Messe zum Abschluss des Heiligen Jahres: „Jesus liebt weiter“

Heiliges Jahr 2015/16Es ist soweit: An diesem Sonntag um 9.58 Uhr hat Papst Franziskus die Heilige Pforte des Petersdoms geschlossen und somit das außerordentliche Jahr der Barmherzigkeit offiziell beendet. Nach einem letzten Erklingen der Hymne des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit und nach einem stillen Gebet hat der Papst selbst die Pforte geschlossen. Ein nächstes Mal wird die Tür für das Jubeljahr 2025 geöffnet werden – sofern nicht in der Zwischenzeit ein weiteres außerordentliches Heiliges Jahr ausgerufen wird. Im Beisein zahlreicher Würdenträger und etwa 70.000 Gläubiger und bei mildem Wetter feierte er anschließend den Abschlussgottesdienst des Heiligen Jahres auf dem Petersplatz. In einer Ansprache dankte er vor dem Angelusgebet ausdrücklich allen, die zum Gelingen des Heiligen Jahres beigetragen hatten.

Das „paradoxe“ Königtum Christi stellte der Papst in den Mittelpunkt seiner Predigt, die Kirche feiert am letzten Sonntag des Kirchenjahres das Hochfest Christkönig. Das Königtum ohne Macht und Ruhm, das am Kreuz hängt, der König der für dreißig Silberstücke verkauft ist. „Die Größe seines Reiches besteht nicht in der Macht nach Maßstäben der Welt, sondern gemäß der Liebe Gottes, einer Liebe, die alles erreichen und heilen kann“, so der Papst. Es sei eine Liebe, die „alles Leben umarmt und rettet“. „Er hat uns nicht verdammt, er hat uns auch nicht bezwungen, er hat nie unsere Freiheit verletzt, sondern er hat sich den Weg durch die demütige Liebe gebahnt, die alles entschuldigt, die alles hofft, die allem standhält“.

Diese paradoxe Herrschaft verwandle „Sünde in Gnade, Tod in Auferstehung, Angst in Vertrauen“, fuhr der Papst fort. Das alles wäre aber „umsonst, wenn wir ihn nicht persönlich aufnehmen und wenn wir nicht auch seine Art zu herrschen aufnehmen.“

Verwandelnde Herrschaft Christi

Drei Figuren aus dem Evangelium des Tages – die Kreuzigung Jesu – nahm der Papst zur Verständnishilfe dazu. Zunächst sei da das schaulustige Volk. „Es sind die gleichen Leute, die sich für die eigenen Bedürfnisse um Jesus gedrängt haben und jetzt Distanz halten“, so Franziskus. Es seien Menschen, die sein Königtum nicht annähmen und nicht zum Mitmenschen würden. Das wahre Volk hingegen sei gerufen, täglich Jesus mit dem eigenen Leben zu antworten.

„Es gibt eine zweite Gruppe, die sich aus verschiedenen Personen zusammensetzt: die führenden Männer des Volkes, die Soldaten und ein Verbrecher. Sie alle verspotten Jesus. Sie richten an ihn die gleiche Provokation: ‚Hilf dir selbst!’“ Diese zweite Gruppe ist in noch schlimmerer Versuchung als die erste, urteilt der Papst, es ist ein direkter Angriff auf die Liebe, ‚Hilf dir selbst!’, nicht den anderen, sondern dir selbst. Das Ich möge siegen mit seiner Kraft, mit seinem Ruhm, mit seinem Erfolg. Das ist die furchtbarste Versuchung, die erste und die letzte des Evangeliums.“ Jesus reagiere nicht und rechtfertige sein Königtum nicht, „Er liebt vielmehr weiter“.

Er liebt weiter

Gegen diese Versuchung gelte es anzukämpfen, gegen die Versuchung, vom Kreuz hinab zu steigen. „Die Anziehungskraft der Macht und des Erfolgs wird als ein leichter und schneller Weg für die Verbreitung des Evangeliums dargestellt und rasch wird dabei vergessen, wie das Reich Gottes wirkt. Dieses Jahr der Barmherzigkeit hat uns eingeladen, die Mitte wiederzuentdecken, zum Wesentlichen zurückzukehren“. Das Wesentliche, das sei für ihn eine gastfreundliche, freie, treue und missionarische Kirche, arm an Gütern und Reich an Liebe.

Die dritte Gestalt im Evangelium sei die des Verbrechers, vervollständigte der Papst seine Aufzählung. „Dieser Mensch hat einfach auf Jesus geschaut und dadurch an sein Reich geglaubt“, ohne sich zu verschließen. Dieser Mensch habe Barmherzigkeit erfahren. „Sobald wir ihm die Möglichkeit dazu geben, denkt Gott an uns. Er ist bereit, die Sünde vollständig und für immer zu tilgen, denn sein Gedächtnis zeichnet nicht das getane Böse auf und stellt nicht immer das erlittene Unrecht in Rechnung, wie es das unsere tut. Gott denkt nicht an die Sünde, er denkt an uns, an einen jeden von uns, seine geliebten Kinder. Und er glaubt, dass es immer möglich ist, neu zu beginnen und wieder aufzustehen.“

Barmherzigkeit geht weiter

Auch wenn die Heilige Pforte geschlossen werde, stehe die wahre Pforte der Barmherzigkeit immer offen, schloss der Papst seine Gedanken. „Viele Pilger haben die Heiligen Pforten durchschritten und jenseits lauter Berichterstattungen die große Güte des Herrn erfahren. Wir wollen dafür danken und uns daran erinnern, dass uns Barmherzigkeit zuteilwurde, damit wir die Gesinnung der Barmherzigkeit anlegen und auch wir zu Werkzeugen der Barmherzigkeit werden. Gehen wir diesen Weg weiter – gemeinsam.“ (rv)

Franziskus warnt Kardinäle vor „Virus der Polarisierung“ (Bericht, Wortlaut & Video)

cna_konsistorium19_11_2016VATIKANSTADT – Papst Franziskus hat am heutigen Samstag 17 neue Kardinäle der katholischen Kirche kreiert – und die anwesenden Purpurträger vor dem „Virus der Polarisierung“ gewarnt.

