Relator Kardinal Schönborn überrascht von Familienerzählungen

Kardinal SchönbornDie „neue Methode“ bei der Synode, die auch kleine Sprachgruppen betrifft, ist positiv. Das sagt im Gespräch mit Radio Vatikan der Wiener Kardinal Christoph Schönborn. Damit sei der direkte Austausch der Synodenteilnehmer besser möglich. Früher habe es nur Wortmeldungen von Bischöfen geben, oft ohne Zusammenhalt, nun komme es zu richtigen Diskussionen, zu einem Dialog, so Kardinal Schönborn.

„Hier gehen wir nach den drei Teilen des Arbeitspapiers vor: eine Woche gibt es den ersten Teil, in der zweiten Woche folgt der zweite Teil und in der dritten Woche der dritte Teil. Wir haben eine ganze Woche Zeit, um über den ersten Teil des Grundlagenpapieres zu arbeiten und die meiste Zeit verbringen wir in den Sprachgruppen. Das heißt eine viel intensivere Beteiligung der Teilnehmer der Synode und eine viel stärkere Konzentration auf das jeweilige Thema, damit verbunden ist aber auch eine viel effizientere, effektivere Arbeitsweise und somit auch zufriedenere Teilnehmer. Das Gefühl der Frustration, dass ich bei früheren Synoden erlebt habe, scheint mir hier überhaupt nicht vorhanden zu sein. Es herrscht eine intensive Arbeit, des Zusammenarbeitens und des Miteinander Gehens – und das ist ein ganz enormer Fortschritt.“

Außergewöhnlich waren für den Kardinal, der zugleich Moderator der deutschen Sprachguppe „Germanicus“ ist, die privaten Erzählungen der Bischöfe. In einigen Gruppen haben die Bischöfe über ihren eigenen Familienerfahrungen gesprochen.

„Und da gibt es alles, was zum Thema dieser Synode passt, natürlich auf der persönlichen Erfahrungsebene. Da gibt es die wunderbare Erfahrung des Glaubens, der Eltern, der Großeltern, in denen man aufwachsen konnte. Da gibt es aber auch Erfahrungen von Flucht, von Migration, von Scheidungen, von schmerzlichen Konflikten in der Familie. Da gibt es die Erfahrung der sogenannten ,extendet familiy´, der erweiterten Familie, der inneren Familie. Da gibt es die Erfahrungen des Glaubensweges innerhalb einer Familie, die vielleicht von weniger Glauben zu mehr Glauben gewachsen ist. Alles das wird viel lebendiger, wenn es nicht die Theorie unserer Familie ist, sondern unsere eigenen Erfahrungen sind. Wir sprechen hier nicht abstrakt, wir sprechen von dem, was wir selber erleben und was uns begegnet.“

Die deutsche Sprachgruppe selbst sei eine sehr homogene Sprachgruppe, so der österreichische Kardinal. Diese Homogenität – also auch die ähnlichen Meinungen und Übereinstimmungen der vor allem aus Deutschland und Österreich kommenden Teilnehmern (manche aus Ungarn, Türkei etc.) sei ein Mangel an Vielseitigkeit, der vielleicht in anderen Sprachgruppen gegeben sei. Kardinal Schönborn stellte im Gespräch mit Radio Vatikan klar, dass in „seiner“ Gruppe, auch wenn es die Medien so annehmen, nicht gestritten wurde.

„Man hat von medialer Seite erwartet, wenn man die Namen der fünf Kardinäle liest – ‚da müssen die Fetzen geflogen sein, da muss also heftig gestritten worden sein – wurde nicht. Vielleicht liegt das auch daran, dass der erste Teil des Synodendokuments der Blick auf die Realität ist, in der wir leben und da besteht sicher sehr viel Einmütigkeit.“

Mehr Widerstand sei wohl im zweiten Teil, also in der nächsten Woche zu erwarten. Denn da gehe es um die Lehre und die pastorale Anwendung, doch diese Spannung sei wohl auch notwendig für den Fortschritt. (rv)

