Papstbrief an G20: „Findet eine friedliche Lösung für Syrien!“

B_Franziskus2.Einen eindringlichen Appell für eine friedliche Lösung des Syrienkonflikts hat Papst Franziskus an den russischen Präsidenten Wladimir Putin und an alle auf dem G20-Gipfel anwesenden Staatschefs gerichtet. Das Schreiben ist an Putin adressiert und trägt das Datum von Mittwoch. Der Vatikan veröffentlichte es an diesem Donnerstag.

„Die Führer der G20 Staaten können angesichts der dramatischen Situation unseres geliebten syrischen Volkes nicht teilnahmslos bleiben. Die Situation dauert schon viel zu lange an, und es besteht das Risiko, dass nur noch mehr Leid auf diese Region zukommt, die schon bitter unter den Kämpfen leidet und dringend Frieden braucht. An alle anwesenden Staatschefs, an jeden einzelnen von ihnen, richte ich eine Bitte aus tiefstem Herzen: Finden Sie einen Weg, den Konflikt zu lösen und legen Sie das sinnlose Streben nach einer militärischen Lösung beiseite. Suchen Sie vielmehr mit erneuertem Einsatz und mit Mut und Entschlossenheit nach einer friedlichen Lösung auf der Basis von Dialog und Verhandlungen auf beiden Seiten – unterstützt von der Internationalen Gemeinschaft. Jede Regierung hat die moralische Verpflichtung, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um denen, die aufgrund des Konflikts leiden, humanitäre Unterstützung zukommen zu lassen, innerhalb und außerhalb der Grenzen des Landes."

Er sei sich bewusst darum, dass es bei dem G20-Gipfel, bei dem sich die 20 größten Wirtschaftsmächte in diesen Tagen in St. Petersburg treffen, in erster Linie um wirtschaftliche Fragen gehe und nicht um die internationale Sicherheit, schreibt der Papst weiter. Dennoch werde bei dem Treffen die Lage im Nahen Osten und vor allem in Syrien doch sicher nicht vergessen, so Franziskus.

In seinem Schreiben an Putin ruft der Papst die G20-Staaten weiter zum Einsatz für eine Weltwirtschaft auf, die allen ein menschenwürdiges Leben erlaube. Bemühungen zur Überwindung der Wirtschaftskrise müssten allen zugutekommen, nicht nur den Menschen in den reichen Staaten.

Der Papst schließt seinen Brief an Putin mit den Worten:

„Herr Präsident, ich hoffe, dass meine Gedanken für Sie eine fruchtbarer geistiger Beitrag zu Ihrem Treffen sind. Ich bete für den Erfolg der Arbeit der G20 zu diesem Anlass. Ich segne Sankt Petersburg und alle Teilnehmer und Staatsangehörigen, die zu dem Treffen kommen sowie sämtliche Aktivitäten, die Russlands während seines Vorsitzes bei den G20 im Jahr 2013 ausübt. Ich bitte Sie, beten Sie für mich." (rv)

Chile: Kardinal Errázuriz Ossa begeht seinen 80. Geburtstag

Der chilenische Kardinal Errázuriz Ossa begeht heute seinen 80. Geburtstag. Ossa war 2001 durch Papst Johannes Paul II. in den Kardinalsstand erhoben worden und erhielt als Titelkirche „S. Maria della Pace". Von 1998 bis Ende 2010 war er Erzbischof von Santiago de Chile. Mit dem 80. Lebensjahr verliert er sein aktives Wahlrecht in einer künftigen Papstwahl. Somit umfasst das Kardinalskollegium derzeit noch 111 Kardinäle mit Wahlrecht und 90 Kardinäle ohne Wahlrecht. (vh)

