Warum die Entstehung von Humanae Vitae wichtig ist – 50 Jahre nach dessen Erscheinung

Papst Paul VI.VATIKANSTADT – Das 50-jährige Jubiläum von Humanae Vitae rückt näher, und damit ist auch die Diskussion darüber entbrannt, wie der selige Papst Paul VI. dessen endgültige Fassung beschloss.

Paul VI. veröffentlichte seine Enzyklika im Jahr 1968, nachdem eine Kommission von Theologen und anderer Fachleute vier Jahre lang sich mit der Frage beschäftigt hatte, ob die Kirche die Anti-Babypille und andere Formen künstlicher Verhütung zulassen sollte.

In seiner Enzyklika bestätigte Papst Paul VI., dass die Sexualität nicht von der Fruchtbarkeit künstlich zu trennen ist. Die Konsequenzen dieser Bestätigung sind bis heute spürbar. Auch und gerade im deutschsprachigen Raum leisteten einflussreiche Personen erbittert Widerstand gegen die Enzyklika.

Eine Studiengruppe des römischen Instituts für Ehe und Familie Johannes Paul II. beabsichtigt nun, die Entstehungsgeschichte von Humanae Vitae in einem Forschungspapier darzustellen.

Der Priester und Professor für Kulturanthropologie, Monsignore Gilfredo Marengo, leitet die Gruppe.

Er sagte gegenüber Radio Vatikan, dass der selige Papst damals von der Kommission nicht bekam, was er brauchte, um die Enzyklika aufzusetzen. Paul VI. habe „beinahe von vorne anfangen“ müssen.

Erschwerend sei hinzugekommen, dass damals die „öffentliche Meinung in der Kirche sehr stark polarisiert war, nicht nur zwischen Pro und Kontra Pille, sondern auch unter Theologen“, die sich genauso polarisiert gegenüber gestanden hätten.

Während diese Diskussion tobte, veröffentlichten im April 1967 zeitgleich drei Medien ein Dokument, dass sich für die Zulassung der Pille aussprach die französische Zeitung „Le Monde“, das englische Magazin „The Tablet“ und die US-amerikanische Zeitung „National Catholic Reporter“ [nicht zu verwechseln mit dem „National Catholic Register“, Anm.d.R.]

In diesem Dokument wurde dargelegt, dass 70 Mitglieder der Päpstlichen Kommission für die Zulassung der Pille gewesen seien; doch dieser Bericht sei „nur einer von 12 Dokumenten“ gewesen, die dem Papst vorgelegt worden: Das betonte Professor Bernardo Colombo, Demographie-Experte und selber Kommissionsmitglied, in einem Artikel von „Teologia“, dem Journal der theologischen Fakultäten von Mailand und Norditalien, der im März 2003 erschien.

Als Paul VI. dann Humanae Vitae veröffentlichte, war aus diesem Grund die öffentliche Meinung gegen die Prinzipien der Kirche gerichtet, welche der selige Papst bestätigte, und die Glaubenslehre der Kirche geriet – wieder einmal – unter starken Beschuss.

Wie Professor Marengo gegenüber Radio Vatikan sagte, verdiene Humanae Vitae eine tiefgreifende Untersuchung.

Der erste Eindruck des Professors: Wenn die Studiengruppe einmal ihre Forschungsarbeit abgeschlossen hat, „wird es möglich sein, viele einseitige Interpretationen des Textes beiseite zu legen“. Zudem werde es einfacher sein, „die Absichten und Sorgen zu verstehen, die Paul VI. dazu bewegten, das Thema so zu lösen wie er es tat“.

Die Geschichte der Enzyklika geht zurück auf das Jahr 1963, als der heilige Papst Johannes XXIII. die Kommission zur Untersuchung der Themen Ehe, Familie und Fortpflanzung zu errichten.

Papst Paul VI. erweiterte später die Kommission von sechs auf zwölf Personen. Dann erweiterte er sie auf 75 Personen, und stattete sie mit einem Vorsitzenden aus, Kardinal Alfredo Ottaviani, Leiter der Glaubenskongregation; seine beiden Stellvertreter waren Kardinal Julius Döpfner und Kardinal John Heenan.

Nachdem diese Kommission ihre Arbeit beendet hatte, bat Paul VI. eine kleine Gruppe Theologen, das Thema weiter zu untersuchen.

Papst Franziskus hat mehrfach seine Wertschätzung des seligen Papstes Paul VI. und der Enzyklika Humanae Vitae ausgedrückt, so auch vor den beiden Familiensynoden, etwa am 5. März 2014 in einem Interview mit dem „Corrierde della Sera“.

Auf die Frage, ob die Kirche sich unter seinem Pontifikat erneut mit dem Thema der Schwangerschaftsverhütung befassen werde, sagte der Papst, dass „all das hängt davon ab, wie Humanae Vitae interpretiert wird. Paul VI. empfahl, an seinem Lebensende, den Beichtvätern viel Barmherzigkeit und Aufmerksamkeit auf konkrete Situationen“.

Franziskus sagte weiter, dass das „Genie“ des seligen Pauls VI. ein „propehtisches“ gewesen sei, denn der Papst „hatte den Mut, sich gegen die Mehrheit zu stellen, die moralische Disziplin zu verteidigen, ein Kulturbruch auszuüben, der sich gegen derzeitige wie zukünftigen Neo-Malthusianismus stellt“.

„Die Frage“, so Papst Franziskus abschließend, „ist nicht eine der Veränderung der Doktrin, sondern tiefer zu gehen und pastorale Seelsorge dazu zu bewegen, die Situationen in Betracht zu ziehen, und das, was Menschen da tun können. Darüber werden wir auch auf dem Weg der Synode reden“.

