Unerlöste Schatten: Nostra Aetate 2.0

Kardinal KochDer emeritierte Wiener Professor der Kommunikationswissenschaft, Maximilian Gottschlich, ein Christ mit jüdischen Wurzel, hatte die Gelegenheit, dem Schweizer Kurienkardinal Kurt Koch sein neues Buch „Unerlöste Schatten“ über „Christen und den neuen Antisemitismus“ persönlich vorzustellen. Der Dogmatiker Kurt Koch, der seit 2010 Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen ist und somit auch Vorsitzender der Kommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum, zeigte sich angetan von der Idee, dass das Konzilsdokument „Nostra Aetate“ 50-Jahre später eine „Erneuerung“ brauche. Denn Antisemitsmus, sei laut Gottschlich, auch in der dritten Generation nach der Shoah in den „Köpfen und Herzen“ der Menschen vorhanden.

„Wir waren uns in der Diagnose der Situation relativ einig. Natürlich kann jemand wie ich als Kommunikationswissenschaftler mit jüdisch-christlichen Bezug, der von Außen die Dinge betrachtet, in leichterer Weise Forderungen stellen, was alles zu tun wäre. Derjenige, der es dann umsetzen muss, der sieht die Situation anders. Kardinal Koch, der auch zuständig ist für das Einheitssekretariat, hat sehr viele Aufgaben, die auf seine Schultern ruhen und da ist die Frage des Christentums und des Judentums sehr wichtig, aber eine Frage unter anderen. Mir ging es darum, klar zu machen, dass es eine ganz dringliche Frage ist, auch vor dem Hintergrund eben der neuen muslimischen Migrationsbewegung in Europa. Dass wir eigentlich jetzt Anlass haben, die Frage zu stellen, ob ein Nostrae Aetate 2 nicht notwendig wäre und dieses mit größerer medialer Begleiterscheinung als es quasi noch vor 50 Jahren war. Es gab keine konkreten Gespräche außer dem Umstand, dass wir im Gespräch bleiben und dass der Gedankenaustausch für uns fruchtbar sein kann.“

Vor allem Christen müssten in einem neuen Dokument auch die Verbindung des Christentums und des Judentums klarstellen und die „jüdische Mitte des christlichen Glaubens“ herausheben, fordert Gottschlich. „Ich denke, dass diese Anregung bei Kardinal Koch durchaus auf großes Interesse gestoßen ist. Und er hat gemeint, da ich aus Wien komme, dass wir möglicherweise auch einen Kontakt mit Kardinal Christoph Schönborn auf den Weg bringen können.“

Der emeritierte Professor nehme diese Herausforderung an. Er denkt dabei auch an das berühmte Vorbild Jules Isaac, der französische Jude und Holocaust-Überlebende, der den ganzen Prozess von Nostrae Aetate in Gang gebracht hatte. Im Jahre 1960 hatte er in einer Privataudienz Papst Johannes XXIII. umfangreiches Material seiner Aktivitäten zur „jüdisch-christlichen Freundschaft“ gegeben. „Er hat die Nacht vorher nicht gut geschlafen, schreibt er in seinen Tagebüchern. Denn wie kann man denn in so kurzer Zeit dem Papst versuchen klar zu machen, dass die Politik der Kirche gegenüber den Juden sich radikal verändern muss. Seine Präsenz und die wechselseitige Sympathie hatte dazu geführt, dass Johannes XXIII. den deutschen Bibelwissenschaftler und Kardinal Augustin Bea beauftragt hatte, einen Text vorzubereiten, der letztlich zu Erklärung Nostra Aetate geführt hat. Ich denke, wenn es so sein soll, wenn der Geist mitwirkt, dann wird sich vielleicht auch hier etwas neues bewegen,“ hofft Gottschlich. (rv)

Franziskus und Benedikt grüßen Vatikanischen Gendarmerie

Erzbischof Bertello"Ihr habt eine schwere Arbeit, die kontrastreich ist. Ihr müsst für Ordnung sorgen, Verbrechen vermeiden. Betet viel für den Herrn und mit der Fürsprache des Erzengel Michaels, wird er euch vor jeder Versuchung schützen: der Versuchung der Korruption, des Reichtums, Eitelkeit und Stolz. Je bescheidener euer Dienst – so wie der von Jesus – ist, umso fruchtbarer und nützlicher wird er für uns alle sein."