USA: Bischöfe fordern Abrücken von Militärschlagsplänen

USAScharfe Kritik aus dem eigenen Land erfährt US-Präsident Barack Obama mit seinen Militärschlags-Plänen gegen den syrischen Machthaber Bashar al-Assad. Die US-Bischöfe haben sich in einem offenen Brief an Außenminister John Kerry gewandt und von ihm das Erwirken eines Waffenstillstandes gefordert. Politische Verhandlungen seien die einzige denkbare Lösung für Syrien, heißt es in dem von Bischof Richard Pates unterzeichnete Brief. Pates leitet in der US-Bischofskonferenz das „Komitee für internationale Gerechtigkeit und Frieden". Zwar „verabscheuen" die US-Bischöfe die „grässlichen Angriffe durch chemische Waffen", rufen jedoch zugleich auch dazu auf, einen erneuten „Zusammenstoß der Waffen" durch den von den USA angestrebten Militärangriff zu verhindern. Nur der Begegnung und dem Dialog könne es gelingen, Hoffnung auf eine Lösung der Syrienfrage zu wecken, nie aber dem Waffenkonflikt, stellen die Bischöfe klar. Die USA sollten sich gemeinsam mit anderen Regierungen darum bemühen, dass in Syrien die Waffen ruhen und die gesamte Bevölkerung eine Zukunft erhalte, in der Menschenrechte und Religionsfreiheit respektiert werden. Der Weg dazu führe nur über „ernsthafte Verhandlungen, unparteiische und neutrale humanitäre Hilfe sowie Aufbau einer Gesellschaft, die alle Bürger – auch Christen und andere Minderheiten – in ihren Rechten berücksichtigt", heißt es in der Erklärung.

Einen umgehenden Stopp der Waffenlieferungen nach Syrien hat der Patriarch der mit Rom unierten Melkiten, Gregorios III. Laham, gefordert. Dass die „Rote Linie" des Chemiewaffen-Einsatzes überschritten wurde, sei erst durch die Aktivitäten der fundamentalistischen Salafisten und durch den Import von „Waffen, Geld, Militär, Geheimdienst-Mitarbeitern und Kriminellen" möglich geworden. „All dies ist viel gefährlicher als die chemischen Waffen, die wir selbstverständlich auch kategorisch ablehnen", erklärte der in Damaskus residierende höchste griechisch-katholische Würdenträger im Nahen und Mittleren Osten am Mittwoch gegenüber dem Hilfswerk „Kirche in Not". Schon vor einigen Monaten hatte Gregorios im EU-Parlament erklärt, die syrischen Waffenlieferungen an die Rebellen kämen dem „Selbstmord" gleich, „weil niemand diesen Krieg gewinnen kann". Schon heute gebe es dafür in der Region „zu viele Waffen". Würde weiterhin – durch einen Militärschlag oder weitere Waffenimporte – auf Gewalt gesetzt, fördere man damit bloß ein völliges Entgleisen der Situation. „Die Konfliktparteien werden einander bis zum bittersten Ende bekämpfen", mahnte der Patriarch. Ein westlicher Militärangriff auf das Assad-Regime würde aus Gregorios` Sicht „Hass, Kriminalität und Fundamentalismus" anheizen, sogar ein Flächenbrand „nach dem Vorbild eines Weltkrieges" sei denkbar.

Auch der Rat maronitisch-katholischer Bischöfe warnt vom Libanon aus vor einem westlichen Eingreifen im benachbarten Syrien. Ein Militärschlag der USA würde dramatische Auswirkungen auf die ganze Region haben und Instabilität hervorrufen, so die Bischöfe. An der Begegnung am Sommersitz des maronitischen Patriarchen nahm auch der libanesische Premierminister Najib Miqati teil.