Professor Marengo sagte gegenüber Radio Vatikan, dass es „sehr nützlich“ wäre, „den Weg des Entwurfs der Enzyklika nachzugehen, wie sich dieser in verschiedenen Phasen von Juni 1966 bis zur Veröffentlichung am 15. Juli 1968 entwickelte“.

Der Anthropologie-Professor weiter: Die Enzyklika müsse in den Kontext „aller wichtigen und fruchtbaren Aussagen der Kirche über Ehe und Familie in den letzten 50 Jahren“ gestellt werden.

Zur Studiengruppe unter Professor Marengo gehören der Präsident des Instituts Johannes Paul II., Professor Pierpaolo Sequeri; Professor Philippe Chenaux von der Lateran-Universität, der eine Autorität zu Fragen über das Zweite Vatikanische Konzil sowie die Geschichte der zeitgenössischen Kirche ist; und Professor Angelo Maffeis, Präsident des Institutes Paul VI. in Brescia.

Im Vorfeld der Arbeit der Studiengruppe gab es irreführende Berichterstattung in den Medien über deren Rolle und Auftrag.

So wurde die Gruppe als „Päpstliche Kommission“ beschrieben, mit der Aufgabe, die in Humanae Vitae erklärte Glaubenslehre zu verändern.

Professor Marengo sagte gegenüber CNA, dass solche Berichte frei erfunden seien. Erzbischof Vicenzo Paglia, Kanzler des Institutes Johannes Paul II., bestätigte, dass keine Päpstliche Kommission errichtet worden sei und sagte: „wir sollten alle diese Initiativen als positiv bewerten, wie die von Professor Marengo vom Institut Johannes Paul II., die angesichts des 50-jährigen Jubiläums beabsichtigen, dieses Dokument zu studieren und besser zu verstehen“. (CNA Deutsch)

USA: Das unheilige Bündnis der Extremen

Viele deuteten ihn als vatikanischen Frontalangriff auf Donald Trump und sein Umfeld: den Leitartikel der neuesten Ausgabe der „Civiltà Cattolica“. In der vatikannahen Zeitschrift hatte der Jesuit Antonio Spadaro, ein Vertrauter von Papst Franziskus, das Bündnis von „evangelikalem Fundamentalismus und katholischem Integralismus“ in den USA gegeißelt und als „Ökumene des Hasses“ bezeichnet.

Jetzt bestätigt der italienische Historiker und Theologe Massimo Faggioli die Analyse Spadaros, die eine lebhafte Debatte losgetreten hat. Faggioli, der seit 2009 in Philadelphia lehrt, spricht im Interview mit Radio Vatikan von einem „politisch-religiösen Manichäismus“ (Manichäismus: eine spätantike Religion, die in der Welt die beiden Urprinzipien Gut und Böse, Licht und Finsternis am Werk sah, Anm.d.Red.).

„Er ist in den USA entstanden, weil die theologische und kirchliche Sprache vor allem in den letzten 30 Jahren immer polarisierter wird. Das hat mit dem politischen System zu tun, das auf zwei Parteien ruht. Dementsprechend identifizieren sich die katholischen Laien auch in religiöser Hinsicht, was bestimmte Fragen angeht, mit den katholischen Republikanern auf der einen oder aber mit den katholischen Demokraten auf der anderen Seite. Das ist ein Phänomen, das sich aus dem politischen System der USA ergibt, allerdings auch aus dem militanten Charakter seines Christentums. Da schließe ich auch die katholische Kirche nicht aus.“

Konvertiten tragen protestantische Vorstellungen in katholische Kirche hinein

Man dürfe auch nicht vergessen, dass die USA dereinst von einer Gruppe tiefgläubiger Christen gegründet worden seien, die von einer umfassenden „Kontrolle“ der Gesellschaft „durch die Religion“ ausgegangen seien und das System nach dieser Prämisse errichtet hätten.

„Die katholische Kirche ist zwar eher vorsichtig gegenüber dieser Vorstellung einer Vorherrschaft der Religion über das Politische. Doch in den letzten Jahren hat eine beachtliche Migration von Vorstellungen und auch Personen aus den protestantischen US-Kirchen hin zum Katholizismus stattgefunden. Es gab eine Masse von Übertritten, auch von wichtigen Intellektuellen, und diese Konvertiten haben diese protestantische, im wesentlichen calvinistische und amerikanische, Vorstellung mitgebracht, nach der die Politik der Religion untergeordnet und eine Trennung oder auch nur Unterscheidung zwischen beiden Bereichen schwer vorstellbar ist.“

Der Leitartikel der „Civiltà Cattolica“ zielt also, davon ist Massimo Faggioli überzeugt, in die richtige Richtung. Und er habe auch recht damit, von einem richtiggehenden „evangelikalen Fundamentalismus“ zu sprechen. „Man nennt das Fundamentalismus, weil es eine Form des Christentums ist, die sich auf fundamentale Weise auf den biblischen Text, auf die Heilige Schrift bezieht. Sie findet also in den Schriften einige Texte und modelt danach direkt, ungemindert durch das kirchliche Lehramt, eine Gesellschaft, eine Zivilisation oder eine Gesetzgebung. Diese Dynamik ist typisch amerikanisch. Die Bibel dermaßen wörtlich zu nehmen, ist dem Katholizismus ziemlich fremd, er ist mehr an der Tradition der Kirche als direkt an der Schrift orientiert. Doch in den USA hat diese Nachbarschaft zu calvinistisch-protestantischen Traditionen auch einige Katholiken fundamentalisiert.“