Im Rahmen einer heiligen Messe des Konsistoriums im Dom von St. Peter setzte der Pontifex den neuen Kardinälen ihr Birett auf. Als einziger nicht anwesend war – aus Gesundheitsgründen – der 87 Jahre alte Bischof emeritus Sebastian Koto Khoarai aus Lesotho im südlichen Afrika.

In seiner Predigt betonte Franziskus, in Anlehnung an die Worte Jesus im Tagesevangelium nach Lukas (Lk 6,27-36), dass es wichtig sei, vier Dinge zu tun: „Liebt, tut Gutes, segnet und betet“.

Dies sei jedoch nicht leicht, wenn man es auf seine Feinde anwende, so der Papst. Dabei sie genau dies eine der „ureigensten“ Merkmale der Lehre Jesu. Franziskus warnte, statt dieser Lehre der Logik der Gegnerschaft zu folgen, welche eine „Zunahme der Feindschaft unter den Völkern, unter uns, ausgesät [hat]! Ja, unter uns, in unseren Gemeinschaften, unseren Priesterkollegien, unseren Versammlungen“. Der Papst weiter:

Das Virus der Polarisierung und der Feindschaft dringt in unsere Art zu denken, zu fühlen und zu handeln ein. Dagegen sind wir nicht immun, und wir müssen aufpassen, dass eine solche Haltung nicht unser Herz in Beschlag nimmt, denn das würde sich gegen den Reichtum der Universalität der Kirche wenden, den wir in diesem Kardinalskollegium mit Händen greifen können.

Nach der Feier besuchte Franziskus mit den 17 neuen Kardinälen seinen Vorgänger, Benedikt XVI.

Benedikt wird auch morgen bei der Schließung der Heiligen Pforte im Petersdom nicht dabeisein, teilte der Vatikan mit. Bei der Öffnung war Benedikt noch als erster durch die Pforte gegangen.

Elise Harris trug zur Berichterstattung bei; ergänzt um 16:06 Uhr durch weitere Informationen.

CNA dokumentiert den vollen Wortlaut der Predigt von Franziskus, wie sie der Heilige Stuhl zur Verfügung gestellt hat.

Der Abschnitt aus dem Evangelium, den wir eben gehört haben (vgl. Lk 6,27-36), ist von vielen die „Feldpredigt“ genannt worden. Nach der Einsetzung der Zwölf stieg Jesus mit seinen Jüngern hinunter in die Ebene, wo eine Menschenmenge auf ihn wartete, um ihn zu hören und sich heilen zu lassen. Die Berufung der Apostel geht einher mit diesem „Sich-auf-den-Weg-Machen“ in die Ebene, zur Begegnung mit einer großen Anzahl von Menschen, die – wie der Evangelientext sagt – „geplagt“ waren (vgl. V. 18). Anstatt die Jünger oben auf dem Berg, auf dem Gipfel zu lassen, führt die Wahl sie ins Herz der Menge, stellt sie mitten in ihre Qualen hinein, auf die Ebene ihres Lebens. Auf diese Weise offenbart der Herr ihnen und uns, dass man den wahren Gipfel in der Ebene erreicht, und die Ebene erinnert uns daran, dass der Gipfel in einem Blick liegt und besonders in einem Aufruf: »Seid barmherzig, wie es auch euer Vater ist!« (V. 36).

Es ist eine Einladung, die von vier Imperativen, wir könnten sagen von vier Ermahnungen begleitet ist, die der Herr an sie richtet, um ihre Berufung in der Konkretheit, im Alltag des Lebens zu formen. Es sind vier Tätigkeiten, die dem Weg des Jüngers Form geben, Leibhaftigkeit verleihen und ihn greifbar machen sollten. Wir könnten sagen, dass es vier Abschnitte der Mystagogie der Barmherzigkeit sind: Liebt, tut Gutes, segnet und betet. Ich denke, dass wir über diese Aspekte alle einer Meinung sein können und dass sie uns auch als vernünftig erscheinen. Es sind vier Handlungen, die wir leicht verwirklichen mit unseren Freunden, mit den Menschen, die uns mehr oder weniger nahe stehen, nahe im Hinblick auf Zuneigung, Geschmack und Gewohnheiten.

Das Problem kommt auf, wenn Jesus uns die Zielgruppe dieser Handlungen vorstellt, und darin ist er ganz unmissverständlich, gebraucht er weder Umschweife, noch Beschönigungen. Liebt eure Feinde, tut Gutes denen, die euch hassen, segnet die, die euch verfluchen, betet für die, die euch misshandeln (vgl. V. 27-28).

Und das sind keine Handlungen, die gegenüber einem, der als Gegner, als Feind vor uns steht, selbstverständlich sind. Solchen gegenüber ist unsere erste, instinktive Haltung die, sie zu disqualifizieren, sie zu diskreditieren, sie zu verfluchen; in vielen Fällen versuchen wir, sie zu „verteufeln“, mit dem Ziel, eine „heilige“ Rechtfertigung zu haben, um sie uns vom Halse zu schaffen. Im Gegensatz dazu sagt uns Jesus in Bezug auf den Feind, auf den, der dich hasst, dich verflucht oder dich diffamiert: Liebe ihn, tu ihm Gutes, segne ihn und bete für ihn.

Wir stehen vor einer der ureigensten Charakteristiken der Botschaft Jesu, dort, wo sich seine Kraft und sein Geheimnis verbergen. Dort entspringt die Quelle unserer Freude, von dort kommen die Macht unserer Sendung und die Verkündigung der Frohen Botschaft. Der Feind ist einer, den ich lieben muss. Im Herzen Gottes gibt es keine Feinde, Gott hat nur Söhne und Töchter. Wir richten Mauern auf, bauen Barrieren und stufen die Menschen ein. Gott hat Söhne und Töchter, und zwar nicht, um sie sich vom Leibe zu halten. Die Liebe Gottes hat das Merkmal der Treue zu den Menschen, denn es ist eine leidenschaftliche Liebe, eine Mutter- und Vaterliebe zugleich, die sie nicht im Stich lässt, selbst wenn sie Fehler begangen haben.