Der armenisch-katholische Patriarch von Zilizien, Katholikos Nerses Bedros XIX. Tarmouni, zählt in einer Erklärung von Beirut einige Punkte gegen einen westlichen Militärschlag auf. Die Folgen eines solchen Schlages wären aus seiner Sicht „nicht kalkulierbar", und „frühere Erfahrungen aus dem Irak, Afghanistan und Serbien" sprächen gegen allzu überstürzte Entscheidungen. Die Karte des Dialogs mit der syrischen Regierung sei außerdem noch nicht genug ausgespielt worden. Der Katholikos fährt fort: „Und schließlich, meine Herren, haben Sie auch an die möglichen Todesopfer und an die Zerstörung durch einen Militärschlag gedacht? Oder an den Massen-Exodus von Syrern, zu dem er führen würde?" Man müsse vorher nachdenken und nicht „hinterher bereuen".

Der Vatikan hat derweil das Diplomatische Corps zu einem Informationstreffen über die Friedensinitiative des Papstes für Syrien eingeladen. Am Donnerstagvormittag will das Staatssekretariat den beim Heiligen Stuhl akkreditierten Botschaftern den Sinn des Gebetstages für einen Frieden in den Krisenregionen der Welt erläutern. Das vatikanische Staatssekretariat und mehrere vatikanische Dikasterien sind mit Bischofskonferenzen und christlichen Gruppen weltweit in Kontakt, um sie zur Beteiligung an Franziskus` Initiative zu ermuntern. Vatikansprecher Federico Lombardi erklärte gegenüber Journalisten, der Vatikan feile noch am genauen Ablauf der römischen Gebetswache mit dem Papst. (rv)

Vatikan: Kardinal warnt vor US-Militärschlag

So deutlich hat das in diesen Tagen noch kein Vatikan-Kardinal gesagt: Der Präfekt der vatikanischen Ostkirchen-Kongregation, Kardinal Leonardo Sandri, ist gegen einen westlichen Militärschlag in Syrien. Im Gespräch mit der Vatikanzeitung „Osservatore Romano" warnt der aus Argentinien stammende Kardinal vor „irreparablen Schäden". Die Ersten, die unter den Folgen eines Militärschlags zu leiden hätten, wären die Christen, fürchtet Sandri.

Dem Papst ging es mit seinem Appell vom letzten Sonntag offensichtlich darum, zum „Einhalten zu mahnen, bevor es zu spät ist", so Kardinal Sandri wörtlich. „Es ist doch absehbar, welch üble Folgen eine Verwicklung weiterer Länder in den Konflikt haben würde", meint er. Die Menschheit stehe heute vor einer eindeutigen Wahl, das sagt Sandri mit einem Zitat von Papst Johannes Paul II. von 2000: „Sie kann diese Welt in einen Garten oder in eine Ruinenlandschaft verwandeln." Syrien stehe „unmittelbar vor dem Abgrund". Wenn Papst Franziskus jetzt zum Innehalten einlade und dazu, im jeweils Anderen „einen Bruder zu sehen", dann sei das „der wahre menschliche Frühling, der wahre arabische Frühling" für Länder wie Syrien, Ägypten oder Irak. Sandri wörtlich: „Der Nahe Osten ist von Verschiedenheit geprägt: Völker und Ethnien, Religionen und Kulturen. Und jede dieser Gruppen hat viele interne Unterteilungen. Und über Jahrhunderte hinweg hat diese Verschiedenheit im Nahen Osten gelernt, im Alltag zusammenzuleben."

Eine „Logik der Gewalt und der Rache" sei „niemals ein gangbarer Weg", sonst werde Syrien „immer mehr zur Hölle auf Erden". Wo „Verbrechen begangen" worden seien, müssten internationale Einrichtungen diese „überprüfen und unparteiisch bewerten, ob Menschenrechte verletzt oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen wurden", so Sandri. (rv)

Erzbischof Zollitsch: „Bei Bundestagswahl Verantwortung zeigen“

Erzbischof Robert ZollitschDer Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, hat zur Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl am 22. September 2013 aufgerufen. Beim St. Michael-Jahresempfang des Katholischen Büros in Berlin sagte Zollitsch, es sei Aufgabe der Kirche, die Menschen an ihre Verantwortung zu erinnern, sich in die politischen Meinungsbildungsprozesse aktiv einzubringen und von ihren demokratischen Rechten Gebrauch zu machen.