Gruppe von Kardinal Sarah fordert „Intervention des Lehramts“

Kardinal SarahUnter den Berichten der drei französischen Sprachgruppen kann vor allem die „Gruppe B auf Interesse zählen: Immerhin spiegelt sie die Debatten in dem von Kurienkardinal Robert Sarah geleiteten Kreis. Diese „Gruppe B“ nennt nun das Grundlagendokument (Instrumentum Laboris) zu „negativ“ und aus „sehr europäischer“ Perspektive geschrieben; man müsse viel mehr darauf bestehen, dass Familien „ein Segen“ seien. „Nicht alles läuft schlecht in der Familie von heute, sie bleibt eine Schule der Menschlichkeit.“ Das Herausstreichen der „Würde der Frau“ sei schön und gut, doch drohe dabei „die Berufung und Mission des Mannes in der Familie manchmal überschattet oder vergessen zu werden“. Die Gender-Theorie wird von der „Relatio B“ – wie auch von einer weiteren französischen – als „ideologisch“ verworfen, „vor allem wenn sie durch bestimmte internationale Organisationen verbreitet oder sogar aufgezwungen wird“. Außerdem ruft die von Kardinal Sarah geleitete Gruppe nach einer „Intervention des Lehramts“: Damit solle dem Nebeneinander von Texten „mehr Kohärenz“ und, vor allem, „mehr Einfachheit im Ausdruck“ gegeben werden.

Der französische Sprachkreis A, geleitet von Kardinal Gérald Lacroix, drückt „eine gewisse Unruhe“ darüber aus, ob sich von der lebhaften Diskussion und den dabei gewonnenen Erkenntnissen genug im Synoden-Schlußdokument wiederfinden wird. Sprachkreis C unter Leitung von Bischof Maurice Piat betont, die Synodenväter seien „keine Psychologen oder Soziologen“, sondern müssten in erster Linie „als Männer des Glaubens“ und als Seelsorger sprechen. Das Schlußdokument solle „verhindern, dass irgendjemand sich von unserer Sorge ausgeschlossen fühlt“: „Erinnern wir uns daran, dass schon in der Bibel Familien oft dysfunktional sind!“ (rv)

Gegen Genderideologie, für Schönheit der Familie

Bischofssynode 2015Fasst man die Berichte der Sprachgruppen zusammen, so stellt man sofort fest, dass die Synodenteilnehmer bei gewissen Themen an einem Strang ziehen. Bei fast allen Sprachgruppen sprach man sich klar gegen die Genderideologie aus. Stattdessen solle die Kirche die Schönheit der Familie hervorheben. Auch der eurozentrische Blick wurde bei den meisten Gruppen kritisiert. Es fällt an sich auf, wie selbstkritisch die Sprachgruppen sind. (rv)

Die Zusammenfassung der deutschen Sprachgruppe finden Sie hier

Die Zusammenfassung der englischen Sprachgruppen finden Sie hier

Die Zusammenfassung der italienischen Sprachgruppen finden Sie hier

Die Zusammenfassung der spanischen Sprachgruppen finden Sie hier

Die Zusammenfassung der französischen Sprachgruppen finden Sie hier

(rv)

Unerlöste Schatten: Nostra Aetate 2.0

Kardinal KochDer emeritierte Wiener Professor der Kommunikationswissenschaft, Maximilian Gottschlich, ein Christ mit jüdischen Wurzel, hatte die Gelegenheit, dem Schweizer Kurienkardinal Kurt Koch sein neues Buch „Unerlöste Schatten“ über „Christen und den neuen Antisemitismus“ persönlich vorzustellen. Der Dogmatiker Kurt Koch, der seit 2010 Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen ist und somit auch Vorsitzender der Kommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum, zeigte sich angetan von der Idee, dass das Konzilsdokument „Nostra Aetate“ 50-Jahre später eine „Erneuerung“ brauche. Denn Antisemitsmus, sei laut Gottschlich, auch in der dritten Generation nach der Shoah in den „Köpfen und Herzen“ der Menschen vorhanden.

„Wir waren uns in der Diagnose der Situation relativ einig. Natürlich kann jemand wie ich als Kommunikationswissenschaftler mit jüdisch-christlichen Bezug, der von Außen die Dinge betrachtet, in leichterer Weise Forderungen stellen, was alles zu tun wäre. Derjenige, der es dann umsetzen muss, der sieht die Situation anders. Kardinal Koch, der auch zuständig ist für das Einheitssekretariat, hat sehr viele Aufgaben, die auf seine Schultern ruhen und da ist die Frage des Christentums und des Judentums sehr wichtig, aber eine Frage unter anderen. Mir ging es darum, klar zu machen, dass es eine ganz dringliche Frage ist, auch vor dem Hintergrund eben der neuen muslimischen Migrationsbewegung in Europa. Dass wir eigentlich jetzt Anlass haben, die Frage zu stellen, ob ein Nostrae Aetate 2 nicht notwendig wäre und dieses mit größerer medialer Begleiterscheinung als es quasi noch vor 50 Jahren war. Es gab keine konkreten Gespräche außer dem Umstand, dass wir im Gespräch bleiben und dass der Gedankenaustausch für uns fruchtbar sein kann.“

