Wie Papst Benedikt heute zu seinem Rücktritt steht: Interview mit Erzbischof Gänswein

cna_GaensweinVATIKANSTADT – Wie steht Papst Benedikt heute zu seiner Entscheidung, zurückzutreten? Wie bewertet Erzbischof Georg Gänswein die Reaktionen auf seine Aussagen über ein „potenziertes Pontifikat“? Was ist mit der Prophezeiung des Malachias? Und: Benutzen, seit Franziskus vom „Geruch der Herde“ gesprochen hat, den die Hirten haben sollten, manche Prälaten kein Rasierwasser mehr?

Antworten auf diese und viele weitere Fragen gibt das Interview, das EWTN-Romkorrespondent und CNA-Autor Paul Badde mit dem Präfekten des Päpstlichen Hauses geführt hat.

„Die Natur hat gesprochen“

Ausgangspunkt ist der schicksalshafte 11. Februar 2013, an dessen Morgen gab Papst Benedikt bekannt, auf das Amt zu verzichten. Was dachte Erzbischof Gänswein sich, als am gleichen Abend ein mächtiger Blitz in die Kuppel des Petersdoms einschlug? Er habe an dem Abend das Unwetter gehört, aber er habe den Blitz nicht gesehen – erst danach in den Fotografien. „Der Eindruck war der, dass von oben ein Zeichen gekommen sei, eine Reaktion.“ Auch Papst Benedikt, der eine unheimliche Präsenz mit einer entwaffnenden Milde verbinde – habe nur das Getöse mitbekommen: „Die Akustik, nicht die Optik“. Er habe ihm ein paar Tage später ein paar Bilder gezeigt und Benedikt habe ihn gefragt, ob das wirklich wahr sei oder eine digitale Montage…doch die Natur habe gesprochen.

Wie Papst Benedikt heute über die Entscheidung des Rücktritts denkt

Erzbischof Gänswein spricht offen darüber, wie schmerzhaft auch für ihn persönlich der Abschied Benedikts von seinem Amt und dem päpstlichen Haus war: „In der Tat habe ich den Tränen freien Lauf lassen müssen“, räumt Dr. Gänswein ein. Doch: „Inzwischen sind drei Jahr vergangen, und es ist sehr viel an Reflektion geschehen, auch an eigener Reflektion“, sagt der Präfekt des Päpstlichen Hauses.

„Und ich sehe, dass Papst Benedikt mit dem Schritt nach wie vor nicht nur lebt, sondern in vollem Frieden lebt, und dass er – nach wie vor und vielleicht mehr denn je – überzeugt ist und war, dass dieser Schritt richtig gewesen ist. Das hat auch mir geholfen, innerlich von meiner anfänglichen Resistenz Abschied zu nehmen und einfach das anzunehmen, was Papst Benedikt nach langem Ringen und Gebet wirklich gesehen, und als richtig erkannt und auch entschieden hat.“

Am meisten gefreut seit seinem Rücktritt habe sich Papst Benedikt sicherlich über die Zeit für das Gebet, das Nachdenken, für das Lesen – aber auch für die Begegnung mit Menschen. Er habe sich selbst ein mönchisches Lebensprogramm gegeben, bestätigt sein Sekretär gegenüber EWTN.

Ein durch zwei Päpste „potenziertes Pontifikat“?

Es gebe aber Kardinäle im Vatikan, so Paul Badde, „die entsetzt sind, wenn sie hören, dass die katholische Kirche im Moment zwei lebende Nachfolger Petri hat. Sie aber haben neulich von einer Potenzierung des petrinischen Dienstes gesprochen, die Benedikt mit seinem Amtsverzicht in die Kirche eingeführt habe. Können Sie das etwas näher erläutern?

„Ich habe dann bei manchen Reaktionen gesehen, dass mir Dinge unterstellt wurden, die ich nicht gesagt habe. Natürlich: Papst Franziskus ist der rechtmäßig gewählte und der rechtmäßige Papst. Insofern gibt es also nicht zwei – einen rechtmäßigen und einen unrechtmäßigen –, das stimmt einfach nicht. Ich habe gesagt, und das hat Papst Benedikt ja auch gesagt, dass er eben auch weiterhin im Gebet und im Opfern da ist, im Recinto [Umkreis, Anm.d.Red.] von Sankt Peter.“ Dies solle geistige Frucht bringen, und das habe er damit gemeint, betont Erzbischof Gänswein.