In Zeiten der öffentlichen politischen Auseinandersetzung stehe auch die Kirche vor der Frage, welche Rolle sie bei der Gestaltung der Gesellschaft einnehmen wolle, so Zollitsch. Oft sei ein religiöses Bekenntnis mit einem christlichen Wertekanon immer mehr nur eine Option unter vielen. Dennoch dürfe die Kirche weder der Versuchung erliegen, sich auf sich selbst zu beziehen, noch eine Politisierung der Religion zuzulassen.

„Entscheidend für die Qualität in unserer Gesellschaft weit über jeden Wahltag hinaus ist es jedoch, wie wir mit denen umgehen, die nicht in der Sicherheit und Geborgenheit der Mitte der Gesellschaft sind. Und damit meine ich bei weitem nicht alleine die materielle Sicherheit. Bei aller Unterschiedlichkeit der Aufgabenstellung und Funktionsweise von Politik und Kirche sehe ich hier gemeinsame Herausforderungen."

Mehr Einsatz für angemessene Löhne und Arbeitsbedingungen

Der Auftrag und die Kompetenz der Kirche sei es daher vor allem, „für eine Werteorientierung in der Politik einzutreten, in deren Zentrum die Würde jedes Menschen, die Achtung der Menschenrechte und die Ausrichtung am Gemeinwohl stehen", so Erzbischof Zollitsch. Daran erinnere auch Papst Franziskus, wenn er die Kirche auffordere, an die „Peripherien des Lebens" zu gehen.

„Wenn uns Papst Franziskus dazu ermutigt, für eine gerechtere und solidarischere Welt zu arbeiten, dann gilt das insbesondere mit Blick auf angemessene Löhne und Arbeitsbedingungen. Es kann uns nicht unberührt lassen, dass es bezogen auf die Beschäftigtenzahl in Deutschland im Vergleich zu anderen westlichen EU-Ländern noch immer mehr Geringverdiener gibt."

Solidarität mit Flüchtlingen

Zu den Menschen, die an den Rändern der Gesellschaft leben, gehören nach Auffassung von Erzbischof Zollitsch auch die Flüchtlinge. In diesem Zusammenhang dankte Zollitsch der Bundesregierung für die Aufnahme von 5.000 Flüchtlingen aus Syrien. Dies seien wichtige erste Schritte, für die er dankbar sei, an die man aber nun anknüpfen müsse, so Zollitsch – vor allem mit Blick auf die aktuellen Ereignisse in Syrien. Zur Situation im Nahen Osten sagte Zollitsch:

„Die Situation dort erfüllt uns alle mit Sorge und auch mit beträchtlicher Ratlosigkeit. Nirgendwo in der arabischen Welt ist bis jetzt eine überzeugende Synthese zwischen dem religiösen Erbe und den Herausforderungen der Moderne gefunden worden. Und so stürzt der Kampf um das gesellschaftliche und kulturelle Leitbild und die damit verbundenen Macht- und Einflusssphären immer mehr Gesellschaften ins Chaos."

Auch viele Christen drohten vom Mahlwerk dieses Konfliktes zerrieben zu werden, so Zollitsch, der die Politiker eindringlich zum Eingreifen aufforderte:

„Ein Ende des christlichen Orients ist eine finstere Möglichkeit unserer geschichtlichen Epoche. An die Vertreter der Politik richte ich deshalb die ernste Bitte: Tun Sie alles Ihnen Mögliche, um eine friedliche Entwicklung in dieser Region zu fördern! Und unternehmen Sie, was immer Sie können, um die Überlebensmöglichkeit der christlichen Minderheiten zu sichern!"