Mit diesen Worten feierte Papst Franziskus an diesem Samstag die vatikanische Gendarmerie in der heiligen Messe. In diesen Tagen feiert das Gendarmeriekorps der Vatikanstadt ihr Fest.Das Patronatsfest rund um das Fest des Heiligen Erzengels Michael am 29. September beging die Gendarmerie am Freitagabend in der Vatikanischen Audienzhalle, gemeinsam mit zahlreichen Bischöfen und Kardinälen, sowie Vertretern aus Politik und Staat. Zusätzlich gibt es14 neue Gendarme für den Vatikan. Die neben der Schweizer Garde weniger bekannte vatikanische Gendarmerie ist mindestens genauso wichtig für die Sicherheit des Papstes. Nach einem feierlichen Einzug der Parade mit der vatikanischen Flagge, gab die Musikkapelle der Gendarmerie gemeinsam mit dem Gitarristen Giorgio Albiani ein feierliches Konzert. Kardinal Giuseppe Bertello, Präsident des Governatorats der Vatikanstadt, bedankte sich bei den Gendarmen, dass sie mit ihrem Dienst nicht nur den Bischof von Rom schützten, sondern auch ein Glaubenszeugnis gäben. Es wurden Grüße vom Papst Franziskus und dem emeritierten Papst Benedikt XVI. überbracht.

In diesem Jahr gab es bei den Feierlichkeiten eine Besonderheit: 14 neue Gendarmen schwörten ihren Dienst für den Vatikan. „Das passiert nicht so oft, dass neue Gendarmen schwören“, sagt Marco Lucente. Er ist einer von den Neuen. Nach den offiziellen Feierlichkeiten wird er mit der Familie, Verwandten und Freunden weiterfeiern. Nach zweijähriger „Probezeit“ wurde er als fester Gendarm aufgenommen. Damit ist er nicht nur dem Papst und den zahlreichen Bischöfen verpflichtet, sondern auch den Pilgern: „Der Alltag ist sehr verschieden. Also es hängt davon ab, wenn der Papst verschiedene Treffen hat, zum Beispiel auf dem Petersplatz oder in der Aula Paolo VI., geht es darum auf die Pilger aufzupassen. Es gibt sehr viele Personen, wir wissen ja, auf dem Petersplatz passen mehr als 100.000 Personen. Es ist schwer, alle zu kontrollieren. Wenn jemand einen Arzt braucht oder auch zur generellen Sicherheit, Polizeiarbeit halt einfach, dafür sind wir da.“

Insgesamt gibt es rund 140 Gendarmen. Zirka zehn von ihnen waren mit dem Papst in Amerika unterwegs. Viele Menschen fragten ihn nach dem Unterschied zwischen der Schweizer Garde und der Gendarmerie, sagt Marco Lucente: „Sagen wir die Schweizer Garde ist eine Wehr. Die Gendarmerie ist die Polizei. Also haben die zwei ganz verschiedene Aufgaben. Die Schweizer Garde ist hauptsächlich da, um Sicherheit auch im Vatikan zu garantieren und im Apostolischen Palast, wo früher der Papst wohnte. Und die Gendaremerie ist da, um Sicherheit im Vatikan zu garantieren und im Ausland, wenn der Papst sich außerhalb des Vatikans bewegt.“

Nach den Feierlichkeiten am Freitagabend wurden die zahlreichen Gäste zu einem Empfang eingeladen. Im kommenden Jahr begeht die Gendarmerie den 200. Jahrestag der Gründung.

(rv)