Von Schwierigkeiten oder einem Konkurrenzverhältnis könne also keine Rede sein. „Da muss man den gesunden Menschenverstand einsetzen, den Glauben, und ein bisschen Theologie. Dann hat man überhaupt keine Schwierigkeiten, das, was ich gesagt habe, auch richtig zu verstehen.“

„Geruch der Herde“ statt Rasierwasser?

Mit Blick auf die Aufforderung von Papst Franziskus: „Die Hirte müssen den Geruch der Herde annehmen“, fragt Paul Badde: „Haben sich die Bischöfe verändert oder lassen sie nur das Rasierwasser weg?“

„In Bezug auf äußeres Verhalten gibt es schon eine ganze Reihe von Veränderungen“, antwortet Erzbischof Gänswein. Ob dadurch auch das innere Verhalten verändert würde, vermöge er nicht einzuschätzen. Er könne nur hoffen, dass äußere Änderungen auch einer inneren entsprächen.

„Die Weissagungen des Malachias“

Paul Badde spricht auch eine Geschichte an, die in manchen Kirchenkreisen in letzter Zeit erneut die Runde macht: „Die Pforten der Hölle werden die Kirche auf dem Fundament Petri nicht überwältigen, heißt es bei Matthäus. Wie ist Ihnen da zumute, wenn Sie in den Weissagungen des Malachias, die dem heiligen Philipp Neri zugeschrieben werden, lesen, dass die Reihe zukünftiger Päpste mit Papst Franziskus endet?“

„In der Tat, das ist etwas, was, wenn man die Weissagungen durchgeht und in der Geschichte schaut, auf welche Päpste sie angewandt wurden – und auch da immer ein guter Bezug zu finden war – da ist mir etwas schaurig zumute“. Doch es gehöre nicht zur Offenbarung, und somit müsse man dies ja nicht unbedingt annehmen. Doch: „Wenn man ein bisschen die geschichtliche Erfahrung sprechen läßt, muss man sagen: Ja, es ist ein Aufruf.“

Das gesamte Interview – inklusive der Bemerkungen des Erzbischofs über die Kurienreform, seine frühen Träume, Kartäuser zu werden und andere Themen – strahlt EWTN – Katholisches Fernsehen ab kommenden Montag, 27. Juni mehrfach aus. Die Sendezeiten: Mo 21.30 Uhr, Di 03.00 Uhr, Mi 11.00 Uhr, Fr 18.30 Uhr, Sa 01.00 Uhr. Die Sendung ist Teil eines ganzen Sonderprogramms vom 27. Juni bis 2. Juli anlässlich des 65. Priesterjubiläums von Papst emeritus Benedikt XVI. Weitere Informationen unter www.ETWN.de. (CNA Deutsch)

Der neueste Trend aus den USA? Nonnen

cna_NonnenDENVER – Eine bedeutende und lebendige Präsenz junger Ordensschwestern, Novizinnen und Postulantinnen: Das belegt ein neuer Bericht des Rates der Höheren Oberen der Frauenorden (Council of Major Superiors of Women Religious, CMSWR) aus den Vereinigten Staaten.

Der Bericht stützt sich auf eine Umfrage des CMSWR unter den 120 Gemeinschaften, die den Rat bilden, und die in 137 Diözesen der USA ansässig sind.

Die Präsidentin des Rates und Generaloberin der „Sisters of Life“, Mutter Agnes Mary Donovan, sagte, der Rat sehe es als einen Segen, ältere und jüngere Institute unter ihren Mitgliedern zu zählen.

„Die Präsens der bereits gut etablierten Gemeinschaften bedeutet für die jüngeren einen weisen und helfenden Beistand zu haben“, behauptete die Ordensfrau. „Ich bin mir sicher: Ohne die unterstützende Betreuung und die Großzügigkeit dieser Oberinnen hätten Gemeinschaften wie die unsere sich nie wirksam entfalten können“.