Familie ins Zentrum stellen

Ausdrücklich hob Erzbischof Zollitsch in seiner Ansprache außerdem die Familien hervor. Immer wieder werde versäumt, sie und ihre Anliegen in das Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken und ihnen die gesellschaftliche Anerkennung und Unterstützung zu geben, die sie brauchen. Zudem betonte Zollitsch, dass die Kirche auch den Auftrag habe, die ethischen Grenzen aufzuzeigen, die sich aus dem christlichen Menschenbild ergeben. „Dies mag bisweilen für die Politik unbequem sein, kann Ihnen aber vielleicht auch helfen, schwierige Entscheidungen zu treffen und zu verteidigen." Mit Blick auf die Finanzkrise betonte Erzbischof Zollitsch, dass diese erneut gezeigt habe, wie wichtig es sei, „politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entscheidungen nicht einseitig an kurzfristigen Zielen auszurichten.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz schloss seine Rede mit einem Aufruf zur Wahlbeteiligung:

„Unsere Aufgabe als Kirche ist es, in dieser Zeit insbesondere die Gläubigen an ihre Verantwortung zu erinnern, sich in die politischen Meinungsprozesse aktiv einzubringen und von ihren demokratischen Rechten Gebrauch zu machen. Unsere Aufforderung gilt allen: ‚Gehen Sie zur Wahl! Nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr!’" (rv)

Benedikt XVI. predigt vor seinem Schülerkreis

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. hat am Sonntag im Vatikan eine Messe mit seinem Schülerkreis gefeiert. In der Kapelle des vatikanischen Governatorats zelebrierte Benedikt mit seinen ehemaligen Mitarbeitern, Doktoranden und Studenten. Der Ratzinger-Schülerkreis war in den letzten Tagen zu seiner jährlichen Fachtagung in Castel Gandolfo zusammengetreten. Erstmals nahm der ehemalige Professor Ratzinger – jetzt emeritierter Papst – diesmal nicht an den Beratungen selbst teil. Die Predigt Benedikts kreiste vor allem um die Mahnungen Jesu zu Demut und Bescheidenheit im Lukasevangelium.

„Alle suchen nach dem guten Platz in der Geschichte; jeder will am Platz des Lebens seinen guten Platz gefunden haben. Die Frage ist nur: Welcher Platz ist gut, und welcher ist richtig? Es kommt uns das Wort des Herrn aus dem Evangelium vom letzten Sonntag in den Sinn: Die Ersten werden die Letzten und die Letzten werden die Ersten sein. Ein scheinbar guter Platz kann sich als sehr schlechter Platz erweisen, und wir wissen: Dies geschieht nicht erst beim Letzten Gericht, sondern oft schon mitten in dieser Welt. Wir haben selbst in den letzten Jahrzehnten sehen können, wie Erste gestürzt sind und plötzlich Letzte waren und der scheinbar gute Platz sich als ein verfehlter Platz erwies."

An Jesus Maß nehmen

Der wahrhaft gute Platz sei an der Seite Jesu und nehme an ihm Maß, so der emeritierte Papst weiter. „Wer in dieser Welt und dieser Geschichte vielleicht nach vorn gedrängt wird, auf die ersten Plätze kommt, muss wissen, dass er in Gefahr ist. Er muss umso mehr auf den Herrn hinschauen, an ihm sich messen, messen an der Verantwortung für den anderen, muss der werden, der dient, der in Wirklichkeit anderen zu Füßen sitzt – und so segnet und selbst ein Gesegneter wird. Ich denke, dies alles muss uns durch das Herz gehen, wenn wir auf den hinschauen, der eigentlich der Erstgeborene der Schöpfung ist und der im Stall geboren wurde und am Kreuz starb. Der Platz bei ihm, der Platz nach seinem Maß ist der richtige Platz, welchen Platz auch immer uns die Geschichte zuweisen mag. Entscheidend ist die Verantwortung vor Ihm und die Verantwortung für die Liebe, die Gerechtigkeit und für die Wahrheit."

