Dominikaner: Den Mut haben, hinauszugehen

DominikanerMit einer großen Eucharistiefeier auf dem Aventin in Rom startete der Dominikanerorden am Wochenende in sein Jubiläumsjahr: Er feiert 800 Jahre seines Bestehens. Zu den Initiativen dieses Jahres gehört eine Gebetskette. Dabei wird in den etwa 200 Klöstern der Dominikaner und der Dominikanerinnen ein Jahr lang im Wechsel ununterbrochen in den Anliegen des Ordens gebetet. Während des Jubiläumsjahres will der Orden auch über eine Aktualisierung seines Predigt-Gründungscharismas nachdenken. Radio Vatikan sprach darüber mit dem Generaloberen des Dominikanerordens Bruno Cadoré.

Das Jubiläum fällt in das von Papst Franziskus ausgerufene Jahr der Orden, das noch bis Februar 2016 dauert. Im Zentrum steht für die Dominikaner hierbei das Hinausgehen, an die Ränder, zu jenen, die der Kirche fernstehen. 50 Jahre nach Verabschiedung des Dekrets „Perfectae caritatis“ über die Erneuerung des Ordenslebens durch das Zweite Vatikanische Konzil gilt es, diese Erneuerung wachzuhalten.

„Die Evangelisierung ist immer neu. Sie verändert sich im heutigen Kontext. Man muss immer wieder aufs Neue Wege finden, den Menschen die frohe Botschaft zu vermitteln. Die Methoden müssen erneuert werden, die Methoden der Begegnung, des Zuhörens und des Verstehens, was die richtigen Worte der Unterstützung und des Trostes sind, wie Barmherzigkeit gelebt werden kann.“

Die Welt von heute ist geprägt von großen Veränderungen. Es gebe neue Arten der Gemeinschaft, neue Wege, Freundschaften zu knüpfen. Aber eines bleibe immer gleich, so der Generalobere der Dominikaner: Die menschliche Begegnung, das gegenseitige Zuhören. Die Herausforderung sei es, in einer globalisierten Welt mit unterschiedlichen Kulturen Zeit und Wege zu finden, sich gemeinsam hinzusetzen und zuzuhören. „Diese Suche ist es, was uns antreibt“, so Pater Cadoré. Dabei wolle man auch Mut zeigen.

„Mut müssen wir zeigen, indem wir vor allem auf jene zugehen, die uns fernstehen. Zum einen können unsere Kirchen und Gemeinschaften die Freunde Christi empfangen. Zugleich müssen wir die Chance nutzen, Türen zu öffnen, hinauszugehen und jene zu treffen, die Jesus Christus noch nicht in ihrem Herzen haben.“

Kurz nach Beginn des Jubiläumsjahrs der Dominikaner startet im Dezember das von Franziskus ausgerufene Heilige Jahr der Barmherzigkeit. Für den Generaloberen Cadoré passt das gut zusammen.

„Seit seiner Gründung hat sich der Dominikanerorden sehr oft durch die Predigt der Barmherzigkeit ausgezeichnet. Die Barmherzigkeit stammt von Gott, weil er die Welt liebt, sie kommt aus seinem Inneren. Dieser Gott begegnet der Welt, um sie wieder neu zu beleben. Die Dominikaner wollten diese Botschaft immer vermitteln. Das Aufeinandertreffen der beiden Jubiläumsjahre erinnert uns an die essentielle Bedeutung der Botschaft der Barmherzigkeit für uns.“

Der Dominikaner-Orden gehört zu den wichtigsten Ordensgemeinschaften der katholischen Kirche. Er ist benannt nach seinem Gründer, dem heiligen Dominikus von Caleruega (1170-1221) aus Spanien. Das Ordenskürzel OP steht für „Orden der Predigerbrüder“ und beschreibt den Gründungsauftrag aus dem frühen 13. Jahrhundert: in glaubwürdiger evangelischer Armut den christlichen Glauben gegen die Irrlehren der Zeit zu verkünden. Die weltweit rund 6.300 Dominikaner und Dominikanerinnen wirken in 82 Nationen der Welt, auch der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn gehört dem Orden an.