Vor allem Christen müssten in einem neuen Dokument auch die Verbindung des Christentums und des Judentums klarstellen und die „jüdische Mitte des christlichen Glaubens“ herausheben, fordert Gottschlich. „Ich denke, dass diese Anregung bei Kardinal Koch durchaus auf großes Interesse gestoßen ist. Und er hat gemeint, da ich aus Wien komme, dass wir möglicherweise auch einen Kontakt mit Kardinal Christoph Schönborn auf den Weg bringen können.“

Der emeritierte Professor nehme diese Herausforderung an. Er denkt dabei auch an das berühmte Vorbild Jules Isaac, der französische Jude und Holocaust-Überlebende, der den ganzen Prozess von Nostrae Aetate in Gang gebracht hatte. Im Jahre 1960 hatte er in einer Privataudienz Papst Johannes XXIII. umfangreiches Material seiner Aktivitäten zur „jüdisch-christlichen Freundschaft“ gegeben. „Er hat die Nacht vorher nicht gut geschlafen, schreibt er in seinen Tagebüchern. Denn wie kann man denn in so kurzer Zeit dem Papst versuchen klar zu machen, dass die Politik der Kirche gegenüber den Juden sich radikal verändern muss. Seine Präsenz und die wechselseitige Sympathie hatte dazu geführt, dass Johannes XXIII. den deutschen Bibelwissenschaftler und Kardinal Augustin Bea beauftragt hatte, einen Text vorzubereiten, der letztlich zu Erklärung Nostra Aetate geführt hat. Ich denke, wenn es so sein soll, wenn der Geist mitwirkt, dann wird sich vielleicht auch hier etwas neues bewegen,“ hofft Gottschlich. (rv)

Franziskus und Benedikt grüßen Vatikanischen Gendarmerie

Erzbischof Bertello"Ihr habt eine schwere Arbeit, die kontrastreich ist. Ihr müsst für Ordnung sorgen, Verbrechen vermeiden. Betet viel für den Herrn und mit der Fürsprache des Erzengel Michaels, wird er euch vor jeder Versuchung schützen: der Versuchung der Korruption, des Reichtums, Eitelkeit und Stolz. Je bescheidener euer Dienst – so wie der von Jesus – ist, umso fruchtbarer und nützlicher wird er für uns alle sein."

Mit diesen Worten feierte Papst Franziskus an diesem Samstag die vatikanische Gendarmerie in der heiligen Messe. In diesen Tagen feiert das Gendarmeriekorps der Vatikanstadt ihr Fest.Das Patronatsfest rund um das Fest des Heiligen Erzengels Michael am 29. September beging die Gendarmerie am Freitagabend in der Vatikanischen Audienzhalle, gemeinsam mit zahlreichen Bischöfen und Kardinälen, sowie Vertretern aus Politik und Staat. Zusätzlich gibt es14 neue Gendarme für den Vatikan. Die neben der Schweizer Garde weniger bekannte vatikanische Gendarmerie ist mindestens genauso wichtig für die Sicherheit des Papstes. Nach einem feierlichen Einzug der Parade mit der vatikanischen Flagge, gab die Musikkapelle der Gendarmerie gemeinsam mit dem Gitarristen Giorgio Albiani ein feierliches Konzert. Kardinal Giuseppe Bertello, Präsident des Governatorats der Vatikanstadt, bedankte sich bei den Gendarmen, dass sie mit ihrem Dienst nicht nur den Bischof von Rom schützten, sondern auch ein Glaubenszeugnis gäben. Es wurden Grüße vom Papst Franziskus und dem emeritierten Papst Benedikt XVI. überbracht.

In diesem Jahr gab es bei den Feierlichkeiten eine Besonderheit: 14 neue Gendarmen schwörten ihren Dienst für den Vatikan. „Das passiert nicht so oft, dass neue Gendarmen schwören“, sagt Marco Lucente. Er ist einer von den Neuen. Nach den offiziellen Feierlichkeiten wird er mit der Familie, Verwandten und Freunden weiterfeiern. Nach zweijähriger „Probezeit“ wurde er als fester Gendarm aufgenommen. Damit ist er nicht nur dem Papst und den zahlreichen Bischöfen verpflichtet, sondern auch den Pilgern: „Der Alltag ist sehr verschieden. Also es hängt davon ab, wenn der Papst verschiedene Treffen hat, zum Beispiel auf dem Petersplatz oder in der Aula Paolo VI., geht es darum auf die Pilger aufzupassen. Es gibt sehr viele Personen, wir wissen ja, auf dem Petersplatz passen mehr als 100.000 Personen. Es ist schwer, alle zu kontrollieren. Wenn jemand einen Arzt braucht oder auch zur generellen Sicherheit, Polizeiarbeit halt einfach, dafür sind wir da.“