„Das Phänomen Trump ist der Aufstieg einer ,Theologie des Wohlstands´ zum politischen Programm“

Spadaro und mit ihm unser Gesprächspartner Faggioli nennen aber auch noch eine andere Spielart des Religiösen in den USA Fundamentalismus, nämlich die sogenannte Theologie des Wohlstands. „Das ist eine religiöse Botschaft, die einige neuprotestantische christliche Kirchen in den USA verbreiten. Danach zeigt sich die Liebe Gottes daran, dass die Menschen bei guter Gesundheit und reich sind. Wenn jemand also reich ist und glücklich, dann wäre das ein Zeichen dafür, dass er von Gott geliebt wird. Das ist eine deutlich häretische und abwegige Theologie, die aber doch in einigen protestantischen Kirchen nicht nur der USA, sondern auch Lateinamerikas und Afrikas sehr wichtig ist. Auch diese Theologie nun findet, wenn auch in abgewandelter Form, durchaus Anhänger im US-Katholizismus. Das ist ein Phänomen, das einen mit Sorge erfüllen muss, weil es eine direkte Verneinung der Soziallehre der Kirche über Arme und Gerechtigkeit mit sich bringt. Es ist eine Haltung, die genau das Gegenteil der Haltung des Lehramts darstellt. Und dieser Artikel bringt das genau im richtigen Moment auf den Punkt – denn das Phänomen Trump ist der Aufstieg der Theologie des Wohlstands zum politischen Programm.“

Damit ist der Name gefallen: Trump. Jetzt wird deutlich, warum Pater Spadaros Artikel als Kritik des Vatikans am neuen US-Präsidenten verstanden werden konnte.

„Das Phänomen von Trumps Wahl ist zweifellos verbunden mit der Verbreitung dieser Theologie des Wohlstands. Es ist eine Tatsache, dass die Geistlichen, die der Präsident zu seiner Amtseinführung eingeladen hatte, genau die führenden Vertreter dieser Theologie in den USA sind. Auch im Innern der katholischen Kirche der USA gibt es diese Haltung gegen die Kirche der Armen und gegen die soziale Botschaft von Papst Franziskus; sie ist eine Wirkung der Infiltrierung durch diese Theologie. Das ist ein Sonderphänomen, welches es nach meiner Beobachtung in anderen katholischen Ortskirchen der Welt offenbar nicht gibt.“

„Ökumene des Hasses“ nennt der Leitartikel aus Rom die Fusion zwischen evangelikalem und katholischem Integralismus. Auch das kann der Professor aus Philadelphia nachvollziehen. „Der Grund liegt darin, dass diese Ökumene nicht am Bau von Brücken interessiert ist, sondern die Fernstehenden vielmehr als gemeinsame Feinde der Katholiken wie der Protestanten identifiziert. Zu dieser Kategorie von Feinden gehören die Muslime und in einigen Fällen sogar die Juden, da schwingt eine Art Antisemitismus mit. Ziel dieser Ökumene ist also gar nicht der Dialog; ihre Anhänger sprechen von einer „Ökumene des Schützengrabens“. Sie glauben, dass die Welt Krieg gegen sie führt und dass wir Christen verschiedener Konfessionen deshalb zusammenhalten müssen, um uns nach außen zu verteidigen. Es ist wohl überflüssig zu sagen, dass das eine ganz andere Art der Ökumene ist als die, die Papst Franziskus die „Ökumene des Blutes“, also des Martyriums nennt. Aber diese Art von Ökumene ist jetzt theologisch, kulturell und politisch speziell durch Trumps Präsidentschaft wichtig geworden.“

Übertritte zum Katholizismus aus zweifelhaften Motiven

Viele Christen anderer Konfessionen, die in jüngerer Zeit zur katholischen Kirche übertreten, tun das aus zweifelhaften Motiven, urteilt Massimo Faggioli. „Sie sehen in der katholischen Kirche eine stärkere Kirche, die also imstande ist, den Feind zu bekämpfen, damit sind Asiaten, Muslime oder andere gemeint. Das ist eine ideologische Vision, die nichts mit der des katholischen Lehramts der letzten 50 Jahre zu tun hat.“ (rv)

Stühlerücken in mehreren wichtigen Bistümern der Welt

Papst Franziskus hat an diesem Dienstag mehrere wichtige Ernennungen vorgenommen. Sie betreffen China, Argentinien und Frankreich. In China wird der bisherige Weihbischof Michael Yeoung Ming-cheung neuer Bischof von Hongkong. Das ist keine Überraschung, denn er war schon bisher Koadjutor, hatte also das Recht zur Nachfolge seines vorgesetzten Bischofs. Kardinal John Tong Hon geht mit 78 Jahren in den Ruhestand. Damit gibt es in Hongkong von nun an zwei emeritierte Kardinäle; der andere ist Joseph Zen, ein scharfer Kritiker des kommunistischen Regimes von Festland-China. Der neue Ortsbischof Yeung, der aus Shanghai stammt und auch Caritas-Direktor des Bistums Hongkong war, ist übrigens auch schon 71 Jahre alt.

In Franziskus’ Heimat Argentinien tritt der Bischof von Orán in den Ruhestand: Der Papst hat Gustavo Zanchettas Rücktrittsgesuch angenommen, das dieser aus Gesundheitsgründen eingereicht hatte. Zanchetta ist durch seinen sozialen Einsatz in Salta, Nordargentinien, bekannt geworden.