Unser Vater wartet nicht darauf, die Welt erst dann zu lieben, wenn wir gut sein werden, er wartet nicht darauf, uns erst dann zu lieben, wenn wir weniger ungerecht oder wenn wir vollkommen sein werden. Er liebt uns, weil er die Wahl getroffen hat, uns zu lieben; er liebt uns, weil er uns die Gotteskindschaft verliehen hat. Er hat uns sogar geliebt, als wir noch Feinde waren (vgl. Röm 5,10). Die bedingungslose Liebe des Vaters zu allen war und ist ein echtes Erfordernis der Umkehr für unser armseliges Herz, das dazu neigt, zu richten, zu trennen, Gegensätze zu schaffen und zu verurteilen. Das Wissen, dass Gott auch den, der ihn ablehnt, weiter liebt, ist eine unerschöpfliche Quelle der Zuversicht und ein Ansporn für die Mission. Keine schmutzige Hand kann verhindern, dass Gott in diese Hand das Leben legt, das er uns schenken möchte.

Unsere Epoche ist gekennzeichnet durch gewaltige Problemkomplexe und Fragen auf Weltebene. Wir erleben eine Zeit, in der in unseren Gesellschaften die Polarisierung und die Ausschließung als einzige Möglichkeit zur Lösung von Konflikten seuchenartig wieder aufleben. So sehen wir zum Beispiel, wie jemand neben uns rasch nicht nur als Unbekannter oder Immigrant oder Flüchtling eingestuft, sondern als Bedrohung wahrgenommen und als Feind eingestuft wird. Feind, weil er aus einem fernen Land kommt oder weil er andere Bräuche hat. Feind wegen seiner Hautfarbe, wegen seiner Sprache oder seiner gesellschaftlichen Stellung, Feind, weil er anders denkt und auch weil er einen anderen Glauben hat. Feind weil… Und ohne dass wir es merken, macht sich diese Logik in unserer Lebens-, Handlungs- und Vorgehensweise breit. Dann beginnen alle und alles den Beigeschmack der Feindschaft zu haben.

Nach und nach verwandeln sich die Verschiedenheiten in Symptome von Feindseligkeit, Bedrohung und Gewalt. Wie viele Wunden vergrößern sich aufgrund dieser Seuche der Feindschaft und Gewalt, die im Fleisch vieler ihre Spuren hinterlässt, die keine Stimme haben, weil ihr Aufschrei schwächer geworden und schließlich verstummt ist aufgrund dieser Pathologie der Gleichgültigkeit! Wie viele Situationen der Unsicherheit und des Leidens werden durch diese Zunahme der Feindschaft unter den Völkern, unter uns, ausgesät! Ja, unter uns, in unseren Gemeinschaften, unseren Priesterkollegien, unseren Versammlungen.

Das Virus der Polarisierung und der Feindschaft dringt in unsere Art zu denken, zu fühlen und zu handeln ein. Dagegen sind wir nicht immun, und wir müssen aufpassen, dass eine solche Haltung nicht unser Herz in Beschlag nimmt, denn das würde sich gegen den Reichtum der Universalität der Kirche wenden, den wir in diesem Kardinalskollegium mit Händen greifen können.

Wir kommen aus fernen Ländern, haben unterschiedliche Bräuche, Hautfarben, Sprachen und gesellschaftliche Stellungen; wir haben unterschiedliche Denkweisen und feiern sogar den Glauben in verschiedenen Riten. Und nichts von alledem macht uns zu Feinden, im Gegenteil, es ist einer unserer größten Reichtümer.

Liebe Brüder, Jesus hört nicht auf, „vom Berg hinabzusteigen“, unaufhörlich möchte er uns in den Kreuzweg unserer Geschichte einfügen, um das Evangelium der Barmherzigkeit zu verkünden. Immer wieder ruft Jesus uns und sendet uns in die „Ebene“ unserer Völker, immer wieder lädt er uns ein, unser Leben damit zu verbringen, die Hoffnung unserer Leute zu unterstützen, als Zeichen der Versöhnung. Als Kirche sind wir immer wieder eingeladen, unsere Augen zu öffnen, um auf die Wunden so vieler Brüder und Schwestern zu schauen, die ihrer Würde beraubt sind, die in ihrer Würde beraubt sind.

Lieber Mitbruder und neuer Kardinal, der Weg zum Himmel beginnt in der Ebene, im Alltag des zerstückelten und miteinander geteilten Lebens, eines verausgabten und verschenkten Lebens. In der täglichen und stillschweigenden Gabe dessen, was wir sind. Unser Gipfel ist diese Qualität der Liebe; unser Ziel und unsere Bestrebung ist, zu versuchen, in der Ebene des Lebens gemeinsam mit dem Volk Gottes uns in Menschen zu verwandeln, die zu Vergebung und Versöhnung fähig sind.

Lieber Bruder, heute wird von dir verlangt, in deinem Herzen und in dem der Kirche diese Einladung zu bewahren, barmherzig wie der Vater zu sein und dabei dies im Bewusstsein zu haben: »Wenn uns etwas in heilige Sorge versetzen und unser Gewissen beunruhigen soll, dann ist es die Tatsache, dass so viele unserer Brüder und Schwestern ohne die Kraft, das Licht und den Trost der Freundschaft mit Jesus Christus leben, ohne eine Glaubensgemeinschaft, die sie aufnimmt, ohne einen Horizont von Sinn und Leben« (Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium 49. (CNA Deutsch)

Kommentar zum Konsistorium: Die Schuhe anlassen

BirettFeierliche Zeremonie im Petersdom, Franziskus kreiert 17 neue Kardinäle. Sie kommen aus aller Welt und werden das Gesicht des Kardinalskollegiums weiter verändern. Ein Kommentar von Anne Preckel.

