Ärzte, dass er wegen seines Herzens nicht mehr zum Weltjugendtag nach Rio de Janeiro fahren kann, ausschlaggebend. An vielen Ecken und Enden spürt er, dass die Kräfte nicht mehr aussreichten, um die täglichen Dinge zu bewältigen.“ Das lange und qualvolle Sterben von Johannes Paul II. im Amt habe dem Nachfolger sicher auch vor Augen gestanden, sinniert Kardinal Meisner. „Das wollte er mal nicht ähnlich erleben, dass Ponitikat weiterzuführen ohne die Kräfte, selber zu entscheiden und angewiesen zu sein auf die Hilfe anderer. Da will er lieber die Verantwortung in andere Hände übergehen lassen. Eine nachvollziehbare Erklärung!“

„Einer der großen Kirchenväter ist wiederauferstanden“

„Es ist eine große menschliche und religiöse Geste.“ Das sagt wiederum Erzbischof Zollitsch. Er würdigt den scheidenden Papst als „großen Lehrer der Kirche“. „Ja, Papst Benedikt ist in vielerlei Hinsicht ein Pontifex: Er wollte Brücken bauen zwischen Glaube und Vernunft, Brücken hin zu Gott, Brücken zwischen Konfessionen und Religionen, um so dem Frieden der Welt den Weg zu bereiten und dem Reich Gottes Wachstum zu schenken.“ Noch einmal Meisner, der ins selbe Horn stößt: „Wir haben einen gesegneten Theologen auf dem Stuhle Petri gehabt. Die orthodoxen Bischöfe haben mir gesagt, mit Benedikt XVI. sei einer der großen Kirchenväter des klassischen Christentums wiederauferstanden. Die haben alle seine Worte übersetzt für ihre Studenten! Es war ein großes Pontifikat, weniger quantitativ, aber qualitativ!“

„Wir sind voll des Dankes für sein segensreiches Wirken“. Das sagt der Münchner Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx. „Benedikt XVI. hat die Weltkirche nun acht Jahre lang mit höchstem Einsatz geführt und entscheidend mit seiner klaren Theologie geprägt. Wir als seine bayerische Heimatdiözese fühlen uns ihm als Priester und vormaligem Erzbischof des Erzbistums München und Freising auch in dieser Stunde eng verbunden. Wir sind voll des Dankes für sein segensreiches Wirken als Oberhaupt der katholischen Kirche… Wir wollen uns für die Zukunft unserer Kirche weiter von der bedeutenden Theologie Benedikt XVI. inspirieren lassen.“ Der neue Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer erklärt, er mache sich große Sorgen um die Gesundheit des Papstes.
(rv)

Vatikan: Wohnung und Konklave nach dem Amtsverzicht

Sixtinische Kapelle

Wohnung:

Nach seinem Amtsverzicht will Papst Benedikt XVI. in das Karmelkloster innerhalb des Vatikans ziehen. Dort wolle er ein Leben im Gebet und Meditation führen. Da hier noch Umbauarbeiten notwendig sind, wird er vorerst in der Sommerresidenz Castel Gandolfo wohnen.

 Konklave:

Die Wahl seines Nachfolgers wird vermutlich im März stattfinden. Es bleibt abzuwarten, wann das Konklave beginnen wird. Gemäß der Apostolischen Konstitution „UNIVERSI DOMINICI GREGIS“ aus dem Jahr 1996, dem Wahldokument von Papst Johannes Paul II., darf an dem Ablauf der Wahl, auch durch einen Amtsverzicht, nichts verändert werden. Das würde bedeuten, dass der Konklavebeginn zwischen dem 15. und 20. März liegen muss. (vh)

Georg Ratzinger: Das Alter drückt

Georg RatzingerDer Bruder von Benedikt XVI., Georg Ratzinger, hat seit Monaten von den Rücktrittsplänen des Papstes gewußt. Das sagte der 89-jährige frühere Leiter der „Regensburger Domspatzen“ einer Nachrichtenagentur. „Ich war eingeweiht“, so Ratzinger wörtlich. Und weiter: „Mein Bruder wünscht sich im Alter mehr Ruhe. Das Alter drückt.“ (rv)

Schönborn: „Ganz außergewöhnlicher Schritt“

Kardinal SchönbornDer Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, reagiert „mit ganz großem Respekt“ auf die Verzichtserklärung von Papst Benedikt. Das sagte er an diesem Montag in Wien.