Und in Frankreich hat Franziskus einen neuen Bischof für Évry-Corbeil-Essonnes am Stadtrand von Paris bestellt. Es ist der bisherige Bischof von Chartres, Michel Pansard. Er tritt an die Stelle von Michel Dubost, der vor allem für sein Engagement im christlich-jüdischen Gespräch in Frankreich bekannt wurde. Pansard war bis 2005 vor allem in der Priesterausbildung tätig, dann machte ihn Benedikt XVI. zum Hausherrn der berühmten gotischen Kathedrale von Chartres. Jetzt wechselt Pansard an die neugebaute, moderne Kathedrale von Évry. (rv)

Erzbistum Köln führt Beerdigung durch ausgebildete Ehrenamtliche ein

KÖLN – Ehrenamtliche Laien können in Zukunft im Erzbistum Köln Beerdigungen übernehmen. Das hat die Pressestelle der Erzdiözese mitgeteilt. Voraussetzung ist, neben einer Ausbildung, vom Pfarrer für den Dienst vorgeschlagen zu werden.

Bereits im vergangenen Jahr habe das Erzbistum „gute Erfahrungen“ mit einem Pilotprojekt gesammelt, in dem erstmals neun Gemeindemitglieder für den Bestat­tungsdienst ausgebildet und dann als „außerordentliche Leiter der Begräbnisfeier (…) beauftragt und ausgesandt“ wurden, berichtet die Presse-Stelle der Erzdiözese.

Zwei neue Ordnungen des Erzbischofs, Kardinal Rainer Maria Woelki, regeln die Innovation offiziell; sie treten zum 1. August 2017 in Kraft, so die Mitteilung weiter.

„Voraussetzungen für eine Beauftragung sind unter anderem die Einbindung in das kirchliche Leben, Kenntnis der Bestattungsliturgie, Einfühlungsvermögen und kommunikative Kompetenz sowie das Mindestalter von 25 Jahren.“

Schon seit einiger Zeit haben Pfarrer im Erzbistum Köln die Möglichkeit, Gemeinde- und Pastoralreferenten mit der christlichen Bestattung der Toten zu beauftragen. Zu diesen stoßen nun Ehrenamtliche der Gemeinde, die nach einer entsprechenden geistlichen und inhaltlichen Ausbildung offiziell beauftragt und als Seelsorger eingesetzt werden sollen, so das Erzbistum. (CNA Deutsch)

Venezuela: Ein Appell des Jesuitengenerals

In Venezuela geht das sozialistische Regime aufs Ganze: Gegen alle Proteste im In- und Ausland lässt Präsident Nicolas Maduro an diesem Sonntag die Wahlen zu einer Verfassungsgebenden Versammlung stattfinden. Dahinter steht der durchsichtige Plan, das Parlament zu entmachten, weil in ihm die Opposition dominiert.

Seit Wochen demonstrieren auf Venezuelas Straßen und Plätzen Hunderttausende von Menschen gegen das Regime, das das Land in eine schwere Wirtschafts- und Versorgungskrise geführt hat. Maduro regiert seit Jahren mit Hilfe von Ausnahmezustand und Dekreten am Parlament vorbei; fällige Regional- und Kommunalwahlen fallen aus, weil der Autokrat (wohl zu Recht) eine Blamage an den Urnen befürchtet, und damit einen weiteren Verlust an Legitimität.

„Leiden der Menschen muss Priorität haben“

Der Ordensobere der Jesuiten, Pater Arturo Sosa, ruft Maduro von Rom aus eindringlich zum Umdenken auf. Sosa ist Venezolaner und hat lange Politikwissenschaften in Caracas gelehrt; einer seiner Schüler war Hugo Chavez, Gründer des jetzigen Regimes und politischer Ziehvater Maduros.

„Ich schließe mich den Stimmen, Absichten und Positionen der Bischöfe von Venezuela an“, sagt Sosa in einem über Radio Vatikan lancierten Appell. „Die Bischöfe sind sehr einig untereinander und auf einer Linie mit den Jesuiten Venezuelas und den anderen Ordensleuten im Land. Sie haben sehr mutige Positionen geäußert und betont, dass die Priorität jetzt das Leiden der Menschen sein muss.“

Die Bischofskonferenz hat in dem Appell, auf den sich der Jesuitengeneral bezieht, auch Maduros Projekt einer Verfassungsgebenden Versammlung eine deutliche Absage erteilt. In ihrem Statement warnt sie außerdem davor, der Präsident wolle eine Art marxistisches Regime in Venezuela einführen.

Pater Sosa betont zunächst nicht so sehr das Politische, sondern weist vor allem auf die immer schwierigere Lage der Bevölkerung hin. „Die Menschen leiden im Moment, weil es an den grundlegenden Lebensbedingungen mangelt. Sie haben weder Nahrung noch Sicherheit, keine Medizin, keine funktionierende Schule – nichts, was zu einem normalen Leben gehört.“

Für einen „wirklichen“ Dialog

Dann wird der Ordensmann aus Venezuela aber doch politisch. „Es geht darum, das Leiden der Menschen zu teilen, damit aus der Politik ein echtes Werkzeug wird, um die Probleme der Bevölkerung zu lösen, und nicht ein Ort des Kampfes um Macht oder Privilegien, die die Macht der einen oder anderen Gruppe verschaffen kann. Darum ist es nötig, einen wirklichen Dialog aufzunehmen. Einen Dialog, der in erster Linie das Leiden der Bevölkerung wahrnimmt und auch die verschiedenen Positionen in dieser Krisensituation.“

An Versuchen, einen nationalen Dialog zur Lösung der verknäuelten Probleme Venezuelas in Gang zu bringen, hat es nicht gefehlt, auch der Vatikan hat sich da um eine Vermittlung bemüht. Doch alle sind bislang an Maduros Starrköpfigkeit gescheitert.