Der im Mai 2016 veröffentliche Umfragebericht stützt sich auf die 106 Antworten der Höheren Oberinnen der 120 Mitgliedsgemeinschaften.

Die Zahl der Ordensschwestern in den Gemeinschaften, die im Rat Mitglied sind, beläuft sich auf etwa 6.000. Das ist nur ein Teil der insgesamt 48.546 Ordensschwestern in den USA im Jahr 2015, gemäß der Angaben des Zentrums für angewandte Wissenschaft im Apostolat (Center for Applied Research in the Apostolate, CARA) von der Universität von Georgetown.

Das Durchschnittsalter der Schwestern in den Mitgliedsgemeinschaften ist 57 Jahre. Nach Angaben des CMSWR ist diese Zahl „deutlich niedriger“ als das Durchschnittsalter der US-amerikanischen Ordensschwestern.

Das Durchschnittsalter der Postulantinnen beträgt 27 Jahre, das der Novizinnen 29 Jahre. Die Schwestern mit einfachem Profess haben ein durchschnittliches Alter von 32 Jahren.

Etwa 16 Prozent der Ordensschwestern sind in der Altersgruppe zwischen 30 und 39 Jahre. Diese ist die größte Gruppe, aber nur geringfügig größer als die Altersgruppe zwischen 60 und 69 oder zwischen 70 und 79 Jahre.

Fast tausend Schwestern befinden sich in der Erstausbildung – das heißt, ca. 15 Prozent der Gesamtanzahl der Schwestern aus den Mitgliedsgemeinschaften des Rates.

Über 80 Prozent der Schwestern mit Profess sind im aktiven Dienst tätig. Davon sind 19 Prozent in der Schulbildung, 17 Prozent in der Pflege und 11 Prozent in der Evangelisierung, Katechese und religiöse Erziehung tätig.

Etwa ein Drittel der 120 Mitgliedsgemeinschaften des Rates wurde in den letzten 50 Jahren gegründet.

Der Rat der Höheren Oberen der Frauenorden wurde 1992 gegründet, mit der Genehmigung von Papst Johannes Paul II. (CNA Deutsch)

Jerewan: Papst gedachte der Völkermord-Opfer

Logo ArmenienIm stillen Gebet gedachte der Papst der Opfer der Armenier-Verfolgung im Ersten Weltkrieg. Franziskus besuchte an seinem zweiten Reisetag in Armenien die Gedenkstätte Zizernakaberd bei der armenischen Hauptstadt Jerewan. Dort legte er einen Kranz und Rosen am Mahnmal nieder. Es gab keine Ansprache. Nach dem Moment der Stille pflanzte der Papst einen kleinen Baum.

Begleitet wurde Papst Franziskus vom armenischen Staatspräsidenten Sersch Sargsjan und Katholikos Karekin II. Anschließend traf der Papst mit Nachkommen von Armeniern zusammen, die von Papst Pius XI. in dessen Sommerresidenz in Castel Gandolfo 1923 beherbergt wurden und so vor den andauernden Pogromen gerettet wurden. Nach Schätzungen waren bei der Verfolgung durch die Osmanen im Ersten Weltkrieg bis zu 1,5 Millionen Armenier getötet worden.

Der Papst sprach auch ein Gebet und sagte unter anderem: „Erhöre uns, o Herr, und habe Erbarmen, vergib uns unsere Schuld.“ Danach begab sich der Papst zusammen mit dem Katholikos Karekin II. und den armenischen Präsidenten auf die Terrasse des Gedenkmahles. Bevor er das Mahnmal verlies, trug er noch einige Worte in das Gästebuch ein: „Hier bete ich, mit dem Schmerzen im Herzen, damit nie wieder solche Tragödien geschehen mögen, damit die Menschheit nicht vergisst und weiß, dass das Gute das Böse besiegt. Gott möge dem geliebten armenischen Volk und der ganzen Welt Frieden und Trost schenken. Gott bewahre die Erinnerung des armenischen Volkes. Die Erinnerung darf niemals vergessen werden, die Erinnerung ist die Quelle des Friedens und der Zukunft.“ (rv)