„Ich habe diese Mitteilung mit großer Bewegtheit erfahren und kann nur mit ganz großer Hochachtung die Begründung wahrnehmen, die Papst Benedikt selber für diesen ganz außergewöhnlichen Schritt gegeben hat. Ich denke, seine Begründung ist jedem, der ihm näher begegnen konnte in den letzten Wochen und Monaten, einsichtig: Die Bürde dieses Amtes ist enorm! Ich war letzte Woche in Rom und habe einfach mit Staunen gesehen, was er für ein Programm hat. Nur allein das, was an öffentlichen Terminen wahrzunehmen war – ganz zu schweigen von dem, was auf seinem Schreibtisch landet, was er zu bearbeiten, zu entscheiden, zu beraten hat. Dass jemand, der fast 86 Jahre alt ist, zwar geistig völlig auf der Höhe seines Amtes ist und mit einer bewundernswerten und beeindruckenden geistigen und geistlichen Klarheit und Tiefe seine Aufgaben wahrnimmt, das weiß jeder, der seine Predigten hört bzw. seine Ansprachen erlebt. Aber dass einfach die körperliche Kraft dazu nicht mehr in dem Maß gegeben ist, das ist verständlich.“

Der angekündigte Rücktritt des Papstes sei „ein sehr ungewöhnlicher und seltener Schritt“, der „auch schmerzlich berührt“, so der Ratzinger-Schüler Schönborn. Dass jetzt ein neues Konklave in Rom anstehe, sei gar nicht „das Entscheidende“, sondern vielmehr, dass der Herr selbst weiter an der Spitze seiner Kirche stehe.

„Er hat sie durch 2.000 Jahre geführt – er wird sie auch weiter führen!“ (rv)

Reaktionen auf den Rückzug des Papstes

Aus aller Welt treffen in diesen Stunden und Minuten Reaktionen auf den angekündigten Rücktritt von Papst Benedikt XVI. ein. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte „großen Respekt“ für den Schritt ihres Landsmanns: „Er ist und bleibt einer der wichtigsten religiösen Denker unserer Zeit.“ Bundespräsident Joachim Gauck zollt dem Papst „außerordentlichen Respekt“ für seinen Rücktritt. „Dass ein Deutscher die Nachfolge von Johannes Paul II. antrat, war von historischer Bedeutung für unser Land“, sagte das Staatsoberhaupt. Die Menschen in Deutschland hätten „tief bewegt“ vom Rücktritt erfahren. Für diesen Schritt seien „großer Mut und Selbstreflexion“ nötig. „Sein Glaube, seine Weisheit und seine menschliche Bescheidenheit haben mich tief beeindruckt“, sagte Gauck, der den Papst Anfang Dezember im Vatikan besucht hatte. In Benedikt XVI. verbänden sich „hohe theologische und philosophische Bildung mit einfacher Sprache und mit Menschenfreundlichkeit“. Deshalb hätten viele Menschen, nicht nur Katholiken, in seiner Person und seinen Schriften und Ansprachen in seinen Schriften Orientierung und Ermutigung zum Glauben gefunden. Er habe unermüdlich zu einem „kritischen und konstruktiven Dialog“ zwischen Vernunft und Glaube beigetragen.

Benedikt XVI. „wird Millionen von Menschen als spiritueller Führer fehlen“, erklärt der britische Premierminister David Cameron. Der Papst habe „hart gearbeitet, um die Beziehungen zwischen Großbritannien und dem Vatikan zu verbessern“, so Cameron.

Der französische Staatspräsident Francois Hollande ließ wissen, Benedikts Entscheidung zum Rücktritt sei „zu respektieren“: „Das ist eine menschliche Entscheidung, und der dahinterstehende Wille ist zu respektieren.“

Der italienische Staatspräsident Giorgio Napolitano unterstreicht, Benedikt habe „eine außerordentliche Last auf seiner Schulter getragen“. Sein Rückzug zeige „großen Mut und ein außerordentliches Verantwortungsbewußtsein“.