In der Geschichte habe sich das Kreuz Jesu als „der letzte Platz" erwiesen, sinnierte Benedikt XVI. Doch der Evangelist Johannes zeichne gerade die Demütigung des Kreuzes als die wahre Erhöhung. „Und wir wollen den Herrn bitten, dass er uns schenke, dies immer mehr zu verstehen und jeder auf seine Weise in Demut dieses Mysterium der Erhöhung und der Erniedrigung anzunehmen." Die Menschheit komme nicht aus ohne einen christlichen Geist des „Umsonst" (gratuità), führte Benedikt weiter aus. „Die größten Dinge des Lebens – die Liebe, die Freundschaft, die Güte, die Vergebung – die können wir nicht bezahlen, die sind umsonst, wie Gott uns umsonst beschenkt. So dürfen wir mitten in allem Ringen um die Gerechtigkeit in der Welt nie das Umsonst Gottes vergessen, das immer wieder Geben und Empfangen."

„Wo Liturgie gefeiert wird, ist Zion"

Der emeritierte Papst kam auch auf das Thema Liturgie zu sprechen, das ihm während seines Pontifikats von 2005 bis zum Rücktritt Ende Februar 2013 besonders am Herzen lag. Christliche Liturgie sei, so Benedikt mit Verweis auf die Zweite Lesung dieses Sonntags aus dem Hebräerbrief, demütig und dennoch „unermesslich groß": „Denn sie bedeutet, dass wir hinzutreten zu den Scharen der Engel und Heiligen, in die festliche Versammlung, in die festliche Freude Gottes. Ja, wo Liturgie gefeiert wird, ist Zion, ist der Gottesberg, den die Menschheit irgendwie immer sucht, die Höhe, auf der man endlich ins Licht und zu Gott hinaufkommt!"

Bei der Messe mit dem emeritierten Papst konzelebrierten unter anderem der Wiener Kardinal Christoph Schönborn und der Präsident des Päpstlichen Einheitsrates, Kardinal Kurt Koch, dazu der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke und Benedikts früherer Privatsekretär, Vatikan-Erzbischof Georg Gänswein. Die rund 50 Mitglieder waren seit 1978 jährlich mit ihrem Lehrer zusammengetreten, auch als dieser Münchener Erzbischof, vatikanischer Kurienkardinal und dann Papst geworden war. Benedikts Predigt von diesem Sonntag ist sein erster Text, der seit seinem Rücktritt vom Petrusdienst zumindest auszugsweise bekannt wird. (rv)

Viel Lob für Pietro Parolin

„Eine hervorragende Wahl": So urteilt Kurienkardinal Jean-Louis Tauran über Pietro Parolin. Der italienische Erzbischof Parolin, der bisher Nuntius in Venezuela war, ist am Samstag vom Papst zum neuen Kardinalsstaatssekretär ernannt worden. Tauran, der heute den Päpstlichen Rat für Interreligiösen Dialog leitet, hat in den neunziger Jahren im Staatssekretariat eng mit Parolin zusammengearbeitet. In einem Interview lobt er Parolins „Loyalität" und seine „großen priesterlichen Qualitäten". Die neue Nummer Zwei im Vatikan sei außerdem „ein außergewöhnlicher Verhandler", der viele „Missionen" in China, Vietnam und dem Nahen Osten für den Vatikan durchgeführt habe. Tauran wörtlich: „Er ist sehr arbeitsam, studiert die Akten genau, ist liebenswürdig und diskret."

Parolin habe alle Voraussetzungen für den Spitzenposten, sei mit 58 Jahren noch „jung" und kenne das Staatssekretariat sehr gut. Das werde es ihm erleichtern, „den Papst bei der Kurienreform zu unterstützen", so der französische Kardinal. Er sei froh darüber, dass sich Papst Franziskus für einen Karrierediplomaten entschieden habe, könne allerdings „keinen Bruch" zur Ära Bertone erkennen. Der 78-jährige bisherige Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone bleibt Camerlengo und Leiter einer Kontroll-Kommission der „Vatikanbank" IOR. Bertone war im Juni 2006 vom damaligen Papst Benedikt XVI. zum Kardinalstaatssekretär berufen worden.