Wie es der Ritus verlangt, schwören die Neuernannten dem Papst ihre Treue, im Notfall bis aufs Blut – deshalb die rote Farbe des Kardinalsbiretts, das der Pontifex seinen Kardinälen verleiht. Was auf den ersten Blick symbolträchtig und etwas überkommen erscheint, dem wird unter Papst Franziskus neues Leben eingehaucht: Vielen der Kirchenmännern, die der Papst an diesem trüben Novembertag in den Kardinalsstand hob, ist Blut ein Begriff, und zwar nicht nur als starkes Symbol.

Er wolle seine normalen Schuhe anlassen, bekannte etwa der Apostolische Nuntius von Damaskus vor seiner Erhebung zum Kardinal. Mit Bescheidenheit hatte das nichts zu tun, eher mit Zeugnis: Daran klebe das Blut syrischer Kinder, das er vors Petrusgrab tragen wolle, führte Mario Zenari aus. Kein Moment, um plakativ zu sein, nein, ganz ernsthaft: Der Nuntius und seine Priester waren in Aleppo und Damaskus wenige Tage zuvor noch über Leichen gestiegen.

Bekanntschaft mit dem Blut hat auch der Erzbischof von Bangui in der Zentralafrikanischen Republik gemacht. Dieudonne Nzapalainga ist der jüngste Neuzugang im Kardinalskollegium und erste Kardinal seines Landes. Immer wieder brechen in dem Bürgerkriegsland Differenzen entlang ethnisch-religiöser Linien auf, Anschläge extremer Muslime, Vergeltungsschläge von Christen, eine perfide Spirale der Gewalt. Nzapalainga ging beherzt auf seine muslimischen Mitbürger zu und brachte eine interreligiöse Friedensinitiative auf den Weg. Und es war in Bangui, nicht in Rom, wo Papst Franziskus die erste der Heiligen Pforten aufstieß.

Einer, der schon vor Jahrzehnten bereit war, sein Blut für die Kirche zu geben, ist der albanische Märtyrerpriester Ernest Simoni. Er war von den Kommunisten aufgrund seines Glaubens zu 18 Jahren Zwangsarbeit verurteilt worden und entging mehrere Male nur knapp dem Tod. Franziskus lernte den drahtigen, wortkargen Mann vor zwei Jahren in Tirana besser kennen und entschied daraufhin, Simoni für sein „Überlebenszeugnis“ mit der Kardinalswürde zu krönen.

Zugegeben, nicht alle der neuen Kardinäle kommen aus solch extremen Kontexten, viele jedoch, wie es Franziskus gefällt, „vom anderen Ende der Welt“ und aus Krisenregionen, die in Europa wenig Beachtung finden: Würdenträger aus fünf Ländern und sieben Diözesen sind dabei, die niemals einen Kardinal stellten, engagierte Seelsorger wie etwa der erste Kardinal Papua-Neuguineas, Erzbischof John Ribat, der sich für Flüchtlinge, Aids- und Malaria-Kranke einsetzt, oder der neue Erzbischof der Diözese Newark in den USA, dem ethnische Vielfalt und Einwanderer keine Angst machen. Auch nicht die Rassenkonflikte in den USA, schon wieder Blut, die die Kirche dort aktuell umtreiben.

Die Liste lässt sich fortsetzen, doch das führte hier zu weit. Halten wir fest: Was Europa gern als „Ränder der westlichen Zivilisation“, Entwicklungsländer oder Risikozonen abstempelt, will dieser Papst ganz nah bei sich und im Herzen der Kirche wissen. Darum geht es, wenn man sich ansieht, wie Franziskus entscheidet, in Punkto Personal und Pastoral. Dass dieser Papst keine Mehrheiten für eine Papstwahl am Schreibtisch austüftelt, muss man wohl nicht noch unterstreichen. Das Kardinalskollegium wird mit ihm internationaler, bunter, weniger europäisch, ja, man könnte auch sagen: Wirklichkeit hält stärker Einzug im Vatikan.

Vor einer Woche waren es im Petersdom noch Obdachlose, die den Marmorboden traten, die Woche davor Häftlinge, an diesem Samstag umarmt der Papst eben Kardinäle – keine disparate Reihe für Franziskus. Er sieht in Barmherzigkeit den Auftrag eines jeden Christen sieht, mit oder ohne Birett. (rv)

Papst an neue Kardinäle: Vorsicht vor Virus der Polarisierung

KonsistoriumDie katholische Kirche hat 17 neue Kardinäle: in einem feierlichen Gottesdienst überreichte der Papst an diesem Samstag, einen Tag vor der Schließung des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit, das rote Birett und mahnte sie, sich nicht vor Polarisierungen und Feindseligkeiten leiten zu lassen. Nach der Feier fuhren Franziskus und die 17 neuen Kardinäle in den Vatikanischen Gärten zum ehemaligen Kloster Mater Ecclesiae, wo der emeritierte Papst Benedikt XVI. wohnt. Dieser wird auch am Sonntag bei der Schließung der Heiligen Pforte von St. Peter nicht kommen, ließ der Vatikan verlauten.

Einzig der 87jährige Sebastian Koto Khoarai, emeritierter Bischof von Mohale’s Hoek im Lesotho, war nicht in Rom anwesend. Der Oblaten-Missionar ist der erste Kardinal aus dem Königreich Lesotho.

In seiner Predigt beim Ordentlichen Öffentlichen Konsistorium – wie die Kardinalskreierungsfeier heißt – ging der Papst auf das Tagesevangelium nach Lukas (Lk 6,27-36) ein, bei dem es um die sogenannte „Feldpredigt“ Jesu geht. Die Kardinäle als Kirchenmänner seien wie die Apostel dazu berufen, „sich auf den Weg“ zu machen und dem Aufruf Jesu zu folgen, barmherzig „wie es auch euer Vater ist“ zu sein.