Für den früheren Prager Kardinal Miloslav Vlk (80) kommt der angekündigte Rückzug des Papstes „nicht völlig überraschend“. Dem tschechischen Fernsehsender CT24 sagte Vlk er habe Benedikt in der jüngsten Vergangenheit dreimal getroffen. Dabei habe Benedikt einen erschöpften Eindruck gemacht. „Dem Papst ging es sichtbar gesundheitlich nicht gut; er konnte sich nur schlecht bewegen. Alles in allem wirkte er sehr geschwächt und gealtert“, so Vlk. Er würdigte Benedikt als außerordentliche Persönlichkeit.

US-Kardinal Timothy Dolan erklärte, er sei betroffen und perplex. Ein Konklave sei aus seiner Sicht gut beraten, nach den Qualitäten Ausschau zu halten, die auch Benedikt XVI. besessen habe, nämlich Weltwissen, theologische Tiefe, persönliche Frömmigkeit und Sprachentalent. Das sagte der New Yorker Erzbischof und Vorsitzende der US-Bischofskonferenz in einem Fernsehinterview.

Der italienische Kardinal Angelo Bagnasco würdigte „das Beispiel tiefer innerer Freiheit“, das der Papst gebe. Bagnasco hat an dem Kardinalstreffen an diesem Montag teilgenommen und dort vom Papst selbst die Rücktritts-Absicht erfahren. Benedikt habe sich in seiner Amtszeit durch seine „ruhige und demütige Führung des Schiffleins Petri“ ausgezeichnet, so der Vorsitzende der Italienischen Bischofskonferenz.

Der Weltkirchenrat dankt dem scheidenden Papst für dessen „Hingabe für die Kirche und die ökumenische Bewegung“. „Ich habe mit tiefem Respekt gesehen, wie er die Verantwortung und die Bürde seines Amtes in seinem vorangeschrittenen Alter und in einer sehr fordernden Zeit für die Kirche getragen hat“, erklärte ÖRK-Generalsekretär und lutherische Geistliche Olav Fykse Tveit am Montag in Genf. Er rief Christen aller Konfessionen auf, für die römisch-katholische Kirche „in dieser sehr wichtigen Zeit des Übergangs“ zu beten.

Die russisch-orthodoxe Kirche hofft, dass sich unter einem neuen römischen Papst die guten Beziehungen zur katholischen Kirche fortsetzen. „Es gibt keinen Grund zu erwarten, dass es zu einer wesentlichen Veränderung in der Politik des Vatikan gegenüber der orthodoxen Kirche kommt“, sagte der für den Dialog mit den Katholiken zuständige Sekretär des russisch-orthodoxen Außenamtes, Erzpriester Dmitri Sizonenko, laut Moskauer Medienberichten. Im Verhältnis beider Kirchen gebe es eine positive Dynamik. Noch am Sonntag hatte das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kyrill I., lobende Worte für Papst Benedikt XVI. gefunden. In der „schwierigen Lage“, in der sich das westliche Christentum heute befinde, verteidige der Papst „mutig“ die Positionen und moralischen Werte seiner Kirche, sagte Kyrill I.

Der designierte anglikanische Erzbischof von Canterbury sprach in einer ersten Reaktion von „Traurigkeit, aber völligem Verständnis“. Benedikt habe seine „Rolle mit großer Würde, Verständnis und Mut ausgefüllt“, so der künftige Primas der anglikanischen Weltgemeinschaft Justin Welby in London.

Der aschkenasische Oberrabbiner von Israel, Yona Metzger, betont, dass Benedikt XVI. Entscheidendes für eine Verbesserung der Beziehungen zwischen Christentum und Judentum getan habe. Dadurch habe er „zu einem Rückgang antisemitischer Akte in der Welt beigetragen“, so der Oberrabbiner in Jerusalem.

Die koptisch-orthodoxe Kirche in Ägypten würdigt „die große Ehrlichkeit des Papstes“. Das sagte ihr Sprecher Bischof Angelos der Nachrichtenagentur ansa. Der Großimam der sunnitischen al-Azhar-Moschee in Kairo ließ wissen, er sei „aufgerührt“, die Nachricht aus Rom sei „keine gute Nachricht“.

Der frühere Vatikansprecher Joaquin Navarro-Valls nannte den Rückzug des Papstes „eine sehr mutige und sehr spirituelle Entscheidung“. Benedikt weiche keineswegs wegen der Bürde von Skandalen, sondern erst nachdem er „alle Skandale gelöst“ habe, so der Spanier unter Verweis „auf Missbrauchsskandale und Vatileaks“.