„Es ist nötig, durch eine ehrliche und wahrhaftige Vermittlung zu einem Programm der nationalen Einigung zu finden, damit man wirklich prioritär die Probleme angeht, wegen denen Millionen von Venezolanern heute leiden. Schluss mit der Gewalt! Wir sollten doch dazu imstande sein, miteinander zu reden und zu Übereinkünften zu kommen, die zum Nutzen aller sind.“

Nach Angaben einer venezolanischen NGO sind in den letzten Wochen über hundert Menschen bei Protesten ums Leben gekommen. (rv)

„Feministisches Kommando“ reklamiert Angriff auf mexikanischen Bischofssitz für sich

MEXIKO-STADT – Eine extremistische Gruppe, die sich selbst „Feministisches Kommando“ bezeichnet, hat den Sprengstoffanschlag für sich reklamiert, der am vergangenen Dienstag auf den Sitz der mexikanischen Bischofskonferenz (CEM) verübt worden war.

Bei dem Anschlag kam es nur zu Sachschäden, Personen wurden nicht verletzt..

„Am 25. Juli 2017, nach Mitternacht, haben wir einen aus Dynamit, Flüssiggas und Butan hergestellten Sprengkörper vor dem Haus der Bischofskonferenz platziert (…). Keinen Gott, keinen Herrn!“ erklärte die Gruppe „Comando Feminista Informal de Acción Antiautoritaria“ nennt, im Internet.

Diese Bestandteile stimmen allerdings nicht mit den Fundstücken überein, die die Gutachter der Staatsanwaltschaft von Mexiko-Stadt sicherstellen konnten.

Die Behörde informierte auf ihrer Website, dass die Experten „festgestellt haben, dass die Schäden an der Einrichtung der mexikanischen Bischofskonferenz durch die Explosion eines selbstgemachten Sprengkörpers verursacht wurden, der aus einem Feuerlöscher, Pulver, Klebeband und Zündschnur hergestellt worden war.“

„Aufgrund der oben genannten Angaben und weil es sich um eine Immobilie handelt, die von einer religiösen Vereinigung verwaltet wird, wird die Ermittlungsakte an die Generalstaatsanwaltschaft der Bundesrepublik Mexiko für weitere Untersuchungen weitergeleitet werden“, heißt es auf der Website weiter.

„Gelassenheit und Friedensstiftung“

Pater Hugo Valdemar, Pressesprecher der Erzdiözese Mexiko, erklärte bei Gesprächen mit der Presse, dass es gewagt wäre, Schlussfolgerungen zu den Motiven für den Anschlag auf den Sitz der Bischofskonferenz zu ziehen.

„Es ist schwierig, Schlussfolgerungen zu ziehen; vor allem wäre es gewagt, solang keine ernsthafte Untersuchung durchgeführt worden ist. Was man jedoch bemerkt, ist, dass die Kirche in der Gesellschaft Opfer von Straftaten wird und der Staat eine komplette Untauglichkeit zeigt“, sagte er zur Tageszeitung El Universal.

Der Generalsekretär der CEM, Monsignore Alfonso Miranda Guardiola, versicherte am 25. Juli in einer Pressekonferenz, dass „wir das Verwaltungsgebäude der mexikanischen Bischofskonferenz nicht in einen Bunker verwandeln werden; wir – Bischöfe und Priester – werden weiter unseren Auftrag im ganzen Land erfüllen.“

In diesem Sinne, sagte er, „rufen die Bischöfe zu Gelassenheit und zum Friedensstiften auf.“

„Wir wollen weiter für die Möglichkeit eines würdevollen Lebens im ganzen Land beten. Wir Priester werden nicht mit Leibwächtern auf die Straße gehen, aber wir teilen die Sorge der Bürger, Opfer eines Einbruchs oder einer Gewalttat zu werden, daher müssen wir klug und umsichtig handeln“.

Monsignore Miranda ermutigte die Gläubigen, mit Unserer Lieben Frau von Guadalupe zu Gott zu beten, dass er das Land auf dem Weg des Aufbaus einer gerechteren Gesellschaft erleuchte. Jeder Mexikaner, so der Bischof, sollte eine Person sein, die „wieder neu Frieden stiftet“ und „das Böse durch das Gute überwindet.“ (CNA Deutsch)

Vatikan/Australien: Kardinal George Pell plädiert auf unschuldig

Kardinal Pell beteuerte vor dem Magistrats Court in Melbourne seine vollkommene Unschuld. Sein erster Auftritt vor Gericht war von starker Medienpräsenz und einigen Demonstranten begleitet. Unter Polizeischutz erschien der katholische Würdenträger mit seinem Verteidigungsteam im Gerichtsgebäude. Pell selbst sagte im Gerichtssaal kein Wort. Laut australischen Medienberichten erklärte Top-Anwalt Robert Richter QC vor Gericht:

„Zur Vermeidung von Zweifeln und wegen des Interesses gebe ich bekannt, das Kardinal Pell in allen Anklagepunkten auf nicht schuldig plädiert und seine Unschuldsvermutung beibehält“.

Der Gerichtstermin war bereits nach fünf Minuten wieder beendet. Der leitende Staatsanwalt Andrew Tinney SC ermahnte die Presse zu einer gerechten und fairen Berichterstattung. Staatsanwaltschaftliche Beweisunterlagen werden dem Rechtsteam von Kardinal Pell am 08. September zugestellt. Der nächste Gerichtstermin ist der 08. Oktober 2017.