Liebt, tut Gutes, segnet und betet

Vier Ermahnungen seien hierbei wichtig, fuhr Franziskus fort: Liebt, tut Gutes, segnet und betet. „Ich denke, dass wir über diese Aspekte alle einer Meinung sein können und dass sie uns auch als vernünftig erscheinen“, sagte der Papst. Es seien vier Handlungen, „die wir leicht verwirklichen mit unseren Freunden, mit den Menschen, die uns mehr oder weniger nahe stehen, nahe im Hinblick auf Zuneigung, Geschmack und Gewohnheiten“.

Aber so einfach ist es dann doch nicht, vor allem wenn man die eigentliche Zielgruppe nimmt, die Jesus angibt: Wie es in der Bibel geschrieben steht, soll man die eigenen Feinde lieben und jenen Gutes tun, die einen hassen. Man soll jene segnen, die einen verfluchen und für jene beten, die einen misshandeln.

Ihm sei bewusst, so der Papst, dass dies nicht selbstverständlich sei. Instinktiv sei man eher versucht, die Feinde zu verfluchen oder zu diskreditieren. „In vielen Fällen versuchen wir, sie zu ,verteufeln´, mit dem Ziel, eine ,heilige´ Rechtfertigung zu haben, um sie uns vom Halse zu schaffen“, so der Papst wörtlich.

Die Feindesliebe sei aber jener Ort, wo „die Quelle unserer Freude“ entspringe, denn im Herzen Gottes gebe es keine Feinde. „Wir richten Mauern auf, bauen Barrieren und stufen die Menschen ein. Gott hat Söhne und Töchter, und zwar nicht, um sie sich vom Leibe zu halten“, erläuterte der Papst. Selbst jener, der Gott ablehnt, wird vom Herrn geliebt.

Wir leben in einer Zeit der Polarisierung

Weiter ging Franziskus auf die gegenwärtige Zeit ein und die Schwierigkeit, die Problemkomplexe und Fragen auf Weltebene anzugehen. „Wir erleben eine Zeit, in der in unseren Gesellschaften die Polarisierung und die Ausschließung als einzige Möglichkeit zur Lösung von Konflikten seuchenartig wieder aufleben“, betonte der Papst. Ein Unbekannter oder ein Flüchtling werde auf diese Weise rasch als Bedrohung wahrgenommen, ja sogar als Feind eingestuft. Und das nur, weil der Andere eine andere Hautfarbe, Bräuche oder Glauben hat. „Und ohne dass wir es merken, macht sich diese Logik in unserer Lebens-, Handlungs- und Vorgehensweise breit. Dann beginnen alle und alles den Beigeschmack der Feindschaft zu haben“, erläuterte der Papst.

Die Verschiedenheit wird zur Feindseligkeit, die Bedrohung wandelt sich in Gewalt um. Und noch schlimmer wird es, wenn Gleichgültigkeit herrscht. „Wie viele Situationen der Unsicherheit und des Leidens werden durch diese Zunahme der Feindschaft unter den Völkern, unter uns, ausgesät! Ja, unter uns, in unseren Gemeinschaften, unseren Priesterkollegien, unseren Versammlungen“, hob der Papst hervor und sprach vom „Virus der Polarisierung“, der das Denken, Fühlen und Handeln befallen kann. Die verschiedenen Herkunft der neuen Kardinälen zeigten trotz der Unterschiede, dass „nichts von alledem“ sie zu Feinden mache, „im Gegenteil, es ist einer unserer größten Reichtümer“, fügte Franziskus an. (rv)

„Manche verstehen immer noch nicht“: Papst Franziskus über Amoris Laetitia-Debatte

cna_franziskus_rueckflugVATIKANSTADT – Papst Franziskus hat offenbar Kritikern seines nachsynodalen Schreibens Amoris Laetitia („die Freude der Liebe“) vorgeworfen, dieses nicht verstanden zu haben.

In einem weitreichenden Interview mit der Zeitung der italienischen Bischofskonferenz, Avvenire, sagt der Papst: „Manche – denken Sie an die Entgegnungen auf Amoris Laetitia – verstehen immer noch nicht“. Das liege daran, dass diese Personen nach dem Schema „schwarz oder weiß“ dächten, „selbst wenn wir im Fluss des Lebens unterscheiden müssen“, so Franziskus.

„Die Kirche existiert einzig als ein Instrument, dass den Menschen Gottes barmherzige Absicht mitteilt“, so Franziskus. Während des Zweiten Vatikanischen Konzils habe die Kirche „das Bedürfnis gespürt, in der Welt als sichtbares Zeichen der Liebe des Vaters zu sein.“

Das Konzil, besonders das Dokument Lumen Gentium, habe – so Franziskus – die Achse der christlichen Vorstellung „von einer bestimmten Form des Legalismus, die ideologisch sein kann“ hin zu Gott selbst verschoben, der durch Seinen Sohn Mensch wurde.

In diesem Zusammenhang spricht der Papst dann über Reaktionen auf Amoris Laetitia, beziehungsweise solche, die dass „immer noch nicht verstehen“.

Auch wenn der Papst keine Namen nennt: Es liegt nahe, anzunehmen, dass seine Worte auf die vier Kardinäle gemünzt sind, die im September dem Papst einen Brief geschrieben haben; in diesem bitten sie Franziskus, fünf Fragen über Amoris Laetitia zu beantworten. Dabei geht es unter anderem um die Frage des Verständnisses der Lehre der Kirche, genauer, ob „die Existenz absoluter moralischer Normen, die ohne Ausnahme gelten und in sich schlechte Handlungen verbieten“ bestätigt werden kann.

Nachdem Franziskus diesen Brief jedoch nicht beantwortete, wandten sich die Kardinäle mit ihren Fragen am 14. November an die Öffentlichkeit.

Obwohl die Autoren davor warnten, den Brief als Kritik an der Person des Papstes zu lesen, sondern als Bitte „die Ungewissheiten zu beseitigen und Klarheit zu schaffen“, wurde er als solcher von manchen interpretiert.