„Er wird uns fehlen“, sagt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch. Benedikts Rückzug sei eine „große menschliche und religiöse Geste“: „Wir deutschen Bischöfe danken dem Heiligen Vater für seinen Dienst auf dem Stuhl Petri und sind erfüllt von großem Respekt und von Bewunderung für seine Entscheidung.“ Benedikt XVI. gebe aller Welt „ein leuchtendes Beispiel wirklichen Verantwortungsbewusstseins und lebendiger Liebe zur Kirche“. Zollitsch nannte den scheidenden Papst einen „großen Lehrer unserer Kirche“; als Brückenbauer habe er Theologie und Kirche nachhaltig geprägt. Sein Anliegen, Glaube und Vernunft miteinander zu versöhnen, ziehe sich „wie ein roter Faden“ durch sein Leben und Wirken.

„Wir sind voll des Dankes für sein segensreiches Wirken“. Das sagt der Münchner Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx. „Benedikt XVI. hat die Weltkirche nun acht Jahre lang mit höchstem Einsatz geführt und entscheidend mit seiner klaren Theologie geprägt. Wir als seine bayerische Heimatdiözese fühlen uns ihm als Priester und vormaligem Erzbischof des Erzbistums München und Freising auch in dieser Stunde eng verbunden. Wir sind voll des Dankes für sein segensreiches Wirken als Oberhaupt der katholischen Kirche… Wir wollen uns für die Zukunft unserer Kirche weiter von der bedeutenden Theologie Benedikt XVI. inspirieren lassen.“

Der Berliner Kardinal Rainer Maria Woelki fühlt ein „großes Bedauern“. Benedikts Rücktritt sei für ihn „ein Zeichen von Demut und Sorge um die ihm anvertraute Kirche“, betonte Woelki am Montag in Berlin. „Wie in allen anderen Belangen seines segensreichen Pontifikats handelt der Papst mit großer Umsicht und weit vorausschauend, auch wenn es um seine eigene Person geht.“ Woelki hob hervor, die Entscheidung gehe ihm sehr nahe, da er sich Benedikt XVI. besonders verbunden fühle. „Ich schätze ihn als meinen theologischen Lehrer seit Studienzeiten…, und schließlich berief er mich erst kürzlich in das Kollegium der Kardinäle“, so der Berliner Erzbischof.

Der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, spricht von einem „Rücktritt am Rosenmontag“: „Wer den deutschen Papst in den letzten Monaten sehen konnte, spürte, wie sehr seine physischen Kräfte abnehmen.“ Benedikt XVI. werde „als großer Lehrer des Glaubens in die Geschichte des Papsttums eingehen“. In „schwieriger Zeit“ habe er „nach innen und außen die Schätze der Heiligen Schrift und der großen kirchlichen Tradition aus fast zwei Jahrtausenden in ihrer unverbrüchlichen spirituellen und intellektuellen Kraft für unsere Gegenwart glaubwürdig, einsichtig und wirkungsvoll ausgelegt“, so Lehmann. „Er hat entgegen manchen anderen Einschätzungen auch das Gespräch mit den christlichen Kirchen in Ost und West sowie dem Judentum gesucht und gefördert und den Dialog mit den Weltreligionen unterstützt.“ Papst Benedikt habe allerdings „nicht nur an seiner abnehmenden gesundheitlichen Kraft, sondern auch an vielen Mangelerscheinungen und Fehlern in der Kirche von heute gelitten: die Müdigkeit der Guten, die Verführbarkeit so vieler Mitglieder der Kirche, die Missbrauchsskandale, den missbräuchlichen Umgang mit dem Konzil von rechts und links, Verletzungen der Menschenrechte und Verfolgungen der Christen, Defekte im eigenen Haus, gerade auch im Vatikan“. Wörtlich fährt Lehmann fort: „Kirche und Welt haben Papst Benedikt XVI. viel zu danken, mehr als uns im Augenblick bewusst ist, gerade auch wir, seine deutschen Landsleute.“

„Mit Respekt und Dankbarkeit“ reagiert das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) in einem Statement. Benedikt habe „mit seinem Leben der Botschaft Jesu Christi und der Kirche in herausragender Weise ein Leben lang gedient“, erklärte ZdK-Präsident Alois Glück am Montag in Bonn. Dies sei „sicher auch der Maßstab für seine jetzige Entscheidung“. Sie zeuge von menschlicher Größe. Glück sprach von einem „tiefen Einschnitt für uns alle“. Besonders für die katholische Kirche in Deutschland sei der Rücktritt eine Zäsur.