Der venezolanische Kardinal Jorge Urosa Savino würdigt die Rolle Parolins für den Annäherungsprozess zwischen Kirche und Staat in dem südamerikanischen Land. „Er ist ein Mann mit großer Erfahrung auf dem Feld der Diplomatie", sagte Urosa der Tageszeitung „El Universal" und lobte die Entscheidung des Papstes. „Seine Nominierung ist eine gute Sache." Parolin ist seit 2009 als Nuntius in Venezuela tätig. In diese Zeit fällt eine Annäherung von katholischer Kirche und den seit 1999 regierenden Sozialisten. Zuvor war das Verhältnis zwischen Kirche und Regierung in Venezuela stark angespannt gewesen.

Große Freude über die Ernennung vom Samstag herrschte in der norditalienischen Heimat Parolins. In der Diözese Vicenza, aus der er stammt, läuteten nach Bekanntwerden der Ernennung zahlreiche Kirchenglocken. Der Pfarrer seiner Heimatgemeinde Schiavon sagte in einem Interview, Parolin sei ein „Mann des Volkes". Das Amerikanische Jüdische Komitee würdigte ebenfalls den Aufstieg Parolins. Rabbiner David Rosen sprach in einem Statement von einer „langen und freundschaftlichen Arbeitsbeziehung" mit dem Erzbischof. (rv)

Bischof Ackermann zur Neuausschreibung der Missbrauchsstudie: „Besser verstehen“

Die Deutsche Bischofskonferenz schreibt das Projekt der wissenschaftlichen Aufarbeitung des Missbrauchsskandals neu aus. Nachdem Anfang des Jahres der Versuch gescheitert war, gemeinsam mit dem Kriminologen Christian Pfeiffer diese Aufarbeitung zu leisten, suchen die deutschen Bischöfe nun die Zusammenarbeit mit mehreren wissenschaftlichen Partnern verschiedener Disziplinen. Die Bischöfe zeigen sich lernwillig und bekräftigen den Willen, Missbrauch in Zukunft zu verhindern. Es gehe einerseits darum, verlässliche Daten zu sexuellem Missbrauch in deutschen Bistümern zu erheben, und andererseits um die Ausleuchtung systemischer Zusammenhänge, führt der Trierer Bischof Stefan Ackermann im Interview mit Pater Bernd Hagenkord aus. Ackermann ist in der Bischofskonferenz für die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle zuständig.


„Wir haben natürlich aus den Vorgängen um Professor Pfeiffer und das Forschungsinstitut in Hannover gelernt. Man muss bedenken, dass sich für Professor Pfeiffer und auch für uns im Verlauf der Planung und Vorbereitung des Forschungsprojektes Fragen gezeigt haben, die man so nicht im Blick hatte. Ich denke da an die ganzen Fragen des Datenschutzes. Da haben wir wirklich daraus gelernt. Diese Erfahrung geht nun in den Neustart des Projektes ein.
Ich glaube, dass auch dadurch eine gute Voraussetzung geschaffen ist, dass wir uns ja entschlossen haben, ein Expertengremium zu berufen, das uns auch schon in der Ausschreibung beraten hat. Allein dass wir das Projekt jetzt ausschreiben ist auch dem Rat der Experten geschuldet, die uns geraten haben, das Vorgehen durch eine Ausschreibung transparenter und objektiv zu machen, so dass man wirklich nicht sagen kann, dass die Bischöfe nur mit einem Institut verhandelt hätten und dass da etwas hinter verschlossenen Türen gemacht würde. Jetzt ist das Ganze auf breitere Basis gestellt."