Beim Verlassen des Gerichtssaals riefen einige Sympathisanten Pell zu „God bless you Cardinal“. Das gesamte Gerichtsverfahren ist für den Heiligen Stuhl besonders unangenehm und Papst Franziskus wird noch länger auf seinen Kurienkardinal verzichten müssen. (vh)

Kardinal Pell vor dem Melbourne Magistrates Court

Am Mittwoch dieser Woche muss sich Kardinal Pell (76) vor dem „Melbourne Magistrates Court“ des sexuellen Missbrauchs verantworten. Die australischen Behörden haben bisher noch nicht bekanntgegeben, was Pell im Detail vorgeworfen wird. Lediglich in den Medien erschienen in den letzten Wochen und Monaten verschiedene Vorwürfe zu seiner Person aus der Zeit als Priester in der Gemeinde Ballarat (1976-1980) und als Erzbischof in Melbourne (1996 – 2001). Der Kardinal hat diese Vorwürfe strikt zurückgewiesen und angekündigt seine Unschuld vor Gericht nachzuweisen. Noch Ende Juni sagte Pell: „Ich bin unschuldig. Die ganze Vorstellung von sexuellem Missbrauch ist abscheulich für mich“. Aus Gesundheitsgründen wurde Kardinal Pell im letzten Jahr von drei Polizeibeamten im Vatikan zu den Vorwürfen vernommen.

Die Ermittlungsergebnisse der Victoria Police sind offenbar so schwerwiegend, dass es nun zu einem ersten „Hearing“ am Mittwoch kommt. Australische Medien rechnen damit, dass die Anhörung nach wenigen Minuten vorüber sein wird und die Gerichtstermine bekannt gegeben werden. Ebenso berichten sie, dass der hochrangige katholische Kleriker gezwungen ist, seine anfallenden Gebühren des Rechtsstreits aus der eigenen Tasche zu bezahlen, nachdem der Vatikan bestätigt hatte, die gesetzlichen Kosten des 76-Jährigen nicht zu übernehmen. Ein zu erwartendes Verfahren dürfte aber lange dauern. Das Australische Recht billigt der Staatsanwaltschaft im Falle sexuellen Missbrauchs eine dreimonatige Ermittlungszeit zu.

Pell hat mehrere Anwälte an seiner Seite. Zu ihnen gehört einer der Top-Strafverteidiger Australiens, Robert Richter, QC (71). Die Melbourner Presse bezeichnet ihn als „The Red Baron“ und „Rolls Royce der Strafverteidiger“ munkelt allerdings auch, dass sein Tagessatz bei etwa $ 11.000 liegen soll.

Kardinal Pell sieht sich in diesen Tagen einer umfangreichen Medienpräsents gegenüber. Medien und Missbrauchsopfer werden Morgen im Melbourne Magistrates Court vertreten sein. Die Anhörung beginnt um 10.00 Uhr. Australische Medien werden über das Verfahren genauso berichten wie die New York Times, Washington Post und andere Weltzeitungen neben TV-Sendern wir CNN, NBC, BBC und Al Jazeera.

Der Beklagte könnte sich zwar durch einen Anwalt am Mittwoch vertreten lassen, laut australischen Medien will Pell jedoch selbst erscheinen. Eine Gerichtssprecherin des Court ließ verlauten, dass Pell behandelt wird wie jeder Andere auch, er muss das Gerichtsgebäude durch den Haupteingang betreten und wird von Sicherheitskräften gescannt. Über weitergehende Sicherheits- und Schutzmaßnahmen der Victoria Police vor Ort erteilte man keine Auskünfte.

Das ein hoher Würdenträger des Vatikans, einer der ranghöchsten Kardinäle der Kurie, über lange Zeit hinweg sein Amt im Pontifikat von Papst Franziskus ausführen konnte, war für die Missbrauchsopfer ein regelrechter Affront, anderseits konnte man ihm bis heute keine Straftaten nachweisen. Die Zukunft wird sicherlich die Wahrheit ans Tageslicht bringen, solange gilt auch ein Kardinal als unschuldig. (vh)

Papstreisen: im richtigen Moment am richtigen Ort sein

Wohin reist der Papst? Franziskus ist in guter päpstlicher Tradition seit Paul VI. ein „eiliger Vater“. Und dabei setzt er eigene Schwerpunkte. Immer wieder wählt er Schauplätze aktueller Konflikte, geht „dahin, wo die Welt sich wenig moralisch und ethisch verhält“, wie der Generalsekretär von Caritas Internationalis, Michel Roy, beobachtet. So lenkte der Papst beispielsweise die internationale Aufmerksamkeit auf die humanitäre Krise in Zentralafrika. Im Gespräch mit Radio Vatikan spricht Roy über die Mission, die Franziskus bei seinen Auslandsreisen verfolgt.