Zugleich ist das Schreiben der Kardinäle Walter Brandmüller, Joachim Meisner, Carlo Caffara und Raymond Leo Burke der jüngste und prominenteste Beitrag zu einer seit Monaten andauernden Debatte um das Schreiben, welches der Papst am 8. April 2016 vorlegte, sowie um die – bisweilen einander völlig widersprechenden – Interpretationen der Exhortation.

Tatsächlich wird bis heute diskutiert, ob der Papst die Regelung

Kardinal Burke hat in einem Interview mit Edward Pentin vom „National Catholic Register“ nach Veröffentlichung des Briefs noch einmal betont, dass die Nachfrage der Kardinäle ein Akt der Nächstenliebe gegenüber des Papstes gewesen sei, und ein Versuch, die „tiefe Kluft“ zu überwinden, die vor allem das achte Kapitel versursacht habe.

In diesem öffnet – so zumindest die heftig diskutierte Frage – Franziskus möglicherweise die Tür für die Zulassung von Katholiken unter bestimmten Umständen zur Kommunion, auch wenn diese etwa staatlich geschieden und wiederverheiratet sind und nicht enthaltsam leben, wie es bisher die Lehre der Kirche fordert.

Sollte der Papst die Fragen der Kardinäle zu dieser andauernden Verwirrung nicht klären, so der Kirchenrechts-Experte Burke im Interview weiter, dann würden die Schreiber des Briefs erwägen, den Päpst dahingehend „zu korrigieren“. (CNA Deutsch)

Spiel mit der Katastrophe: Heiliger Stuhl warnt an Vereinten Nationen vor Biowaffen

UNO-FahneVATIKANSTADT – Bei den Vereinten Nationen in Genf findet diesen Monat die achte Überprüfungskonferenz zum Abkommen über Biologische Waffen (Biological Weapons Conference, BWC) statt.

Biologische Kriegsführung – auch als bakteriologische Kriegsführung bekannt – bezeichnet die Verwendung von Krankheitserregern oder Toxinen als Kriegshandlung mit der Absicht, Menschen, Tiere oder Pflanzen zu töten oder kampfunfähig zu machen.

Die BWC trat als erstes multilaterales Abrüstungsabkommen, das die Produktion und Nutzung einer ganzen Waffenkategorie verbietet, am 26. März 1975 in Kraft. Seitdem sind 178 Staaten der Konvention beigetreten, sechs weitere haben den Vertrag unterzeichnet.

Die BWC verbietet rechtskräftig die Entwicklung, Herstellung, Anschaffung, Lagerung, Weitergabe und Nutzung biologischer Waffen und Toxine. Sie ist Schwerpunkt der Bemühungen der internationalen Staatengemeinschaft, der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen entgegenzutreten.

Stefano Saldi, Abrüstungsattaché der Gesandtschaft des Heiligen Stuhls bei den Vereinten Nationen in Genf, betonte: „Der Heilige Stuhl ist der Biowaffenkonferenz 2002 beigetreten. Das hier ist also unsere dritte Überprüfungskonferenz. Es ist für die Vertragsstaaten eine gute Gelegenheit, Ideen auszutauschen und Wege zu finden, das Abkommen zu festigen und auszubauen.“

Erzbischof Ivan Jurkovic, ständiger Vertreter des Heiligen Stuhls bei den Vereinten Nationen in Genf, fügte hinzu: „Der Heilige Stuhl ist grundsätzlich mit dabei, wenn es darum geht wichtige Konzepte zu unterstützen, Konzepte, die für die Menschheit von Bedeutung sind. In diesem Fall geht es um die enorme Gefahr biologischer Waffen. Waffen die Krankheiten benutzen gegen den Feind oder die anderen zu kämpfen. Die Krankheitsviren kennen jedoch keine Landesgrenzen – man spielt also hier mit einer Katastrophe.“

Grundformen biologischer Kriegsführung wurden bereits 400 v. Chr. praktiziert, als skythische Bogenschützen ihre Pfeile in verwesende Leichen tauchten. Schriftlich belegt wurde die Nutzung „biologischer Mittel“ zum ersten Mal , als die Römer tote Tiere gebrauchten, um die Trinkwasservorräte des Feindes zu verseuchen. In den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts erforschten die Nazis die Möglichkeit, Mücken als biologische Waffen einzusetzen.

„Wir haben einen Punkt erreicht an dem sich solche Waffen der menschlichen Kontrolle entziehen können. Das ist höchst gefährlich weil wir es hier mit Massenvernichtungswaffen zu tun haben. Es ist also wichtig, dass die Konvention mit dem technologischen Fortschritt mithält, um ihrer Zielsetzung weiterhin gerecht zu werden. Auch das ist ein Aspekt, der diskutiert wird“, sagte Stefano Saldi.

Erzbischof Ivan Jurkovic betonte: „Wir versuchen den Fortschritt voran zu bringen. Wir suchen Wege, besser zu leben, gerechter zu leben und mehr Fortbildung zu ermöglichen. Sie können sich jedoch vorstellen, dass angesichts solcher drastischen Waffen jede Rede von Fortschritt bedeutungslos wird.“

Die Konferenz unterstrich: Aufklärungsarbeit spielt eine entscheidende Rolle, um das Problem bei seinen Wurzeln anzugehen. Verhaltensregeln und Schulungen in Ethik sollten auf Länderebene entwickelt und respektiert werden. Alle Interessenvertreter sollten mit vereinten Kräften arbeiten: Wissenschaftler, Universitäten, Industrie, Regierungen und internationale Behörden sollten sich gemeinsam dafür verantwortlich fühlen, Biotechnologie anzuwenden, um das Leben und menschliche Entwicklung ganzheitlich zu fördern.