Papst Franziskus gratulierte am Sonntag beim Angelusgebet den Dominikanern persönlich zu ihrem 800-jährigen Bestehen und dankte für das Wirken der Patres und Schwestern. „Vielen Dank für alles, was ihr in und für die Kirche getan habt“, sagte er am Sonntag nach dem Mittagsgebet auf dem Petersplatz. Er wünschte ihnen Gottes Segen für das Jubiläum. Das Jubeljahr des Ordens dauert bis 21. Januar 2017 und endet mit einem Gottesdienst in der Lateranbasilika in Rom. Als Stichtag und Anlass der Feiern haben die Dominikaner nicht die eigentliche Gründung im südfranzösischen Toulouse im April 1215 gewählt, sondern die päpstliche Bestätigung der Ordensregel durch Honorius III. im Dezember 1216. (rv)

Papst in Florenz: Im Zeichen des Humanismus

S. Maria del FioreAm Dienstag wird Papst Franziskus die Toskana besuchen, zunächst die Industriestadt Prato – dort leben Tausende von chinesischen Familien. Sie arbeiten vor allem in der – seit einiger Zeit schwächelnden – Textilindustrie. Gemessen am Vergleich zur einheimischen Bevölkerung leben in keiner Stadt Europas so viele Chinesen wie in Prato. Danach fährt Franziskus weiter nach Florenz, wo er den berühmten Dom besucht und mit Armen zu Mittag essen wird. Radio Vatikan sprach mit dem Erzbischof der Stadt, Kardinal Giuseppe Betori, über die Erwartungen an den Papst-Besuch.

Franziskus nimmt in Florenz auch wieder die Armen und Ausgeschlossenen der Gesellschaft in den Blick. Er wird in der Basilika „Santissima Annunziata“ Kranke treffen. Zu Mittag isst er mit Armen in der Kantine der Diözesan-Caritas. Der Altar für die Heilige Messe im Gemeinde-Stadion "Artemio Franchi" ist zudem ein Werk von Florentiner Häftlingen. Die Vorfreude ist bei allen groß, weiß der Erzbischof der Stadt, Giuseppe Betori:

„Die Menschen sehen ihn wie einen Vater: alle würden gerne mit ihm sprechen, ihn treffen. Die Menschen sehen ihn wie einen Vater, der ihnen nahe steht, der sich der Schwierigkeiten der heutigen Zeit annimmt, der sie versteht. Die Menschen sehen, dass dieser Papst die Leiden und Probleme der einfachen Leute, der Gläubigen erkannt hat.“

Im Zentrum des Besuchs von Papst Franziskus steht die 5. Nationale Studientagung der italienischen Kirche, die von Montag bis Freitag in Florenz stattfindet. Das Treffen steht unter dem Motto: „In Jesus ein neuer Humanismus“. Die Teilnehmer beraten über die Herausforderungen der heutigen Zeit, in denen die Grundwerte der persönlichen Existenz und der Familie verlorenzugehen scheinen. Es gelte, wie Papst Franziskus es fordert, die Zeichen der Zeit zu erkennen und die Sprache der Liebe zu sprechen, die Jesus den Menschen beigebracht hat. Nur eine Kirche, die nah bei den Menschen und ihrem alltäglichen Leben ist, bereitet den Boden für die Verkündung des Glaubens. Letztendlich geht es bei der Tagung darum, die menschliche Existenz wieder auf ein christliches Vorbild auszurichten, erklärt Erzbischof Betori.

„Das ist die Botschaft, die wir vermitteln wollen: Eine Botschaft der Hoffnung. Eine Botschaft, die konkret ist. Der Konvent will nicht einfach über den Menschen sprechen, sondern alle Erfahrung mit gutem Humanismus zusammentragen, auf dass sie sich in unserer Gesellschaft verwirklichen und einer Entmenschlichung entgegenwirken. Im Zentrum dieses Humanismus steht die Barmherzigkeit, die Aufmerksamkeit für die Armen, wie es uns die Tradition des wahren Florentiner Humanismus vorgibt.“

Florenz sei mit seiner Tradition der ideale Ausgangspunkt für eine Rückbesinnung auf die Werte des Humanismus, so der Erzbischof. Denn hier habe er schließlich einmal seinen Ausgang genommen.

„Natürlich bietet Florenz allen, die hier herkommen, zunächst einmal einen Anblick der Schönheit. Schließlich hat hier der Ausdruck der Schönheit ein sehr hohes Niveau erreicht. Ich wünsche mir, dass der Heilige Vater versteht, dass diese Schönheit nicht einfach nur das Werk eines genialen Künstlers ist, sondern die Frucht einer ganzen Gesellschaft, die über die Jahrhunderte in Harmonie aufgebaut wurde. In seiner Blütezeit fanden in Florenz die Suche nach Wahrheit, nach dem Guten und der Schönheit zu einer Einheit. Ein Beispiel: Als die Florentiner ein Haus für Waisenkinder gründeten, ließen sie nicht den erstbesten Vermesser ran, sondern ließen es vom größten Architekten ihrer Zeit errichten: Filippo Brunelleschi.“

(rv)