Vor genau vier Jahren brach Franziskus zu seiner ersten Auslandsreise auf, sie führte ihn zum Weltjugendtag nach Rio de Janeiro. In Kuba traf der Papst den russisch-orthodoxen Patriarchen und setzte sich für die Annäherung zu den USA ein; in Asien zeigte er Solidarität mit Christen in Korea und Sri Lanka und mit den Opfern des Taifuns auf den Philippinen. Auf Lesbos und Lampedusa setzte Franziskus sich für die Recht von Flüchtlingen ein, ebenso wie drei Jahre später an der Grenze zwischen Mexiko und den USA. Der Generalsekretär von Caritas Internationalis, Michel Roy:

„Ich denke, die Strategie des Papstes ist, dort zu sein, wo er gebraucht wird, wenn er gebraucht wird. Aber allgemein reist er zu Orten der Spaltung, in Randgebiete. Wir erinnern uns an seine erste Reise nach Lampedusa, wo der Papst die Aufmerksamkeit auf den Migrationsfluss gelenkt hat, der seitdem nicht abgerissen ist. Ich bin mir nicht sicher, ob sein Appell wirklich gehört wurde. Und das ist eins der heißen und wichtigen Thema, die Immigration und die Flüchtlinge. Im nächsten Jahr werden die Vereinten Nationen ein internationales Abkommen über Migration und Flüchtlinge verabschieden, bisher konnte der Papst sich nicht auf seine Weise beteiligen, aber er wird sich beteiligen. Aber er ist nach Mexiko an die Grenze zu den USA gegangen, um zu zeigen, dass das Thema der Migration mit Würde behandelt werden muss, dass Migranten zuallererst Menschen sind und keine Objekte, die wir zurückweisen können.“

„Notfalls wäre er per Fallschirm in Bangui abgesprungen“

Flucht und Frieden seien wiederkehrende Schwerpunkte der Papstreisen, erklärt Michel Roy. Er habe keine Angst, sich auch in möglicherweise gefährliche Situationen zu begeben – so zum Beispiel 2015 bei seinem Besuch in der Zentralafrikanische Republik. Französische Sicherheitskräfte hatten ihm von der Reise abgeraten, aber der Papst beharrte, notfalls „per Fallschirm“ in Bangui abzuspringen, falls man sich weigere, ihn dorthin zu fliegen. Er sehe seine Mission darin, „vorauszugehen“, meint Roy. Franziskus zeige stets seine Verbundenheit zu den katholischen Kirchen vor Ort, nutze die Reisen aber zugleich, um die dortigen Autoritäten subtil an ihre humanitären Pflichten zu erinnern.

„Der Papst ist heute die Stimme der Moral, die Stimme der Ethik, die überall auf dem Planeten gehört wird. Ich habe muslimische Kollegen, Verantwortliche muslimischer Nichtregierungsorganisationen, die mir schon gesagt haben, der Papst sei die Stimme, die sie heute hören, sei sogar ihr spiritueller Führer. So weit geht es. Die Bedeutung der Stimme des Papstes wird wirklich gehört. Wir wissen, dass die Enzyklika Laudato Si dazu beigetragen hat, in Paris ein Abkommen über das Klima zu schließen, das nicht so stark gewesen wäre, wenn der Papst und seine Delegation nicht diese Arbeit gemacht hätten. Der Papst wird auf der Welt von Vielen – ich glaube, auch von Staats- und Regierungschefs – als ein Führer wahrgenommen, der den Weg weist.“

Zwar sei der Papst manchmal scheinbar „allein auf weiter Flur“, mit seinen Appellen für eine brüderlichere und gerechtere Welt, aber auch ein wichtiger Hoffnungsträger. Immer wieder rede er gegen Materialismus an.

„Ein Teil der heutigen Konflikte wird im Namen Gottes oder der Religion ausgetragen“, so de Roy. Der Papst betone immer wieder, dass Religionen im Gegenteil Quellen des Friedens sein sollten – über Konfessionsgrenzen hinweg.

„Mit anderen Religionsführern einen Dialog zu führen und sich mit ihnen zu verbünden erlaubt, alle auf der Welt an das Essentielle zu erinnern. Der Papst ist für sich schon eine starke, anerkannte Stimme; aber wenn er sich mit anderen zusammentut, ist er noch viel stärker darin, uns zu erinnern, dass die menschliche Person im Mittelpunkt der Entwicklung steht.“

Die nächste Reise wird Papst Franziskus nach Kolumbien führen. Vom 6. bis 11. September wird er die Städte Bogotá, Villavicencio, Medellín und Cartagena besuchen und sich unter anderem den Friedensprozess in dem Land beschäftigen. Geplant ist für 2017 auch noch eine Reise nach Indien und Bangladesch, ein Datum dafür steht aber noch nicht fest. Eine angedachte Reise in den Südsudan wird dieses Jahr nicht mehr stattfinden. (rv)

Sind Priester und Bischöfe das „größte Hindernis“ für Franziskus‘ Vision der Kirche?

VATIKANSTADT – Noch schlagen die Wellen hoch über den Artikel aus „Civilta Cattolica“, der eine „Ökumene des Hasses“ zwischen konservativen Protestanten und Katholiken in den USA beschreibt. Nun ist ein neuer Artikel erschienen, der vermutlich die eine oder andere Stirn in Falten wirft: In der Wochenend-Ausgabe des „Osservatore Romano“ stellt ein Text die These auf, dass das größte Hindernis für die Umsetzung der Vision von Papst Franziskus für die Kirche „ein großer Teil des Klerus ist, auf den oberen wie unteren Ebenen“.

Die Wortwahl deutet an, dass der Autor sowohl führende Bischöfe als auch einfache Dorfpfarrer meint.

„Der Klerus hält die Menschen zurück, die vielmehr in diesem außergewöhnlichen Augenblick begleitet werden sollten“, schreibt der Autor, ein italienischer Priester namens Giulio Cirignano. Der aus Florenz stammende Geistliche ist langjähriger Bibelwissenschaftler.

Sein Beitrag, der in der Wochenend-Ausgabe der offiziellen Zeitung des Vatikan erschienen ist, trägt die Überschrift „Die Bekehrung, um die Papst Franziskus bittet: Gewohnheit ist nicht Treue“.