Eine Neuerung ist, dass Sie mehrere Verbundpartner haben wollen, also nicht nur ein Institut, sondern mehrere, und es soll interdisziplinär sein.

„Das war auch ein Rat der Experten: Wenn es darum geht, dass zum Beispiel auch mit Betroffenen gesprochen wird, aber auch mit Tätern, dass man dafür Qualifikationen braucht. Kriminologen sind nicht automatisch befähigt, in guter Weise mit Menschen zu sprechen, die traumatisiert sind. Oder wenn man daran denkt, dass es auch um Aspekte systemischer Art geht, das heißt: Was waren die Rahmenbedingungen, die von institutioneller Seite der Kirche her und von den Verantwortlichen her dazu beigetragen haben, dass bestimmte Dinge nicht entdeckt worden sind, dass man sie nicht systematisch angegangen ist. Da braucht man historisch-sozialwissenschaftliche Kompetenz und nicht unbedingt kriminologische.
Die Experten haben uns gesagt, dass es gut wäre, wenn es mehrere Fachrichtungen gäbe, die dann kooperieren, so dass man in breiterer Weise auf das Feld schauen kann."

Die Frage des Datenschutzes haben Sie bereits angesprochen. Es gab beim letzten Projekt Streit um die Frage der Verfügbarkeit von Personalakten. Ist diese Frage jetzt gelöst?

„Unser Ziel ist ja, dass dieses Material , was wir haben und was natürlich auch zu einem großen Teil in den letzten Jahren zu Tage gekommen ist, auszuwerten. Das heißt, dass all das Material, das relevant ist, auch ausgewertet werden kann. Wir wollen ja besser verstehen, wir wollen ja – soweit das geht – der Wahrheit ins Gesicht schauen. Da muss ja das Ziel sein, das auch zur Verfügung zu stellen, was an Material für ein Forschungsprojekt interessant und relevant ist und was uns zur Verfügung steht.
Es geht aber auch darum, das zu tun, ohne Persönlichkeitsrechte zu verletzen. Es muss sichergestellt werden, dass die staatlichen Datenschutzrichtlinien beachtet sind und auch die kirchlichen, so dass die Forscher mit gutem Gewissen forschen können, wir aber als Bischöfe unserer Verantwortung als Dienstgeber gerecht werden – all die Dinge, die abzuwägen sind, sind also bedacht."

Die Debatte läuft jetzt schon eine ganze Zeit; was für neue Erkenntnisse erwarten Sie sich oder was für ein Ziel strebt diese Studie jetzt an?

„Aus meiner Sicht sind das vor allem zwei Aspekte. Zunächst geht es noch einmal darum, verlässliches Zahlenmaterial zu bekommen. Wir sind ja immer wieder gefragt worden, wie das jetzt eigentlich in den Bistümern aussieht. Wenn man nicht vergleichbare Parameter hat, also Bedingungen, nach denen man das in Kategorien einteilen kann, (kann man nicht arbeiten, Anm. d. Red.). Es gibt ja Grenzverletzungen, die nicht gleich zu setzen sind mit Pädophilie. Wir haben auch negative Erfahrungen gemacht, wenn Bistümer und Ordensgemeinschaften Zahlen nennen und die dann falsch interpretiert werden. Es geht darum: Worüber sprechen wir? Und das muss vergleichbar und belastbar sein. Das ist der eine, quantitative Gesichtspunkt, der wichtig ist.
Dann ist es aber auch noch einmal wichtig zu schauen, was die institutionellen Aspekte sind. Wo ist man verantwortlich mit der Problematik umgegangen, auch in zurückliegenden Jahrzehnten, und wo waren Schwachstellen, auch systemischer Art, bei den Verantwortlichen? Gibt es Rahmenbedingungen, die Missbrauch begünstigt haben? Die Studie hat auch einen präventiven Aspekt: Wir wollen lernen, damit das in der Zukunft nicht wieder passiert." (rv)