Der katholische Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke nannte den angekündigten Rücktritt Benedikts „ein Zeichen von wahrhaftiger Größe“. Benedikt habe „dem Papstamt Format gegeben, besonders durch seine Geisteskraft und seine theologischen Aussagen. Jaschke wörtlich: „Er bleibt natürlich Papst, er ist dann Altpapst, Papst emeritus“.

Der Tübinger Theologe Hans Küng bekundet Respekt für Benedikt XVI. Der Rückzug sei legitim und aus vielen Gründen verständlich, so der vom Lehramt suspendierte Theologe, der mit Joseph Ratzinger manchen Strauß ausgefochten hat. Er hoffe, dass Benedikt keinen Einfluss auf die Wahl seines Nachfolgers nehmen werde.

Mit Respekt, aber auch Bedauern reagieren österreichische Bischöfe. Alle sprechen von einer mutigen, souveränen und freien Entscheidung des Papstes, der immer das Wohl der Gesamtkirche vor Augen habe. Als „Mann des Geistes“ habe er wie kaum ein anderer eine besondere Tiefe in der Vermittlung des Glaubensgeheimnisses erreicht. „Beeindruckt, auch überrascht und dann doch nicht überrascht“: Das waren die ersten Worte von St. Pöltens Bischof Klaus Küng zum Rücktritt des Papstes. Demnach habe Benedikt XVI. schon mehrere Male angedeutet, „dass ein Papst in dieser Zeit in jeder Hinsicht gesund sein muss, und offenbar hat er jetzt gespürt, dass seine Kräfte nachlassen“. Dass Benedikt diese Konsequenz zieht, passe zu ihm. Die Kirche werde sich auf diese Entscheidung einstellen müssen.

„Auf andere Weise als Papst Johannes Paul II. ist Benedikt XVI. ein großer Papst, der beharrlich versucht hat, die Kirche in ihrer Mitte und in ihren Glaubenswurzeln zu stärken“, meinte Bischof Egon Kapellari von Graz-Seckau. Papst Benedikt XVI. sei „einer der bedeutendsten Theologen und geistlichen Lehrer der Weltkirche in den vergangenen 60 Jahren“.

„Eine souveräne Tat und ein Akt der Demut, der grosses Verantwortungsbewusstsein ausdrückt“: Das sagen die Schweizer Bischöfe in einem gemeinsamen Statement zum angekündigten Rücktritt des Papstes. Damit ende „ein bedeutendes Pontifikat in schwieriger Zeit“. Die Bischöfe danken im eigenen und im Namen der katholischen Gläubigen der Schweiz Papst Benedikt für seinen unermüdlichen Einsatz. „Mögen die vielen Impulse und Anregungen seines Pontifikats auch weiterhin reiche Früchte tragen und Segen bringen.“

Als erster lateinamerikanischer Kirchenmann hat der argentinische Weihbischof Alberto Bochatey auf den angekündigten Amtsverzicht von Papst Benedikt XVI. reagiert: „Ich glaube, dass die Kardinäle genauso überrascht sind wie wir“, sagte der Weihbischof in La Plata. Unter den Kardinälen beginne nun „ein Dialog“. Der kolumbianische Kardinal Dario Castrillon Hoyos sagte dem Radiosender Caracol, Benedikts Schritt verdiene Respekt und müsse von niemanden außer Jesus Christus akzeptiert werden. Nahezu alle großen TV-Sender in Lateinamerika unterbrachen ihr Morgenprogramm, um die Nachricht aus dem Vatikan zu berichten. Unterdessen forderte der Bürgermeister von Mexiko-Stadt, Miguel Angel Mancera, einen lateinamerikanischen Nachfolger auf dem Stuhl Petri. „Der nächste Papst muss ein Lateinamerikaner sein“, schrieb Mancera in seinem Twitter-Account. Mexiko-Stadt zählt zu den größten katholischen Städten weltweit. (rv)