Reaktionen auf Artikel in „La Civilta Cattolica“

Vor einer guten Woche veröffentlichten „zwei enge Freunde des Papstes“ – wie sie etwa Crux beschreibt – einen Essay, dessen Behauptungen für Aufruhr sorgen. Die Autoren sind der Jesuitenpater Antonio Spadaro und der Chefredakteur der argentinischen Ausgabe des „Osservatore Romano“, der protestantische Pastor Marcelo Figuero.

Erschienen ist der Artikel im Jesuitenmagazin „La Civilta Cattolica“, dessen Chefredakteur Spadaro ist. Das Magazin wird vor Veröffentlichung durch das vatikanische Staatssekretariat geprüft.

Wie CNA Deutsch berichtete, stellten Experten mehrere schwerwiegende Mängel und Fehler in dem Artikel fest. Auch der Erzbischof von Philadelphia, Charles Chaput, meldete mehrere Bedenken an und warf dem Essay vor, „die katholisch-evangelikale Zusammenarbeit zu Fragen der Religionsfreiheit und anderer Schlüsselthemen“ inadäquat, ja, als verdummend (wörtlich: „dumbing down“) darzustellen.

Der Chefredakteur der prominenten Publikation „First Things“, R.R. Reno, wurde noch deutlicher: In einem Kommentar für den „National Catholic Register“ fasste er Spadaro und Figueroas Artikel als „eine Sammlung uninformierter Behauptungen, gespickt mit Böswilligkeit“ zusammen.

Als Antwort auf diese – und zahlreiche weitere – Kritiken haben Pater Spadaro und andere, etwa die Redaktion, vor allem aber Michael Sean Winters im „National Catholic Reporter“, mit Repliken reagiert. Eine Debatte ist dabei freilich (noch?) nicht entstanden. Was mit zur Folge hat, dass der Aufruhr, nach einer guten Woche, noch nicht zur Ruhe gekommen ist.

Selbst weltliche Medien wie der „Economist“ berichteten mittlerweile darüber. Das Wirtschaftsmagazin beschreibt die Situation als „eskalierendes Patt zwischen christlichen Liberalen und christlichen Konservativen“. Was die Frage aufwirft: Ist das auch das Thema oder der Kontext des neuen Aufschlags im „Osservatore Romano“?

Priester und Bischöfe als Hindernisse

Vor diesem Hintergrund zumindest steht der am gestrigen Samstag veröffentlichte Artikel; Giulio Cirignano greift darin nicht speziell konservative Christen in den USA an. Sein Text ist allgemeiner gehalten, und aus italienischer Perspektive geschrieben, oder vielleicht noch vatikanischer:

„Das größte Hindernis, dass der Bekehrung im Weg steht, die Papst Franziskus der Kirche bringen will, besteht, zu einem gewissen Grad, in der Haltung eines großen Teils des Klerus, auf den oberen wie unteren Ebenen … eine Haltung, bisweilen, von Sperrung wenn nicht gar Feindseligkeit“, schreibt der Autor, der selber Geistlicher ist.

„Die meisten Gläubigen haben trotz alledem den Kairos erkannt, den günstigen Moment, den der Herr seiner Gemeinschaft gibt“, so Cirignano weiter. „Die meisten feiern“.

Doch der Teil der Gemeinschaft, „der wenig erleuchteten Pastoren am Nächsten ist, wird hinter einem alten Horizont aufrechterhalten, dem Horizont alter Gewohnheiten, einer altmodischen Sprache, repetitiven Denkens ohne Vitalität“, steht im Artikel zu lesen.

Mangelnde Bildung und rigide Mentalität

Cirignano beschreibt mehrere Gründe für die „Feindseligkeit“ des Klerus gegenüber Papst Franziskus. So wirft er den Priestern und Bischöfen ein überholtes Verständnis des Priestertums vor, eine „alte“ Theologie und mangelnde theologische und biblische Bildung.

„Wenn der Priester gezeichnet ist von einer religiösen Mentalität, und zu wenig von einem klaren Glauben, dann wird alles komplizierter“, so Cirignano. „Er riskiert, das Opfer vieler Dinge zu bleiben, die der Mensch über Gott und seinen Willen erfunden hat“.

Gott, so Cirignano wörtlich, „toleriert nicht, in die rigiden Schemata eingesperrt zu sein, die typisch für den menschlichen Geist sind“.

Als Gegenbild beschreibt der Autor dass Gott die Liebe sei. „Gott ist die Liebe, und das ist alles, Liebe als Geschenk seiner selbst. So korrigiert er, auf einfache Weise, die Millionen Rückbildungen, die wir gewohnt sind, der Liebe in den Weg zu stellen“.

Cirignano ist Autor mehrere Bücher auf Italienisch, darunter das Werk: „Franziskus: Schönheit und Mut“ (Francesco, bellezza e coraggio).

Es gebe keinen Hinweis darauf, schreibt „Crux„, dass Cirignanos Artikel von Papst Franziskus persönlich angeregt worden sei, oder dass der Papst überhaupt von diesem wisse. Doch habe Franziskus immer wieder unbequeme Bischöfe und Priester getadelt. Das bekannteste Beispiel dafür: Die Weihnachtsansprache 2014. Darin warf der argentinische Pontifex der Kurie vor, an 15 „geistlichen Krankheiten“ zu leiden, darunter „Geistliches Alzheimer“, „Rivalität und Prahlerei“, Geschwätz und einen Mangel an „Freude“. (CNA Deutsch)