Wie Papst Franziskus erinnert: „Wir müssen uns ständig über die Ziele von Wissenschaft und Technologie und deren Auswirkungen und ethischen Grenzen bewusst sein, da diese ansonsten eine erhebliche Gefahr darstellen können.“ (Laudato Si, 131)

„Bestimmte Waffen, oder wenn man so will, ein bestimmtes menschliches Handeln oder auch bestimmte Ergebnisse menschlichen Fortschritts, “ so Erzbischof Ivan Jurkovic, und fuhr fort:

Dieser Bericht wurde vom U.N.-Korrespondenten Christian Peschken, Pax Press Agency in Genf, verfasst. Der Bericht wird auch bei EWTN – Katholisches Fernsehen zu sehen sein im Rahmen des Magazins ‚Vatikano‘. Weitere Informationen zu Pax Press Agency

„Wie die zunehmende Verbreitung von ‚Do-it-yourself Heimwerker-Biologie‘ und ‚Garagenlaboren‘ beweisen, sind die Mittel für die Produktion biologischer Waffen einem größeren Personenkreis zugänglich. Kein Staat kann den Krieg gegen die Verbreitung biologischer Waffen allein gewinnen. Um nichtstaatliche Akteure davon abzuhalten, biologische Waffen zu erwerben, herzustellen oder zu nutzen bedarf es eines kollektiven Willens und gemeinsamen Handelns auf dem Gebiet der Sicherheit, besonders der biologischen Sicherheit. Auch eine verbesserte internationale Zusammenarbeit und Unterstützung sowie größere Leistungskapazitäten sind hier vonnöten“.

unter www.paxpressagency.com. (CNA Deutsch)

Ernest Simoni: Der Märtyrer-Kardinal aus Albanien

Ernest simoniEr ist einer der wohlverdienten Kleriker, den der Papst am Samstag in den Kardinalsstand heben wird, und er kommt sozusagen „vom Rande Europas“ in den Vatikan: der albanische Priester Ernest Simoni . Der heute 87-jährige Albaner erlebte im Kommunismus Jahrzehnte der Unterdrückung, saß im Gefängnis und leistete Zwangsarbeit ab. Sein Zeugnis bewegte den Papst, der Albanien im September 2014 besuchte. Simoni trug damals in der Paulus-Kathedrale von Tirana vor.

Bereit, für den Glauben zu sterben

Es war der 24. Dezember 1963, als die Häscher des „ersten atheistischen Staates der Welt“ den jungen Priester in Nordalbanien festnahmen. Er feierte gerade die Weihnachtsmesse im Dorf Barbullush südlich der Stadt Shkoder, aus der Region kamen viele der katholischen Märtyrer, die sich dem Regime damals widersetzten: „Sie legten mir Handschellen an, banden mir die Hände hinter dem Rücken zusammen und trieben mich mit Fußtritten in ihr Auto. Aus der Kirche brachten sie mich in eine Zelle, wo ich drei Monate unter menschenunwürdigen Bedingungen verbrachte. Gefesselt brachten sie mich zum Verhör. Ihr Anführer sagte mir: ,Du wirst als Feind erhängt, denn du hast dem Volk gesagt, dass wir alle für Christus werden sterben, wenn es nötig ist.‘ Sie zogen die Eisen an meinen Händen so sehr an, dass mein Herzschlag aufhörte und ich fast starb. Sie wollten, dass ich gegen die Kirche und deren Hierarchie aussagte. Ich habe das nicht akzeptiert. Nach der Folter war ich fast tot. Als sie mich so sahen, ließen sie mich frei. Der Herr wollte, dass ich weiterlebte.“

Schuften in der Hölle

Simonis Todesurteil wurde damals in Zwangsarbeit umgewandelt, 18 Jahre lang musste er als Mienenarbeiter schuften, tauchte buchstäblich ab in die Hölle. Über diese Grenzerfahrung berichtete der Priester im Kontext des Papstbesuches in Tirana im Interview mit Radio Vatikan: „Das war bis zu 500 Metern unter der Erde, wo ich graben musste. Dort hat uns Gott jeden Tag vor dem Tode bewahrt, denn die Miene war nicht ausgerüstet oder abgesichert, es gab giftige Dämpfe und Wasser, das mit Schwefelsäure vermischt war – doch Gott hat uns alle gerettet.“

Um sich und andere zu schützen, isolierte er sich, kaum sprach er mit anderen Gefangenen. Kraft gab ihm das Gebet, so der Priester, einige im Lager hätten ihn für verrückt erklärt, sagt P. Simoni und – er lacht: „Das ist die Gnade Gottes. Ich habe mich nie beschwert, ich immer Hoffnung in Jesu Worte gesetzt: ich werde bei euch sein, bis zum Ende. Ich betete den Rosenkranz, und die anderen nicht-katholischen Gefangen wunderten sich manchmal, dachten wohl, ich sei verrückt geworden und würde mit mir selber sprechen.“

Verrückt zu werden – wohl das Naheliegendste unter solchen Umständen. Nicht so Pater Simoni: „Denn Jesus lebt mit all jenen, die ihn lieben.“

Nach fast zwei Jahrzehnten wurde Pater Simoni 1981 aus der Gefangenschaft entlassen, er hatte überlebt. Er musste fortan als Kanalarbeiter arbeiten und wurde weiter ständig überwacht. Seinen Glauben konnte er auch in den 80er Jahren nur im Untergrund praktizieren, erst mit dem Fall des kommunistischen Regimes im Jahr 1990 konnte er in Albanien wieder offen für die katholische Kirche wirken. So schlichtete er etwa seitdem vielfach Familienfehden, die in Albanien häufig blutig enden.