Insgesamt gibt es rund 140 Gendarmen. Zirka zehn von ihnen waren mit dem Papst in Amerika unterwegs. Viele Menschen fragten ihn nach dem Unterschied zwischen der Schweizer Garde und der Gendarmerie, sagt Marco Lucente: „Sagen wir die Schweizer Garde ist eine Wehr. Die Gendarmerie ist die Polizei. Also haben die zwei ganz verschiedene Aufgaben. Die Schweizer Garde ist hauptsächlich da, um Sicherheit auch im Vatikan zu garantieren und im Apostolischen Palast, wo früher der Papst wohnte. Und die Gendaremerie ist da, um Sicherheit im Vatikan zu garantieren und im Ausland, wenn der Papst sich außerhalb des Vatikans bewegt.“

Nach den Feierlichkeiten am Freitagabend wurden die zahlreichen Gäste zu einem Empfang eingeladen. Im kommenden Jahr begeht die Gendarmerie den 200. Jahrestag der Gründung.

(rv)

Kardinal Müller: „Ich erwarte Klarheit von der Synode“

Kardinal MüllerEhe und Familie sind heute durch den „Laizismus, der die Religionsfreiheit beseitigt“, gefährdet. Das sagte der Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation, der deutsche Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller, bei einer Buchpräsentation in Rom. Vorgestellt wurde ein Werk des ehemaligen italienischen Senatspräsidenten Marcello Pera, der über Menschenrechte und Christentum geschrieben hat. Im Anschluss sagte Kardinal Müller unseren Kollegen der italienischen Abteilung von Radio Vatikan:

„Der Heilige Vater betont ständig die Bedeutung der Familie und der Ehe. Es handelt sich ja um die Zelle der Gesellschaft, aber auch der Kirche. Jede Familie ist eine sogenannte ,Hauskirche´. Ich erwarte deshalb von der Synode, dass sie in dieser Hinsicht mehr Klarheit schaffen wird, bezüglich der Bedeutung der Ehe als Sakrament und an sich die sakrale Bedeutung der Ehe.“

Bei der Synode, die am Sonntag mit einem Gottesdienst im Petersdom feierlich eröffnet wird, sollen auch „klare Worte“ zur Bedeutung von Ehe und Familie gesprochen werden, so Kardinal Müller.

„Die Ehe ist nicht nur eine ideale oder menschliche Vorstellung, sie ist vor allem ein Geschenk Gottes. Ich erwarte deshalb von den Synodenvätern Diskussionen, die nicht minderwertig sein werden, sondern die sich auf eine tiefe Kenntnis der Lehre Jesu, des Alten und Neuen Testaments und auf die wahre Bedeutung der Offenbarung von Seiten des Lehramtes stützen.“

Eine Gefahr sieht Kardinal Müller in der Vorstellung, dass dem Staat mehr Bedeutung zugemessen werde als dem Gewissen eines jeden einzelnen. Eine wichtige Rolle spielten diesbezüglich die Medien, so Kardinal Müller. Das sehe man bei der Debatte um die sogenannte Gender-Theorie.

„Es gibt Medien, die uns diese Gender-Ideologie unbedingt aufzwingen wollen. Und dabei geht es um etwas, das die komplette Zerstörung der menschlichen Grundlagen vorsieht. Das hat schreckliche Konsequenzen für unsere Kinder, Jugendlichen und auch für die Ehepaare. Deshalb müssen wir die Würde der Menschen verteidigen, die vom Schöpfergott her kommt, der uns all seine Güte schenkt und alle Voraussetzungen, damit wir nicht nur die natürliche Glückseligkeit erreichen, sondern auch die übernatürliche Freude. Und die ist das ewige Leben.“

Zur der Buchpräsentation war auch der emeritierte Kardinalvikar Roms Camillo Ruini anwesend. Er verwies auf den Unterschied zwischen Menschenrechten – also jene Rechte für alle – und den eigenen Wünschen. Viele verwechselten die „eigene Wunschliste“ mit dem Recht, an das Allgemeinwohl zu denken, so Ruini. (rv)