Sein Zeugnis bewegte den Papst

Es war im September 2014, als der Papst auf Simoni aufmerksam wurde. Die Abgründe der Religionsverfolgung in Albanien waren für Franziskus, so hat er das selbst gesagt auf seiner Albanien-Reise, „eine Überraschung“: „Ich wusste nicht, dass euer Volk so gelitten hat“, so der Papst wörtlich bei einer Vesperfeier mit Priestern, Orden und Laien in Tirana. Zwei Jahre später, im Oktober 2016, gab der Papst bekannt, Pater Ernest Simoni in den Kardinalsstand heben zu wollen. Papstwähler wird der über 80-Jährige nicht sein, eines aber hat er schon getan, was eines Kardinales würdig ist: sein Blut gegeben für die Kirche. (rv)

Italien: Kardinal Antonelli begeht seinen 80. Geburtstag

ANTONELLIDie emeritierte Präsident des Päpstlichen Rates für die Familie, Ennio Kardinal Antonelli, begeht heute seinen 80. Geburtstag. Von 2001 bis 2008 war er Erzbischof von Florenz, bis ihn Papst Benedikt XVI. 2008 zum Leiter des Dikasteriums berief. Antonelli ist seit 2003 im Kardinalsstand und verliert mit seinem heutigen Geburtstag sein aktives Wahlrecht in einem künftigen Konklave. 2005 und 2013 war er Teilnehmer bei den Papstwahlen in Rom.

Das Kardinalskollegium hat somit noch 108 wahlberechtigte Kardinäle und umfasst insgesamt 211 Kollegiumsmitglieder. Mit dem morgen stattfindenden Kardinalskollegium wird die Anzahl der Konklavewähler auf 121 Purpurträger ansteigen und das Kollegium eine Gesamtanzahl von 228 Kardinälen haben. (vh)

Vatikan/Syrien: „Kardinalsrot bedeutet Blut“

zenariAm Samstag kreiert Franziskus neue Kardinäle. Zum Kardinal erhoben zu werden hat vor allem mit Würde und Entscheidungsmacht zu tun, mag man denken – dieser Eindruck verstärkt sich nicht zuletzt durch die pompöse Zeremonie im Petersdom. Der diesjährige Kandidat aus Syrien setzt diesen Akzent: „Das scharlachrote Kardinalsrot bedeutet Blut, es bedeutet dazu bereit zu sein, sein Blut für die Treue zu Christus und seine Kirche zu geben“, erinnert der Nuntius von Damaskus im Interview mit Radio Vatikan. Erzbischof Mario Zenari ist gebürtiger Italiener und einer der 17 kirchlichen Würdenträger, denen der Papst am Samstag das rote Birett aufsetzen wird.

Er deutet seine Erhebung zum Kardinal als Zeichen der Solidarität mit der notleidenden syrischen Bevölkerung:

„Ich habe da direkt an Syrien gedacht: Diese Kardinalswürde enthält das Blut vieler Menschen, vor allem der Kinder. Ich werde also all diese Personen, all das Leid am Samstag und Sonntag zum Petersplatz tragen. Ich erinnere mich etwa an die zwei Kinder, vier und neun Jahre alt, die auf einem Balkon in Damaskus von eine Mörsergranate getroffen wurden, als sie dort auf ihre Mutter warteten. Sie waren auf der Stelle tot. Dann, vor ein paar Monaten, ein weiterer Fall in Aleppo: Eine Granate fiel auf ein Altenheim, das von einer Ordensgemeinschaft geführt wurde. Als ich in Eile dort ankam, sah ich das Blut auf der Erde, das Blut einer alten Frau, die voll getroffen worden war. Wenn ich jetzt zum Petersdom komme, behalte ich meine Schuhe an, an denen dieses Blut klebt. Ich trage es vor das Petrusgrab.“

Zum Ende des Heiligen Jahre der Barmherzigkeit feiert Erzbischof Zenari am kommenden Sonntag zusammen mit dem Papst und den anderen neuen Kardinälen eine Heilige Messe im Petersdom. Das Motto des Jubeljahres versteht der Nuntius in Syrien nicht als guten Vorsatz; es sei für die kirchlichen Helfer vor Ort sozusagen das tägliche Brot im Kriegsalltag – etwa wenn es um die Bestattung der Toten geht: „In Europa ruft man ein Unternehmen an und macht die Beerdigung. In Syrien gibt es Menschen, Priester, die unter Beschuss der Heckenschützen ihr Leben riskieren, um von den Straßen die Toten aufzulesen. Und wenn wir über die Bestattung sprechen: man geht von 400.000 Toten in Syrien aus.“

Von 400.000 Toten und 2 Millionen Verletzten, 5 Millionen Isolierten und tausenden Belagerten, die aufgrund der Kriegsgefechte nur schwer oder gar keine Hilfe erreicht, 4,5 Millionen Flüchtlingen und 7 Millionen Binnenflüchtlingen. Insgesamt seien 13,5 Millionen Menschen im Land dringend auf Hilfe angewiesen. Der Nuntius nennt ein paar Zahlen, zeichnet mit groben Strichen die Fratze des Krieges. Vor allem Essen und Trinkwasser seien ein Riesenproblem, da Zuleitungen zerstört worden seien. Das sei aber noch nicht alles, fügt Zenari dann an: „Das, was man nicht sieht, die größten Schäden, sind die Bomben, die in die Seele eingedrungen sind, in die Herzen der Kinder, die so viel Gewalt gesehen haben. In ein paar Jahren wird man diese Gebäude, die Infrastrukturen wieder aufbauen; wie aber kann man die Herzen, die Seelen dieser Kinder wieder heilen, die solch tiefe Wunden davongetragen haben? Das ist eine Herausforderung für alle Religionen in Syrien, dieser Wiederaufbau der Seelen. (rv)

Brasilien: Kardinal Damasceno Assis geht in Ruhestand

damasceno-assisKardinal Raymundo Damasceno Assis geht in Ruhestand. Papst Franziskus hat seinen Rücktritt aus Altersgründen angenommen und einen Nachfolger für sein Bistum Aparecida benannt, wie der Vatikan an diesem Mittwoch bekannt gab. Kardinal Damasceno war zuletzt bekannt geworden, weil er als einer der vier Präsidenten die beiden Versammlungen der Bischofssynode zum Thema Familie geleitet hatte. Sein Bistum Aparecida beherbergt das größte Heiligtum des Landes, die Statue der Muttergottes, die der Stadt ihren Namen gibt.

Kardinal Damasceno ist 79 Jahre alt, sein Papstwahlrecht hat er noch bis zu seinem kommenden Geburtstag im Februar inne. (rv)